Das andere Leben

Im Rubikon-Exklusivgespräch erklärt Michel Jacobi, wie er in der abgelegenen Natur der Westukraine auch zu Krisenzeiten in Freiheit lebt.

Im April 2009 wanderte Michel Jacobi noch während seines Umweltwissenschaftsstudiums im Alter von 26 Jahren in die Westukraine aus. Dort begann für ihn ein Leben voller Herausforderungen und Schwierigkeiten, denn er wollte mit großen Nutztieren in den Huthewäldern leben und die ukrainischen Wasserbüffel vor dem Aussterben retten. Dabei kam er zu wichtigen Erkenntnissen für sein Leben und unsere Gesellschaft. Elisa Gratias besuchte den faszinierenden Büffelflüsterer im Sommer 2019 in Transkarpatien, um ihn für den Rubikon zu interviewen (1). Inzwischen sind vier Jahre vergangen: Die Coronakrise schockierte die Welt, und das russische Militär marschierte in die Ukraine ein. In einem neuen Videogespräch erzählt Michel Jacobi von seinem aktuellen Leben als Aussteiger in der Ukraine zu Kriegszeiten.

Wenn wir an die Ukraine denken, denken wir an Krieg. Michel Jacobi wohnt seit vierzehn Jahren in der Westukraine und widmet sich einem ganz anderen Thema: dem Überleben der Karpatenbüffel und anderer seltener Nutztiere sowie der alten Traditionen des Nahrungsanbaus und der Artenvielfalt in der Region Transkarpatien, in der er sich inzwischen zuhause fühlt.
 
Er lernte den regionalen Dialekt und ist fest in die kleinen Dorfgemeinschaften integriert. Natürlich ist der Krieg dort auch ein immer präsentes Thema. Jede Familie ist davon betroffen. Täglich wird darüber gesprochen, wenn die Menschen einander auf der Straße begegnen, die Arbeit niederlegen und sich Zeit nehmen für den Austausch.
 
Die Krise ist schon vor langer Zeit in die Region eingezogen. Dadurch besinnen sich die Menschen dort auf das Wesentliche im Leben: die Kernfamilie, die Großfamilie, die Dorfgemeinschaft, die Symbiose mit der Natur. Michel Jacobi möchte diese Erkenntnisse mit den Menschen aus den westlichen Ländern teilen und ruft dazu auf, gemeinsam das zu retten, was dabei ist zu verschwinden: beeindruckende Tiere, nachhaltiger Nahrungsanbau im Einklang mit der Natur und die kostbare Symbiose, die sich zwischen Natur und Menschen entfalten kann, wenn letztere lernen, sie wieder zu sehen und zu pflegen. Und vor allem die Freiheit, die er mitten in Europa mit einer solchen Lebensweise noch genießen kann.


Elisa Gratias im Gespräch mit Michel Jacobi


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.rubikon.news/artikel/das-andere-leben

Weiterführende Links aus dem Gespräch: