Schluss mit lustig!

Auch Friedensaktivisten beteiligen sich am weltweiten Klima-Aktionstag.

In den meisten Veröffentlichungen zur Klimakrise wird der Militärsektor als einer der Hauptverursacher der Naturzerstörung nach wie vor nicht erwähnt. Die folgende Rede am Klimaaktionstag von Fridays for Future zeigt einerseits auf, wie dringend das Zusammenwirken der verschiedenen Bewegungen ist. Sie macht zugleich deutlich, wie wichtig es ist, dass die Aktiven bei der Radikalität ihrer Forderungen bleiben. Es kann nicht damit getan sein, hier und da ein paar „marktkonform“ genannte Reformen im Rahmen des Systems Kapitalismus vorzunehmen, das die Menschheit an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Sein Wachstumsdogma, die Konkurrenz als Grundprinzip sowie die Jagd nach Profit, auch mithilfe einer katastrophalen Ressourcenvernichtung durch Militär und Krieg — all das sind Felsbrocken auf dem Weg der Menschheit zum Notausgang Richtung Zukunft, Richtung Überleben des Lebens. Unser Nein zum Krieg gegen das Leben entspringt unserem Ja zur Natur, es entspringt unserer Liebe zur Schönheit des Daseins miteinander.

Liebe Demonstrantinnen und Demonstranten für die Zukunft!

Ich spreche hier als Mitunterstützer, der seit Jahrzehnten in der Friedensbewegung aktiv ist. Vor fast dreißig Jahren, als die erste Demonstration mit dreihunderttausend Friedensfreundinnen und Friedensfreunden in Bonn gegen die atomare Bedrohung vorging, schrieben wir:

„Die 1980er Jahre werden mehr und mehr zum gefährlichsten Jahrzehnt in der Geschichte der Menschheit.“

Wir sind jetzt wenige Jahrzehnte weiter. Die Zerstörung des Lebensraumes der Menschheit erreicht immer neue Rekorde, mit der Rüstung ist es genauso. Die Atomrüstung wir immer ausgefeilter und damit einsatzfreudiger.

In den letzten Jahrzehnten haben wir zwischen dem Golf, Nordafrika und dem Balkan sehen können: Der Kapitalismus trägt aufgrund seines Wachstumsdogmas und der Konkurrenzökonomie den Krieg in sich, wie der Permafrostboden das Treibhausgas Methan in sich trägt.

Jetzt aber geht es kurzfristig erst einmal darum, überhaupt das Überleben des Lebens auf diesem so wunderbaren blauen Planeten Erde sicherzustellen, ehe ein ökologischer oder militärischer Kipp-Punkt unser aller Schicksal besiegelt. Auf die Nuklearrüstung bezogen sagte einst Willy Brandt, wir müssten dieses Teufelszeug abschaffen, ehe es uns abschafft.

Heute müssen wir neben dem militärischen Teufelszeug auch die Friss-oder-Stirb-Ökonomie der Verschwendung, der Vergiftung und der Zerstörung der Schätze der Natur abschütteln, ehe sie das Leben abschütteln. Die Rüstung und mit ihr die Jagd der Weltkonzerne nach immer mehr Profit sowie die Lüge, wer von der Gefahr für die Natur spricht, übertreibe, er störe nur das Geschäft, er gefährde Arbeitsplätze ... All diese Zukunftsgefahren müssen wir loswerden.

Wenn alle Menschen der Erde so viel verbrauchen würden, wie die Konsumgesellschaft es erfordert, um zu funktionieren, wenn die Öl-, Auto-, Flugzeug-, Kreuzfahrt-, Rüstungs- und Braunkohle-Industrien weiter ausgebaut werden, um Arbeitsplätze und Standortvorteile in der weltweiten Konkurrenz zu sichern, dann würde das den Tod der Lebensgrundlagen und damit des Lebens bedeuten.

