Dostojewski und die Dämonen
In einer Zeit des Verlusts moralischer Werte und spiritueller Überzeugungen maßen sich innerlich ausgehöhlte Menschen das Recht an, über Leben und Tod zu entscheiden.
Im Westen werden Russen bekanntlich gern dämonisiert. Ein großer russischer Schriftsteller hat in besonderer Weise mit seinen Dämonen gerungen und davon auch literarisch Zeugnis abgelegt. Fjodor M. Dostojewski zeigte in seinen Romanen, wie Nihilismus und philosophisch verbrämte Amoralität in eine Unmenschlichkeit führen können, die die einfachen Grundsätzen menschlicher Güte über den Haufen wirft. Im äußersten Fall kann sich jemand in die Bereitschaft zu Gewalt und Mord hinein philosophieren, weil er glaubt, über den moralischen Maßstäben von Gut und Böse zu stehen. Dabei entfalten ideologische und auch politische Narrative eine besonders destruktive Wirkung, wenn sie sich von der Realität der Menschen entfernen. Ein rein russisches Problem ist das Beschriebene nicht. Überall können „gut gemeinte“ Ideen in schlechte Taten münden. Man denke für Deutschland nur an die Morde der RAF. Auch die Gewalt der Antifa oder die Auswüchse der „Transideologie“ sowie ganz allgemein die Technikabhängigkeit vieler Menschen sind Beispiele dafür, wie sich ein anmaßender menschlicher Geist über Natur und Humanität zu erheben versucht — so wie es Dostojewski in „Die Dämonen“ und „Schuld und Sühne“ beispielhaft literarisch verarbeitet hat.
Wieder einmal bin ich zur Lektüre der Werke von Fjodor Michailowitsch Dostojewski zurückgekehrt; und wieder einmal bin ich fasziniert von der Tiefe seiner Gedanken und von der erstaunlichen Vielseitigkeit und Zeitlosigkeit seiner Themen und Charaktere. Und das, obwohl die Welt am 11. November 2021 schon seinen zweihundertsten Geburtstag gefeiert hat.
Dostojewskis Leben gleicht einem seiner Romane. Er hat Traumatisches durchmachen müssen, ist durch alle Höhen und Tiefen gegangen und litt fast sein ganzes Leben lang unter Geldnot. Als er fünfzehn Jahre alt war, starb seine Mutter an Tuberkulose, vier Jahre später verlor er seinen Vater. Im April 1849 wurde er als Mitglied in einer der damals weit verbreiteten revolutionär eingestellten geheimen Gesellschaften festgenommen und in letzter Minute vor dem Tod durch Erschießen begnadigt. Das Todesurteil wurde in Zwangsarbeit in Sibirien umgewandelt, wo Dostojewski vier Jahre lang die Abgründe der menschlichen Natur erlebte und erforschte. Weitere Jahre musste er als einfacher Soldat in der Verbannung verbringen, bis er 1859 aufgrund einer Epilepsie-Erkrankung aus dem Dienst entlassen wurde und nach Petersburg zurückkehren konnte. Auf einer späteren Europareise kam seine Spielsucht zum Ausbruch, von der Dostojewskis Roman „Der Spieler“ Zeugnis ablegt.
Während seiner Gefangenschaft in Sibirien vollzieht sich sein Wandel vom Atheisten und Revolutionär zum gläubigen Christen. Ein Wandel, den auch der begabte, aber völlig mittellose Rodion Romanowitsch Raskolnikow in Dostojewskis Roman „Schuld und Sühne“ durchmacht, der sein Studium aufgeben muss, weil er die Gebühren nicht mehr bezahlen kann, und der sich nun in seiner einsamen Kammer grübelnd die Theorie zurechtzimmert, dass er zu den ganz wenigen außergewöhnlichen Menschen gehört, für die die moralischen Gebote und Gesetze der gewöhnlichen Menschen nicht gelten. Menschen, die einen Mord ohne Gewissensbisse begehen können, zumal es sich um den Mord an einer alten ausbeuterischen Pfandleiherin handelt, die in seinen Augen gar kein Recht hat zu leben.
