Der Chef-Imperialist

George H. W. Bush war kein Held, sondern ein Kriegsverbrecher.

Nach dem Tod von George H. W. Bush erfolgte die mediale Huldigung und Ehrerbietung, die für verstorbene US-Staatsoberhäupter üblich ist – ungeachtet ihrer tatsächlichen verbrecherischen Taten. Anthony DiMaggio setzt dem eine ungeschönte und detaillierte Beschreibung von Bushs Vorgehen während der Irakkriege entgegen, die aus dem Präsidenten alles andere als einen Held macht. Bush nutzte eine von Fake News begünstigte Menschenrechts-Rhetorik, um die Unterstützung der Öffentlichkeit für den Krieg zu generieren. Er stellte Saddam Hussein als globalen Aggressor und Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA dar, um so das brutale Vorgehen des US-Militärs gegen irakische Truppen zu rechtfertigen. Er verschleierte die Unterstützung, die die USA dem Irak bei der Herstellung von Chemiewaffen geleistet hatten. Und schließlich behauptete er, im Widerspruch zur heutigen Beweislage, Öl sei kein zentraler Faktor für den Krieg gewesen.

von Anthony DiMaggio

Die US-Medien scheuen sich nicht, den verstorbenen Präsidenten George H. W. Bush in ihren Betrachtungen seines Lebens und Erbes zum Helden zu stilisieren. Dies ist kaum überraschend; dieselbe Verehrung konnte man für den verstorbenen republikanischen Senator John McCain erleben, indem man jegliche Diskussion von US-Kriegsverbrechen, Völkermord und Gewalt in Vietnam zugunsten des vorhersehbaren „Kriegshelden“-Narrativs auslöschte.

Auf CNN feiert Aaron David Miller vom Woodrow Wilson International Center for Scholars die „schiere Demut“ und den „Anstand“ des älteren Präsidenten Bush, während die Washington Post seine „ruhige Hand“ am Ende des Kalten Krieges zur Zeit des Zusammenbruchs der Sowjetunion betont. Die New York Times hofiert Bush als „zurückhaltenden und erfahrenen Staatsführer“, während sie den US-Angriff auf den Irak im Jahr 1991 feiert. „Wenn Präsident Bushs Amtszeit geholfen hat, im Ausland eine Ära [den Kalten Krieg; Ergänzung des Autors] zu beenden, so hat sie eine neue eröffnet. Im Januar 1991 versammelte er eine globale Koalition, um die irakischen Eindringlinge aus Kuwait zu vertreiben, indem er hunderttausende Soldaten auf einen triumphalen Feldzug schickte, der in den Augen vieler dabei half, die Geister Vietnams auszutreiben.“

Darstellungen verstorbener Staatsoberhäupter und anderer prominenter politischer US-Führungsfiguren porträtieren diese für gewöhnlich als freiheitsliebende Patrioten, die für das Wohl ihrer Nation und im Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie in anderen Ländern Opfer gebracht haben. Für jene, die auf die Amtszeit Bushs des Älteren mit einem kritischen Bewusstsein schauen, hat wenig an diesem Narrativ Bestand. Bush zeigte, dass er sich der Realpolitik und der Stärkung der amerikanischen imperialistischen Macht eisern verpflichtet fühlte, besonders der US-Politik im Mittleren Osten. Doch diese unbequeme Wahrheit „passt einfach nicht“ in ein speichelleckerisches Mediensystem, in dem Journalisten Mythen über die USA als globalen Beschützer und Retter huldigen.

