Die Entwarnung

Eine seriöse Berechnung der Inzidenzzahlen zeigt: Die Bedrohungslage für die Bevölkerung ist bei Weitem nicht so schlimm, wie behauptet wird.

Der Inzidenzwert wird zumindest in Deutschland als hauptsächliche Entscheidungsgrundlage für das Ergreifen von nicht-medizinischen Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemiebekämpfung herangezogen. Aufgrund der bisherigen Berechnungsweise ist der Inzidenzwert jedoch ungeeignet, um derart weitreichende Entscheidungen zu begründen. Er gibt Werte an, die — je nach Häufigkeit und Dichte der Tests in verschiedenen Landkreisen — um ein Vielfaches schwanken. Wir stellen daher hier eine normierte Berechnung vor, die zu deutlich stabileren, also nicht so stark fluktuierenden und damit nachvollziehbaren Ergebnissen führt. Die daraus resultierenden Verlaufskurven für Deutschland mögen so manchen überraschen.

Mithilfe des Inzidenzwertes versucht die Regierung, das Corona-Geschehen in Deutschland zu kontrollieren. Als Kontrollinstrument setzt sie fast ausschließlich nicht-medizinische Maßnahmen ein, die allerdings ausnahmslos darauf hinauslaufen, eine Kontamination oder Infektion zu verhindern, aber den Verlauf einer Erkrankung keineswegs beeinflussen können.

Anhand der frei verfügbaren Daten zu den Inzidenzzahlen, wie sie das RKI berechnet, haben wir versucht, eine Erklärung dafür zu finden, welchen Einfluss die ständig steigende Anzahl von Tests auf die Inzidenz, berechnet nach RKI, hat.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass es noch andere Anpassungen geben sollte, wie die Anzahl der falsch positiv Getesteten, der Kontaminierten sowie der präsymptomatischen, ein Begriff, wie er vom RKI verwendet wird, der aber immer erst im Nachhinein festzustellen ist, und asymptomatischen Infizierten mit einzubeziehen. Diese Daten sind uns jedoch nicht zugänglich, da man sie aus den als täglich „Neuinfizierten“ nicht herauslesen kann.

Ob zu den Asymptomatischen auch ein gewisser Teil an Kontaminierten, aber nicht Erkrankten, zu rechnen ist, wird im Weiteren zu diskutieren sein. Die Zahl der „Neuinfizierten“ ist ferner noch um die wiederholt positiv Getesteten zu korrigieren, da diese von den Gesundheitsämtern anonymisiert weitergeleitet werden müssen und daher — fälschlicherweise — als „neu“ erscheinen.

In eine rechnerisch robustere Inzidenzwertbestimmung sollte auch die Bevölkerungsdichte, etwa in Bezug zu flächenreichen Landkreisen im Vergleich zu dichtbesiedelten kreisfreien Städten Eingang finden. Die flächenmäßige Ausdehnung getesteter Landkreise im Vergleich zu kreisfreien Städten dürfte einen signifikanten Beitrag zur Höhe der jeweiligen Inzidenzwerte liefern. Eine verbesserte Meldedisziplin würde zudem die Belastbarkeit der Inzidenzwerte erhöhen. Die Zahl der tatsächlich Neuinfizierten ist also um einen beträchtlichen Anteil herabzustufen. Aus diesem Grund setzen wir den in den RKI-Zahlen verwandten Begriff Neuinfizierte in Anführungszahlen. In unserer Betrachtung auf Bundesebene vermeiden wir daher viele unsichere Punkte.

Normierte Berechnungen

Die Auswertung der uns verfügbaren Rohdaten erfolgte nach zwei mathematischen Verfahren. In beiden Fällen verwandten wir als Datenbasis die tägliche Anzahl der in worldometer veröffentlichten Zahlen der „Neuinfizierten“, die denen vom RKI veröffentlichten entsprechen. In unsere Berechnungen gehen diese „Neuinfizierten“ als die wöchentlich, über jeweils sieben Tage, positiv Gemeldeten in der BRD ein, die auch nachgetestete Positive enthalten können.

Wir berücksichtigten die Daten, die zwischen Februar 2020 und April 2021 gemeldet wurden. Nach dem gleichen Muster wurde auch die Anzahl der in der jeweiligen Woche durchgeführten PCR-Tests ermittelt.

