Die Hybridmedien

Ein Verein will helfen, die Vorzüge von analogen und digitalen Publikationsmöglichkeiten miteinander zu vereinigen.

Es liegt einiges im Argen in der Verlags- und Medienlandschaft. Wichtige Beiträge bleiben unsichtbar angesichts einer überwältigenden Fülle von Nachrichten, während Suchmaschinen ihre Algorithmen immer mehr zugunsten von Massenmedien ausrichten. Verlage müssen profitorientiert handeln, fremdsprachige Medien sind nur für eine bestimmte Gruppe von Menschen im deutschen Sprachraum lesbar, und Wissen kostet viel Geld. Das sind nur einige der Themen, mit denen sich der neue gemeinnützige Verein „Der Politikchronist e. V. i.Gr.“ beschäftigt. Er will helfen, die Spaltung der Gesellschaft durch eine fortschreitende Entfremdung zwischen den Nutzern verschiedener „Kanäle“ zu überwinden. Ziel ist eine möglichst breite, dauerhafte Verfügbarkeit von Informationen.

Beiträge in Sozialen Medien, aber auch Internetseiten verschwinden, entweder aufgrund von Zensur oder weil der Betreiber der Seite „müde“ ist; Suchmaschinen sorgen mit Algorithmen für die „richtige“ Auswahl von Informationen; kommerzielle Gründe verhindern Veröffentlichungen in kommerziellen Verlagen; Medien in Fremdsprachen und teure Bücher stehen nur Menschen einer bestimmten Klasse zur Verfügung; „Wissen ist Macht“, aber das Wissen ist beschränkt auf diejenigen, welche es sich leisten können, Wissen zu kaufen; hochinteressante und wichtige digitale Beiträge gehen unter in dem Tsunami von Spam-Informationen, mit denen der Mainstream die digitalen Medien überschwemmt.

Das sind nur einige der Beweggründe, weswegen sich eine Gruppe Gleichgesinnter am 25. Januar 2021 entschlossen hat, unter dem Titel „Die Politikchronisten“ einen Verein zu gründen, der Medien fördern will. Außerdem steht auf dem Plan, analoge und digitale Medien stärker zu verbinden, neue Wege der haptischen Erfahrung zu entwickeln, wichtige gesellschaftliche Diskussionsbeiträge und historische Beschreibungen „unlöschbar“ zu machen.

Zu fördern sind nach Meinung des Vereins solche Medien, die nicht oder nicht ausreichend beachtet werden, aber durchaus eine gesellschaftliche Relevanz haben: zunächst Bücher, die Wissen vermitteln, Meinungen vertreten oder Diskussionsbeiträge sind, durch welche die deutschsprachige Gesellschaft pluralistisch und vielseitig informiert wird.

Während sich viele kommerzielle Verlage ideologisch positioniert haben, will der Verein vollkommen überparteilich und neutral sein. Allerdings deutet sich zu Beginn an, dass vorwiegend gesellschaftskritische und gegen den Mainstream gerichtete Sichtweisen beziehungsweise deren Autoren bereit sind, mit dem Verein zusammen zu arbeiten. Aber das mag sich durchaus in den nächsten Jahren ändern. Möglicherweise wird auch eine Rolle spielen, wenn der Verein ein übliches Autorenhonorar zahlen kann, was für Autoren, die von ihrer Arbeit den Lebensunterhalt bestreiten müssen, eine Notwendigkeit darstellt, aber zu Beginn leider noch nicht möglich ist.

Ein Beispiel wie der Verein einen offenen Diskurs, den Austausch von These, Antithese und schließlich Synthese zur Überbrückung der gesellschaftlichen Spaltung fördern will, sind Bücher von Autoren, die gegensätzliche Ansichten vertreten.

Für einige Jahrhunderte war der intellektuelle Austausch von Briefen ein wichtiges Werkzeug der Information und Meinungsbildung. Vor diesem Hintergrund schlägt der Verein zum Beispiel vor, Briefwechsel zwischen Autoren in einem gemeinsamen Buch zu veröffentlichen (1).

Im Kontakt mit englischsprachigen Wissenschaftlern erhielt der Verein auch Zusagen, deutschsprachige Versionen von wissenschaftlichen Publikationen, welche von Verlagen nicht übersetzt werden, veröffentlichen zu dürfen. Außerdem wird über Jahrbände nachgedacht, in denen bestimmte Themen eines bisher nur digital arbeitenden Anbieters zusammengefasst und so aus dem Meer digitaler Angebote herausgehoben werden. Denkbar sind auch Jahrbände, welche Beiträge unterschiedlicher Internetseiten zu einem Thema anbieten, idealerweise auch solche, welche unterschiedliche Sichtweisen vertreten.

All dies ist jedoch noch Zukunftsmusik. Die ersten Bücher werden solche sein, welche durch Autoren, die auf ein Honorar verzichten können, eingereicht werden. Zu den ersten geplanten Büchern gibt es auf der provisorischen Internetseite des Vereins Hinweise (2).

Die Kosten des Wissens

Der Verein will auch versuchen, die eingesparten Kosten durch die gemeinnützige Hilfe der Mitglieder und Sympathisanten an die zukünftigen Leser weiter zu geben. Anfangs mag das in erster Linie bei digitalen Medien, aber weniger bei Printmedien spürbar sein, weil der Verein zunächst eine gewisse finanzielle Basis erschaffen muss. Später sollen dann auch analoge Medien immer preisgünstiger werden. Denn dank der Organisation als gemeinnütziger Verein werden keine „Dividenden“ ausgeschüttet, sondern alle Einnahmen ausschließlich zur Verwirklichung der gemeinnützigen Ziele eingesetzt.

