Die zugeschnappte Falle
„Unsere Demokratie“ wird mehr und mehr zu einer Veranstaltung, die dafür sorgt, dass der Wille der Bürger bei der Entscheidung keine Rolle spielt.
„Die gläserne Decke“ — Frauen klagen häufig darüber, dass eine rätselhafte, unsichtbare Obergrenze ihren beruflichen Aufstieg stoppt. Analog zur gläsernen Decke gibt es im politischen Leben des Landes so etwas wie eine gläserne Mauer, die die Grenzen des real Machbaren markiert. Über diesen Bereich hinaus kann niemand gelangen. Wer das trotzdem versucht, dem kommt immer irgendetwas dazwischen — ähnlich wie dem Protagonisten des Films „Truman Show“, der den ihm vom Regisseur der Show zugedachten Bezirk nie verlassen darf. Ähnlich der „unsichtbaren Hand des Marktes“, die Neoliberale gern beschwören, gibt es eine unsichtbare Hand des politisch Gewollten. Wer die „Wollenden“ sind, bleibt unklar. Klar ist nur: Sie bekommen ihren Willen in wichtigen Fragen immer. Ob es um Corona-Maßnahmen geht, um das Zurückdrängen der freien Meinungsäußerung oder um Milliardenschulden für Hochrüstung — wenn etwas auf rätselhaften Wegen beschlossene Sache ist, ist für Vernunft und Menschlichkeit kein Durchkommen. Auch Wahlergebnisse, die etwas anderes als das Gewollte nahelegen würden, sind in den Wind geschrieben. Man hat uns Bürger in eine Falle gelockt. Wir sind gefangen in einer „Struktur“, die erst nach und nach enthüllt, was sie wirklich ist, und aus der es kein Entrinnen gibt. Jeder scheinbare Ausweg führt — wie in einem Spiegellabyrinth auf dem Jahrmarkt — nur in immer neue Räume der Täuschung und Verwirrung. Hinzu kommt: Für die „Mitgliedschaft“ bei dieser Veranstaltung müssen die meisten Bürger teuer bezahlen: mit gut der Hälfte dessen, was sie erarbeitet haben.
Stellen Sie sich vor, sie erwögen die Mitgliedschaft in einem Verein. Dieser Verein würde Ihren Mitgliedsbeitrag erstens für Zwecke ausgeben, die Ihnen wichtig sind, zweitens für Zwecke, die vielleicht nicht völlig verkehrt sind, denen Sie aber niemals Priorität gegeben hätten, und drittens auch für Zwecke, die Sie zutiefst verabscheuen? Nehmen wir also zum Beispiel an, der Verein bezahlt mit Ihrem Geld Sozialleistungen für wirklich Bedürftige, einen Repräsentationsapparat mit einem Überangebot hoch bezahlter Angestellter und schließlich Maschinen, die dem Töten und Verstümmeln von Menschen dienen und außerdem noch ausländische Mächte provozieren könnten, sodass die Kriegsgefahr steigt. Die meisten würden wohl nur in einen Verein eintreten, dessen Zweck sie durchgehend bejahen könnten, keinen „Gemischtwarenladen“, in dem reife Erdbeeren neben verschimmelten Abfällen feilgeboten werden. Die schlechte Nachricht ist: Sie sind schon in einem solchen Verein Mitglied. Er heißt Bundesrepublik Deutschland.
Ein „Verein“, dem nahezu kein Bürger willentlich beigetreten ist
Wie viele Menschen schon als Kleinkinder bei einer der großen Kirchen Mitglied wurden, hat auch Deutschland Sie vereinnahmt, ohne dass man Sie gefragt hätte, ob Sie das auch so wollen. Als Jim Knopf als Baby in einem Päckchen nach Lummerland geliefert wurde, rief der dortige Monarch, König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte, freudig aus: „Ein neuer Untertan!“ Im Unterschied zu den Kirchen können Sie aber aus der Bundesrepublik Deutschland nicht einfach austreten. Zumindest ist das schwierig. Sie können versuchen, sich anderswo eine Existenz aufzubauen, und nach einer Übergangszeit „Mitglied“, also Staatsbürger, eines anderen Landes werden. Ob dort bessere Zustände herrschen, ist jedoch nicht ganz so sicher. Außerdem hängen Sie vielleicht an Ihrer Heimat, und nicht jeder hat die Veranlagung zum „Globetrotter“ oder „Weltbürger“.