In beiden Fällen, also der Inzidenzberechnung nach RKI [Iu, I (RKI) oder Inzidenz (RKI)] oder der normierten Inzidenzberechnung [I (norm) oder Inzidenz norm.], werden die Werte durch einen einheitlichen Bevölkerungswert geteilt und definitionsgemäß mit 100.000 multipliziert.

Es wurde folgende Formel angewandt:

Setzen wir also in der normierten Berechnungsweise das Symbol Tp für die Anzahl der positiven Tests und Td für die Anzahl der durchgeführten Tests, so ergibt Tp durch Td (Tp:Td) über 7 Tage (oder eine frei zu wählende Periode) die Quote der positiv Getesteten (Qp):

Normierte Berechnung der Testpositivenquote
Qp = (Summe von d=1 bis d=7)∑ Tp : 71∑ Td

Für die nicht-normierte Berechnungsweise, wie sie das RKI anwendet, lautet die Formel:

Berechnung nach RKI zur Testpositivenquote
Qp = (Summe von d=1 bis d=7)∑ Tp

Hier wird also die Quote der positiv Getesteten mit der Zahl der Testpositiven gleichgesetzt:

Also: Qp= Tp

Eine Quote besteht aber nicht nur aus einem Wert.

Die Qp ergibt also ausgerichtet auf die Bevölkerung und standardisiert pro jeweils 100.000 Einwohner eines Landkreises oder der Bundesrepublik (100.000/pop [population, Bevölkerungsgröße]) entweder

die normierte Inzidenz (I n), also allgemein

I n = Qp (norm.) * 100.000/pop
oder
I n = (Summe von d=1 bis d=7)∑ Tp : 71∑ Td * 100.000/pop

Die nicht-normierten Inzidenzwerte, wie sie der Berechnung des RKI zugrunde liegen, führen zu für die Einschätzung der Gefährdungslage ungeeigneten Werten (Iu),

Iu = Qp (RKI) * 100.000/pop
oder
Iu = (Summe von d=1 bis d=7)∑ Tp * 100.000/pop

Sämtliche Rohdaten stammen aus worldometers.info.

In der Bundesrepublik beträgt der gemittelte, einheitliche Bevölkerungswert 83.800.000 Einwohner, diese Zahl verwenden wir also als Populationsgröße. Auch dieser Wert wurde aus den von worldometer veröffentlichten Daten entnommen, wobei der Mittelwert der deutschen Bevölkerung nur näherungsweise angenommen wurde, da taggenaue Bevölkerungsgrößen nur geschätzt werden können. Diese erschweren die Berechnung, aber würden sie nicht valider machen.

Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass auch unsere Berechnungsweise noch verbesserungswürdig ist, da sie weitere Parameter, wie die Unterscheidung zwischen Ersttestung und Folgetestungen nicht hergibt, beziehungsweise die Unterscheidung zwischen falsch Positiven, Kontaminierten, präsymptomatisch Infizierten und asymptomatisch Infizierten gegenwärtig aus den zugänglichen Daten nicht verfügbar sind. Selbstverständlich würden sie bei Verfügbarkeit zu einer weiter verbesserten Aussagekraft des Inzidenzwertes führen.

In unserer Berechnung der Inzidenz teilen wir daher noch die „Neuinfizierten“ durch die Anzahl der in derselben Periode durchgeführten PCR-Tests. Wir halten diese Werte jeweils auf einem konstanten Wochentag [Donnerstag seit KW 47, davor am Montag] wie veröffentlicht in worldometer. Die Zählweise hat das RKI damals geändert.

Wir sind uns über die Unsicherheiten der Werte im Klaren, die sich aus verspäteter Meldung für einzelne Wochen, insbesondere bei längeren Feiertagen wie Weihnachten und Ostern sowie kleinere zeitliche Verschiebungen ergeben. Jedoch sollte sich das durch die Mitteilung über sieben Tage, also die wöchentliche Berechnung, weitgehend nivellieren.

Die Grafiken zeigen den zeitlichen Verlauf der Inzidenzwerte mit und ohne Normierung.

