Die liebe Erde

Nur wenn wir uns erneut mit unserem mütterlichen Urgrund verbinden, kann es mit der Menschheit weitergehen.

Die Erde — vor allem in den vergangenen Jahrhunderten haben wir den Bezug zu unserem Planeten verloren. Wir haben die, die einst als Göttin galt, als Urmutter des Lebens, zu einer Unterlage degradiert, einer Sache, der wir beliebig das entreißen können, was wir weiterhin Schätze nennen. Auf dem Boden dieser Vorstellung erst konnte das künstliche Leben erzeugt werden, das Fundament der geplanten globalen Technokratie, die das natürliche Leben letztlich gänzlich verdrängen soll. Es ist an der Zeit, sich zu erinnern, woher wir kommen.

4,6 Milliarden Jahre — so alt ist die Erde, unser Planet. Mit ihr zusammen wurden aus einer Wolke aus Gas und Staub die insgesamt acht unsere Sonne umkreisenden Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun geboren. So besagt es die Kant’sche Nebularhypothese, die auf den deutschen Philosophen Immanuel Kant zurückgeht und aktuell von Astronomen wieder aufgenommen wird. Zu unserm Sonnensystem gehören weiterhin Zwergplaneten, Satelliten, Kometen, Asteroiden und Meteoriten, die durch die Anziehungskraft an die Sonne gebunden sind.

Hier ist alles Bewegung. Nichts steht still. 24 Stunden braucht die Erde, um sich einmal um sich selbst zu drehen. Am Äquator, dort, wo der Erddurchmesser am größten ist, liegt die Geschwindigkeit bei etwa 1.650 Kilometern in der Stunde. Zugleich bewegt sich die Erde pro Jahr einmal um die Sonne und legt dabei 940 Millionen Kilometer zurück. Zusammen mit allen anderen Planeten unseres Sonnensystems umrunden wir das Zentrum der Milchstraße, die wiederum ihrerseits durch das Universum saust.

In unserem Sonnensystem ist die Erde der einzige Planet, an dessen Oberfläche flüssiges Wasser existiert. Da etwa zwei Drittel der Erdoberfläche aus Wasser bestehen, erscheint unser Planet aus dem All betrachtet wie ein blaues Juwel. In allen ursprünglichen Glaubensvorstellungen und Religionen gilt dieses Juwel als eine heilige Ganzheit. Was heute wie ein Spielball benutzt wird, war in früheren Zeiten eine Göttin. Als solche hatte sie viele Namen. Im antiken Griechenland etwa hieß sie Gaia, Tellus bei den Römern, Pachamama bei den Andenvölkern, Prithivi in den indischen Veden, Papa in Ozeanien oder Midgard bei den Germanen.

Teuflische Tiefen

In fast allen Kulturen ist die Erde eine weibliche Gottheit. Sie symbolisiert Fruchtbarkeit und Üppigkeit und ist zuständig für das Wohlergehen aller Lebewesen, denen sie Lebensraum schenkt. Auch wenn Erdgöttinnen aufgrund der Vermischung der Kulte der einzelnen Gottheiten ebenfalls mit der Unterwelt und dem Tod in Verbindung gebracht wurden, so standen sie stets für das Leben. Erst die christliche Lehre verdrehte die ursprüngliche Lebenskraft und machte die germanische Erdgöttin Holle zur Hölle, in deren Tiefen der Teufel sein Reich hat.

12.262 Meter Teufe — die bergmännische Bezeichnung für die Tiefe — erreichte die tiefste geologische Bohrung, die im Jahr 1979 auf der russischen Halbinsel Kola durchgeführt und abgebrochen wurde. Von seltsamen Begebenheiten bei den Bohrarbeiten wird berichtet. Über Mikrofone, die man in das Bohrloch hinabgelassen hatten, sollen Geräusche aufgenommen worden sein, die an menschliche Schreie aus Tausenden gequälten Kehlen erinnerten. Erschreckt fanden sich gestandene Wissenschaftler mit der Frage konfrontiert, ob sie die Hölle angebohrt hatten.