Das Folgende ist eine dringend nötige Berichtigung der verherrlichenden Heiligenbiographien, die das Ableben US-amerikanischer Staatsoberhäupter nach sich zieht. Bushs Regierung verfolgte besonders im Irakkrieg 1991 einen der unverschämtesten und unehrlichsten Propagandafeldzüge der modernen Geschichte. Um mit Chomsky und Herman zu sprechen, zeugt der Erfolg dieser Kampagne von der Wirksamkeit offizieller und journalistischer Bemühungen, durch die Bewerbung US-imperialistischer Kriege „Zustimmung zu fabrizieren.“

Die Invasion Kuwaits: Der Beginn der US-Propagandakampagne

Beim Golfkrieg von 1991 setzte Präsident George H. W. Bush an verschiedenen Fronten Propaganda ein, um Unterstützung für den Krieg zu erreichen. Nachdem der irakische Diktator Saddam Hussein im August 1990 ins angrenzende Kuwait einmarschiert war, machte sich die Bush-Regierung rasch an die Arbeit, indem sie Hussein als globale Bedrohung und Gefahr darstellte. Sowohl der Irak als auch Kuwait besitzen viel Öl und erregten so amerikanische Besorgnis über Husseins Expansionsbestrebungen in einem Teil der Welt, der über ein Viertel der bekannten Ölreserven verfügt.

Hussein hatte in der Vergangenheit eine aggressive Außenpolitik betrieben. Er marschierte im Iran ein und führte dort – mit US-Unterstützung – von 1980 bis 1988 einen Krieg, der in einem blutigen Patt endete. Schätzungen gehen davon aus, dass der Krieg auf beiden Seiten hunderttausende bis eine Million Tote forderte. Husseins Motive für einen Angriff gegen den Iran rührten von einem Grenzkonflikt und der Sorge, dass die Iranische Revolution von 1979 die irakischen Bürger – also deren schiitische Mehrheit – dazu anregen könnte, gegen Saddams Diktatur zu rebellieren.

Nach der Beendigung des iranisch-irakischen Krieges wandte Saddam seine Aufmerksamkeit Kuwait zu und brachte zahlreiche Beschwerden gegen dessen herrschende Königsfamilie vor. Darunter waren die folgenden: Anschuldigungen, Kuwait vollführe Richtbohrungen im Rumaila-Erdölfeld im südlichen Irak; die Behauptung, Kuwait benutze das Öl, um den internationalen Markt zu fluten und dadurch die internationalen Ölpreise zu drücken; Ärger darüber, dass Kuwait die Rückzahlung eines 80-Milliarden-Dollar-Kredits zur Finanzierung des iranisch-irakischen Krieges forderte, und die Behauptung, dass die Kolonialmächte die Grenzen zwischen dem Irak und Kuwait künstlich gezogen hätten und dass eine Vereinigung des Iraks und Kuwaits nötig für die arabische Einheit sei. Keiner dieser Gründe überzeugte die US-Vertreter, die in dem Angriff auf Kuwait – korrekterweise – einen Überfall auf einen ölreichen Verbündeten sahen.

Um der amerikanischen Bevölkerung den Krieg zu verkaufen, gab Bush mehrere Gründe dafür an, warum die USA den Irak aus Kuwait vertreiben sollten. Darunter waren die folgenden: Hussein verletze durch den Einmarsch in Kuwait internationales Recht; Hussein sei ein brutaler Diktator, der sein eigenes Volk tötete; Hussein verübe grobe Menschenrechtsverletzungen in Kuwait und der Irak sei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA. Mit Verweis auf das Völkerrecht verurteilte Bush Hussein für einen „abscheulichen und brutalen Akt der Aggression“ und verhöhnte ihn dafür, „seine Nachbarn zu bedrohen“. Er warnte davor, die Invasion Kuwaits ermächtige Hussein, zukünftig weitere Akte der Aggression zu verüben:

„Wir müssen erkennen, dass der Irak möglicherweise nicht aufhören wird, Gewalt anzuwenden, um seine Ansprüche durchzusetzen. Der Irak hat eine enorme Kriegsmaschinerie an der saudischen Grenze versammelt, die mit wenig oder keiner zusätzlichen Vorbereitung zu feindseligen Handlungen fähig ist. Angesichts der Tatsache, dass die irakische Regierung in der Vergangenheit sowohl gegen ihre eigene Bevölkerung als auch gegen ihre Nachbarn Aggressionen verübt hat, wäre es unklug und unrealistisch anzunehmen, der Irak würde nicht erneut angreifen.“

