Das explodierte Pulverfass

Im Manova-Exklusivgespräch diskutiert Walter van Rossum mit der Journalistin Karin Leukefeld, dem Oberstleutnant a. D. Jürgen Rose und dem Historiker Moshe Zuckermann über die Gewaltspirale in Israel und Palästina.

Was geschah am 7. Oktober 2023 in Israel? Etwa 2.000 Hamas-Kämpfer haben die hohen, schwer gesicherten Gettozäune des Gazastreifens überwunden und anschließend über 1.000 israelische Zivilisten ermordet. Das ist die grausame Erzählung, auf der alle folgenden Grausamkeiten aufbauen. Die israelische Regierung hat behauptet, sie sei vollkommen überrascht worden. Doch wie konnte das geschehen? Die Grenzzäune, die den Gazastreifen unterirdisch und überirdisch vom Rest des Landes hermetisch abschließen, galten bis dahin als unüberwindbar. Wie konnten Hamas-Kämpfer in Bataillonsstärke da durchbrechen und auf dem Rückweg auch noch über 200 israelische Geiseln nach Gaza entführen? Und wie kann man erklären, dass die hoch gerüsteten und nicht gerade für ihre Zimperlichkeit bekannten israelischen Sicherheitskräfte teilweise Stunden brauchten, um an den Orten des Geschehens einzugreifen? Nicht minder unbegreiflich bleibt die mörderische Aktion der Hamas selbst. Wie sollte das Kalkül der Hamas ausgesehen haben? Die Reaktion der Israelis konnte doch nur so ausfallen, wie sie dann auch ausfiel. Ein Vernichtungsfeldzug nicht nur gegen die Hamas, sondern den ganzen Gazastreifen.

In unseren „Qualitätsmedien“ wird die Hamas ausschließlich als radikal-islamistische Terrororganisation dargestellt. Systematisch wird unterschlagen, dass Israel die Hamas seit Jahrzehnten heimlich unterstützt und gegen die palästinensische Fatah mit Ministerpräsident Abbas in Stellung bringt. Die gemäßigte Fatah wäre nämlich bereit, einer Zweistaatenlösung zuzustimmen, die Israel mit allen Mitteln verhindern will. Die Aktivitäten der Hamas rechtfertigen hingegen den seit über zehn Jahren fast ununterbrochen geführten Krieg gegen Gaza, der jetzt in das Stadium einer vollständigen und irreversiblen Zerstörung und Vertreibung getreten zu sein scheint.

Der mediale Mainstream ahnt wohl, dass seine Berichterstattung viele und insbesondere die wichtigsten Fragen offenlässt. Vor ein paar Wochen wurde den Nachdenkseiten ein internes ARD-Papier zugespielt, in dem auf knapp 40 Seiten die Sprachregelungen über den Krieg in Israel fest- und vorgeschrieben werden. Journalistische Gebrauchsanweisungen.

So soll man zum Beispiel niemals von einer „Gewaltspirale“ in Nahost schreiben, sondern stets mit dem barbarischen Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten beginnen. Die Hamas darf keine Gründe gehabt haben; es sind religiöse Barbaren oder, um es mit den Worten des israelischen Kriegsministers zu sagen, menschliches Vieh. Wir lesen in dem besagten Papier von „Beschlüssen der Chefredaktion“.

Es ist also längst beschlossen, wie und was zu berichten ist — und fast noch interessanter ist, worüber in dem Papier erst gar nicht gesprochen wird. Stattdessen findet man in diesem „Glossar“ seitenweise Gebrauchsanleitungen, wie man Kritik an Israel als Antisemitismus einzuschätzen hat. Man weiß nicht, was einen mehr bestürzt: die Verlogenheit oder die schiere Dümmlichkeit dieser Sprachvorschriften.


Walter van Rossum im Gespräch mit Karin Leukefeld, Jürgen Rose und Moshe Zuckermann


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