Gesegnete Waffengänge

Wer meint, von den christlichen Kirchen in Deutschland Widerstand gegen den geplanten Krieg erwarten zu können, sollte sich mit aktuellen und vergangenen Äußerungen der „Männer Gottes“ vertraut machen.

Pflugscharen zu Schwertern — ist das die Zukunft des Christentums? Dass beide großen Kirchen während der Coronajahre in das Impfen geradezu verliebt schienen und Ungeimpften schon mal die Kirchentür vor der Nase zugeschlagen haben, mag ja noch einleuchten. Schließlich war damit die gute Absicht verbunden, Leben zu retten. Weniger stimmig erscheinen Kirchenfürsten, die sich mit dem Töten im Krieg scheinbar mühelos anfreunden können. Da sind die Feindesliebe und der konsequente Gewaltverzicht Jesu schnell vergessen. Wenn die Kriegsfanfare erklingt, die Seele in den Himmel springt, scheint die Parole in Anlehnung an den aus der Mode gekommenen Ablasshandel zu lauten. Dabei stehen das Segnen von Waffen und die Verklärung des Todes auf dem Schlachtfeld durch deutsche Christen durchaus in einer ehrwürdigen historischen Tradition. Schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg standen viele Kirchenvertreter Gewehr bei Fuß. Du sollst nicht töten — es sei denn, der Getötete ist ein Russe, um den ist es nicht schade. Der Autor dokumentiert hier das beschämende Verhalten des Klerus im Angesicht einer höchst unbequemen Prüfung ihres Glaubens. Das Ergebnis: durchgefallen!

Der Journalist Markus Klöckner hat angesichts der Äußerungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 13. Oktober 2025 einen zurecht kritischen Artikel zur Rolle der katholischen Kirche in der „Zeitenwende“ verfasst. (1) Darin schreibt er:

„Dass selbst Bischöfe nicht über den Rand der Tagesschau-Realität hinausschauen, ist erschreckend. […]

Wir reden über Bischöfe und nicht über Äußerungen von Stammtischbrüdern. Bischöfe sind ziemlich kluge Menschen. Sie haben ein großes Wissen, einen ausgeprägten Verstand. Und das Denken in komplexeren Zusammenhängen ist ihnen vertraut.“ (2)

Da die Kirchen — katholisch wie evangelisch — trotz schwindender Mitgliedszahlen in Deutschland nach wie vor als moralische Instanzen angesehen werden, soll der Erinnerung ein wenig auf die Sprünge geholfen werden. Die Deutsche Bischofskonferenz verlautbarte im Jahre 2021:

„Mit Nachdruck rufen wir die Katholikinnen und Katholiken und alle Menschen unseres Landes dazu auf, sich impfen zu lassen, soweit dies möglich ist. Impfen ist in dieser Pandemie eine Verpflichtung aus Gerechtigkeit, Solidarität und Nächstenliebe. Aus ethischer Sicht ist es eine moralische Pflicht. Wir müssen uns und andere schützen. Die Impfung ist dazu das wirksamste Mittel. Gleichzeitig appellieren wir an alle, die nötigen Hygienemaßnahmen einzuhalten. Wir alle wünschen uns die Freiheiten im alltäglichen Leben wie in den Zeiten vor Corona zurück. Dazu müssen wir uns aber gemeinsam — und zwar jede und jeder in diesem Land — einsetzen. Denn wir sehen: Durch die Impfung werden Leben gerettet und weniger schwere Krankheitsverläufe erreicht.“ (3)

Kirchliche Kriegstüchtigkeit …

Mit der Nächstenliebe war es dann nicht mehr weit her, als die ersten Impfgeschädigten sich zu Wort meldeten, aber die Tür der Kirche steht ihnen gewiss weiterhin offen. In der Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom 13. Oktober 2025 steht:

„Eine mögliche Wehrpflicht muss in angemessener Weise die Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigen. Die Frage, ob die Wehrpflicht unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen nur für Männer gelten sollte, wie es das Grundgesetz bisher vorsieht, bedarf dringend einer rechtlichen, ethischen und gesellschaftlichen Betrachtung.“ (4)

Junge Frauen sollten angesichts dieser ihnen zuteil werdenden „heiligmachenden Gnade“ dankbar sein. Es ist daran zu erinnern, dass Friedrich Merz bekennender Katholik ist und die Wehrpflicht auch für Frauen einführen will. (5)

Militärbischof Franz-Josef Overbeck äußert sich wie folgt dazu:

„Die Situation des Krieges als solches [sic!] ist uns so nah gekommen, wie wir das alle nie gedacht hätten. Es handelt sich um einen Systemkrieg. Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine treffen zwei politische, aber auch zwei gesellschaftliche Systeme aufeinander. Und es ist von größter Bedeutung, dass wir alles tun, um unser System, das für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht — mit allen Folgen für das Zusammenleben der Menschen — zu stärken und zu verteidigen.“ (6)

Besagte „Folgen“ sind dem Gottesmann durchaus bewusst:

„Ich erinnere stets daran, dass Krieg immer Chaos bedeutet. Und die Kirchen müssten, soweit wir Kräfte haben, gewisse Vorbereitungen treffen, im Hinterland den Familien beizustehen, bis hin zur Begleitung von Familien, die ihre Lieben verlieren oder nichts mehr von deren Verbleib erfahren.“ (7)

Die evangelische Kirche will bei so viel Kriegstüchtigkeit nicht zurückstehen und betont gleichfalls — hier in Gestalt des „Friedensbeauftragten“ Friedrich Kramer:

„[Ü]ber allem müsse die Haltung stehen, sich wehren zu können, aber nicht anzugreifen. „Frieden wird nie mit Waffen geschaffen“, sagte er. Frieden mit Waffen zu bewahren, sei vielleicht möglich. Die Friedensbotschaft Jesu Christi sei nicht für „Schönwettertage“, sie müsse sich auch jetzt bewähren.“ (8)

Es erübrigt sich zu betonen, dass der Gleichklang der beiden größten Religionsgemeinschaften Deutschlands in wohlgeordneter Harmonie erfolgt.

