Der andere 11. September

Über den Putsch in Chile 1973 wurde angeblich schon alles gesagt — wer wirklich daran Schuld war, wurde allerdings erst in jüngster Zeit enthüllt.

Im Folgenden geht es um einen Staatsstreich, den wir gut zu kennen glaubten, dessen letzte Geheimnisse aber noch lange im Verborgenen gelegen hatten. Zum Pinochet-Putsch in Chile, der 1973 am selben Kalendertag wie der Angriff auf das World Trade Center stattfand, jedoch nie die gleiche Aufmerksamkeit erhielt, gibt es sehr viele Zeugen, Beweise und Dokumente. Sie wurden in den USA aufgrund des „Freedom of Information Act (FOIA)“ freigegeben. Wir stellten fest, dass all das zwar über 50 Jahre zurückliegt, aber bis heute die Blaupause für viele Putsche darstellt. Heute nennt man das Regime Change — was eine willkommene Abwechslung suggerieren soll. All das ist sehr gut dokumentiert. Auch die absolute Straffreiheit für all jene, die an diesem blutigen Putsch beteiligt waren. Das letzte Kapitel ist jedoch noch nicht zu Ende erzählt. Wir leben ja jetzt in der Zeitenwende, also in einer Art Vorkriegszeit. Und in einer solchen muss auch die Geschichte den Notwendigkeiten des Zeitgeists angepasst werden. Auch die Geschichte muss sozusagen ihren Wehrdienst leisten. In einem Akt kreativen Umgangs mit den historischen Fakten weist der Autor die Hauptschuld einem guten Bekannten von uns zu — einem, dem buchstäblich alles zuzutrauen ist.

Also zuerst — zur Erinnerung — die Geschichte, wie wir sie kennen und ganz bald vergessen sollen.

Das „9/11“ in Lateinamerika unter US-amerikanischer Anleitung

„Das Volk muss sich verteidigen, aber es darf sich nicht opfern. (…) Gehet voran in dem Wissen, dass eher früher als später sich die großen Straßen wieder öffnen werden, auf denen der freie Mensch schreitet, um eine bessere Gesellschaft aufzubauen“ (Salvador Allende in seiner letzten Botschaft über Radio, 1973).

Am 11. September 1973 putschte das Militär gegen die gewählte Regierung von Salvador Allende in Chile. Ich habe noch die Bilder vom Präsidentenpalast im Kopf, der bombardiert wurde, umzingelt von Militärs, die auf den umliegenden Dächern postiert waren. Viel später ging ein Bild um die Welt, auf dem man den 65-jährigen Präsidenten sieht, der einen Helm trägt und nach oben schaut. Er hält eine Pistole in der rechten Hand und wird von Bewaffneten begleitet.

Was wir als Schüler im Alter um die 20 Jahre darüber wussten, war sicherlich nicht viel. Offiziell verurteilte die SPD-FDP-Regierung unter Willy Brandt den Militärputsch. Aber genauso offiziell und viel lauter waren die Stimmen derer zu vernehmen, die zu bedenken gaben, dass damit das Land, also Chile, vor dem Kommunismus gerettet worden sei. Das war eine mehr oder wenig versteckte Sympathiekundgebung für den Militärputsch. Ganz sicher wussten wir auch nicht sehr viel darüber, ob es sich tatsächlich um Sozialismus handelte, den das Parteienbündnis „Unidad Popular“ anstrebte. Wir wussten nur eines sehr sicher: wie schnell man als Kommunist oder Sozialist denunziert wurde, wenn man aus der Reihe tanzte und nicht so werden wollte wie unser Mütter und Väter.