12.742 Kilometer beträgt der Durchmesser der Erde. Was sich tatsächlich im Inneren des Planeten verbirgt, darüber kann bis heute nur spekuliert werden. Aus welchen Kräften heraus sich das Leben entwickelt, bleibt von uns weitestgehend unerkannt. Das Mysterium jedoch achten wir nicht. Wir benutzen die Erde als eine Art Unterlage, auf der wir uns beliebig austoben können. Respekt- und bedenkenlos kratzen wir an der Erdkruste herum und entreißen der Urmutter des Lebens ihre Schätze, ohne uns groß darüber Gedanken zu machen, was wir da eigentlich tun.

Legitimierte Gewalt

Längst haben wir den Bezug zur Erde verloren. Wie nach und nach alles Lebendige ist sie zu einem Ding geworden, einem namenlosen Objekt. Der fehlende Name ist Programm. Denn nur bei denen, die zur Nummer geworden sind und keinen Namen mehr haben, schweigt das Gewissen, wenn sie gequält und getötet werden. Erst die Namenlosigkeit macht es möglich, die Tiere massenweise in die Schlachthöfe zu schicken. Ein Tierquäler hingegen ist der, der Hund, Katze oder Hamster tötet, denen er einen Namen gegeben hat.

So hält uns nichts zurück, die Pachamama immer wieder zu vergewaltigen und mit immer brutaleren Werkzeugen in ihre aufgerissenen Eingeweide einzudringen.

Es ist der Vater Staat, der die Ausbeutung der Bodenschätze — alle Rohstoffe mit Ausnahme von Wasser in ihrem jeweiligen natürlichen Aggregatzustand in oder auf der Erde, auf dem Meeresgrund, auf dem Meeresuntergrund und im Meerwasser — legalisiert und die Verdrängung der Mutter Natur legitimiert.

Ihm geht es nicht um Poesie, sondern um Gewinn, nicht um Freiheit, sondern um Gehorsam, nicht um alle, sondern um das Recht des Stärkeren.

Paradise lost

Die Staatenbildung hat eine lange Tradition und geht auf das vierte Jahrtausend vorchristlicher Zeit zurück. Von Mesopotamien ausgehend wurden nach und nach die ursprünglich segmentär konstituierten Völker, die nicht von zentralen politischen Institutionen geprägt wurden, sondern von gleichartigen und untereinander gleichrangigen Gruppen, durch staatliche Herrschaftsstrukturen verdrängt.

Die Dominanz des Männlichen hatte sich ausschließlich in den sesshaften Gesellschaften entwickelt, dort, wo die Landwirtschaft sich so weit entwickelt hatte, dass Überschüsse erzielt werden konnten. Wo es auf der einen Seite Überschuss gibt, entsteht auf der anderen Mangel. In einer Welt der Gegensätze braucht ein Zuviel ein Zuwenig, um existieren zu können. Mit dem Mangel wurde das Gespenst geboren, das uns bis heute in seinen Fängen hält: die Angst, nicht genug abzubekommen, und das Streben nach immer mehr Gewinn.

Dort, wo die Menschen bisher in autonomen und autarken selbstverwalteten Gesellschaften gelebt hatten, ohne eine institutionalisierte Regierung oder politische Klasse zu benötigen, konnten Ungleichgewicht und ungerechte Verteilungen entstehen. Die Ära eines harmonischen Zusammenlebens war vorbei.

Der Übergang vom Leben als Jäger und Sammler zum sesshaften Dasein von Viehzucht und Ackerbau fällt zeitlich mit dem Ereignis zusammen, was in der Genesis die Vertreibung aus dem Paradies genannt wird (1). Der Beginn unserer Landwirtschaft, das, was wir Fortschritt nennen, brachte uns das Patriarchat und die großen anonymen Gesellschaften, die unaufhörlich unseren Lebensraum zerstörten. Nach und nach setzten sich überall auf der Welt Hierarchien, Führungsstrukturen und damit verbundene Ideologien durch und verdrängten die alten matriarchalen Strukturen (2).