Vom Militärhistoriker Sönke Neitzel, der schon mal die Wehrmacht als Beispiel vorbildlicher Soldatenkultur preist (9), erfahren wir, dass der Dienst an der Waffe einer „Verantwortung vor Gott“ gleichkommt — er wird damit prompt von der evangelischen Kirche zitiert. (10)

… in guter Tradition

Derlei Statements können nur denjenigen überraschen, der die Rolle der Kirchen in den beiden bisherigen Weltkriegen nicht kennt. Darum soll — in aller Kürze — auf gewisse Aussagen älterer Kirchenmänner hingewiesen werden, um klarzustellen, was das Volk von seinen Hirten in Bälde zu erwarten hat. Aus dem „Hirtenbrief der Deutschen Bischöfe“ vom 13. Dezember 1914:

„So haben diese schweren Zeiten uns dem Heiland nähergebracht. Wir durften uns der besonderen Erbarmungen seines göttlichen Herzens erfreuen und vernahmen durch all den Kriegslärm hindurch dieses Herzens stilles, liebreiches, seelensuchendes Pochen. Ihm verdanken wir diese Heilsfrüchte des Krieges. Ihm verdanken wir die herrlichen Erfolge und Siege, mit denen der Himmel unsere Waffen gesegnet hat. […]

In dieser frohen Zuversicht weihen vor allem wir selbst, eure Oberhirten, im Geiste mit euch vereinigt, uns und unsere Diözesen dem heiligsten Herzen Jesu. Wir befehlen in dieses göttliche Herz voll Liebe und Gnade euch alle und jeden einzelnen von euch, denn ihr alle seid in unseren Herzen zum Mitsterben und Mitleben (2. Kor. 7,8); unsere Soldaten, denen sich Tag und Nacht unsere Gedanken und Gebete zuwenden; die Witwen und Waisen des Krieges, auf deren wunde Herzen wir den Balsam göttlichen Trostes herabflehen; unser teures Vaterland, dem in solcher Zeit unsere Herzen mit ganz besonderer Liebe und Treue zugetan sind.“ (11)

Man möchte brechen. Nach über zwei Jahren Krieg heißt es 1916 im Allerseelenhirtenbrief der Erzbischöfe und Bischöfe:

„Die, welche im Glauben an Gott und in der Gnade Christi für das Vaterland Blut und Leben hingegeben haben, die gehen nicht ein in den ewigen Tod, sondern ins ewige Leben.“ (12)

Als gläubiger Christ in heutigen Zeiten mag man vermeinen, über vier Jahre des Massenschlachtens hätten in den Kirchen zu einer metanoia, einer Buße und Umkehr geführt. Die Wissenschaft belehrt uns eines besseren. Aus einem Telegramm des „Geistlichen Vertrauensrats der Deutschen Evangelischen Kirche an den Führer“, acht Tage nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, steht:

„Der Geistliche Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche, erstmalig seit Beginn des Entscheidungskampfes im Osten versammelt, versichert Ihnen, mein Führer, in diesen hinreißend bewegten Stunden aufs neue die unwandelbare Treue und Einsatzbereitschaft der gesamten evangelischen Christenheit des Reiches. Sie haben, mein Führer, die bolschewistische Gefahr im eigenen Lande gebannt und rufen nun unser Volk und die Völker Europas zum entscheidenden Waffengange gegen den Todfeind aller Ordnung und aller abendländisch-christlichen Kultur auf. Das deutsche Volk und mit ihm alle seine christlichen Glieder danken Ihnen für diese Ihre Tat. […]

Die Deutsche Evangelische Kirche gedenkt in dieser Stunde der baltischen evangelischen Märtyrer vom Jahre 1918, sie gedenkt des namenlosen Leides, das der Bolschewismus, wie er es den Völkern seines Machtbereichs zugefügt hat, so allen anderen Nationen bereiten wollte, und sie ist mit all ihren Gebeten bei Ihnen und bei unseren unvergleichlichen Soldaten, die nun mit so gewaltigen Schlägen darangehen, den Pestherd zu beseitigen, damit in ganz Europa unter Ihrer Führung eine neue Ordnung erstehe und aller inneren Zersetzung, aller Beschmutzung des Heiligsten, aller Schändung der Gewissensfreiheit ein Ende gemacht werde.“ (13)

Klingt das vertraut? Erschreckend genug ist, dass es nicht mehr fremd klingt.

Von den Kirchen dürfen die Deutschen nicht mehr erwarten als dereinst: Ein Platz im Himmelreich ist auch den heutigen deutschen Soldaten sicher.