Die unausweichliche Frage

Ein kritischer Tweet zum Brand der Kathedrale Notre-Dame offenbart die Kurzsichtigkeit vieler Menschen.

Wie kann man einerseits Billionen für die ausgefeiltesten Waffen ausgeben, dann aber unfähig sein, einen Brand zu löschen? Das fragt sich Craig Murray und löst mit dieser Frage einen Shit-Storm aus, der an Engstirnigkeit kaum zu überbieten ist.

Frankreich ist ein Land, das Hunderte Milliarden Euro für nukleare Massenvernichtungswaffen und genauso viel für andere militärische Mittel ausgegeben hat. Es besitzt die Fähigkeit, eine Stadt in der Größe von Paris innerhalb von Minuten in Schutt und Asche zu legen. Und doch ist ihm nicht die technologische Fähigkeit zu eigen, eines seiner großartigsten Gebäude vor der Zerstörung durch Feuer zu schützen.

Wären die vielen Billionen, die weltweit in die Forschung, Entwicklung und Herstellung von Vernichtungsinstrumenten flossen, stattdessen friedlichen Zielen zugeführt worden — welche neuen Technologien hätten wir wohl heute? Es ist kein besonders aufwändiges Querdenken nötig, um sich vorzustellen, dass in einer solchen Welt mehr zur Rettung von Notre-Dame — und Grenfell — zur Verfügung gestanden hätte, als zu kurze Leitern und Schläuche, aus denen Wasser spritzt. (Der Grenfell Tower war ein Hochhaus in London, das 2017 abbrannte und dessen Brand über 70 Todesopfer forderte; Anmerkung der Übersetzerin)

Ich twitterte diese simple Idee vor ein paar Stunden. Wie immer bei meinen Tweets waren schnell rechte Trolle zur Stelle, um meinen Standpunkt anzufechten. Es lohnt sich, ihre Tweets zu lesen, weil sie das Wesentliche so überhaupt gar nicht begreifen. Sie reden von Standardlängen von Feuerwehrleitern und von Wasserdruck. Sie scheinen völlig unfähig, die Vorstellung — dass wir im Besitz anderer Technologien wären, wenn die von der Menschheit für Massenvernichtungsmittel verpulverten Ressourcen besser eingesetzt worden wären — überhaupt zu erfassen, geschweige denn weiterzudenken.

John Stuart Mill erklärte einmal im Parlament:

„Ich wollte nicht sagen, dass Konservative generell dumm sind; ich wollte sagen, dass dumme Menschen in der Regel konservativ sind. Diese Tatsache ist meines Erachtens so offensichtlich und unbestreitbar, dass kein ehrenwerter Gentleman sie anzweifeln würde.“

Ich war immer der Überzeugung, dass es eine Fehlbezeichnung ist, vom „Denken“ der Rechten zu sprechen und dass sich ihre Ansichten vielmehr durch die Abwesenheit sinnvoller intellektueller Aktivität auszeichnen.

Der beste Beweis hierfür sind diejenigen, die als rechte „Denker“ angepriesen werden — unter ihnen Roger Scruton, Patrick Minford oder David Starkey —, wenn man sie genau unter die Lupe nimmt. Selten jedoch sieht man so klare Beweise dafür wie in den Antworten auf diesen kleinen Tweet. Hätte ich diesen Tweet als Experiment zur Demonstration der Hypothese der intellektuellen Unfähigkeit des konservativen Geistes angelegt, hätte ich keine besseren Resultate erzielen können.

Mein Beileid an alle für den Verlust dieses großartigen Gebäudes. Eines Tages wird die Menschheit vielleicht lernen, dass wir das, was wir haben, nicht dadurch verteidigen, dass wir gigantische Mengen unserer vorhandenen Rohstoffe sowie unsere Fähigkeit zu gemeinsamer Aktivität dafür verwenden, uns darauf vorzubereiten, so viel wie physikalisch möglich zu zerstören.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Notre Dame and Lateral Thinking “. Er wurde von Gabriele Herb aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.