Doch die von Raskolnikow ausgedachte Theorie hält der Wirklichkeit nicht stand — wobei seine Rechtfertigung durchaus auch sein Interesse, an Geld zu kommen, verdecken könnte. Schon die Mordszene gerät außer Kontrolle. Die unerwartet erscheinende, völlig unbescholtene Schwester der Pfandleiherin macht ihn zum Doppelmörder. Nur mit Mühe kann er unerkannt entkommen und findet fortan keine Ruhe mehr. Er wird von Schuldgefühlen geplagt und muss sich in einem langen inneren Kampf mit den Konsequenzen seiner Tat auseinandersetzen, was ihn schließlich dazu bringt, den Doppelmord zu gestehen und Sühne zu leisten.
Dostojewski schildert hier, wie es einem jungen Menschen ergeht, der sich aufgrund einer von ihm ausgedachten Theorie berechtigt glaubt, Gewalt anzuwenden. Die Idee, seine Kopfgeburt könne seine Probleme lösen, löst sich auf dem harten Boden der Wirklichkeit in Luft auf.
Erst die Zufallsbekanntschaft mit der bitterarmen Sofja Semjonowna Marmeladowa ermutigt ihn, die Verantwortung für seine Taten zu übernehmen und sich der Strafe zu stellen, die der Beginn seines Weges zu Vergebung und zur Rückkehr in die menschliche Gesellschaft ist.
In seinem 1873 erschienenen Roman „Die Dämonen“ setzt sich Dostojewski noch einmal umfassend mit dem Thema der Selbstermächtigung nihilistischer Bewegungen in der russischen Gesellschaft auseinander. Ihn trieben die Konflikte um, in die der Mensch im tiefgläubigen russischen Zarenreich mit dem Anbruch einer aus dem Westen kommenden Moderne geriet. Der zentrale Gegenstand seiner Werke war der Zustand der menschlichen Seele in diesem Dilemma, das heißt, wie sich die Veränderungen in der Außenwelt auf die Psyche der Menschen auswirken.
Eine Gruppe fanatischer Revolutionäre errichtet in einer beschaulichen russischen Provinzstadt eine geheime Herrschaftsstruktur, die mit der Zeit jedes menschliche Maß verliert und in Chaos und Terror umschlägt. Das traditionelle Wertesystem trifft auf Vertreter radikaler Ideologien: Pjotr Stepanowitsch Werchowenski ist der skrupellose, eiskalte Anführer der Gruppe, für den der Zweck, die staatliche Ordnung zu zerstören, jedes Mittel heiligt. Im Zentrum der Handlung steht jedoch der charismatische, aber moralisch höchst fragwürdige Aristokrat Nikolai Wsewolodowitsch Stawrogin, der mit seiner schillernden manipulativen Persönlichkeit die Menschen in seiner Umgebung gleichsam anzieht und abstößt, und in dem Werchowenski das ideale Werkzeug für seine revolutionären Ziele sieht.
Stawrogin füllt die Leere seiner Tage mit Ausschweifungen und unsinnigen Einfällen jenseits von Moral und Menschlichkeit. Aus einer puren Laune heraus hat er die verkrüppelte und geistig zurückgebliebene Schwester des Trunkenbolds Lebjatkin geheiratet, für die er nichts empfindet und deren Gefühle für ihn ihm völlig gleichgültig sind. Bei einem Besuch des in einem Kloster zurückgezogen lebenden Bischofs Tichon überreicht er diesem eine schriftliche Beichte seiner Untaten, darunter das Geständnis des sexuellen Missbrauchs an einer Minderjährigen und seiner passiven Rolle bei deren Selbstmord, die seine Unfähigkeit zu Reue und Mitgefühl offenbaren. Leiden und Missbrauch von Kindern sind immer wieder Thema in Dostojewskis Romanen.