Im Prinzip sind Sie also in einer Struktur, genannt Staat, gefangen. Der Eintritt war niedrigschwellig, für den Austritt müssen Sie aber eine umso höhere Schwelle überwinden. Dabei geht es mir hier gar nicht so sehr darum, die Existenz eines Gebildes, „Staat“ genannt, schlecht zu reden — ich sage das zur Beruhigung aller Verteidiger „unserer Demokratie“ unter den Lesern. Nicht „der Staat“ ist das Problem, sondern eine Schwemme von unverantwortlichem Personal, das sich in fast allen Parteien breit gemacht hat. Problematisch sind ferner die völlig unzureichenden Absicherungsmechanismen gegen Bürger-Misshandlung. Ich bin auch nicht gegen „Die Deutsche Bahn“, sondern nur gegen ihr momentanes Erscheinungsbild, das auf unzureichende Strukturen, fehlerbehaftetes Personal und eine Kette falscher Entscheidungen zurückzuführen ist. „Eine Bahn“ braucht jeder Bürger im Prinzip, „einen Staat“ auch. Aber nicht diese Bahn und diesen Staat.
Der Scientology-Bewegung wurde von Kritikern vorgeworfen, dass ihre Mitglieder beim Einstieg in die Sekte noch gar nicht genau wüssten, worin eigentlich die Scientology-Ideologie genau bestünde. Sie müssten quasi die Katze im Sack kaufen. Erst im Laufe von Jahren, nach Absolvierung eines gestaffelten und sehr teuren Kurssystems, würde nach und nach enthüllt, woran Mitglieder glauben „müssten“. Ein bisschen so ist es bei der Staatsbürgerschaft als Deutscher auch. Jeder rutscht da so rein — kindlich, träumerisch, unbewusst —, und wenn er als Erwachsener mithilfe politischer Lektüre begreift, wo er da reingeraten ist, ist es zu spät, um einfach wieder auszusteigen. Er sitzt in der Falle.
Geborgen, aber auch gefangen
Corona war ein typisches Beispiel dafür, wie sich das Vertraute, in dem man geborgen, aber auch gefangen ist, unversehens in etwas Fratzenhaft-Beängstigendes verwandeln kann. Niemals wäre ich freiwillig in eine Organisation eingetreten, in der demütigende Corona-Regeln herrschen — die furchtbare Alternative zwischen Selbstvergiftung mittels mRNA-Spritze und gesellschaftlichem Ausschluss. Es war aber so, dass ich zuerst Deutscher und damit „Staatsbürger“ wurde und auf dieser Grundlage Jahrzehnte später Unterworfener des Corona-Regimes.
Die unsichtbare Hand des politisch Gewollten bewirkt mitunter, dass sich das weite Feld relativer Freiheit zu einem schmalen Flaschenhals verengt, in den die meisten hineingezwungen werden. Alle Auswege, alle Erfolg versprechenden Möglichkeiten des legalen Protests scheinen dann von heute auf morgen versperrt.
Das kann sich zum Beispiel so vollziehen:
Alle Parteien mit Chancen auf Regierungsbeteiligung wollen plötzlich dasselbe. Diese verdächtige Einstimmigkeit wird uns dann als Beleg für die unanfechtbare Brillanz des entsprechenden Narrativs verkauft.
Alle Kräfte, auf die man vertraut hat und die ein Gegengewicht bilden könnten, tun dies nicht (mehr). So zum Beispiel die Gerichte und das Bundesverfassungsgericht, Verbände, Unternehmer- und Arbeitnehmervertreter, kritische „Intellektuelle“ und Fernsehstars und selbstverständlich die Medien. Alle wirken plötzlich wie ferngesteuert.
Gewinnt eine oppositionelle Kraft gegen das politisch Gewollte spürbar an Zulauf, weigert sich der Mainstream, auf die damit zum Ausdruck gebrachten Wünsche vieler Menschen einzugehen. So lange es geht, regieren All-Parteien-Koalitionen gegen die Stimmung in der Bevölkerung. Zum Beispiel gegen jene, die — ob zu Recht oder zu Unrecht — auf stärkere Kontrolle der Migration drängen.
Das, was die meisten Wähler wollen, ist in Zeiten großer, gesteuerter Umgestaltung innerhalb des Parteienspektrums gar nicht im Angebot.
Bringt die Bevölkerung einen Veränderungswunsch sehr deutlich zum Ausdruck, kündigen Parteien an, dem nachzukommen. Sind sie erst einmal gewählt, brechen sie ihr Wahlversprechen dann jedoch völlig skrupellos.