Homo Humus Humanitas

Heute wird knapp die Hälfte der Erdoberfläche für Wohngebiete, Infrastruktur, Land- und Forstwirtschaft und den Abbau von Bodenschätzen benutzt. Es bleibt nicht mehr viel Platz für die Mutter Natur. Auch aus unseren Köpfen ist sie weitestgehend ausgezogen. Schon sind wir darauf vorbereitet, unsere Gehirne an eine Cloud anzuschließen und uns entsprechend der Interessen der Herrschenden umprogrammieren zu lassen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, uns daran zu erinnern, wer wir einmal waren und woher wir kommen.

Die Antwort finden wir nicht in unseren Geschichtsbüchern, sondern dort, wo wir ursprünglich unsere Wurzeln haben: dem Boden unter unseren Füssen. Er ist kein Dreck, sondern Humus: eine organische, von Mikroorganismen, Bodenbakterien und Pilzen durchsetzte Substanz, ohne die wir nicht am Leben wären. Sie erinnert uns daran, dass Mensch und Erde dieselbe Wurzel haben: human.

Bücken wir uns und nehmen wir ein Stück Erde in die Hand, das, worin sich unser irdischer Körper einst wieder verwandeln wird, unabhängig davon, wie oft wir uns haben impfen, chippen und technologisch aufrüsten lassen. Die Erde wird unseren Körper wieder aufnehmen.

Egal, was wir getan haben: Sie wird uns nicht abweisen und zurückstoßen, sondern das ihr Anvertraute umhüllen und einem steten Verwandlungsprozess unterziehen.

So wie sie uns heute trägt und nährt, wird sie die Wiege für neues Leben sein, das sich aus ihr heraus entwickelt. Diesem Prozess können wir uns vertrauensvoll hingeben. In welcher Etappe unseres Seins wir uns auch befinden: Für uns ist gesorgt. Das sagt die Mutter Erde dem, der sich hinausbegibt in die Natur und hineinlauscht in das Rascheln des Windes in den Blättern, das Rauschen des Wassers, das Knistern des Feuers und das Pulsieren des Bodens unter den Füssen.

Auf die Spitze getrieben

Feuer, Wasser, Erde, Luft — die Elemente sind mit uns. Sie erzählen uns von der Angebundenheit alles Lebendigen, vom All-Eins-Sein, von der Illusion von Trennung, Mangel und Angst. Die Elemente wissen um das Paradies, das wir nur in unseren vom Herzen getrennten Köpfen verlassen haben. Unsere Körper erinnern sich noch daran und unsere Seele kennt den Weg zurück. Er führt über die Verbindung mit der Natur und mit der unerschütterlichen Mütterlichkeit der Erde, die selbst ihre Vergewaltiger noch nährt.

Doch Mutter Erde ist geschwächt. Vielerorts sind die Verbindungen unterbrochen und das alte Wissen verschwunden, verdrängt vom Wahnsinn einer Technologie, die den Menschen längst nicht mehr nicht unterstützt, sondern ihn zu verdrängen sucht. Mit stählernen Krallen greift der megatechnische Pharao nach allem Natürlichen und versucht, das Lebendige unter seine düsteren Fittiche zu bringen und dem Menschen das Menschsein auszutreiben (3).

Die zunehmende Digitalisierung durch die großen IT- und Finanzunternehmen erreicht mit Überwachungswerkzeugen wie Covid-Zertifikat, ID2020 und bargeldlosem Zahlverkehr, unterstützt durch die Bewegungen Political Correctness und Wokeness, ihren vorläufigen Höhepunkt. Hierbei geht es um mehr als um philanthropisch verkleidete Geld- und Machtinteressen. Es geht um das Ende der Schöpfung.

Die Kräfte, die hier am Werk sind, übersteigen bei Weitem jene, die meinen, Gutes zu tun, indem sie mittels medialer, ideologischer, biologischer und technologischer Kriegsführung die Menschheit reduzieren. Der Kampf, dessen Zeugen wir in diesen Jahren sind, wird auf höchster Ebene ausgetragen. Hier treten nicht Menschen gegeneinander an, sondern Geisteshaltungen: Technik oder Natur? Mensch oder Maschine? Freiheit oder Überwachung? Leben oder Zerstörung? Alles oder nichts?