Auch wenn man das uns vom Alter her nicht ansah: Wir hatten bereits „außenpolitische Erfahrungen“ gesammelt. Die erste Demonstration, an der ich teilnahm, war eine Demonstration gegen den Vietnamkrieg, den US-Regierungen seit Jahren führten. Auch dort wollten sie die Demokratie verteidigen und das vietnamesisches Volk vor dem Kommunismus retten. Dafür hatte man unter anderem alle BewohnerInnen des Dorfs Mỹ Lai ermordet, um sie so vor dem Kommunismus zu retten. Dieser Irrsinn prägte sich mir ein und wurde eine Haltelinie in meinem Leben: Glaube ihnen kein Wort, wenn sie Krieg führen, um die Demokratie und die Freiheit zu retten. Das sollte eigentlich auch nicht schwer sein, wenn man zuhören kann und will. Der chilenische General Augusto Pinochet ließ niemand im Unklaren: „Die Demokratie muss gelegentlich in Blut gebadet werden, damit die Demokratie fortbestehen kann.“

Diktaturen als Reinigungsanlagen für Demokratien

„Ich sehe nicht ein, wieso wir stillhalten und nur zuschauen sollten, wenn ein Land aufgrund der Unverantwortlichkeit seines Volkes kommunistisch wird“
(US-Außenminister Henry Kissinger)*

Dass Diktaturen und Militärputsche gar kein Widerspruch zu demokratischen Systemen sind, sondern ineinandergreifen, machten Stellungnahmen von namhaften Politikern in Deutschland deutlich: So ließ der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß noch im gleichen Jahr des Putsches im Bayernkurier die Welt wissen, dass „das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang“ bekommen habe.

„Im selben Jahr reiste der damalige CDU-Generalsekretär Bruno Heck als Zeichen der Solidarität nach Chile. Auf die Frage nach Berichten, denen zufolge das Nationalstadion in Santiago unter Pinochet in ein Gefangenenlager verwandelt worden sei, in dem Dissidenten gefoltert würden, äußerte Heck nach seiner Rückkehr in der Süddeutschen Zeitung den berüchtigten Satz: ‚Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm.‘“ („BND, Chile-Putsch und viele offene Fragen“, DW Ben Knight/hka vom 5. Januar 2019)

Da wäre auch noch das einstige NSDAP-Mitglied Kurt Luedde-Neurath hinzuzufügen, der ab 1973 deutscher Botschafter in Chile war: „Schnauze halten“, lautete seine Empfehlung zum Umgang mit dem Pinochet-Regime, bevor er 1975 in den Ruhestand trat. 1969 hatte er das Bundesverdienstkreuz erhalten. Aus Bonner Sicht wurde er diesem auch in Chile gerecht („Die Jakarta-Methode“).

Wenn man jetzt auf die lobenswerte Idee kommt, jemanden für etwas verantwortlich zu machen, was er vor 30, 40 Jahren und mehr gesagt, getan und unterstützt hat, wie im Fall Aiwanger,, dann könnte man hier weitermachen. Ich bin mir sicher, danach müsste man den Bundestag um drei Viertel verkleinern.

Dazu gehören eben auch die zahlreichen deutschen Konzerne, die nach dem Putsch ideale Investitionsmöglichkeiten sahen, mit dem Versprechen, dass sie alles bekommen und vor allem geschützt werden, wozu im Reich Pinochet die Zerschlagung der Gewerkschaften gehörte und die Suspendierung von Arbeitsrechten.

Die Mittäterschaft deutscher Firmen an dem terroristischen Regime in Chile war evident und profitabel; der Handel mit Chile im Jahr nach dem Militärputsch erlebte einen sagenhaften Aufschwung: Die Ausfuhren stiegen 1974 um über 40 Prozent, die Einfuhren um 65 Prozent.

