Falsch verbunden

Washington arbeitet darauf hin, aus einem vormals guten Draht zwischen Zentraleuropa und Russland eine tote Leitung zu machen.

Es wird in Europa miteinander telefoniert. Wenigstens das, könnte man meinen. Das, was dabei herauskommt, verdient es allerdings nicht, ernst genommen zu werden. Alle Regierungschefs stehen geradezu an der Telefonzelle Schlange, aus der man Moskau anrufen kann. Anschließend wird in den Medien der Wasserstand der Gesprächsdauer gemessen. Die Bedeutung einer Unterhaltung wird danach beurteilt, wie lange man mit Russlands Präsidenten sprechen durfte. Es gibt da Abstufungen, ohne dem einen oder anderen nahetreten zu wollen. Bis auf Österreichs Kanzler Karl Nehammer zeichnen sich westliche Politiker in der Regel dadurch aus, nach den Telefonaten herablassend und abwertend über ihren Gesprächspartner zu berichten. Gerade in Deutschland sollte man sich dabei stärker auf die eigene, oft unrühmliche Geschichte besinnen.

Was in aller Welt veranlasst das offizielle Berlin, abschätzig über ein anderes Land und seine Menschen zu sprechen? Warum fällt man dergestalt über den russischen Präsidenten Wladimir Putin her, während man selbst seit dem Putsch in Kiew 2014 genügend Dreck am Stecken hat? Man braucht sich doch nur das politische Verhalten des aktuellen Herrn Bundespräsidenten und seine Rolle bei den damaligen Vorgängen und den Konsequenzen anzusehen.

Bei den Telefonaten fällt inzwischen jedem auf, dass es sich nicht um mögliche „gute Dienste“ handelt, um möglichst bald ein Ende der mörderischen Vorgänge in der Ukraine herbeizuführen. Die westlichen Anrufer in Moskau ergreifen samt und sonders Partei für die Ukraine, dem Einsatz westlicher schwerer Waffen gegen die russischen Streitkräfte durchaus auf einer anderen Ebene vergleichbar. Man ist im Ansatz nicht in der Lage, bei den Gesprächen mit dem russischen Präsidenten ein anderes Bild zu vermitteln. Gute Dienste für den Frieden kann man nicht erbringen, weil noch nicht einmal der Anschein für eine Haltung spricht, gute Dienste erbringen zu können. Die deutsche Außenministerin äußert sich zum 100 Milliardenpaket für den Rüstungswahnsinn im Radio, dass das deutsche Trachten darauf abzielt, die Krim und den gesamten Donbass unter ukrainische Kontrolle zurückzuholen.

Dann kann man gleich die Kriegserklärung in Moskau abgeben, grün eingerahmt.

Man muss bei allen Entwicklungen im westlichen Lager der Eindruck bekommen, dass alle tatsächlich oder vermeintlichen neutralen Länder in Europa sich dieser neutralen Funktion entledigen müssen, weil die Vereinigten Staaten in den Beziehungen zu Moskau unter allen Umständen „gute Dienste“ und friedensstiftendes Vorgehen verhindern wollen. Wie das aussieht, kann man bei Gerhard Schröder bewundern.

Schon in der Sprache und noch vielmehr im politischen Handeln in Berlin, Brüssel und Washington muss man den Eindruck gewinnen, dass alle Brücken nach Russland abgebrochen werden sollen und es einen „Tag danach“ nicht geben soll. Die Herrschaft der Nicht-Regierungsorganisationen in Berlin, Brüssel und Washington verzichtet offenbar noch auf das Fragezeichen der Nazis im Zusammenhang mit dem „totalen Krieg“ aus dem Berliner Sportpalast. Sie ersetzen es mit ihren politischen Helfershelfern im Land, der EU und Nato durch die pure Feststellung, dass man gegen Russland den „totalen Krieg will“, bis zur Aufgabe Russlands als Land.

Diese Vermessenheit gehört in den Staub getreten.