„Ursprüngliche“ Vorhaben, „heutige“ Realitäten
Die zuletzt genannte Strategie ist auch als „Methode Merz“ bekannt. Der jetzige Bundeskanzler ist quasi die Deutsche Bahn unter den Politikern. Nichts klappt. Gelegentlich macht er Durchsagen, die darauf hinweisen, dass etwas nicht geklappt hat und warum. Keinesfalls erfolgen aber Anstrengungen, um den Missstand zu beheben. Bei der Bahn gibt es ja zwei verschiedene Zeitkonzepte: der „ursprüngliche Abfahrtstermin“ einerseits und „heute“ andererseits.
„Ursprünglicher Abfahrtstermin: 13:14, heute circa 75 Minuten später.“ Ähnlich bei Friedrich Merz: „Ursprünglich“: Es sollen Erleichterungen für private Stromkunden kommen — „Heute“: Es gibt keine Erleichterung für Stromkunden. „Ursprünglich“: An der Schuldenbremse wird nicht gerüttelt — „Heute“: Die größte Neuverschuldung der Nachkriegsgeschichte. „Ursprünglich“: Sofortige Zurückweisung von Asylbewerbern an Grenzen ab Tag 1 seiner Kanzlerschaft. „Heute“: Ein paar Kontrollen, aber immer noch weit mehr Eingereiste und Eingebürgerte als Abgewiesene oder Zurückgeschickte. Inhaltlich kann man zu all dem verschiedener Meinung sein, kaum bezweifelt werden kann aber, dass Friedrich Merz chronisch seine „Versprechen“ bricht.
Der neue Bundeskanzler bemüht sich nicht sonderlich um die Achtung der Mehrheit der Bürger, denn er weiß: Er kommt ohne sie aus. Es ist, als ob er uns zurufen würde: „Ihr wisst, dass ich nicht ehrlich bin, und ich weiß, dass ihr es wisst — aber was wollt ihr machen? Jetzt habt ihr mich. Ihr sitzt in der Falle.“
Merz hat persönlich finanziell ausgesorgt. Er hat sich in die Ahnenreihe der deutschen Kanzler eingeschrieben, wenn er Größe auch allenfalls körperlich für sich beanspruchen kann. Er hat für seine Klientel eine Menge erreicht: Rüstungskonzerne und Finanzindustrie. Nur Gott weiß, warum ihm das wichtig war. In gewisser Weise wird gerade Friedrich Merz am Ende mehr bewirkt haben als die meisten anderen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Wie ein Vater, der einen Kredit für eine so hohe Summe abschließt, dass viele weitere Generationen nicht mehr über ein unbelastetes Erbe verfügen können. Man denkt an diesen Vater zwar mit Groll, aber man kann nicht umhin, an ihn zu denken.
Querfront der Liebe zur Rüstungsindustrie
Es ist ein Bündel von „Techniken“ entstanden, um Politik am Wählerwillen vorbei zu betreiben. Demokratie wurde so zu einer Methode des Schutzes von Entscheidungsfindungsprozessen vor jeder Einflussnahme durch die Bürger. Wenn sich drei große Parteien, also zum Beispiel Union, SPD und Grüne, auf eine bestimmte Politik geeinigt haben, wird diese ungeachtet des Volkswohls durchgezogen. Gegenwehr ist dann kaum möglich.
Selbst die „Hoffnung“ auf eine AfD-Opposition gibt es bei bestimmen Themen nicht, da die AfD bei diesen mit der linken Mitte ein Herz und eine Seele ist. Beispiel: Aufrüstung. So „exotisch“ AfD-Positionen auch vielfach erscheinen mögen und so sehr die Partei weiter als Paria im demokratischen System behandelt wird — in mindestens zwei Fragen repräsentiert sie keinerlei Hoffnung auf Veränderung: bei der Aufrüstung und bei der Zähmung des Kapitalismus. Als drittes könnte man noch die Unterstützung Israels durch Deutschland bei jedem noch so mörderischen Unterfangen nennen.
Die AfD in der Regierung — sollte es je dazu kommen — wird der Rüstungsindustrie Milliardensummen zuschustern, die Wehrpflicht einführen, die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnen und die Unterstützung des Gaza-Bombardements Israels als blanke Selbstverständlichkeit verkaufen. Wählen können deutsche Bürger allenfalls zwischen neoliberalem Bellizismus mit oder ohne Migrationsbegrenzung.