Es geht um mehr als um Erinnerung

Der Militärputsch in Chile jährt sich jetzt zum 52. Mal. Es geht dabei um mehr als um die Zehntausende Ermordeten, für die nicht nur die chilenische Militärjunta verantwortlich ist:

„Während des Militärstreichs in Chile starben über 3.000 Chilenen. Innerhalb der 17 folgenden Jahre unter Pinochet starben über 100.000 durch Staatsterrorismus. Doch Hunderttausende starben in Süd- und Mittelamerika nach 1973 auf Grundlage des Modells, das Kissinger in Chile etabliert hatte“
(Nachhall/Nation ohne Grenzen, Francisco Letelier, Die Schlacht um Chile)

Die Mittäter sitzen auch in den USA, die Profiteure in vielen Ländern in Europa. Denn der Terror darf nicht vergessen machen, dass er einem Wirtschaftsmodell diente, das dort ausprobiert wurde und nun seit ein paar Jahrzehnten in Europa das Leben von Millionen Menschen prägt. Damals, also in den 1970er-Jahren, trauten sich die „Wirtschaftsexperten“, die Thinktanks, nicht, diesen Wirtschaftsterrorismus im eigenen Land einzuführen, weder in den USA, noch in Europa. Dort war man noch ganz damit beschäftigt, einen Kapitalismus anzubieten, der sich mit Blick auf den sozialistischen Ostblock als attraktiv herausputzen musste. Das nannte man dann „Wohlfahrtsstaat“.

Also musste man auf den lateinamerikanischen Kontinent ausweichen, und dafür bot sich Chile an. Das Parteienbündnis „Unidad Popular“ wollte die Kupferindustrie verstaatlichen, die fast vollständig in der Hand ausländischer Konzerne war. So kamen die „Chicago Boys“ zum Zug: Sie entwarfen für Chile einen Kapitalismus sans phrase. Es wurde privatisiert, was Profite versprach, wie die Kupferminen beispielsweise, und die Ausbeutung der Bodenschätze für einen Apfel und ein Ei zementierte die Vorherrschaft der westlichen Staaten. Dazu gehörte eben auch die Privatisierung von Grundressourcen wie Wasser und Strom, Bildung und Gesundheit, worauf niemand verzichten kann.

Was man heute als „Neoliberalismus“ bezeichnet, die zunehmende Ökonomisierung aller Lebensbereiche, war genau das, was die Militärjunta in Chile absichern und garantieren sollte.

Wie resümiert die*FAZ* diese Zeit:

„Vor 50 Jahren putschte sich der Militär Augusto Pinochet in Chile an die Macht. Es folgte blutiger Terror gegen Oppositionelle. Der Neoliberalismus aber erlebte einen Triumph — und gleichzeitig ein ethisches Debakel“
(FAZ vom 11. August 2023)

50 Jahre später braucht man dafür — in Europa und in den USA — keine Militärjunta. Noch nicht.

Das letzte Kapitel: Geschichte nach der Zeitenwende

Achtung — Satire!

Dem hochkarätig besetzten und eingespielten Rechercheteam aus FATZ, Spiegelverkehrt, Titanic und Till Eulenspiegel sind sensationelle Dokumente zugespielt worden, die ausschließlich ihnen zugängig gemacht worden sind. Sie haben diese mit viel Schweiß und Fingerspitzengefühl ausgewertet.

Demnach muss die Geschichte vom Putsch in Chile 1973 neu geschrieben werden, ganz neu in unserem historischen Gedächtnis disloziert werden.

Erinnerungsarbeit als Wehrdienst

Vergessen Sie die CIA — sofort. Verstanden?

Wladimir Putin war fast von Geburt an ein gewiefter und mit allen Wassern gewaschener KGB-Mann. Man kann auch sagen: Es war ihm in die Wiege gelegt.

Sein Spezialgebiet im sowjetischen Geheimdienst KGB war, die Techniken des US-Geheimdienstes (CIA) zu studieren und nach Möglichkeiten zu suchen, sie auch für die Sowjetunion anzuwenden.

