Der verschwiegene Staatsstreich

Der pakistanische Premierminister Imran Khan handelte erfolgreich gegen westliche Interessen — das Schweigen der Westpresse zu dessen Inhaftierung spricht daher Bände.

Die Festnahme Imran Khans bei einer Gerichtsverhandlung im Mai 2023 führte zu landesweiten Massenprotesten, in deren Folge über 2.000 Menschen festgenommen wurden. Anfang August wurde Khan zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Nun sitzen er und Tausende seiner Anhänger unter unzumutbaren Bedingungen in einem Hochsicherheitsgefängnis ein. Jegliche Berichterstattung darüber ist verboten — und der Wertewesten schweigt dazu. Weder das Vereinigte Königreich noch die Vereinigten Staaten verurteilen die Mediensperre, die Pakistan über den abgesetzten Premierminister und die anderen neuen politischen Gefangenen verhängt hat. Angesichts des großen Bevölkerungsanteils pakistanischer Herkunft in Großbritannien ist das Fehlen einer ernsthaften medialen Berichterstattung über diese Vorfälle wirklich außergewöhnlich. Imran Khan wurde letzte Woche wegen angeblicher Veruntreuung von Staatsgeschenken zu drei Jahren Gefängnis sowie einem fünfjährigen Politikverbot verurteilt, nachdem er in einem von der CIA orchestrierten Staatsstreich als Premierminister abgesetzt und eine bösartige und gewalttätige Kampagne gegen Khan und seine Anhänger gefahren worden war.

In Pakistan ist es derzeit illegal, über Khan oder die tausende neuer politischer Gefangener zu berichten, die unter furchtbaren Bedingungen inhaftiert sind. Es gab weder von der britischen noch von der US-Regierung Proteste dagegen.

Imran Khan ist so gut wie sicher einer der am wenigsten korrupten führenden Politiker in der Geschichte Pakistans — wenngleich ich auch zugeben muss, dass die Messlatte nicht sehr hoch hängt. Die Politik Pakistans ist buchstäblich feudal — und dies in einem Ausmaß, das im Westen nicht hinreichend verstanden wird. Zwei Dynastien, die Sharifs und die Bhuttos, haben sich in einer manchmal tödlichen Rivalität an der Macht abgewechselt — unterbrochen von Zeiten einer offenen Militärherrschaft.

Zwischen den Sharifs und den Bhuttos herrscht keine echte ideologische oder politische Kluft, wenngleich letztere sich mehr auf ihren Intellekt einbilden. Es geht ausschließlich um die Kontrolle staatlicher Ressourcen. In Wirklichkeit saß nicht die Wählerschaft, sondern das Militär am Schalthebel der Macht. Und das hat nun die Sharifs wieder an die Macht gebracht.

Imran Khans unglaublicher Durchbruch bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Jahr 2018 hat das normale politische Leben in Pakistan erschüttert. Mit dem Gewinn der Stimmenmehrheit und der meisten Sitze war Khans PTI-Partei von unter 1 Prozent der Stimmen in 2002 zu 32 Prozent in 2018 gestiegen.

Die Datumsangaben sind wichtig. Es waren nicht Khans Heldentaten im Kricket, die ihn politisch populär machten. 2002, als sich die Menschen seiner Genialität im Kricket noch viel bewusster waren als heute, galt er als Witzkandidat.

Tatsächlich war es Khans offener Widerstand gegen die Nutzung Pakistans als US-Stützpunkt und hier vor allem seine Forderung, die Hunderte von schrecklichen Drohnenangriffen innerhalb Pakistans zu beenden, die seine Unterstützung rasant anwachsen ließen.

Das pakistanische Militär folgte ihm aus leicht nachvollziehbaren Gründen. In Anbetracht des Hasses, den die USA mit ihren Drohnenmorden, den Invasionen von Afghanistan und Irak sowie den abscheulichen Folterexzessen im „Krieg gegen den Terror“ hervorgerufen hatten, lag es vorübergehend nicht im Interesse des pakistanischen Militärs, seine engen Beziehungen zur CIA und zum US-Militär in den Vordergrund zu stellen.

Das Sicherheitsventil

Der pakistanische Geheimdienst ISI hatte Osama Bin Laden an die USA verraten, was nicht gerade zur Steigerung der Beleibtheit des Militärs und der Geheimdienste beitrug. Diese sahen Imran Khan als nützliches Sicherheitsventil. Man glaubte, er könne den aufrührerischen Anti-Amerikanismus und den islamischen Enthusiasmus, welche sich in Pakistan verbreiteten, kanalisieren — in Richtung einer für den Westen akzeptablen Regierung.

Sobald er an der Macht war, entpuppte sich Khan als viel radikaler, als die CIA, die Tories und das Militär Pakistans gehofft hatten. Die Vorstellung, er sei tief in seinem Herzen nur ein stümperhafter Playboy, wurde bald zerstört. Eine Reihe von Khans Entscheidungen verärgerte die USA und gefährdete die Einkommensströme der korrupten hochrangigen Militärs.

Khan sprach nicht nur davon, das Drohnenprogramm der USA zu beenden — er beendete es tatsächlich.

