Den Ukrainekonflikt neu denken

Ein Sieg Russlands könnte die Fronten klären und zu einem dauerhaften Frieden führen — gerade weil der Westen seine Ambition, die Region zu kontrollieren, aufgeben müsste.

So mancher Kommentator im Westen räumt heute ein, dass ein totaler ukrainischer Sieg angesichts der Überlegenheit Russlands unwahrscheinlich ist. Er fügt aber hinzu: leider. Schön wäre es für die meisten Politiker und Medienvertreter schon, wenn die Ukraine wenigstens ein bisschen gewinnen könnte und wenn der „Aggressor“ dabei mächtig Federn lassen würde. Diese Sichtweise übersieht aber einen wesentlichen Aspekt des Russland-Ukraine-Kriegs: Es handelt sich um einen Stellvertreterkrieg, bei dem der Westen mithilfe seines Werkzeugs Selenskyj eine globalpolitische Agenda vorantreiben will, die nicht legitim ist. Für diese nimmt er ein weiteres, Monate oder Jahre andauerndes Gemetzel gern in Kauf, solange dieses „nur“ ukrainische und russische Soldaten betrifft. Ein Sieg Russlands wäre für die Gegner frustrierend, könnte aber dazu führen, dass das globale Gleichgewicht, welches in der Zeit der Sowjetunion intakt war, mithilfe eines starken Russlands wiederhergestellt werden könnte. Es wäre nicht der Frieden, nach dem sich die USA und Europa sehnen, aber es wäre ein Frieden, der Ressourcen und Menschenleben schonen würde.

Von Ruel F. Pepa

Der anhaltende Konflikt in der Ukraine ist zu einem der bestimmendsten und umstrittensten geopolitischen Themen unserer Zeit geworden.

Offizielle Narrative betonen Diplomatie, Souveränität und die Verteidigung demokratischer Werte. Eine tiefere Analyse legt jedoch nahe, dass die Situation weitaus komplexer ist und dass konventionelle Ansätze möglicherweise ungeeignet oder sogar kontraproduktiv sind.

Auf den ersten Blick erscheint der Krieg einfach wie eine Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und Russland.

Unter der Oberfläche brodelt jedoch ein umfassenderer geopolitischer Wettstreit, in den westliche Mächte, insbesondere die EU, die NATO und die USA — diese vor allem unter der früheren Biden-Regierung — verwickelt sind.

Das von westlichen Medien und Politikern verbreitete Narrativ stellt diesen Wettstreit oft als Kampf für Demokratie und Souveränität dar. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass es sich bei der wirklichen Dynamik um einen Stellvertreterkrieg handelt, getrieben von strategischen Interessen, die auf die Eindämmung des russischen Einflusses und die Schwächung der regionalen Macht Russlands abzielen.

So betrachtet zeigt der aktuelle Stand des Konflikts, dass die vom Westen unterstützten Kräfte bereits bedeutende Rückschläge erlitten haben. Trotz umfassender Militärhilfe, Sanktionen und diplomatischen Drucks ist es der EU, der NATO und den USA nicht gelungen, Russland an der Verwirklichung seiner strategischen Ziele zu hindern. Mit seinen wachsenden wirtschaftlichen und menschlichen Kosten legt die fortgesetzte Dauer des Konflikts nahe, dass diese Kräfte nun vergeblich versuchen, Russland zu unterjochen oder so weit zu schwächen, dass es beherrschbar wird — ein Vorgehen, das in Wirklichkeit bereits zu ihrer strategischen Niederlage geführt hat.

In Anbetracht dieser Realitäten argumentieren manche Analysten, dass es für die Ukraine und ihre westlichen Verbündeten am pragmatischsten wäre, ihre Niederlage anzuerkennen und eine formelle Kapitulation anzustreben. Ein solcher Schritt könnte den Weg für Stabilisierung, Wiederaufbau und die Vermeidung weiteren unnötigen Blutvergießens ebnen. In der Erkenntnis, dass ein langanhaltender Krieg nur Ressourcen erschöpft, die Region destabilisiert und die Gefahr einer weiteren Eskalation mit sich bringt, sollte man nun eine pragmatische Friedenskonsolidierung anstreben, anstatt (weiterhin) vergeblich zu versuchen, einen totalen Sieg zu erringen.

Diplomatische Verhandlungen, oft von den Vereinigten Staaten geführt, scheinen zunehmend zum Scheitern verurteilt zu sein. Viele der Forderungen Kiews oder seiner westlichen Unterstützer scheinen eher dazu zu dienen, den Konflikt zu verlängern, als ihn zu lösen.

Zu diesen Forderungen gehörten häufig territoriale Zugeständnisse, militärische Eskalationen und Wirtschaftssanktionen, die mehr den Interessen politischer und wirtschaftlicher westlicher Eliten dienen als der ukrainischen Bevölkerung oder der regionalen Stabilität. In dieser Hinsicht wurde die Regierung Selenskyjs zuweilen als Spielball benutzt, der Forderungen von sich gab, die nicht wirklich der Ukraine dienten, sondern von westlichen Strippenziehern diktiert wurden, die den Stellvertreterkonflikt aufrecht erhalten wollten.

