Die Zukunft des Widerstands

Helft mit, in Frieden und Freiheit zu leben! Appell an die Jugend der Welt.

Junge Menschen sind offen für Einflüsse aller Art, sind oft idealistisch und voller Tatendrang. Gerade im Nicht-festgelegt-Sein liegt ihr Charme und ihr Potenzial. Gerade deshalb versuchen ältere Menschen und die von ihnen geschaffenen verknöcherten Institutionen sie frühzeitig im Sinne ihrer verqueren Ideologien zu formen, damit aus ihnen — wie es Reinhard Mey treffend sagte — „junge Greise“ werden. Jüngere sollen ihre ganze Kraft und oft sogar ihr Leben für diese falschen Ideen geben, sollen sich verheizen lassen in den Kriegen derer, die ihre Zukunft großenteils schon hinter sich haben und die auf weichen Kissen sitzen. Dagegen gilt es aufzustehen, bevor es zu spät ist. Dieser Appell richtet sich an jene Älteren, denen Freiheit und Frieden noch etwas bedeuten und die der Jugend eine noch lebenswerte Erde hinterlassen wollen. Er richtet sich aber auch an diese Jungen selbst, von denen viele heute früh in Anpassung, Materialismus und Mediensucht erstarrt sind. Jede Generation muss sich ihre Freiräume selbst erkämpfen. Die Zukunft liegt in den Händen derer, die verstanden und den Mut haben, aktiv zu werden — jung wie alt.

Junge Menschen stehen im Laufe ihrer Entwicklung vor vielfältigen Anforderungen, die sie in der Regel gut bewältigen. Um die Lebensaufgaben mutig angehen zu können, ist der Heranwachsende auf die Einbettung in eine haltgebende Umwelt als Lebenswelt und in eine einbindende Kultur angewiesen.

Halt und Orientierung erfährt er, wenn er in der Familie Werthaltungen und Tugenden kennenlernt, die in den gesellschaftlichen Institutionen wie Kindergarten und Schule verstärkt und konsequent durchgesetzt werden. Zu nennen sind unter anderem: Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Friedensfähigkeit, Toleranz, Gemeinschaftssinn, Konfliktfähigkeit und Kompromissbereitschaft. Damit sich diese sozialen Werthaltungen und Tugenden im Heranwachsenden festigen, ist praktische Teilnahme an sozialen Aktivitäten unerlässlich.

Ich glaube an die Jugend, an ihre Lernfähigkeit, ihre Kreativität, ihre Einfühlsamkeit, ihr Verantwortungsgefühl, ihre Einsichtsfähigkeit und ihre Bereitschaft zur Veränderung von Einstellungen und Verhaltensweisen. Meistens fehlt jungen Menschen nur etwas Besonnenheit und Ausdauer, damit sie in kleinen Schritten ihre Kompetenzen entwickeln können.

Frieden und Freiheit entsprechen der Natur des Menschen

Seit wir Erkenntnisse über die Menschen haben, wissen wir, dass sie in Frieden und Freiheit leben wollen, ohne Krieg und Gewalt.

In Frieden zu leben ist eine Natursache. Menschen wollen mit ihren Kindern ein Dach über dem Kopf haben. Auch bringen sie sich nicht gerne gegenseitig um und lassen sich auch nicht gerne umbringen. Sie bleiben lieber am Leben. Doch der Staat zwingt sie dazu und jagt sie auf das „Feld der Ehre“.

Die Menschen wollen auch in Freiheit leben, wo jeder Mensch entscheidet, wie er leben und mit wem er sich verbinden will. Er möchte seine Ruhe und Sicherheit haben und nicht um die Kirchensuppe betteln müssen.

Jeder arbeitende Mensch, ob Arbeiter oder Angestellter, möchte wissen, ob er im Alter dieselbe Möglichkeit hat zu leben oder wenn er erkrankt und nicht mehr arbeiten kann. Er möchte seine Wohnung behalten und seine Frau soll versorgt sein, wenn er nicht mehr am Leben ist. Im Moment wird den Menschen gepredigt, dass sie fleißig sparen sollen. Doch dann kommen die „Haifische“ und fressen ihnen das mühsam Ersparte weg. Das Geld wird entwertet und der „arme Teufel“ wird ausgeplündert.

Einige reife Menschen, die immer an einem gedeckten Tisch saßen wie Peter Kropotkin (1842-1921) oder Michael Bakunin (1814-1876) und weitere Reiche, die die Gelegenheit hatten, sich zu bilden und zu forschen, haben erahnt, dass dieses System, in dem wir derzeit leben, nicht richtig ist. Das Volk wäre zu gewinnen; die Menschen solidarisieren sich gerne mit ihren Zeitgenossen und helfen sich gegenseitig, wenn man sie nicht bezwingt, ihnen keine Ängste vor den harmlosen Mitmenschen einflößt und sie leben lässt.

