Diffamierungsprofis gesucht

Eine Stellenausschreibung der New York Times zeigt, wie westliche Propaganda funktioniert.

In der „freien Welt“ darf jeder alles schreiben — solange er nicht erwartet, damit über den Freundes- und Familienkreis hinaus Wirkung zu erzielen. Will ein Journalist in einem der wirklich auflagenstarken Medien publizieren, sind dafür ein ganz bestimmter charakterlicher Zuschnitt und ein Set von erlaubten politischen Meinungen die Voraussetzung. Normalerweise läuft die Auswahl des journalistischen Personals unterschwellig, in einem öffentlich kaum einsehbaren Verfahren ab. Besonders entlarvend ist daher ein Stellenangebot der New York Times für die Funktion eines Russlandkorrespondenten. Darin werden den Bewerbern schon vorab Vorschriften gemacht, was sie über Russland und dessen dämonischen Präsidenten Putin zu denken haben. Schon in der Anbahnungsphase seiner Mitarbeiter wird der angehende Journalist somit auf weltanschauliche Leitplanken verwiesen, die seiner Tätigkeit enge Grenzen setzen. Und klar ist: Objektivität und Fairness gegenüber der östlichen Großmacht gehören nicht zum Handwerkszeug des Korrespondenten.

Menschen, die gerade erst anfangen zu ergründen, was mit der Welt nicht in Ordnung ist, gehen oft davon aus, dass die Reporter von Mainstream-Nachrichten die ganze Zeit nur wissentlich Propaganda betreiben. Das heißt, dass sie herumsitzen und Pläne schmieden, ihr Publikum zu täuschen, damit dieses zugunsten ihrer plutokratischen Herren Krieg, Oligarchie und Unterdrückung befürworten.

Sobald Sie erst einmal ein bisschen dazu gelernt haben, stellen Sie fest, dass es nicht ganz so läuft. Die meisten Mainstream-Nachrichtenreporter sind nicht wirklich gerissene Propagandisten. Sie sind eher in den von Plutokraten finanzierten Thinktanks und anderen Managmentfirmen für Narrative zu finden sowie in den intransparenten Regierungsbehörden, die die Nachrichtenmedien mit Informationen füttern, welche dazu dienen, ihre Interessen durchzusetzen.

Der Hauptgrund dafür, dass die Mainstream-Nachrichtenreporter Dinge berichten, die nicht wahr sind, liegt darin, dass sie, um von den Mainstream-Nachrichtensendern angeworben zu werden, ihre Denkweise mit der herrschenden Weltanschauung gleichschalten müssen, welche nicht auf der Wahrheit beruht.

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Sollten Sie sich jemals gefragt haben, warum die Berichterstattung über Russland in den US-amerikanischen und britischen Medien größtenteils Müll ist, werfen Sie einen Blick auf diese Stellenanzeige von @nytimes. Ziemlich klar, dass alle Bewerber, die über Russland objektiv & fair berichten möchten, nicht in Betracht gezogen werden.

Und das ist teilweise der Grund, warum die Dinge so sind, wie sie sind ... pic.twitter.com/M7IXdnSafW
— Bryan MacDonald (@27khv) 20. November 2020.

Eine aktuelle Stellenausschreibung für einen Russlandkorrespondenten der New York Times, die von dem in Russland lebenden Journalisten Bryan MacDonald getwittert wurde, veranschaulicht diese Dynamik perfekt. Die Stellenausschreibung lautet wie folgt:

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Wladimir Putins Russland ist nach wie vor eine der größten Storys der Welt.

Es schickt mit Nervengas bewaffnete Killerkommandos gegen seine Feinde los, zuletzt gegen den Oppositionsführer Alexei Nawalny. Seine Cyberagenten säen Chaos und Zwietracht im Westen, um dessen demokratische Systeme zu beschmutzen und gleichzeitig seine eigene falsche Version von Demokratie zu fördern. Es hat private militärische Auftragnehmer rund um den Globus eingesetzt, um seinen Einfluss insgeheim zu verbreiten. Zu Hause füllen sich seine Krankenhäuser rapide mit Covid-Patienten, während der Präsident sich in seiner Villa versteckt.

Wenn das nach einem Ort klingt, über den Sie berichten wollen, dann haben wir gute Nachrichten: Wir haben eine Stelle für einen neuen Korrespondenten zu besetzen, da Andy Higgins Anfang nächsten Jahres die Leitung unseres Osteuropa-Büros übernehmen wird.

Klingt das wie die Art von Job, auf die sich jemand mit einer weniger als feindseligen Haltung gegenüber der russischen Regierung bewerben würde? Ist es eine Stellenausschreibung, die darauf hindeutet, dass sie jemanden begrüßen würden, der die Russland-Hysterie des Mainstreams als karikaturhafte Übertreibung betrachtet, die darauf abzielt, die altbekannten geostrategischen Interessen westlicher Machtstrukturen gegen eine Regierung durchzusetzen, die sich seit Langem weigert, sich dem Diktat dieser Machtstrukturen zu beugen?

