Der defekte Mensch

Transhumanisten wollen unsere Spezies perfektionieren ― wenn es sein muss gehen sie dabei über Leichenberge.

„Im Anfang war das Wort.“ So beginnt das Johannes-Evangelium. Narrative, Erzählungen, haben die Menschheit von Anfang an begleitet und geprägt. Aber sind sie auch glaubwürdig? Ein mangelnder Wahrheitsgehalt beeinträchtigte keineswegs die Wirkung von Narrativen über viele Generationen. Warum auch? Wenn doch Wahrheit nur die Erfindung eines Lügners ist (1), dann müssen diejenigen, die Narrative kreieren, keine hohen moralischen Maßstäbe erfüllen. Der Autor widmet sich in diesem Beitrag vor allem einer Erzählung , die in vielen Varianten in der Geschichte aufgetreten ist: der vom „idealen Menschen“.

Wer gerne Geschichten erzählt, der nimmt es mit den Fakten jedenfalls meist nicht allzu genau. Die Botschaft ist wichtiger als die tatsächlichen Ereignisse. Dies gilt auch für die Narrative von Pandemien und eines Klimawandels. Man muss gar nicht viele Fragen stellen, um die Geschichtenerzähler in Erklärungsnöte zu bringen. So war das schon immer mit Ideologien und Religionen. Eine zukünftige Klimaerwärmung, eine unbefleckte Empfängnis oder ein Jüngstes Gericht lassen sich nicht belegen. Man muss schon daran glauben. Oder eben nicht. Gottes-, Corona- und Klimawandelleugner sind nur die verschiedenen Facetten einer Narrativverweigerung.

So unterschiedlich die Narrative einer Weltreligion, des Kommunismus, des menschengemachten Klimawandels und der Pandemisten auch sind, dienen sie doch dem gleichen Ziel: der Unterwerfung möglichst vieler Artgenossen. Die Grundlage ist in allen Fällen eine abgrundtiefe Menschenverachtung, die in der vermeintlichen „Krone der Schöpfung“ nur ein Mängelwesen erkennen will. Schrumpfen Menschen auf ihre Fehlleistungen und Schwächen, werden bei den Gläubigen der Narrative Minderwertigkeitsgefühle, Schuld, Scham und Angst ausgelöst. Die perfekte Mischung für eine freiwillige Unterwerfung.

Ob Erbsünde oder leichtsinniges Verhalten und Vergnügungssucht – das Versagen lässt sich nur mithilfe der Narrativ-Macher aus der Welt schaffen oder wenigstens limitieren. Einmal hilft die Religion mit der Möglichkeit zur Beichte, Ablass und Absolution. Das andere Mal stellt die Schulmedizin die Rettung in Aussicht, in dem sie vermeintlich durch Injektionen genetischer Codes unser inkompetentes Immunsystem auf Trab bringt. Ohne Selbstentblößung und Schutzgeldzahlungen ist keine Absolution zu erhalten.

Immer ist es jedenfalls eine Anmaßung ohne Grundlage. Ob sündiger Mensch oder imperfekte Maschine ― tatsächlich wollen die Geschichtenerfinder immer unseren Besitz, unsere Seelen und auch unsere Gesundheit. Niemand ist so unfrei wie ein Kranker!

Und weil die Menschen so schrecklich fehlerhaft und sündig sind, wird von allen Narrativen ein ideales Menschsein herbeifantasiert. Wenn nicht wie bei den Kommunisten und Pandemisten mit entsprechenden Erziehungsmaßnahmen und Zwangstherapien noch vor dem Tod, dann wenigstens danach. Erneuerung oder Erlösung bleiben natürlich eine Fata Morgana. Sie sind nur Karotte, nach der sich die Unterworfenen strecken sollen, um die Entbehrungen und das Leid zu ertragen, das ihnen die Macher der Narrative abfordern.

Keine der Heilsideologien hat bisher auf Leichenberge verzichtet. Auch die Pandemisten waten bereits in ihrem Jahr 2 im Blut von Millionen von Lockdown- und Impftoten. Im Vergleich zur chinesischen Kulturrevolution, den Stalin‘schen „Säuberungen“, dem Holocaust oder den Ketzern sind die Opfer dieses Mal weltweit verteilt und fallen nicht so auf. Der globale Anschlag wird aber auch zur Folge haben, dass noch keine Ideologie so viele Menschen das Leben gekostet hat. Das auserkorene Führungspersonal lässt nichts Gutes ahnen.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Förster, Heinz; Pörksen, Bernhard: Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügner: Gespräche für Skeptiker. 12. Auflage, Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2019.