„Die Welt ist aus den Fugen“ (Hamlet)
Erzählungen über den Bruch mit Moral, Ethik und Menschlichkeit und mit den großen europäischen Errungenschaften von Philosophie, Aufklärung und Humanismus haben unsere Geschichte und Literatur über die Jahrhunderte geprägt. In der griechischen Mythologie glaubt sich Orest im Recht, als er seine Mutter Klytaimnestra und ihren Geliebten Ägisthos tötet, um deren Mord an seinem Vater Agamemnon zu rächen. Doch nach der Tat wird er unablässig von den Erinnyen verfolgt, personifizierte Gewissensbisse, die ihm das Leben unerträglich machen.
Um 1200 entstand das Nibelungenlied, ein mittelalterliches Epos um den Helden Siegfried; eine Geschichte von Ehre, Treue und Verrat, von wahrer Liebe und von Mord aus dem Hinterhalt, von Rache und Zerstörung.
Das Erscheinen von Hamlets Vaters Geist in William Shakespeares Schauspiel veranlasst den Wächter Marcellus zu dem Ausruf „Etwas ist faul im Staate Dänemark.“ Es ist der Geist, der dem herbeigerufenen Hamlet offenbart, dass er von seinem Bruder Claudius — inzwischen auch Ehegatte von Hamlets Mutter — heimtückisch ermordet wurde. Seine Forderung nach Rache stürzt den Sohn in tiefe Verwirrung. Sein Zögern und widersprüchliches Benehmen gerät zu einer Charakterstudie über menschliches Handeln in extremen Situationen, das schließlich in einer Katastrophe endet.
Ideologie und Wirklichkeit – Beispiele heute
Die „Rote Armee Fraktion“
Die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) war eine aus der 68er-Studentenbewegung APO (Außerparlamentarische Opposition) hervorgegangene linksradikale Protestbewegung gegen Regierung, Justiz, Kirche und Ordnungskräfte; gegen die mangelnde Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Ein Aufbegehren gegen den ungebremsten Kapitalismus, gegen den Vietnamkrieg und gegen die sogenannten Notstandsgesetze. Die Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration am 2. Juni 1967 gegen den Staatsbesuch von Schah Reza Pahlavi und das Attentat auf Rudi Dutschke führten zu einer Radikalisierung der Bewegung. Im Manova-Text „Verlorene Träume“ vom 6. November 2025 finde ich dazu folgenden Satz: „Der Widerstand gegen Herrschaft, Kapitalismus und Imperialismus gebar seine eigene Verführung: die Versuchung, die Transformation zu verkürzen und das Gute durch Gewalt zu erzwingen.“
Hier sind wir wieder bei den Dämonen, und es stellt sich die Frage, ob ein Ziel noch gut ist, wenn es durch Gewalt erzwungen werden soll. Dazu Günter Eich in seiner Rede zum Georg-Büchner-Preis 1958:
„Und voll höchsten Misstrauens bin ich gegen die Meinung, Macht müsse erstrebt werden, um einen Wert durchzusetzen. Die Macht hat die Tendenz, sich zu verabsolutieren, sich von ihrem Inhalt zu lösen und sich selbst zum Wert zu machen. So kann sie, indem sie sich selbst durchsetzt, jederzeit behaupten, einen Wert durchzusetzen. (…) Es hat noch nichts Inhumanes auf der Welt gegeben, keine Gewissenlosigkeit, kein Blut und keinen Terror, das nicht durch kunstvolle Beweisführung als gut und richtig gerechtfertigt worden wäre.“
Wie hat es die APO — und später dann die RAF mit nur 80 Mitgliedern — geschafft, derartige Kreise zu ziehen und die Gesellschaft bis heute zu beschäftigen und zu verändern?
Wie von Nikolai Wsewolodowitsch Stawrogin in den „Dämonen“ fühlen sich manche von solchen Figuren angezogen. Die Bewegung hatte Unterstützer aus der Mitte der Gesellschaft: Schriftsteller, Künstler, Liedermacher, Juristen und Pädagogen gewährten zeitweise RAF-Mitgliedern Unterstützung und Unterschlupf.
In meinem eigenen Bekanntenkreis gab es Sympathisanten, die, wie sie mir später erzählten, in Versuchung waren, zur Ausbildung in eines der Trainingslager nach Palästina zu gehen. Dennoch war es insgesamt eine Minderheit, die eine Zeitlang im sogenannten Deutschen Herbst die ganze BRD in Atem hielt und sich auf den angekündigten „Marsch durch die Institutionen“ machte, die an den langen Marsch von Mao Zedong erinnern sollte, dessen „Bibel“ die APO ausgerechnet zu Zeiten der mörderischen, staatlich verordneten „Kulturrevolution“ propagierte.