Der Präsident lehnte das „von außen verhängte Marionettenregime“ ab: „...Saddam Husseins Streitkräfte werden Kuwait verlassen. Die rechtmäßige Regierung Kuwaits wird an ihren rechtmäßigen Platz zurückkehren, und Kuwait wird wieder frei sein.“

Bushs Menschenrechts-Rhetorik für den Krieg

Menschenrechte waren ein vorherrschendes Thema in Bushs Rhetorik. Er hob die Hinrichtungen und „routinemäßige Folter“ von Dissidenten hervor, bezeichnete Hussein als „Neuauflage Hitlers“ und versprach: „Amerika wird nicht wegsehen. Die Welt wird es den Starken nicht erlauben, die Schwachen zu verschlingen.“ Zentral in seiner Menschenrechts-Rhetorik war die Behauptung, irakische Truppen misshandelten Frühgeborene in kuwaitischen Krankenhäusern. Dieser Behauptung zugrunde lag die Aussage eines 15-jährigen kuwaitischen Mädchens, das schlicht unter dem Namen „Nayirah“ bekannt war, vor dem Kongress im Oktober 1990. Sie gab an, sie sei persönlich Zeugin davon geworden, wie irakische Truppen „mit Gewehren ins Krankenhaus kamen. Sie nahmen die Babys aus den Brutkästen. Sie nahmen die Brutkästen mit und ließen die Babys zum Sterben auf dem kalten Boden liegen“.

Diese Geschichte wurde von Präsident Bush als Hauptrechtfertigung für den Krieg zitiert. Bush erzählte sie so nach: „Kinder lagen in Brutkästen, und sie wurden aus ihren Brutkästen geworfen, damit Kuwait systematisch zerlegt werden konnte.“ Bush zitierte die Brutkasten-Geschichte mindestens zehnmal in den folgenden Wochen. Er betonte die Probleme mit den Menschenrechten anstatt US-Interessen an Öl; er behauptete „wir sorgen uns nicht wegen des Öls, sondern wegen der Aggression. Und diese Aggression wird nicht anhalten...Worauf wir achten, das ist gut und böse, richtig und falsch. Und jeden Tag enthüllen schockierende neue Gräuel die wahre Natur des Terrors in Kuwait“.

Präsident Bush verwies auch auf Husseins Einsatz chemischer Waffen in der Vergangenheit und seine angebliche Entwicklung von Atomwaffen als Beweggründe dafür, dass die USA handeln müssten. Hussein hatte im Jahr 1988 chemische Waffen gegen die Kurden in der Stadt Halabdscha im Norden des Irak eingesetzt. In der Folge starben 6.800 Menschen, hauptsächlich Zivilisten. Und er hatte die Folter und Massentötung jedes Irakers angeordnet, der seine Autorität in Frage stellte. Bush warnte: „Während die Welt abwartete, strebte Saddam danach, dem chemischen Waffenarsenal, das er jetzt besitzt, eine ungleich gefährlichere Waffe zur Massenvernichtung hinzuzufügen – eine Atomwaffe“. Der Präsident versprach, „Husseins Atombombenpotential auszuschalten“, ebenso wie dessen „Anlagen für chemische Waffen“.

Nach der Invasion Kuwaits verhängten die USA weit reichende Sanktionen gegen den Irak, während sie die US-Streitkräfte für den Krieg mobilisierten. Der Angriff der USA und ihrer Verbündeten begann am 17. Januar 1991 und gipfelte im raschen militärischen Sieg über den Irak und dessen erzwungenem Rückzug aus Kuwait sowie im Tod tausender irakischer Zivilisten. Weitere hunderttausende Zivilisten starben an den Folgen des Krieges, da die US-gestützten Sanktionen den Irak davon abhielten, lebenswichtige Infrastruktur wiederaufzubauen, darunter sein Stromnetz und seine Wasseraufbereitungsanlagen.