Ein weiterer Hebel zur Realisierung des Ziels, Wissen zu einem Allgemeingut zu machen, ist die Veröffentlichung unter einer CC-Lizenz. Diese soll das möglichst freie Kopieren und Verbreiten der Medien erlauben. Dies ist natürlich abhängig von der Zustimmung der Autoren beziehungsweise den entsprechenden Medienrechten, unter denen der Verein Texte, Bücher oder Medien erhält.

In diesem Zusammenhang denkt der Verein auch darüber nach, junge Wissenschaftler zu ermutigen, ihre Arbeiten in deutscher Sprache zu verfassen und dann über eine spezielle Buchreihe des Vereins zu veröffentlichen. Natürlich müssen die Arbeiten in Verbindung zum Zweck des Vereins stehen, damit die Gemeinnützigkeit nicht gefährdet wird, und von allgemein gesellschaftlichem Interesse sein. Aber es gibt neben üblichen wissenschaftlichen Publikationen von Forschungsergebnissen durchaus einige Bachelor- und Masterarbeiten, die es lohnt, allgemein und preiswert zugänglich zu machen.

Die Sensorik

Ein Grund, warum analoge Medien länger im Gedächtnis bleiben, ist die haptische Wirkung von Büchern. Während Videos durch Sehen und Hören in das Bewusstsein eindringen, sind es bei üblichen digitalen Texten nur das Sehen, während bei Büchern das Fühlen und die dreidimensionale Wahrnehmung hinzukommen. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum zwar Bücherverbrennungen negativ konnotiert, aber Löschungen digitaler Inhalte eher kaum wahrgenommen werden.

Im Verein wird darüber nachgedacht, wie digitale Inhalte so mit haptischen Erlebnissen verbunden werden können, dass sich eine „buchähnliche“ Wirkung ergibt.

Aber diese Überlegungen sind noch ganz am Anfang. Sobald der Verein eingetragen ist — die Gemeinnützigkeit wurde bereits vom Finanzamt nach Gesprächen mündlich bestätigt —, hofft der Vorstand, auch mit der Wissenschaft über dieses und andere Themen in Kontakt zu kommen.

Das leidige Thema Geld

Da der Verein weder Geld von George Soros erhält oder erhalten will noch aus Steuern finanziert wird und auch keinen dominanten Großspender wünscht, steht als erstes Problem natürlich die Anschubfinanzierung im Raum. Dabei setzt der Vorstand des Vereins Hoffnung auf eine Finanzierung über Vorauszahlungen zukünftiger Leser — also eine Crowdfinanzierung. Er sucht 60 Förderer, die bereit sind, 50 Euro zu zahlen. Als Gegenleistung erhalten diese kostenlose und vergünstigte Bücher aus dem zukünftigen Programm des Vereins (2). Für „Bücherwürmer“ ein interessantes Angebot, können die Förderer doch deutlich gegenüber den Einzelkosten von Büchern sparen. Außerdem werden sie wie die Vereinsmitglieder zu Medien- beziehungsweise Buchprogrammkonferenzen eingeladen, um über die künftig zu fördernden Medien mit zu entscheiden.

Autoren, Korrektoren, Grafiker, Mediengestalter — alle arbeiten derzeit ehrenamtlich und sogar ohne Aufwandsentschädigung. Das heißt, die gesamten Einnahmen oder Spenden werden ausschließlich für Drittkosten wie ISBN-Nummern, Datenbankeintragungen, Druckkosten, Versandkosten et cetera eingesetzt.

Nicht Gegner, sondern Partner von Verlagen

Der Verein definiert sich selbst ausdrücklich nicht als Gegner oder Wettbewerber von Verlagen. Das wäre auch im Rahmen der Gemeinnützigkeit gar nicht möglich. Vielmehr möchte er mit Verlagen ins Gespräch kommen. In vielen Verlagen schlummern Rechte an Büchern, deren Neuauflagen wirtschaftlich uninteressant sind. Wenn diese Bücher dem Zweck des Vereins dienen, könnten sie aber von diesem neu aufgelegt werden, wenn die Verlage dem Verein entsprechende Rechte einräumen würden.

Ausländische Verlage, die fremdsprachige Bücher veröffentlichen, für die kein deutschsprachiger Verlag gefunden werden kann, könnten ebenfalls zu Partnern werden, insofern sie auf Lizenzen verzichten und einer deutschen Veröffentlichung durch den Verein zustimmen.

Fazit

Die Idee hybrider Medien wird vom Verein weiter begriffen: als Print und E-Book. Es geht auch um rein digital im Internet vorhandene Inhalte, die zu Print- oder E-Book werden sowie um eine neue Form, in der die Eigenschaften des digitalen Mediums (preisgünstige Produktion) mit der von Printmedien (haptisches, sensorisches Erleben) vereinigt werden.

Darüber hinaus bietet sich der Verein als Plattform für den Diskurs an, der versuchen soll, die gesellschaftliche Spaltung zu verringern.

Und schließlich will der Verein zur Verbreitung von Sichtweisen und Meinungen in einer pluralistischen Gesellschaft beitragen, wobei das Hauptaugenmerk auf die Dauerhaftigkeit der Verfügbarkeit der Information gelegt wird.

Transparenzinformation: Der Autor ist 1. Vorsitzender des Vereins „Die Politikchronisten e. V. i. Gr. — gemeinnütziger Verein für politische Bildung".


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://der-politikchronist.blogspot.com/2021/03/der-neue-diskurs.html
(2) https://der-politikchronist.blogspot.com/2021/03/das-angebot-das-man-nicht-ablehnen-kann.html