Auch die Heranwachsenden wollen mit ihren Eltern, Lehrern, Freunden und Schul-Kameraden in Frieden und Freundschaft leben. In Frieden und in Freiheit. Ihre persönlichen Belange, ihre Schulprobleme, die Beziehungen mit Freunden und zum anderen Geschlecht regeln sie gerne selbst und übertragen sie nicht gerne Mama, Papa oder Lehrern.

Staat und Kirche bezwingen die Menschen

Noch ist es aber so, dass der Staat und die Kirche bestens zusammenarbeiten und den Menschen ihre Auffassung über die Welt und ihre Religion aufzwingen. Sie haben alle wichtigen Institutionen in der Hand — vor allem die Schulen. Dort erziehen sie die jungen Menschen zu guten Soldaten.

Der junge Mann wird so erzogen, dass er marschiert, wenn ihn die Obrigkeit ruft. Er soll dann in der Ukraine oder in Asien sein Vaterland verteidigen. Der Pfarrer ist mit von der Partie und segnet die Waffen, die die Gläubigen auf der anderen Seite der Grenzen töten.

Man macht dem jungen Menschen etwas vor — und der glaubt alles, was man ihm sagt. In dieser Geistesverfassung wird er gehalten.

Geschichtliches Wissen und geschichtliches Denken wird ihm nicht vermittelt. Deshalb kann er sich kein klares Bild machen. Und die Eltern und Lehrer lassen sich von Kirche und Staat für diese Art von Erziehung einspannen und tragen deren Auffassungen täglich an die Heranwachsenden heran. Die gesamte Kultur ist davon geprägt.

Ein Leben in Frieden und Freiheit im russischen Mir

Apropos geschichtliches Wissen: Wisst ihr, dass es ein Leben in Frieden und Freiheit in der Vergangenheit eine gewisse Zeit lang gegeben hat? Doch dieser Traum der Menschheit, diese Hoffnung der Proletarier der ganzen Welt ist aus Mangel an psychologischer Menschenkenntnis gescheitert. Das Prinzip der Gewalt, der Unterdrückung und Bezwingung der Menschen hat im ehemaligen Russland zur Katastrophe geführt.

Der russische Bauer lebte im Mir, einer russischen Dorfgemeinschaft. Jeder Haushalt konnte entsprechend der Anzahl seiner erwachsenen Mitglieder einen oder mehrere Landstreifen beanspruchen. Bis zur Revolution bearbeiteten die Bauern ihre Felder aus Solidarität gemeinsam. Dies berichtet der rumänische Schriftsteller Panait Istrati im zweiten Band seines Buches „So geht es nicht“.

Das bisschen Leben, das sie gehabt haben, so Istrati, verbrachten die Bauern in Ruhe und Frieden und ohne Krieg. Wo hat die bäuerliche russische Bevölkerung jemals Richter, Gendarmen oder Spitzel gesehen? Es gab keine. Und die Türen hatten keine Schlösser, weil sie nicht zugesperrt worden sind.

Doch dann ist der Staat gekommen — der rote Staat — und hat den Bauern das selbstbestimmte freie Leben wieder weggenommen und Steuern verlangt. Kommissare aus der Stadt, die nichts verstanden, sind aufs Land geschickt worden, um den Bauern zu sagen, was sie anbauen sollen. Sie haben den Staat aufrechterhalten und schließlich die Bauern und Arbeiter auf das „Feld der Ehre“ gejagt.

In der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien war das Prinzip menschlicher als im ehemaligen Russland. Menschen mit Arbeit konnten nicht gekündigt werden. Das Prinzip der Selbstverwaltung, der Arbeiterräte, ist dort verwirklicht worden.

Lässt sich dieser humanistische Gedanke des Friedens und der Freiheit, der Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität nicht wiederbeleben? Wäre das nicht eine Möglichkeit, den Dritten Weltkrieg zu verhindern?

Was tun?

Immer wieder denke ich an den Krieg. Der nächste Krieg wird kommen. Warum soll er nicht kommen? Er ist bis jetzt noch immer gekommen. Und die meisten Menschen haben geschwiegen und mitgemacht. Es sind nicht viele Stimmen, die dagegen sind.

Wir sind nicht weit vom Dritten Weltkrieg entfernt. In dieser Situation leben wir. Es hat doch keinen Sinn, wenn wir uns etwas vormachen. Wir Menschen sind noch nicht so weit. Es gibt nur wenige Menschen, die sich Gedanken über eine Zeit ohne kriegerische Konflikte machen, sehr wenige.