In der Zeit vor dem Krieg gab Präsident Bush kurz zu, dass „der Irak bereits ein reiches und mächtiges Land ist, das über die zweitgrößten Ölreserven der Welt verfügt“ und dass „unser Land inzwischen die Hälfte des Öls, das es verbraucht, importiert und seine wirtschaftliche Unabhängigkeit erheblich bedroht sein könnte. Ein Großteil der Welt ist sogar noch abhängiger von importiertem Öl und noch anfälliger für eine irakische Bedrohung“. Dennoch, trotz seines Eingeständnisses, beharrte Bush darauf, dass Öl kein ernsthafter Grund für den Krieg sei. In seinen Reden im Herbst 1990 konzentrierte sich Bush fast ausschließlich auf die Themen Menschenrechte, nationale Sicherheit und Staatssouveränität, wenn er Argumente für den Krieg anführte, jedoch nicht auf Interesse am Öl.

Präsident Bushs kriegsbefürwortende Rhetorik mobilisierte über den ganzen Herbst und Winter 1990 hinweg öffentliche Unterstützung für den Krieg. Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Gallup ergaben, dass die Überzeugung, die USA sollten „eine Militär-Aktion gegen den Irak einleiten“, im August bei lediglich 21 Prozent lag, wohingegen sie bis zum Dezember auf 41 Prozent und bis zum Januar 1991 auf 49 Prozent gestiegen war – ein Plus von 28 Prozentpunkten. Auf die Frage, ob es die Angelegenheit „wert ist, in den Krieg zu ziehen“, antworteten im August 1990 45 Prozent mit Ja, im Vergleich zu 51 Prozent im November 1990 und 71 Prozent im späten Januar 1991, als die Kämpfe begannen. Die gleichzeitig von Regierungsbeamten und den Medien verbreitete kriegsbefürwortende Rhetorik und der Beginn des militärischen Konflikts wirkten zusammen und halfen der Regierung dabei, Unterstützung für den Krieg zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

Rhetorik versus Realität im Irakkrieg

Die vom Präsidenten angewandte hochtrabende Rhetorik ließ sich kaum mit der Geschichte der US-irakischen Beziehungen in Einklang bringen. Die politischen Eliten und die Medien präsentierten zahlreiche verdrehte Tatsachen als Fakten und ignorierten unbequeme Wahrheiten. Eine der krassesten Verdrehungen war die Behauptung, irakische Truppen würden kuwaitische Frühgeborene auf den Boden werfen, um ihre Brutkästen zu stehlen. Recherchen der Canadian Broadcasting Corporation ergaben, dass es keinerlei Beweise für derartige Geschehnisse gab.

Doch was hatte es mit der Zeugenaussage des kuwaitischen Mädchens Nayirah auf sich? Dieses 15-jährige Mädchen war keine neutrale Zuschauerin, sondern die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA. Sie war Teil des Versuchs der kuwaitischen Regierung, die Macht zurückzuerlangen. Das Mädchen war von der US-PR-Agentur Hill+Knowlton gecoacht worden, um ihren Text vor dem Kongress-Ausschuss aufzusagen. Alles gehörte zu der von oben generierten „Bewegung“ „Bürger für ein freies Kuwait“, die die kuwaitische Regierung finanzierte, indem sie Millionen von Dollar für eine Propagandakampagne ausgab, die darauf abzielte, öffentliche Unterstützung für den Krieg zu erzeugen. Als Reaktion auf dieses Täuschungsmanöver verurteilte Amnesty International Präsident Bush für seine „opportunistische Manipulation der internationalen Menschenrechtsbewegung“. Die Details dieser Farce kamen jedoch zu spät ans Licht, um entscheidend auf eine Abwendung von der Kriegsunterstützung zu wirken.