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Eine Berücksichtigung der jeweiligen PCR-Testzahlen fand also nur bei der Berechnung von In (normiert) statt und nicht bei der Berechnung von Iu (RKI).

Die Grafiken zeigen deutlich, dass sich die Inzidenzen zwischen der normierten Inzidenzwertberechnung und der ungeeichten Berechnung um den Faktor zwei unterscheiden, sowohl bezüglich der Höhe des ermittelten Inzidenzwertes als auch des sich daraus ergebenden Gefährdungspotenzials.

Fehleinschätzung durch Berechnungsweise des RKI

100 Prozent höhere Inzidenzwerte in der Phase zwei der epidemischen Lage in der zweiten und dritten Welle im Vergleich zur ersten Welle bei Anwendung der RKI-Berechnungsformel relativieren die Auswirkungen der Maßnahmen und den Umfang der epidemischen Lage. Unter Berücksichtigung einer Test-bezogenen Normierung ergeben sich zwar für die erste Welle erhöhte Inzidenzen, jedoch gelangen dadurch alle Wellen auf ein vergleichbares Niveau. Während der ersten Welle war nahezu jedem Bürger eine unerhörte Gefährlichkeit des Virus nahegebracht worden. Doch bei der einfachen Betrachtung der Inzidenzwerte der damaligen Lage erscheint die gegenwärtige Situation noch wesentlich „bedrohlicher“, was sich allerdings beim näheren Hinsehen als falsch erweist.

Ein einfaches Beispiel soll das verdeutlichen. Bei Musterstadt A mit 100.000 Einwohnern können 2 Prozent positiv getestet werden. Senden wir nun zwei Test-Teams aus, von denen Team 1 in einer Woche 10.000 Tests und Team 2 1.000 Tests durchführt, so ermittelt Team 1 eine Inzidenzzahl (nach RKI) von 200 und Team 2 eine Inzidenzzahl (nach RKI) von 20. Die Auswirkungen der gegenwärtig vorgesehenen Maßnahmen für die betroffene Bevölkerung sind dramatisch. Nach unserer Vorgehensweise ermitteln beide Teams eine Inzidenz von 2 Prozent, diese Vorgehensweise ist also unabhängig von der Zahl der durchgeführten Tests.

Vergleicht man also die nicht-normierte Betrachtungsweise des RKI mit der normierten Betrachtung, so stimmen die eigenen Beobachtungen und Wahrnehmungen wesentlich besser mit den Zahlen an positiv Getesteten und Erkrankten überein. Die Berechnungsweise nach RKI führt also zwangsläufig zu Fehleinschätzungen der epidemischen Lage, dient aber dennoch als Gradmesser für die Schwere der anzuordnenden Maßnahmen.

Obwohl bei der ersten Welle sich viel weniger infizierten als bei der zweite nund dritten, sind die Inzidenzwerte etwa gleich hoch — wenn man sie über die Zahl der Tests normiert.

Insgesamt führt also die normierte Inzidenzberechnung zu viel niedrigeren Werten, alle Inzidenzwerte liegen unter 100. Nach der RKI-Berechnung liegt die Inzidenz in der Spitze über 200 und vermittel einen wesentlich bedrohlicheren Eindruck.

Es gehört nicht viel Vorstellungsvermögen dazu, welche Inzidenzwerte zwei Schnelltests pro Woche an den über 32.000 Schulen Deutschlands mit nahezu 11.000.000 Schülern produzieren.

Besonders deutlich wird dies jedoch, wenn man die Fallzahlen seit Februar 2020 bis heute miteinbezieht. Als Bedrohung für alle wurde prophezeit, wie viele Menschen an COVID 19 sterben würden. Allerdings stieg die Zahl der Todesfälle nur von März bis April 2020 vorübergehend an, aufgrund eines meldungsbedingten Fehlers, im restlichen Verlauf blieb die Überlebensrate bei über 97 Prozent.