Ein Leben im Glauben, im Besitz der Wahrheit zu sein, hat etwas Autistisches. Mit „Nicht-Gläubigen“ setzt man sich gar nicht erst auseinander, sondern kritisiert und belehrt sie. Die Belehrungsattitüde ist allen Ideologien eigen — sei ihre Utopie nun sozialistisch, faschistisch oder was auch immer. „Beleidigungen sind die Argumente jener, die über keine Argumente verfügen“, wusste schon Jean-Jacques Rousseau. Dadurch, dass solche Menschen keinen Zweifel daran haben, im absoluten Recht zu sein, wirken sie so stark auf Jugendliche, die in den Wirren der Pubertät Halt in einer Peergruppe suchen, in der sie mit Gleichgesinnten soziale Orientierung und Richtlinien finden und ihrem altersgemäßen Drang nach Ausbruch und Abenteuern nachgehen können. Bleiben sie jedoch dort verankert und lassen keine Einflüsse und Anstöße mehr zu, so bleiben sie — oft ein Leben lang — auf dieser Entwicklungsstufe stehen, was sehr stark an Sekten erinnert. Sich von einer Ideologie zu lösen, ist vielen nicht möglich — wir haben das in der Nachkriegszeit besonders bei alten Nazis gesehen.
Man beobachte da heute nur die „Antifa“, die mit ihren immer gleichen Parolen und abgesichert mit Bannern, Schirmen und Masken zu keinem Gesprächsaustausch mit Außenstehenden mehr bereit ist.
Der Verfassungsschutz und der Fall Siegfried Buback
Die zwielichtige Rolle des Staates darf bei Bewegungen wie der RAF in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden. Helmut Schmidt höchstselbst äußerte sich in diesem Sinn am 30. August 2007 bei einem Interview mit der ZEIT auf die Frage, ob es eine besondere Form des Terrorismus in Deutschland gegeben habe, wie folgt:
„Ich habe den Verdacht, dass sich alle Terrorismen, egal, ob die deutsche RAF, die italienische Brigate Rosse, die Franzosen, Iren, Spanier oder Araber, in ihrer Menschenverachtung wenig nehmen. Sie werden übertroffen von bestimmten Formen des Staatsterrorismus.“
Dem Sohn des am 7. April 1977 von der RAF ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, Michael Buback, kamen nach Jahrzehnten des „Urvertrauens in die Arbeit der Bundesanwaltschaft und des ihr zuarbeitendem Bundeskriminalamts“ Ende März 2007 die ersten Zweifel, als das ehemalige RAF-Mitglied Peter-Jürgen Boock ihn mit der Nachricht anrief, dass die drei in den 1980er Jahren für das Attentat verurteilten Knut Folkerts, Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt nicht an der Tatausführung beteiligt gewesen seien. Erst nach Boocks Information hat sich das Ehepaar Buback intensiv mit dem Verbrechen beschäftigt und dabei festgestellt, „dass den Ermittlern geradezu unglaubliche Unterlassungen und Fehler unterlaufen waren“. Als dann im April 2017 bekannt wurde, dass Verena Becker Informantin des Verfassungsschutzes gewesen sei, wurde dem Ehepaar von einem Kenner der Terrorismusszene gesagt, dass ihre Bemühungen um Aufklärung in einem solchen Fall keine Aussichten auf Erfolg haben würden.