Die NATO-Länder haben das 5-Prozent-Ziel am 25. Juni 2025 in Den Haag fast ohne Gegenstimme angenommen, obwohl viele bis vor Kurzem noch selbst 2 Prozent als unverschämte und nicht umsetzbare Maximalforderung des US-Präsidenten zurückgewiesen hatten. So werden Milliardensummen aus den Taschen der „Spender“ (Bürger) zu den Empfängern (Rüstungsindustrie) verschoben, was eine Veruntreuung des Geldes der Steuerzahler darstellt. Ein langer Krieg ist für die Hersteller von Tötungsgerät besser als ein kurzer, da „benutzte“ Bomben schneller wieder erneuert werden müssen. Ebenso lässt eine angespannte Lage eher die Champagnerkorken knallen als eine entspannte.
Wenn jedoch wirklich einmal eine Partei auftritt, die etwas radikal Anderes will, kann es passieren, dass sie auf rätselhafte Weise unter der 5-Prozent-Hürde bleibt. Auch die Annullierung eines Wahlergebnisses wie in Rumänien bleibt als letzte Möglichkeit zur Vermeidung einer Korrektur herrschender Politik durch die Bürger.
Freiheitsabbau als roter Faden deutsche Politik
Besagte unsichtbare Hand des politisch Gewollten wird auch dafür sorgen, dass die Meinungsfreiheit in Deutschland nie wieder dasselbe Niveau erreichen wird wie vor Corona und vor Nancy Faeser. Diesbezüglich verspricht die AfD zwar Verbesserungen, wie sie im Ernstfall agieren würde, müsste sich aber erst noch zeigen. Geräuschlos und scheinbar selbstverständlich setzt Alexander Dobrindt inzwischen die freiheitsfeindliche Politik seiner Vorgängerin fort.
Die Wahlkampfscharmützel zwischen dem linken und dem rechten Flügel des „Die demokratischen Parteien“ genannten Kartells sind nur Scheingefechte. Beide Lager wissen, dass die Sache der Freiheitseinschränkung auch beim vermeintlichen Gegner in besten Händen ist.
In Fragen der Meinungsfreiheit können die Gerichte zwar grundsätzlich ein Korrektiv bilden, aber nur so lange sie nicht mit freiheitsfernen Glaubensgeschwistern der Hauptparteien besetzt werden.
Ein Beispiel für Innenpolitik im Geiste Nancy Faesers war der „Aktionstag gegen Hass und Hetze“ am 25. Juni 2025. Bemerkenswert daran war die offene Ankündigung der Großaktion in der Tradition der „Blitzer-Marathons“. Diese sind eigentlich eine merkwürdige Sache. Normalerweise empfiehlt sich bei Kontrollen und Razzien ja eine gewisse Heimtücke. Man wiegt den Autofahrer in Sicherheit, damit er seine Fahrgeschwindigkeit nicht drosselt und in eine Radarfalle gerät. Das Ergebnis: Prall gefüllte Kassen der die Bußgeldbescheide ausstellenden Behörden. In letzter Zeit hat sich aber der Trend zum angekündigten Großkampftag staatlicher Repression durchgesetzt. Am „Blitzer-Tag“ wie unlängst auch am Aktionstag gegen Hass und Hetze. Bei mindestens 65 Menschen klingelte morgens um 6 Uhr die Polizei. Dies sind offensichtlich Methoden, wie sie aus nicht-demokratischen Regimen bekannt sind, und mit denen versucht wird, den Bürger in einem schwachen Moment zu überfallen — schlaftrunken, desorientiert, gar im Morgenmantel. So als fürchteten fünf gestandene Polizisten, eines Bürgers nicht Herr werden zu können, wenn sie ihn vorbereitet und im Vollbesitz seiner rhetorischen Kraft anträfen.
Staatliche Überfallkommandos
Überfälle im Morgengrauen sind die Aktionsform der Feigen. Es sind Schikanen, die nicht nur traumatisierend wirken — übrigens auch für die Familienangehörigen des Delinquenten —, sondern auch beträchtlichen materiellen Schaden anrichten können. Etwa durch Beschlagnahmung wertvoller Arbeitsmittel wie Notebook oder Smartphone. Die Absicht, einzuschüchtern, ist dabei nur allzu offensichtlich. Die Demütigung, die darin besteht, dass sich Fremde Zugriff auf das Handy-Fotoalbum und den Chatverlauf von Regierungskritikern verschaffen, auch. Medial lässt sich der Coup gut verkaufen. Wer ist schon für Hass und Hetze? Ein paar Beispiele — jemand sei wegen des Postings „Heil Hitler“ belangt worden — reicht dann aus, um die Drangsalierung von Oppositionellen gegenüber der „unschuldigen“ Bevölkerungsmehrheit zu verkaufen.