Jemand, der Skepsis gegenüber den mit Handlungslücken gespickten Narrativen des Establishments über russische Wahlmanipulationen und die Attentate durch Nowitschok äußert? Jemand, der wie Moon of Alabama anmerkt, darauf hinweisen könnte, dass Putin derzeit tatsächlich im Kreml am Werk ist und sich nicht „in einer Villa versteckt“?

Nein, natürlich nicht: Um einen Job bei der New York Times zu bekommen, muss man nachweisen, dass man die oligarchisch-imperialistische Weltanschauung des Mainstreams teilt, die die Gesamtheit der westlichen Massenmedien umfasst. Sie müssen zeigen, dass Sie richtig indoktriniert wurden und dass Sie durch einfache Signale der Anerkennung oder Missbilligung von Ihren Vorgesetzten dazu abgerichtet werden können, imperiale Linientreue zu zeigen, ohne dass ausdrücklich aufgefordert zu werden, bewusst zu lügen.

Denn wenn jemandem gesagt wird, er solle die Öffentlichkeit wissentlich anlügen, um die Interessen der Mächtigen zu schützen, wäre das ja Propaganda. Und Propaganda ist das, was nur in solch bösen, rückständigen Ländern wie Russland passiert.

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Neu bei MoA:

Wie „westliche“ Medien ihre Auslandskorrespondenten auswählen
— Moon of Alabama (@MoonofA) 20. November 2020

Die Orthodoxie des Mainstream-Establishments ist im Wesentlichen eine Religion, so falsch und machtdienlich wie jede andere auch, und wenn Sie in der Mainstream-Politik oder den Mainstream-Medien arbeiten wollen, müssen Sie zeigen, dass Sie ein Angehöriger dieser Religion sind.

Das ist alles, was Sie sehen, wenn mit blauem Häkchen „verifizierte“ Reporter ihre Befürwortung imperialistischer Interessen und der Politik des Status quo auf Twitter kundtun. Sie geben sich nicht der Illusion hin, dass sie etwas Neues oder Aufschlussreiches mitteilen, was hundert andere Leute nicht genau zur gleichen Zeit sagen; sie signalisieren. Sie lassen ihre gegenwärtigen und zukünftigen Kollegen und Arbeitgeber wissen: „Ich bin ein Gläubiger. Ich bin ein Angehöriger des Glaubens.“ Auf diese Weise sorgen sie dafür, dass ihre Karrieren in den Mainstream-Nachrichtenmedien weiter vorangetrieben werden.

Daher gibt es Etiketten für jene, die Skepsis gegenüber den Narrativen des Establishments zum Ausdruck bringen, wie „Verschwörungstheoretiker“, „nützlicher Idiot“, „russischer Agent“ oder „Assadist“.

Die Mächtigen, die wissen, dass derjenige, der das Narrativ kontrolliert, die Welt kontrolliert, brauchen Etiketten, um die Gläubigen von den Heiden zu trennen. Das bedeutet dasselbe wie „Ketzer“.

Der schnelle und einfache Weg, reich und berühmt zu werden, war schon immer die Unterstützung der Interessen der Mächtigen. Dies gilt in jedem anderen Sektor ebenso wie in den Medien. Aus diesem Grund werden diejenigen, die ihre Energie darauf verwenden, die bestehenden Machtstrukturen zu kritisieren und deren Dynamik zu beleuchten, wahrscheinlich nicht in nächster Zeit in schicken Villen leben oder zu rauschenden Partys gehen, anders als diejenigen, die das Gegenteil tun. Und doch, wenn jemand ein Substack- oder Patreon-Konto einrichtet, um die Kritik an den Mächtigen zu seinem Lebenswerk zu machen, dann werden gerade sie von den Propagandisten als geldgierige Gauner bezeichnet.

Die Gesichter, die Sie auf den Bildschirmen der plutokratischen Medien sehen, verbreiten ebenso wenig wissentlich Unwahrheiten, wie irgendein Prediger bewusst lügt, wenn er sagt, dass Sie in Ewigkeit schmoren werden, wenn Sie das Evangelium nicht annehmen. Die meisten von ihnen glauben alles, was sie sagen, weil ihnen propagiert wurde, gute Gefolgsleute und Bekehrer des Glaubens zu werden.

Die am meisten propagandagläubigen Menschen auf der Erde sind diejenigen, die für die Verbreitung der Propaganda verantwortlich sind.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien unter dem Titel „New York Times Job Listing Shows How Western Propaganda Operates“ zuerst auf caitlinjohnstone.com. Er wurde von Sabine Amann vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzerteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratteam lektoriert.