Wie war der Vergleich zwischen Saddam Hussein und Adolf Hitler einzuschätzen, und wie die Behauptung, der Irak bedrohe die nationale Sicherheit der USA? Obwohl der Irak vor dem Golfkrieg 1991 ein Atomprogramm betrieben hatte, gab es in den frühen 1990ern kaum Hinweise auf den Status dieses Programms. Dieser Mangel an Details bedeutete, dass die Bush-Regierung kaum direkten Einblick darin hatte, ob eine nukleare Bedrohung bestand, obwohl sie öffentlich anderes behauptete. Präsident Bush warnte außerdem davor, dass der Irak dabei sei, eine riesige Anzahl Soldaten entlang der irakisch-saudischen Grenze zu konzentrieren, und dass die potentielle Bedrohung Saudi-Arabiens ein Kriegsgrund sei. Kommerzielle Satellitenaufnahmen aus dem Jahr 1990 enthüllten jedoch, dass sich zu dieser Zeit keine Ansammlung irakischer Truppen an der saudischen Grenze bestätigen ließ.

Bushs Vergleich von Hussein mit Hitler war ebenfalls ein Propagandaschachzug. Es besteht kein Zweifel, dass Hussein ein aggressiver, repressiver Diktator war, wie in seinen Angriffen auf den Iran, Kuwait und seine eigene Bevölkerung deutlich wird. Doch im Vergleich mit den kriminellsten autoritären Regimen der Geschichte hatte Husseins Kriminalität ein niedrigeres Niveau.
Hussein war ein regionaler Aggressor, kein globaler. Die Nazis waren die größte existentielle Bedrohung, der die USA in ihrer Geschichte gegenüberstanden. Im Gegensatz dazu verfügte der Irak im Jahr 1990 zwar über das viertgrößte Militär der Welt, doch dieses Militär lag technologisch ein dreiviertel Jahrhundert hinter dem der USA zurück. Die vorherrschende Taktik, die die Iraker im Konflikt mit dem Iran einsetzten, war der Stellungskrieg, der von den USA und ihren Verbündeten seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr genutzt worden war.

Iraker, die sich in Schützengräben versteckten, hatten den US-Tarnkappenbombern, Kampfjets und Panzern nichts entgegenzusetzen. Mit Pflügen ausgestattete US-Panzer zackerten durch die Schützengräben, begruben die irakischen Soldaten bei lebendigem Leib und töteten Hunderte. Tausende mehr starben auf dem „Highway of Death“ – der „Straße des Todes“ – zwischen dem Irak und Kuwait. Irakische Militärkonvois, die sich zurückzogen, wurden von US-Kampfjets niedergemetzelt und so Opfer von Massenverbrennungen. Es blieben Bilder der Vernichtung, die zu einem dauerhaften Symbol für die einseitige Zerstörungswut des Krieges wurden, die fast ausschließlich gegen Iraker gerichtet war. US-Kampfjets bezeichneten ihre Angriffsflüge als „turkey shoot“ – als „Truthahnschießen“ –, was die Brutalität des Gemetzels verdeutlicht.

Während geschätzte 10.000 bis 20.000 irakische Soldaten während des Konflikts getötet wurden, vermeldeten die US-Streitkräfte 147 Tote – was einem Missverhältnis entspricht, das zwischen 68 bis 82 zu 1 liegt. Der Golfkrieg von 1991 und der Zweite Weltkrieg unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Länge beträchtlich. Die USA besiegten den Irak 1991 in nur fünf Wochen des Kampfes. Im Gegensatz dazu dauerte der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945, dreieinhalb Jahre lang waren die USA beteiligt, vom Ende des Jahres 1941 bis zur Mitte des Jahres 1945. Kurz gesagt war Bushs Vergleich von Hussein und Hitler eine unglaubliche Propagandaleistung.