In den 1970er-Jahren war der Sozialismus weltweit auf dem Vormarsch. Nicht nur die Ideen wurden überall geteilt und gelebt, auch Regierungen kamen mit sozialistischer Programmatik und Ideen an die Macht. Ganz besonders erfolgreich war dabei die Unidad Popular in Chile, die es tatsächlich geschafft hatte, 1970 die Wahlen dort zu gewinnen. Selbstverständlich verfolgte auch der KGB die Entwicklung in Lateinamerika, insbesondere in Chile. Sehr schnell bekam er heraus, dass der US- und andere westliche Geheimdienste fieberhaft dabei waren, die Lage einzuschätzen und Vorschläge zu machen, wie man dieser Situation Herr werden könnte. In dieser Phase der Orientierung sah der junge aufstrebende KGB-Mann Putin seine Chance. Er schlug seinen Chefs eine sogenannte „False Flag“-Aktion vor. Damit sind Terroranschläge und Morde gemeint, die durch Geheimdienste oder das Militär begangen werden, um unbeteiligte Dritte zu diskreditieren, um so viel Angst zu verbreiten, dass die Bevölkerungen zu allen Einschränkungen bis hin zum Ausnahmezustand bereit sind.

So wurden in Italien in den 1970er-Jahren blutige Terroranschläge durchgeführt, die den Roten Brigaden zugeschrieben wurden, obwohl es faschistische Gruppen waren, die sie mit Unterstützung staatlicher Stellen verübt hatten — eine Taktik, die auch als „Strategie der Spannung“ bekannt wurde.

Auch den Oktoberfestanschlag in München 1980, bei dem Dutzende Besucher ermordet worden waren, hatte man als Massaker geplant. Ein Terroranschlag wie aus einem Lehrbuch. Ziel war es, Angst und Schrecken zu verbreiten, und zwar gerade dann, wenn es jeden treffen kann. Bereits ein Tag später machte der bayrische Ministerpräsident Franz Josef Strauß die Rote-Armee-Fraktion (RAF) dafür verantwortlich, eine Gruppe, die, ähnlich den Roten Brigaden, das kapitalistische und postfaschistische System bekämpfen wollte. Die Spur wurde also mediengerecht gelegt, und fast niemandem blieb in Erinnerung, was die Ermittlungen und Recherchen im Nachlauf ergaben.

Zum einen wurde als Ersatz für die RAF ein wirrer und unpolitischer Einzeltäter angeboten, der eine andere Spur zudecken sollte. Tatsächlich führten gewichtige Spuren zu einer Organisation, die viel später als „Gladio“ oder „stay behind“-Armee bekannt wurde. Sie war von NATO-Stellen gegründet worden mit dem Ziel, in vielen Staaten eine Schattenarmee aufzustellen und zu bewaffnen, die hinter den feindlichen Linien operieren sollte, ohne Spuren zu hinterlassen. In NATO-Kreisen, der Zweite Weltkrieg war kaum zu Ende, rüstete man sich für den „Kalten Krieg“, der vor allem der Sowjetunion galt und alle antikommunistischen Ressentiments fortführte. Nachdem „der Russe“ nicht kam, bekamen die „stay behind“-Armeen eine andere Aufgabe. Sie sollten die kommunistische Gefahr im Inneren bekämpfen, mit terroristischen Methoden, die man dann der Linken in die Schuhe schieben konnte.

Gerade diese False-Flag-Strategie studierte Wladimir Putin besonders aufmerksam und kam zu dem Schluss, dass man sie doch gegen die Erfinder wenden könnte. Und so wurde ein kampferprobtes KGB-Kommando aufgestellt, um der Allende-Regierung den Todesstoß zu versetzen.

Der KGB-Mann Putin wusste auch ganz genau, wo man den Hebel ansetzen musste: beim chilenischen Militär, das aufgrund seiner reaktionären Grundhaltung für einen Militärputsch bereit war, wenn es den Segen der US-Regierung bekommen würde. In dieser sehr angespannten Lage schlug das KGB-Kommando zu und ermordete den chilenischen General Schneider, der es ablehnte, sich an dem Putsch zu beteiligen, womit das letzte Signal für einen Putsch gesendet wurde. KGB-Mann Wladimir Putin, der dieses Kommando leitete, verfolgte damit einen äußerst heimtückischen Plan. Dieses Komplott sollte, so Putin, nicht den Putsch ermöglichen, sondern im letzten Augenblick verhindern. Darauf muss man erst einmal kommen!