Wie schützen wir uns vor einem Weltkrieg? Was kann die Jugend tun? Zum Beispiel nicht losmarschieren, wenn die Obrigkeit, wenn der Staat zu den Waffen ruft! Sagt laut und deutlich „NEIN“!

Die Kriege sind vor allem ein gutes Geschäft für ganz wenige. Die Menschen sind fähig, ohne Waffen und Kriege zusammenzuleben. Jeder Krieg wird im Interesse einer kleinen Oberschicht geführt. Nur die Machtgier derer, die innerhalb der Völker als Obrigkeit fungieren, führt immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen, in denen die Völker zugunsten ihrer Herren und Ausbeuter verbluten.

Aber nicht nur die Kriege sind ein gutes Geschäft. Alles ist Profit, wo auch immer wir hinsehen. Wieso sind manche Jugendliche von Drogen abhängig? Wie kommt es dazu? Wenn das kein einträgliches Geschäft wäre, gäbe es keine Drogen. Was ist die Folge dieser Abhängigkeit? Die jungen Menschen können unter Drogen nicht mehr denken und vernünftig handeln. Sie gehen an ihnen zugrunde, gehen buchstäblich in den Tod.

Weiterhin sollte sich die Jugend — wie alle Menschen — die Ergebnisse der psychologischen Forschung zu eigen machen. Wenn wir uns selbst und die Mitmenschen erkennen, ändert sich unsere Sichtweise auf die staatlichen Gegebenheiten, auf die gesamte Gesellschaftsordnung. Die Jugend wäre dazu in der Lage, da sich die Menschheit ganz langsam aus der Gedanken- und Gefühlswelt des Mittelalters löst.

Da die Geschichte ein Werk der Menschen ist, müssen sie selbst aktiv werden. Die Veränderung der Welt muss von ihnen selbst kommen. Die Menschen müssen ihre eigene Natur, ihre seelische Verfassung, ihre bewussten und halbbewussten Vorurteile sowie die eigenen Reaktionsweisen und die der Mitmenschen kennenlernen.

Wenn wir uns in der Welt umsehen, stellen wir fest, dass alle Menschen ohne Ausnahme durch die traditionelle Erziehung nicht gesund, sondern psychisch irritiert sind. Sie sind nicht krank, sondern nur nicht richtig aufgeklärt. Man muss ihnen helfen, sich selbst zu erkennen.

Gelingt es, das Problem Mensch in seiner ganzen Tiefe zu erfassen, werden wir lernen zu sehen, was mit uns Menschen los ist. Doch um das zu erforschen, ist viel Zeit und Geduld nötig. Alle relevanten Fragen müssen gründlich durchdacht werden. Für das Leben und die seelische Gesundheit von jedem von uns ist dies jedoch von ungeheurer Bedeutung. Die Ergebnisse der psychologischen Forschung weisen den Weg. Dann haben wir einen Kompass.

Auch sollte die Jugend — wie wir alle — keinem anderen Menschen die Macht übergeben. Nach Auffassung des russischen Schriftstellers Graf Tolstoi (1828-1910) sind die Regierenden „häufig die schlechtesten, unbedeutendsten, grausamsten, sittenlosesten und besonders die verlogensten Menschen“ (1).

Keinem anderen Menschen die Macht übergeben, aber auch keinem übernatürlichen Wesen, das uns als Gottheit von frühester Kindheit bis ans Ende der Tage führen und beschützen soll. Wir sind doch eingebettet in die Gemeinschaft von Artgenossen, vor denen wir keine Angst haben müssen und auf deren Solidarität wir bauen können (2).

Nicht zuletzt sollten wir alle versuchen, die individuellen und kollektiven Vorurteile aufzugeben, die der ideologische Hintergrund vieler Menschheitskatastrophen sind. Eine friedliche, freiheitliche und gerechte Welt entsteht einzig und allein durch menschliche Entschlüsse, durch ein Denken und Handeln, das sich am Ideal der Gerechtigkeit und an humanistischen Werten orientiert.

Heute sind es Vorurteile gegenüber Russland und China, die den nächsten Weltkrieg heraufbeschwören können — morgen sind es vielleicht Vorurteile gegenüber dem eigenen Vaterland.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Tolstoi, L. N. (1983). Rede gegen den Krieg. Politische Flugschriften, S. 5
(2) Hänsel, Rudolf (2020). Keinem die Macht übergeben! Ein psychologisches Manifest des gesunden Menschenverstands, Gornji Milanovac