US-Unterstützung für Hussein

Die Bush-Regierung täuschte die Öffentlichkeit auch über die irakischen Chemiewaffen. Die USA stellten dem Irak während der 1980er Jahre Milliarden an militärischer und wirtschaftlicher Hilfe zur Verfügung und das bis zu Husseins Einmarsch in Kuwait. Die USA unterstützten Husseins Regime während der schrecklichsten seiner Gräueltaten, vor, während und nach dem Giftgasangriff auf Halabdscha 1988. Dies tauchte im Vorfeld des Golfkriegs kaum in den Nachrichten auf. Erst nach der Invasion Kuwaits wurde häufiger darüber berichtet, da der Giftgasangriff in das Narrativ der USA passte, dass sie wegen der Menschenrechte in Kuwait besorgt seien. Doch als die Menschen starben, waren die USA alles andere als besorgt über die Opfer von Husseins Verbrechen – seine Opfer waren Bauern in einem geopolitischen Machtspiel zwischen den USA und dem Irak.

Betrachtet man die einstige Unterstützung Husseins, lassen sich die Fingerabdrücke der USA überall auf den irakischen Giftgasangriffen gegen die Kurden und die iranischen Truppen während des iranisch-irakischen Krieges erkennen. Präsident Bush kämpfte zusammen mit Senatoren wie dem Republikaner Bob Dole gegen die Verhängung von Sanktionen gegen den Irak nach dem Giftgasangriff von Halabdscha.

Mehr noch, wie die New York Times 2002 berichtete, enthüllten Gespräche mit „hochrangingen Militärs“, dass die Reagan-Regierung dem Irak im Konflikt gegen den Iran heimlich „entscheidende Unterstützung bei der Kampfplanung“ zur Verfügung gestellt hatte, „zu einer Zeit, in der der amerikanische Geheimdienst wusste, dass irakische Kommandeure Chemiewaffen in den ausschlaggebenden Schlachten im iranisch-irakischen Krieg einsetzen würden“. ABC’s Nightline berichtete 1992, dass „die Reagan- und Bush-Regierungen den Fluss von Geld, landwirtschaftlichen Krediten, Dual-Use-Technologie, die dem Irak die Entwicklung von Chemiewaffen erlaubte, Chemikalien und Waffen an den Iran gestatteten – und regelmäßig beförderten“. Vor dem Irakkrieg 2003 entfernten US-Beamte Tausende von Seiten aus UN-Berichten. Darauf war dokumentiert, wie die USA die Bestandteile zur Entwicklung von Chemiewaffen bereitgestellt hatten. Wie die deutsche Die Tageszeitung berichtete:

„Die fehlenden Seiten des UN-Berichts verwiesen auf eine Verbindung zwischen 24 in den USA ansässigen Unternehmen und den Regierungen unter Ronald Reagan und George Bush Senior mit der illegalen Bereitstellung von unzähligen Massenvernichtungswaffen an Saddam Hussein, inklusive des Trainings zu deren Einsatz.“

Die Bush-Regierung ermöglichte die Giftgasverbrechen, die von Hussein verübt wurden. Doch im Vorfeld der Invasion von 2003 wurde diese bittere Wahrheit weithin verschwiegen, da sie das Narrativ, die USA sorgten sich um die Menschenrechte im Irak, zu untergraben drohte.

Öl als entscheidender Faktor

Wie sieht es schließlich mit Präsident Bushs Beharren darauf aus, Öl wäre für die USA nicht von entscheidendem Interesse? Die verfügbaren Beweise zeigen, dass diese Behauptung eine Lüge war, die verbreitet wurde, um die strategischen Interessen der USA im Mittleren Osten zu verschleiern. Inzwischen freigegebene Regierungsdokumente zeigen, dass Ölinteressen von zentraler Bedeutung für den Präsidenten waren. In der Direktive 26 zur nationalen Sicherheit, die Präsident Bush 1989 unterzeichnete, hieß es:

„Zugang zum Öl im Persischen Golf und die Sicherheit von befreundeten Schüsselstaaten in der Region [zu denen 1989 auch der Irak zählte; Ergänzung des Autors] sind wesentlich für die nationale Sicherheit der USA. Die Vereinigten Staaten treten weiterhin für die Verteidigung ihrer wesentlichen Interessen in der Region ein, wenn nötig und angezeigt durch den Einsatz von US-Militär, gegen die Sowjetunion oder jede andere Macht mit feindseligen Interessen, die den unseren zuwiderlaufen“.