Für die Entsendung pakistanischer Bodentruppen zur Unterstützung der saudischen Luftangriffe gegen den Yemen wurden Khan hohe Geldsummen angeboten, die er ablehnte, obwohl sie mit der Unterstützung der USA für ein IWF-Darlehen verbunden waren. Dies erzählte mir 2019 während meines Besuches einer von Khans Ministern — im Vertrauen, an das ich mich heute nicht mehr gebunden fühle.

Khan kritisierte offen die Korruption des Militärs und unterstützte die Bewegung der Entwicklungsländer, den Handel vom Petrodollar abzukoppeln — eine Aktion, die garantiert einen Staatsstreich der CIA herbeiführt. Dementsprechend versuchte er auch, Pakistans Ölhandel von den Golfstaaten auf Russland umzustellen.

Erbarmungslose mediale Verleumdung

The Guardian, das führende Sprachrohr der Neokonservativen im Vereinigten Königreich, veröffentlichte am Samstag (dem 5. August, Anmerkung der Übersetzerin) einen Artikel über Khan, der so tendenziös war, dass es mir den Atem verschlug. Wie wäre es hiermit als Beispiel unehrlicher Berichterstattung:

„(…) Im November eröffnete ein Bewaffneter bei einer Kundgebung das Feuer auf seinen Konvoi und verletzte dabei sein (Khans) Bein, was seinen Helfern zufolge ein Attentat war.“

„Seine Helfer sagen“: Was bedeutet das?

Dass Khan sich als eine Art Gag ins Bein schießen ließ? Es war alles nur ein Scherz? Er wurde gar nicht angeschossen, sondern stürzte und schürfte sich das Knie auf? Dies ist wahrhaft schändlicher Journalismus.

Es ist schwer auszumachen, ob die im Artikel aufgeführte erstaunliche Behauptung, Khans Amtszeit als Premierminister habe zu einer Zunahme der Korruption geführt, eine bewusste Lüge ist oder von außergewöhnlicher Unwissenheit herrührt.

Ich weiß nicht, ob Emma Graham-Harrison, Autorin des Artikels, jemals in Pakistan war. Ich denke, näher als bei einem Aufeinandertreffen mit Jemima Goldsmith auf einer Party ist sie Pakistan nie gekommen (Anmerkung der Übersetzerin: Jemima Khan, heute Jemima Goldsmith, war von 1995 bis 2004 die Ehefrau Imran Khans).

„Playboy“, „Dilettant“, „Frauenfeind“ — die mediale Verleumdung des Guardian ist erbarmungslos. Sie stellt eine Verkettung der „liberalen“ Argumente für eine militärische Intervention in muslimische Staaten, für den Sturz islamischer Regierung und die Eroberung islamischer Länder mit dem Ziel der Installation westlicher Normen dar, und hier vor allem der Prinzipien des westlichen Feminismus.

Ich denke, wir haben das Ende dieses Drehbuchs unter anderem im Irak, in Libyen und in Afghanistan gesehen. Die Verwendung des Begriffes „Behauptung“, um im Artikel des Guardian Misstrauen gegenüber Khan zu schüren, geschah wohl überlegt. Er „behauptete“, dass ihn seine Jahre in Großbritannien dazu inspiriert hätten, einen Wohlfahrtsstaat in Pakistan schaffen zu wollen.

Warum ist dies die zweifelhafte Aussage eines Mannes, der den Großteil seines persönlichen Vermögens für den Bau und den Betrieb eines kostenlosen Krebskrankenhauses in Pakistan verwendet hat?

Khans Bemühungen, die korruptesten und offensichtlichsten auf der Lohnliste der CIA stehenden Generäle zu entfernen oder aufs Abstellgleis zu befördern, beschreibt der Guardian folgendermaßen:

„Er versuchte, die Kontrolle über die Ernennung hochrangiger Militärs zu erlangen, und begann, gegen den politischen Einfluss der Streitkräfte zu wettern.“

Wie empörend unvernünftig von ihm!

Buchstäblich tausende Parteimitglieder Khans sitzen derzeit wegen des Verbrechens, einer neuen politischen Partei beigetreten zu sein, im Gefängnis. Eine Verurteilung — dieses Vorgehens — durch das westliche Establishment fand bis heute nicht statt.

Man kann sich außer Pakistan kaum ein anderes Land vorstellen, in dem tausende von Menschen aus der Mittelschicht plötzlich politische Gefangene werden, während dies kaum verurteilt wird. Dies rührt natürlich daher, dass Großbritannien diesen Putsch gegen Khan unterstützt.

Ich bin jedoch davon überzeugt, dass dies zum Teil auch den Rassismus und die Verachtung widerspiegelt, die die britische politische Klasse gegenüber der pakistanischen Einwanderungsgemeinschaft zeigt, was in krassem Gegensatz zur Begeisterung britischer Minister für Modis Indien steht.

Wir sollten nicht vergessen, dass New Labour auch nie ein Freund der Demokratie in Pakistan war und die Blair-Regierung der letzten offenen Militärdiktatur unter General Pervez Musharraf sehr wohlwollend gegenüberstand.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „The Silence on Imran Khan“ bei Consortium News. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratsteam lektoriert.