Zum einen würde man zuerst und zu Recht die CIA für diesen Mord und die Putschpläne verantwortlich machen. Der KGB ging zudem davon aus, dass es der Unidad Popular, die sehr viel Sympathie in der Bevölkerung genoss, gelingen würde, durch einen Generalstreik das Land auf eine Weise lahmzulegen, dass auch ein Militärputsch im Keim erstickt werden könnte. Wer weiß, wie es tatsächlich ausgegangen ist, der weiß jetzt und heute auch, wer wirklich hinter diesem Putsch stand. Womit einmal mehr bewiesen ist, dass man Wladimir Putin alles, aber auch alles zutrauen kann und muss.

Diese Geschichte klingt an den Haaren herbeigezogen, aber genau deshalb ist sie so unschlagbar. Passend zu dieser sensationellen Wendung im Fall „9/11“ in Chile senden die deutsche Staatsmedien seit der Ankündigung, „Russland zu ruinieren“ (Ex-Außenministerin Annalena Baerbock) „Dokus“ am laufenden Band, die das wahre Gesicht Putins zeigen:

Zum Beispiel „Der Pate von St. Petersburg“:

„Ein Vierteljahrhundert ist Wladimir Putin 2025 an der Macht, doch die entscheidenden Weichen für seinen Aufstieg wurden schon viel früher gestellt. Die Dokumentation zeichnet Putins Weg in das St. Petersburg der 1990er-Jahre nach, eine Stadt im Chaos zwischen Mafia-Kriegen, Korruption und politischem Machtvakuum. Als Vizebürgermeister baute er sich ein Netzwerk aus alten KGB-Verbindungen und Kontakten zur Unterwelt auf — ein Geflecht, das später zur Grundlage seiner Macht im Kreml wird“
(ZDF-Ankündigung)

Wenn Sie das glauben, weil Sie wissen, dass es keine Paten in Berlin, München oder Köln gibt, dann schlucken Sie sicherlich auch meine Geschichte.

Diese absurde Satire hat einen sehr ernsten Kern. Für gewöhnlich sind wir davon überzeugt, dass eine Erzählung, eine Geschichtsversion glaubwürdig sein muss. Das bedeutet, dass sie nachvollziehbar und durch Quellen überprüfbar ist. Gerade in der Trump- und Doppelwumms-Zeit erleben wir, dass vieles einfach nur erlogen ist, dass es dem Anliegen und der eigenen Person nicht schadet, wenn man heute dies behauptet und morgen das glatte Gegenteil für die true story hält. Das erklärt unter anderem das Trump-Syndrom. Er gewinnt nicht seine Wähler und Follower, weil es überprüfbar und in sich konsistent ist, was er sagt. Was das Trump-Syndrom ausmacht, ist der Umstand, dass er die Wünsche der Menschen erfüllt, Illusionen nährt, die die Menschen brauchen, um die knallharte Realität auszuhalten — und dies auf eine Weise, die die herrschenden Verhältnisse nicht infrage stellt, sondern sich ihnen zu Füßen wirft.

Der ausgezeichnete Psychoanalytiker Wilhelm Reich hat sich in seinem 1933 publizierten Werk „Die Massenpsychologie des Faschismus“ einer ganz zentralen Frage gestellt, die bis heute nichts an Aktualität eingebüßt hat: Wie ist es zu erklären, dass Menschen, die in immer prekäreren Umständen leben, eine faschistische Partei wählen, die ihre ökonomischen Interessen mit Füßen tritt?

Dabei macht Wilhelm Reich auf ein ganz zentrales Missverständnis aufmerksam, mit dem sich der Antifaschismus auseinandersetzen muss: Dieser ist sich ganz sicher, dass man nur die Fakten auf den Tisch legen und den Gegner der Lüge überführen muss, um den Faschismus zu demaskieren. Wilhelm Reich betont hingegen, dass der Faschismus als Massenphänomen eine autoritäre Wunschwelt schafft und befriedigt, die man begreifen muss, um zu verstehen, dass der Faschismus mehr ist als eine Irreführung von ganz oben.