Zu dieser Zeit schrieb Bush, dass „normale Beziehungen zwischen den USA und dem Irak unseren längerfristigen Interessen dienen und Stabilität sowohl im Golf als auch im Mittleren Osten fördern würden“. In der Direktive 54 zur nationalen Sicherheit, die Bush im Januar 1991 unterzeichnete, hieß es ebenfalls, dass das Öl des Mittleren Ostens wesentlich für die nationale Sicherheit der USA sei und dass diese weiterhin gewillt seien, Gewalt einzusetzen, um „ihre“ Interessen zu verteidigen [irakisches Öl ist scheinbar Besitz der USA].

Die Bush-Regierung änderte jedoch ihren Kurs, indem sie in dem Dokument erklärte, dass „der Irak aufgrund seines unbegründeten Einmarschs in Kuwait am 2. August 1990 und seiner folgenden brutalen Besetzung, offensichtlich eine Macht ist, deren Interessen den unseren feindlich zuwiderlaufen“. Die beiden Direktiven zur nationalen Sicherheit offenbaren, dass Öl das vorherrschende US-Interesse im Irak war, und dass Bush willens war, bei der Verfolgung neokolonialer Interessen irakische Menschenrechtsverbrechen zu bagatellisieren. Die Regierungsdokumente zeigten auch, dass die USA bereit waren, im Namen der Vorherrschaft über das irakische Öl Gewalt einzusetzen, im Widerspruch zu Präsident Bushs öffentlichen Lügen.

Über die Großen Männer der Geschichte hinwegkommen

Die medialen Nachrufe auf Präsident Bush fokussieren sich auf die „Größe“ des ehemaligen Präsidenten als einem Mann von Ehre, Willenskraft und Entschlossenheit. Doch beim US-Imperialismus geht es nicht um einen einzelnen Mann, eine Persönlichkeit oder die Macht des Willens. Der Art, in der wir von US-Präsidenten sprechen, ihren geheimnisvollen Nimbus zu entreißen, würde jedoch die nackten neokolonialen Ambitionen der US-Außenpolitik enthüllen. Es ist nichts Nobles an den brutalen Motiven, die die US-Außenpolitik antreiben. Und nur wenige Amerikaner werden bereit sein, kriminelle Kriege im Ausland zu verteidigen, wenn ihnen die schmutzigen Details bewusst gemacht werden, die diese Konflikte prägen.

Es ist der Job der „Stenographen der Macht“ in der Presse – um einen Ausdruck von David Barsamian zu borgen –, die Propagandabehauptungen von US-Beamten wiederzugeben. In Anbetracht dieser Aufgabe ziehen Journalisten romantische Vorstellungen vom amerikanischen Altruismus nüchterneren Betrachtungen des Präsidenten als imperialem Manipulator vor. Und durch eine Hervorhebung des Erbes von George H. W. Bush, die die Propaganda des Präsidenten außer Acht lässt, bagatellisieren die Medien die zentralen Gesichtspunkte des US-Militarismus und -Imperialismus im Mittleren Osten.


Anthony DiMaggio ist Assistenzprofessor für Politikwissenschaft an der Lehigh University, Pennsylvania. Er besitzt einen Doktortitel in Politischer Kommunikation und ist Autor mehrerer Publikationen, darunter The Politics of Persuasion: Economic Policy and Media Bias in the Modern Era sowie Selling War, Selling Hope: Presidential Rhetoric, the News Media,and U.S. Foreign Policy since 9/11.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Imperialist in Chief: A Critical History of George H. W. Bush’s War on Iraq“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.