So brachte auch ein erneutes Strafverfahren im Jahr 2010 gegen Verena Becker, die Ende 1977 wegen Mordversuchs an zwei Polizisten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und nach zwölf Jahren vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker begnadigt worden war, kein Licht ins Dunkel. Verena Becker wurde zwar am 6. Juli 2012 wegen Beihilfe zum Mord zu vier Jahren Haft verurteilt, von denen jedoch zwei Jahre und sechs Monate schon als verbüßt galten und der Rest zur Bewährung ausgesetzt wurde. Michael Bubacks 2019 zusammen mit seiner Frau veröffentlichtes Buch „Der General muss weg! Die RAF und der Staat“ ist das akribische Protokoll der Verhandlungen vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, die bestätigen, dass Verena Becker Informantin des Verfassungsschutzes war. Die Zitate oben stammen aus dem Vorwort des Buchs. Von den 34 der RAF zugerechneten Morden ist nur das Verbrechen an Jürgen Ponto vollständig aufgeklärt worden, weil die Ehefrau des Opfers Tat und Täter aus einem Nebenraum beobachtet hatte.
„Die“ Wissenschaft und der menschengemachte Klimawandel
„Die Partei hat dir befohlen, den Beweisen deiner Augen und Ohren nicht zu trauen. Das war ihr letzter und wichtigster Befehl.“ (George Orwell)
Dissens ist die Essenz der Wissenschaften; einen wissenschaftlichen Konsens gibt es nicht. Jedes wissenschaftliche Ergebnis kann verifiziert und falsifiziert werden, was auch für die Politik in Demokratien gilt. Alles überschauen kann kein Wissenschaftler, kann kein Mensch — das kann nur ein Gott, für den sich die sogenannte globale Elite zunehmend zu halten scheint.
Man denke nur an das Buch mit dem Titel „Homo Deus“ von Yuval Noah Harari, einem israelischen Bestsellerautor, der seine Aufgabe als Historiker merkwürdigerweise darin sieht, seine Leser zu informieren, wie die Zukunft für kommende Generationen aussehen könnte, und der argumentiert, dass Technologien wie künstliche Intelligenz und Gentechnik dem Menschen göttliche Fähigkeiten verleihen könnten.
Für die Mainstream-Medien und für die meisten Parteien und Politiker scheint es heute unbestritten, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Sie beziehen sich dabei auf Klimaforscher, von denen angeblich mindestens 90 Prozent diese These unterstützen. „Forschung einig. Klimaskeptiker widerlegt. Menschengemachter Klimawandel ist jetzt wissenschaftliches Faktum“, heißt es bei GEO.
Doch welche Maßnahmen ergreifen die Verantwortlichen in Deutschland nun, um die von ihnen befürchteten Folgen des menschengemachten Klimawandels zu verhindern? Hier nur zwei Beispiele: Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündete am 15. März 2011 die schrittweise Abschaltung aller Atomkraftwerke, ungeachtet der Tatsache, dass diese als umweltfreundlich, emissionsarm und als die sichersten der Welt gelten. Während die letzten drei am 15. April 2023 vom Netz gingen und Deutschland damit endgültig aus der Kernkraft ausgestiegen ist, setzen andere Länder vermehrt auf Atomstrom. Tech-Riesen wie Google und Microsoft planen eigene Atomkraftwerke, um den wachsenden Bedarf an Strom für ihre KI-Rechenzentren möglichst CO2-arm decken zu können. Infolge der widerspruchslosen Hinnahme der Zerstörung von Nordstream 1 und 2, Deutschlands günstiger und über Jahre zuverlässiger Energieversorgung, setzt die Bundesrepublik nun auf massiven Druck der Vereinigten Staaten auf Flüssiggas aus den USA, das — laut Umweltverbänden sowie sogar vielen Mainstream-Medien und Wissenschaftlern — neben dem Militär zu den schädlichsten Umweltsündern gehört.
„Unsere“ Demokratie
Es scheint einen Unterschied zu geben zwischen der Demokratie, die für alle Menschen gilt, und der, die die Politiker meinen, wenn sie beständig von „unserer“ Demokratie sprechen. Diejenigen, die an der Macht sind, haben — trotz aller Lippenbekenntnisse — schon immer alles dafür getan, um die Aussage von Artikel 20, Absatz 2 des Grundgesetzes „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ einzugrenzen.