Um nicht im Aufeinandertreffen der gegensätzlichen Energien zermalmt zu werden, braucht es eine klare Position und eine solide Verwurzelung im Boden. Damit die Wurzeln halten, braucht es auch unsere Kraft, unsere Energie. Es geht nicht nur um das, was die Mutter Erde uns gibt, sondern auch darum, was wir ihr geben. Sie braucht uns jetzt. Schenken wir ihr unseren Respekt, unsere Anerkennung, unsere Wertschätzung, unsere Dankbarkeit. Sehen wir sie wieder als lebendiges Wesen und bitten wir sie um Vergebung für das, was wir ihr angetan haben.

Vom Herrscher zum Hüter

Liebe Erde, Gaia, Pachamama, du trägst viele Namen und beschenkst uns so großzügig. Ich danke dir für jeden Morgen, den du mich auf dir erwachen lässt. Danke für den Schutz der Nacht und das Licht des Tages, für das reinigende Wasser und die Nahrung auf meinem Tisch, für die Wärme und den Halt, die du mir gibst. Danke für den Regen und für das grüne Gras, für die Pflanzen und Tiere, die auf dir leben. Danke für die Landschaften, für die Schönheit, für das Wunderbare, das ich mit meinen Sinnen wahrnehmen darf.

Doch ich kann noch mehr als mit meinen Sinnen wahrnehmen. Ich kann meine Antennen ausfahren, so weit es geht, und meinen Körper dazu nutzen, in Aktion zu treten. Ich kann Dinge bewegen. Ich habe die Macht, Entscheidungen zu treffen. So will ich wieder das sein, was die Urvölker für dich waren: deine Hüter. Ich will darauf achten, wohin ich meinen Fuß setze. Ich will nicht nur Nein sagen, sondern auch Ja, nicht nur deine Ausbeuter boykottieren, sondern mich kompromisslos engagieren.

In meinen alltäglichen Gesten will ich mit dir in Verbindung sein. Ich will mich an die alten Rituale erinnern, die dir Ehre erweisen, will Kerzen anzünden, Gebete sprechen und auf Zeremonien tanzen. Ich will mit dir sprechen und mit denen, die die Natur bewohnen. Ich will es mit Lust tun, mit Freude und mit Genuss. Ich will mich an dich schmiegen. Dein Pulsieren will ich spüren, dein großzügiges Herz in der Tiefe schlagen fühlen.

So finde ich mit dir zusammen in ein erneutes lebendiges, fließendes, organisches Geben und Nehmen, in dem es keine Gewinner gibt und keine Verlierer, kein Zuviel und kein Zuwenig, keine Ausbeutung und keine Unterdrückung. Hier gibt es nur Frauen und Männer, die begriffen haben, dass die Erde uns jetzt gemeinsam braucht, vereint in unserer Kraft und der Entscheidung, dir zu dienen, anstatt uns von dir bedienen zu lassen.

Zusammen wird es uns gelingen, zurück in unsere Schöpferkraft zu finden und auf der Erde ein Paradies zu erleben, wie es uns einst geschenkt wurde. Seitdem sind wir reifer geworden, um die Erfahrung reicher, dass es nur im Bewusstsein der Verbundenheit und Einheit alles Lebendigen auch für uns weitergehen kann. Die Frucht war reif, doch wir waren es nicht. Nun ist es so weit. Die Zeit ist gekommen, sie mit offenem Herzen und allen Sinnen zu genießen.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Carel van Schaik, Kai Michel: Das Tagebuch der Menschheit: Was die Bibel über unsere Evolution verrät, Rowohlt Taschenbuch 2017.
(2) https://www.rubikon.news/artikel/zuruck-in-die-steinzeit, https://www.rubikon.news/artikel/die-weisheit-der-mutter, https://www.rubikon.news/artikel/das-erbe-der-mutter
(3) https://www.rubikon.news/artikel/die-faszination-des-leblosen