Was die Überfälle im Morgengrauen betrifft, so gilt aus Sicht ihrer Betreiber: Auch ein Misserfolg ist ein Erfolg, denn gerade der Entrüstungssturm, der wegen einer gescheiterten Aktion wie dem von Nancy Faeser versuchten Compact-Verbot in alternativen Medien losbricht, sorgt wirksam für die Weiterverbreitung der Nachricht.
Die Subbotschaft lautet: „Wer es zu weit treibt mit der Kritik an den Mächtigen, für den wird es ungemütlich — also haltet besser den Mund!“ So mancher möchte einfach nicht erleben, was Compact-Chef Jürgen Elsässer in den letzten 12 Monaten mitgemacht hat: den Nervenkrieg, den Zeitaufwand, das Risiko großen finanziellen Schadens. Gar kein Prozess ist besser als ein gewonnener Prozess — und wer diesbezüglich auf Nummer sicher gehen will, bleibt besser innerhalb der gläsernen Mauer erlaubter Meinungen. Auch dies erinnert an die Methode der Scientology-Bewegung, Kritiker auch bei geringen Erfolgschancen mit Klagen zu überziehen. Selbst wenn die Prozesse für die „Church“ meist verloren gehen — der Einschüchterungseffekt wirkt.
Der „überfällige“ Veteranentag
Haben Sie sich in den Jahren vor 2025 je nach einem deutschen „Veteranentag“ gesehnt? Kreisten Ihre Gedanken um die Frage: „Wann kommt endlich der Veteranentag und warum wird er uns seit Jahrzehnten böswillig vorenthalten?“ Bundestagspräsidentin Julia Klöckner jedenfalls verkündete am 15. Juni 2025: „Es war höchste Zeit für diesen Schritt.“ Ähnlich wie beim Ereignis der Wiedervereinigung zerfällt die deutsche Geschichte seither in zwei Epochen: vor und nach Einführung des Veteranentags. „Denn dieser Tag schafft etwas, das lange gefehlt hat“, so Klöckner. „Öffentliche Sichtbarkeit, Anerkennung und Respekt für alle, die in den Streitkräften unseres Landes gedient haben.“
Nun, unsichtbar waren Soldaten schon vorher nicht. Man traf sie uniformiert auf der Straße oder in der Bahn auf der Heimfahrt oder zurück zur Kaserne. Es gab öffentliche Gelöbnisse, Fernsehberichte und Bundeswehr-Soaps zeigten Soldaten bei ihrem Einsatz. Freilich ist ihr Beruf nicht unumstritten und somit ist die Anerkennung verständlicher Weise keine flächendeckende. Anerkennen würde ich zumindest die gute Absicht „dem Land etwas zurückzugeben“, technische Fertigkeiten, sportliche Fitness, das Aushalten von Strapazen, den Mut, sich notfalls in Lebensgefahr zu begeben. Aber ist die grundsätzliche Bereitschaft, sich fürs Töten ausbilden zu lassen — unabhängig von den Anlässen, die Politiker für Kriege kreieren — eine durchweg positive Sache? Wenn jemand in Afghanistan war, ist es dann nicht so, dass er Bewohner eines Landes, das Deutschland nicht angegriffen hat, auf ihrem eigenen Territorium umbrachte? Gab es dafür wirklich gute Gründe? War es ein schneller Tod gewesen oder hat sich der Getroffene noch länger schreiend vor Schmerz auf dem Boden gewälzt? Wie geht es den Kriegsheimkehrern, die nun stehend oder im Rollstuhl sitzend den Reden ihrer Politiker lauschen dürfen? Sind sie ausschließlich stolz auf ihre Taten oder plagen sie dunkle Erinnerungen?
Wer ist hier respektlos?
Vielleicht sind Veteranentage ja dafür gut, dass sich junge Menschen, die ihre Zeit beim „Bund“ noch vor sich haben, ein realitätsnahes Bild machen können.
Altgediente könnten angehenden Kriegsteilnehmern Tipps geben, wie es sich mit einer Beinprothese lebt und wie man die Zeit überbrückt, bis einer der begehrten Plätze für Traumatherapie frei wird.