Sonst hätten wir längst die direkte Demokratie und Volksabstimmungen. In Covid-Zeiten ging man sogar so weit, Teilnehmern an Demonstrationen das Zeigen des Grundgesetzes zu verbieten, mit der Begründung, es sei eine nicht erlaubte „politische Meinungsäußerung“ oder „Message“. Polizist: „Ich möchte bitte, dass Sie das Schild umdrehen“, oder: „Sie sollten das jetzt wegpacken.“ (Das Grundgesetz als „Schild“.)
Ein Demonstrant, der auf einem praktisch leeren Platz aus dem Grundgesetz vorlas, wurde sogar zu Boden gerissen, als er auf sein Fahrrad stieg, um wegzufahren. Mehrere Polizisten fixierten ihn minutenlang auf dem Straßenpflaster und legten ihm Handschellen an, bevor sie ihn schließlich an einem ihrer aufgefahrenen Polizeiwagen durchsuchten und danach abführten. Wer noch eines Beweises für den Niedergang der Grundrechte bedarf, sehe sich unbedingt dieses Video an!
Dämonen
Wir sehen sie überall dort, wo den Menschen die Bodenhaftung genommen wird. Wo die traditionellen kulturellen Werte und Gebote der Ethik nicht mehr gelten sollen, wo Kunst den Zielen der Mächtigen dient und wo Psychologie für Propagandatechniken missbraucht wird. Wo man unsere vielgestaltete Geschichte im Dunkel verschwinden lassen will; wo Grenzüberschreitungen kein Tabu mehr sind.
Angela Merkel spricht von „Transformationen von gigantischem, historischem Ausmaß“, Olaf Scholz von einer „Zeitenwende“. Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung hat sich der deutsche Staat nach sozialistischem Vorbild und nach Vorbild der Nazi-Diktatur nun auch der gezielten Konditionierung des Nachwuchses bemächtigt. Immer wieder werden Versuche von Kitas bekannt, den Kleinsten sogenannte Körpererkundungsräume für „sexuelle Spiele“ zur Verfügung zu stellen, und es wird begrüßt, wenn aufgetakelte Dragqueens kleinen Kindern Geschichten vorlesen und „für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ werben.
In einer Zeit, wo Männer sich zu Frauen und Frauen sich zu Männern erklären können, sollen auch schon Kinder über ihre Identität in Verwirrung geraten.
Kindesmissbrauch und Menschenhandel breiten sich weltweit beständig weiter aus, während die Ermittlungen gegen die bereits vorbestrafte Dragqueen „Jurassica Parka“ wegen des Verdachts auf Besitz und Verbreitung kinderpornographischen Materials in der Berliner Politik und Kulturszene heruntergespielt werden. Was all das mit den Kindern macht, scheint – wie schon bei den Coronamaßnahmen – nicht zu interessieren.
Der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz äußerte schon vor Jahren bei einem Vortrag im Martin-Buber-Haus in Heppenheim einen Gedanken, der mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist: In jedem Land gibt es Antisemiten, sagte er. Doch erst, wenn der Staat es zu seiner Aufgabe mache, diese zu unterstützen und Antisemitismus zu befördern, dann werde es wirklich gefährlich, denn nur der Staat hat die Macht, eine solche Ideologie durchzusetzen. Und so ist es heute: Der Staat befördert uneingeschränkt alle oben aufgeführten Transformationen, und das macht ihn so bedrohlich.
Dostojewski zeigt auf, wie der Verlust von moralischen Werten und spirituellen Überzeugungen zu Chaos und Zerstörung führt. Wo noch Halt finden, wenn der die Menschen zusammenführende Wertekanon verlorengeht, und „wenn es nichts gibt, woran man sich halten kann“, wie es Bertolt Brecht in seiner Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ formulierte?
Wenn die Bürger eines Landes nichts mehr verbindet; wenn die Spaltung der Gesellschaft unerbittlich vorangetrieben wird. Wenn Menschen die meiste Zeit nur noch auf ihre Smartphones blicken, Videospiele spielen, ihre Nächte in Diskotheken verbringen und sich mit Drogen betäuben, breitet sich naturgemäß ein Gefühl von Leere und Sinnlosigkeit aus. Dostojewski musste nicht mehr erleben, wie seine Warnungen vor den Dämonen dramatische Aktualität gewannen. Was erwartet uns heute?