Das übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in einer Reihe anderer Länder. Die Länder, die diesen outcome im Sinne des Verhältnisses von Genesenen zu Verstorbenen dokumentieren, zeigen im Vergleich zu Deutschland mit 97,1 Prozent durchweg ähnliche Langzeit-Überlebensraten von 96,3 Prozent in Italien, 97,2 Prozent in Polen, 97,3 Prozent in Brasilien, 97,4 Prozent in Kanada, 98,1 Prozent in Österreich, 98,1 Prozent in Japan, 98,2 Prozent in Finnland, 98,8 Prozent in Luxemburg, 98,9 Prozent in der Türkei, 98,9 Prozent in Russland, 98,9 Prozent in Dänemark, 99,3 Prozent in Israel und 99,5 Prozent in Island.

Nur Frankreich mit 75,6 Prozent und Belgien mit 64,0 Prozent Überlebensrate nach und seit Beginn der ersten Welle bilden Ausnahmen. Diese beiden Länder verfügen allerdings über ein sehr mangelhaftes Meldesystem bezüglich der Gesundmeldung, das heißt, es werden sehr effizient Neuerkrankte gemeldet, jedoch die Genesungsmeldung unterbleibt sehr häufig. Die relativ ungünstige Überlebensrate dieser zwei Länder ist also in anderen Faktoren zu suchen als in den nicht-medizinischen Präventionsmaßnahmen.

Darüber hinaus gilt wie gesagt:

Der Verlauf der Erkrankung ist weitestgehend unabhängig von den nicht-medizinischen, präventiven Maßnahmen, die nicht unbedingt erfolgreich in der Eindämmung der Epidemie sind.

Neben dem ständigen europäischen Beispielsstaat Schweden und Weißrussland haben sechs Staaten in den USA, Florida, Tennessee, Texas, Mississippi und South Dakota, seit September 2020 keine Maßregeln mehr erlassen, wobei South Dakota gar nichts unternommen hat und zwar von Anfang der Epidemie in den USA an bis heute. Insgesamt haben sich mittlerweile 22 US Staaten von der rigiden Masken- und Lockdownpolitik losgesagt und auch keine Impfpass-Einschränkungen geplant (USA: 22 Staaten ohne Maskenpflicht und 12 Staaten verbieten Impfpass — (tkp.at)).

Im Gegensatz dazu durchlief der an South Dakota grenzende Nachbarstaat North Dakota das volle Programm. Dennoch findet man nicht einmal einen zehnprozentigen Unterschied weder bei der Infiziertenrate noch bei der Todesrate pro 1 Million Einwohner.

Besonders erstaunlich ist, dass wir bis heute keine seriösen Publikationen fanden, die entweder die benötigte Anzahl von Viren untersuchen, die eine Person aufnehmen muss, um infiziert zu werden, noch die Virenzahl, die eine schwer symptomatische Person pro Atemzug oder Zeiteinheit ausatmet. Nur aus Interviews und einzelnen Sätzen in Talkshows lassen sich 300 bis 5000 als Infektionsdosis abschätzen und ein einziger chinesischer Wissenschaftler behauptet, 400.000 Viren pro Minute bei einem Intensivpatienten nachgewiesen zu haben, 75 Prozent der Patienten würden jedoch überhaupt keine Viren ausatmen. Es ist sehr erstaunlich, dass sich die Datenlage zu diesen wichtigen Parametern in mehr als einem Jahr nicht verbessert hat.

Derartige Beobachtungen und die überzogene Ermittlung von Inzidenzwerten lassen starke Bedenken aufkommen, ob die in Deutschland getroffenen Maßnahmen nicht überzogen und zumindest rechtlich gesehen nicht angemessen waren und sind und damit überhaupt zulässig. Diese Angemessenheit sollte also dringend überprüft werden, allerdings nicht durch Wissenschaftler alleine, sondern hier ist die Zusammenarbeit mit Juristen gefragt.

Bewertung der epidemischen Lage

Eine auf die Anzahl der durchgeführten Tests normierte Berechnung des Inzidenzwerts kann große, entspannende Bewertungen der epidemischen Lage in Deutschland zur Folge haben und sich auch auf die gesellschaftlichen Konsequenzen weltweit auswirken. Eine nicht-normierte Beurteilung der Lage spiegelt kein realistisches Gefährdungspotenzial der Bevölkerung wider. Obwohl die hier angeführte Berechnungsweise mangels verfügbarer Daten noch nicht als abschließendes Modell für die Bewertung der Inzidenzlage dienen kann, ist sie doch eine deutliche Verbesserung der bisherigen Bewertung.