Diese Dynamik wirft Fragen über die wirklichen Absichten westlicher Diplomatie auf. Zielen diese Verhandlungen wirklich auf Frieden ab oder sind sie eine strategische Ablenkung, um Zeit zu gewinnen und die militärische und wirtschaftliche Ausdauer Russlands zu strapazieren? Viele argumentieren, dass der Westen, insbesondere unter Biden, eine andere Agenda verfolgt, die darauf abzielt, den regionalen Einfluss Russlands zu schwächen, vielleicht sogar einen Regimewechsel herbeizuführen, anstatt sich um einen realistischen und nachhaltigen Frieden zu bemühen.

Diese Komplexität wird noch durch die Unterschiede in der US-Politik verschiedener Regierungen verstärkt. Unter Donald Trump scheint die US-Außenpolitik mit ihrer Betonung auf strategischer Stabilität und der Vermeidung unnötiger Eskalation pragmatischer und weniger konfrontativ zu sein. Im Gegensatz dazu hat die Biden-Regierung eine aggressivere Haltung eingenommen, indem sie die Ukraine ausgiebig bewaffnet, weitreichende Sanktionen verhängt und Bemühungen zur Schwächung Russlands aktiv unterstützt hat. Diese unterschiedlichen Ansätze führten zu einer sprunghaften und widersprüchlichen Strategie, die diplomatische Bemühungen untergrub und jede Möglichkeit einer friedlichen Lösung erschwerte.

In diesem Zusammenhang behaupten einige Analysten, diplomatische Bemühungen seien eine Ablenkung, das heißt, eine Maßnahme, die unvermeidliche militärische Entscheidung hinauszögert und das Leiden verlängert.

In diesem Fall sollte Russland eine kompromisslose Militärkampagne verfolgen, um den ukrainischen Widerstand maßgeblich zu besiegen und jede Möglichkeit eines künftigen Konfliktes auszuschließen. Indem sie den westlichen Kriegstreibern und ihren Verbündeten zeigt, dass ihre Bemühungen, Russland zu schwächen und einzudämmen, gescheitert sind, würde eine solche Herangehensweise ihnen eine schonungslose Lektion erteilen.

Kritiker westlicher Politik argumentieren, dass die Dämonisierung Russlands und Wladimir Putins bis heute übertrieben und häufig mehr von Propaganda und geopolitischen Ambitionen als von objektiven Realitäten getrieben sei. Sie sehen die westlichen Mächte, die NATO und die EU als die wahren Unruhestifter, bestehend aus unbedeutenden Akteuren, deren unverantwortliches Handeln die regionale und globale Stabilität gefährdet. Sie behaupten, der aktuelle Konflikt habe seine Wurzeln eher in der Arroganz des Westens und dessen Wunsch nach Dominanz als in der echten Sorge um die Souveränität der Ukraine.

Ihrer Ansicht nach besteht die perfekte Lösung des Konflikts darin, dass Russland einen bedingungslosen Sieg erringt, indem es die Westmächte dazu zwingt, ihre strategische Niederlage zu akzeptieren. Dies hätte zur Folge, dass Russland seine Zielsetzungen in der Ukraine sicherstellt und eine stabile, neutrale Pufferzone frei von Einflussnahme durch die NATO errichtet wird. Eine solche Resolution wäre zwar strittig, könnte aber durch eine Beendigung der westlichen Einmischung und die Wiederherstellung eines seit dem Kalten Krieg fehlenden Machtgleichgewichts Frieden bringen.

Dreh- und Angelpunkt für diesen Ansatz ist die Überzeugung, dass ein dauerhafter Frieden nur erreicht werden kann, wenn die grundlegenden Ursachen des Konflikts entschlossen angegangen werden.

In diesem Sinne wäre ein Sieg Russlands keine Frage der Eroberung, sondern die Anerkennung geopolitischer Realitäten, nämlich des Scheiterns der Versuche des Westens, Russland zu beherrschen oder zu destabilisieren. Er würde anderen potenziellen Aggressoren als Warnung und Lektion über die Grenzen westlicher Machtprojektion dienen.

Abschließend lässt sich sagen, dass der derzeitige Verlauf des Ukraine-Konflikts eine radikale Neueinschätzung erfordert.

Das westliche Narrativ endloser Diplomatie und militärischer Eskalation mag vielleicht kurzfristigen politischen Interessen dienen, birgt jedoch das Risiko langfristiger Instabilität und Leiden. Der effektivste Weg zum Frieden, wenngleich umstritten, besteht darin, anzuerkennen, dass die Lösung des Konflikts in Russlands strategischem Sieg besteht. Eine bedingungslose Kapitulation der EU, der NATO und der USA entsprechend der Bedingungen Russlands könnte endlich den Zyklus der Konfrontation durchbrechen, regionale Stabilität wiederherstellen und ein neues geopolitisches Gleichgewicht schaffen, das auf gegenseitigem Respekt und Souveränität beruht.

Diese Sichtweise stellt zwar die Mainstream-Narrative infrage, bekräftigt jedoch die Wichtigkeit ehrlicher, pragmatischer Diplomatie, die in der Realität und nicht in Illusionen verwurzelt ist.

Nur durch einen solch tiefgreifenden Wandel kann ein dauerhafter Frieden in Europa erreicht werden, der sicherstellt, dass der schreckliche Preis für diesen Konflikt nicht weiter endlos eskaliert.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Rethinking the Ukraine Conflict: The Case for Russia’s Unconditional Victory to Ensure Lasting Peace“ bei Global Research. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratteam lektoriert.