Militärausbildung ist organisierte Respektlosigkeit, weil sie zuvor freie Menschen in gewaltbereite Befehlsempfänger verwandelt. Nicht Kriegsgegner respektieren Soldaten zu wenig — vielmehr sind es die Kriegstreiber, die jungen Menschen das Wertvollste nehmen wollen, ihr Leben, und die ihnen dafür als Bezahlung Seifenblasen in Form schöntönender Respekt-Phrasen überreichen.
Der Veteranentag dient vor allem dazu, die Menschen an die Normalität von Krieg zu gewöhnen. Dabei wird die Kunst der Verdrängung eingeübt. Je mehr der Soldatenberuf öffentlich Thema ist, desto mehr muss die grausame Wahrheit über das Töten auf Befehl verschleiert werden. Man zeigt dem Volk blitzblank geputzte Haubitzen. Hände wandern ruckartig zu den Köpfen von in perfekten Formationen aufgereihten Uniformierten. Ein absurdes Ballett zur Feier des Todes. Jeder Mensch, jeder Beruf verdient grundsätzlich Respekt. Aber warum Soldaten besonders? Warum nicht einen Tag für Gärtner, Tierpfleger, Sanitäter oder Geburtshelferinnen — Personen also, die dem Leben dienen?
Das ist das Land, auf das wir zusteuern, von dem ich in diesem Rahmen nur wenige „Highlights“ heranzoomen konnte. Erwogen wird immer wieder die Abschaffung eines Feiertags „für die Wirtschaft“. Dafür bekommt das Jahr von nun an durch neue Highlights Struktur: Blitzer-Marathon, Aktionstag gegen Hass und Hetze, Veteranentag. Vielleicht könnten wir auch den Pfingstmontag abschaffen — ein Tag für den Heiligen Geist reicht — und daraus einen Gedenktag für die Aktiven der vielen Meldeportale gegen Hass und Hetze machen.
Katastrophale Fehler ohne Konsequenzen
Auf den „abstrafenden“ Effekt künftiger Wahlen kann man angesichts all dieser Fehlentwicklungen nicht unbedingt bauen. Ein Politiker wie Friedrich Merz kommt selbst mit offensichtlichem, mehrfachem Wahlbetrug durch. Die rüstungsfreundliche Union ist immer noch stärkste Kraft und konnte zwischen sich und die rüstungsfreundliche AfD wieder etwas Abstand bringen. Und Lars Klingbeil brachte es mit einer auch von ihm heruntergewirtschafteten Verliererpartei SPD zur Position des wahrscheinlich zweitmächtigsten Politiker Deutschland. Auch hier wirkte die unsichtbare Hand des politisch Gewollten, sinnvolle Korrekturmechanismen einer Demokratie versagen.
Was könnte helfen? Um dies darzustellen, eignet sich nur eine grammatikalische Form: der „Irrealis“. Man sollte, könnte, müsste …
Notwendig wäre:
- Die Einführung einer Politiker-Haftung. Politiker müssten für Geldverschwendung, Verfassungsbruch und andere Vergehen bestraft werden können, mindestens mit Jobverlust und Kürzung der Rente, in drastischen Fällen auch mit Gefängnis.
- Eine institutionalisierte, unabhängige Bürgervertretung zum Schutz vor Ausplünderung, Entrechtung und Beraubung mit einem Team von Anwälten sowie Strukturen zur schnellen und wirkungsvollen Organisation von Demonstrationen und anderen Formen der Gegenwehr.
- Medien mit Breitenwirkung, die die Mächtigen wirksam kontrollieren und Debatten zwischen „Mainstream“ und Opposition auf Augenhöhe ermöglichen.
- Institutionen, die die Interessen der Jungen und Nachgeborenen gegenüber Älteren mit „Nach-mir-die-Sintflut“-Mentalität vertreten. Tendenziell ist die Argumentation der „Fridays for Future“-Kids schon plausibel: „Wir lassen nicht zu, dass ihr Älteren unsere Zukunft zerstört.“ Das Argument müsste aber auch auf Freiheits- und Finanzfragen ausgeweitet werden. ## Hören wir auf, den Untreuen treu zu sein! Vielleicht sollten wir uns auch ein Beispiel an der Deutschen Bahn nehmen und damit aufhören, so verdammt vorhersehbar zu sein. Auf erwartbare Reaktionen seitens der Regierten sind die Regierenden ohnehin gut vorbereitet — auf dem falschen Fuß könnten wir sie nur mit ganz Neuem und Unerwartetem erwischen.
„Ursprünglich“ haben wir uns all das bieten lassen — „heute“ fangen wir an, uns zu wehren.