Wir sagen den neoliberalen Verfechtern des Systems: Auf einem toten Planeten wird es keine Arbeitsplätze und keinen Profit mehr geben. Wir sagen den Militaristen: Was sie uns als Sicherheitspolitik verkaufen wollen, ist das glatte Gegenteil von Sicherheit. Sie nehmen mit ihrer sogenannten Verteidigung der Freiheit und unserer Werte das Ende der Zivilisation wissend in Kauf.

Allein dadurch ist klar — die Friedens- und die Ökologie-Bewegung sind zwei Kinder desselben Geistes, des Geists des Lebens, des Geists der Zukunft und ich füge noch an: Wir sind als Zwillinge Kinder der Liebe. Frieden entsteht, wenn die Menschen es lieben zu leben, kreativ und fruchtbar zu sein.

Unser „Nein“ zum Krieg gegen Teile der Menschheit und gegen die Natur ist entsprechend ein „Ja“ zum Leben und zur Zukunft.

Das Militär ist weltweit der größte Vernichter von Ressourcen und Verursacher schädlicher Emissionen. Offiziell werden allein von den circa 1.000 Militärbasen der USA ausgehend täglich knapp 50 Millionen Liter Öl verbrannt. Hinzu kommen die Verbrennungen, die durch Kriege entstehen, wie man aktuell in Saudi-Arabien sehen kann. Das Teufelszeug Atomrüstung ergänzt sich durch die sogenannten friedlichen Atomkraftwerke, die im Kriegsfall leicht zu Nuklearbomben werden können.

In drei Wochen findet in der Messe Essen eine große NATO-Konferenz statt. Auf einer der Vorläuferkonferenzen sagten die Militärs, es sei anzuzweifeln, dass es „keinen großen Krieg mehr“ in Europa geben werde (1).

Das wäre unser aller Ende; dann würde so viel Flugasche in der Atmosphäre schweben, dass die Temperatur hier wie an allen anderen Punkten der Erde selbst am jeweils heißesten Tag des Jahres um zwölf Uhr mittags unter null Grad bleibt. Das wäre das Ende allen Lebens.

Die Friedensbewegung reagiert auf diese Gefahr aktuell hier in Essen am Samstag in acht Tagen mit der großen Tagung „Friedensperspektiven statt Kriegsrat“ in der VHS. Ihr seid alle herzlich eingeladen; nähere Angaben findet man auf der Website des Essener Friedensforums. Wir setzen uns unter anderem mit diesen Forderungen für die Zukunft ein:

  • Unterzeichnung des UN-Atomwaffenverbotsvertrages durch Deutschland,
  • Stopp der Bundeswehreinsätze in Kriegen — Kriege enden nicht im Frieden —,
  • keine Unterstützung völkerrechtswidriger Interventionen und des Drohnenkrieges von NATO-Staaten, vor allem der USA,
  • in diesem Zusammenhang Kündigung des Truppenstationierungsvertrages für US-Militärs in Deutschland und Stopp der Militarisierung der EU,
  • Abzug der US-Atombomben aus Büchel in der Eifel bei Koblenz,
  • Einhaltung der Atomabkommen mit dem Iran und mit Russland,
  • Umwandlung der Rüstungsindustrie in eine zivile Produktion im Sinne des Lebens und der Natur,
  • sofortiges Umsteuern hin zu einer Friedenswirtschaft, die unsere Ressourcen für menschliche Bedürfnisse und zum Schutz des Planeten einsetzt,
  • Ende der Hochrüstung statt einer Aufrüstung mit zwei Prozent der Wirtschaftsleistung unseres Landes — Abrüstung zugunsten der Bildung, der Gesundheit, der Infrastruktur und der Ökologie.

Wir haben den Frieden und die Natur so zu hüten wie unseren Augapfel.


Quellen und Anmerkungen:

(1) http://www.japcc.org/wp-content/uploads/Future_Vector, S.141.