Dystopie und Hoffnung

Den Blues der gescheiterten Rebellion überwinden wir am besten, indem wir nicht zu viel erwarten, jedoch vieles tun, was in die richtige Richtung geht.

Resignation ist eine Krankheit, die zurzeit viele ergreift. Es drängt sich der Eindruck auf, dass unsere Bemühungen um Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit nicht nur keine Wirkung erzielen, sondern dass fortwährend das Gegenteil dessen geschieht, was wünschenswert wäre. In gewisser Weise ist Resignation also auch eine gesunde Reaktion auf erlebte Hilflosigkeit. Aufmunterungsrufe erscheinen dem gegenüber oft phrasenhaft und helfen uns nicht weiter, wenn wir mal in so einem Tief drinstecken. Der Autor stellt in diesem Beitrag Reflexionen an, die zwar nichts versprechen, was nicht einlösbar wäre, jedoch einen Spalt offen lassen, durch den ein Hoffnungsschimmer hineindringen kann. Der Generalfehler, der vielen „Aktivistenburnouts“ zugrunde liegt, ist eine gewisse Ungeduld in Erwartung, die Welt werde am eigenen Wesen sicher in naher Zukunft genesen. Solche Erwartungen können rasch zu Resignation und Verbitterung führen. Andererseits könnte absolutes Nichtstun genau jene düstere Welt zu erschaffen helfen, vor der wir uns fürchten. Handeln wir so, als hätte unser individuelles Bemühen einen positiven Effekt. Auch wenn die Ergebnisse nicht sofort greifbar sind, könnten sich als Summe vieler Einzelanstrengungen doch Veränderungen zum Guten ergeben — wobei der Zusammenhang zwischen den eigenen Entscheidungen und den Geschehnissen „draußen“ nie zu hundert Prozent beweisbar sein wird.

Ein Flüstern in der Ferne

Während ich am Fenster verweile und den exquisiten Rotweinlikör „Teranino“ von meiner unvergesslichen Reise nach Kroatien genieße, blicken meine Augen in den aufkeimenden Nachthimmel. Dort entdecke ich winzige Gedankenfetzen, die wie Glühwürmchen durch meinen Kopf schwirren. Die Herausforderung, das Unfassbare in Worte zu kleiden und es adäquat zu beschreiben, wird durch diese flüchtigen Eindrücke noch komplexer.

Inmitten dieser stillen Reflexion entfaltet sich vor meinem inneren Auge ein fiktives Szenario: Zwei Fremde begegnen sich auf einem abgeschiedenen Berg; ihre Blicke verlieren sich in der Unendlichkeit. In der Stille der Nacht tauschen sie sich über das Unbegreifliche aus, ihre Worte werden zu einem leisen Echo in der Bergnacht. Ein solches Gespräch, so zart und nachdenklich, spiegelt vielleicht am besten die Gefühlslage derer wider, die versuchen, die Komplexität der vergangenen Zeit zu verstehen.

Das ungewöhnliche Zusammentreffen

Tatjana und Simon, Fremde in einer entfremdeten Welt, teilen sich hoch oben einen Augenblick des Schicksals auf einer verwitterten Bank. Ihr Blick richtet sich synchron zum bedrohlichen Himmel, der Zeuge ihrer nachdenklichen Begegnung wird, während die Resignation wie ein Schatten über ihren Worten liegt.

Ihre Stimme, von Enttäuschung durchtränkt, eröffnet das Gespräch, während Simon in ihre Gedanken eintaucht. Ihre Augen gen Himmel gerichtet, erzählt sie von ihrer verzweifelten Flucht in die Ignoranz. Sie ist sich der politischen Tragödie bewusst und gesteht sich unverblümt ihre Resignation ein. Dabei stellt sie fest, dass ebenjene möglicherweise ein Mittel ist, um die ständige Frustration zu überwinden, denn auch sie hat ein Leben. Dennoch, ihre Frage bleibt bestehen: Ist das Wegschieben wirklich die bessere Alternative oder nur eine Flucht vor der harten Realität? Ist es nicht an der Zeit, aufzustehen und die Lügen zu entlarven?

Simon konfrontiert sie mit der beunruhigenden Wahrheit: Es stimmt, unsere individuellen Bemühungen sind oft nicht mehr als ein Tropfen im Ozean der Apathie. Aber es wird höchste Zeit, aufzuwachen und die Illusionen des politischen Engagements zu durchschauen. In einer Welt, die von beklemmender Resignation durchzogen ist, malt man sich ein düsteres Bild von einer Gesellschaft, die sich am Rande des Abgrunds befindet. Doch selbst in der Dunkelheit der dystopischsten Realität findet man einen Funken Hoffnung.

Trotz der Gewissheit, dass individuelle Bemühungen möglicherweise nicht immer sofortige Ergebnisse erzielen, ist das politische Engagement ein dynamischer Prozess, der die Bedeutung von kleinen Fortschritten betont, auch wenn diese nicht immer sofort erkennbar sind.

Die Herausforderung besteht darin, sich als Teil eines größeren Ganzen zu erkennen, ohne die genaue Wirkung objektiv feststellen zu können. Dieser Prozess unterstreicht die Möglichkeit, in der Dunkelheit eine Bewegung zu entfachen, welche die vermeintlich unaufhaltsame Spirale des Niedergangs durchbrechen könnte. Wir müssen uns der Realität stellen, wir können nicht fliehen. Wir leben jetzt! In einhundert Jahren sind wir alle tot.

Der Himmel scheint ihre Geschichten zu verschlingen, während Tatjana von ihrer Suche nach persönlichem Glück in einer Welt erzählt, die im Verfall begriffen ist. Er wird zum Hintergrund einer dystopischen Prophezeiung. Politischer Niedergang und gesellschaftliche Bewusstlosigkeit verschmelzen zu einem Schauspiel des Untergangs.

Trotz der Trostlosigkeit suchen sie nach einem Funken Hoffnung. Sie erkennen die Macht der Veränderung, die in der Dunkelheit verborgen liegt. Das Bewusstsein, dass eine Bewegung die Spirale des Niedergangs durchbrechen könnte, beginnt wie ein zartes Licht durch die Dunkelheit zu schimmern.

Die Idee von lokalen Gemeinschaften, von einem bewussteren Umgang mit der Umwelt durchzieht die Luft. Es ist, als ob der Himmel selbst auf ihre Hoffnung herabblickt und Zustimmung signalisiert.

Wir müssen aufhören, uns selbst zu belügen. Tatjana und Simon geben einen Einblick in ihre Strategien — sei es in Routinen oder bewusster Ignoranz — und fordern dazu auf, ehrlich zu sich selbst zu sein. Statt uns in der Resignation zu verlieren, sollten wir unsere eigene Revolution der Selbstpflege starten. Wir dürfen nicht aufgeben, auch wenn es sinnlos erscheint. Jeder auf seine Art, jeder mit dem, was er kann. Ganz egal, ob es am Ende so scheint, als brächte es nichts. Wir müssen weitermachen!

Auch wenn das emotionale Pendel hin und her schwingt und jeder Tag anders beseelt ist, liegt die Möglichkeit der Veränderung nur in unseren Händen.

Also lasst uns nicht verzagen, auch wenn Zeiten nachvollziehbarer Resignation uns heimsuchen.

Uns allen viel Kraft!


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Zwischen Dystopie und Hoffnung“ auf earlyhaver.com.