Härte auf Platz eins
Boris Pistorius darf sich mit dem Titel „beliebtester Politiker Deutschlands“ schmücken — nicht weil seine Politik besonders viele Menschen überzeugt, sondern weil er als Person symbolisiert, wonach eine verängstigte Gesellschaft dürstet.
Die Nachricht ist so absurd, dass sie eigentlich in jede Satire-Sendung passen würde, und doch ist sie bitterer Ernst: Boris Pistorius, Verteidigungsminister im Kabinett Merz, ist laut aktuellen Umfragen der beliebteste Politiker in Deutschland. Der Mann, der Woche für Woche Milliarden für Rüstung fordert, der neue Drohnen, Raketen und Panzer bestellt, wird als „verlässlich“ gefeiert. Das sagt weniger über Pistorius selbst aus — sondern sehr viel über die politische und mediale Landschaft, die diesen Wahnsinn möglich macht.
Die Nachricht ist so absurd, dass sie eigentlich in jede Satire-Sendung passen würde, und doch ist sie bitterer Ernst: Boris Pistorius, Verteidigungsminister im Kabinett Merz, ist laut aktuellen Umfragen der beliebteste Politiker in Deutschland. Der Mann, der Woche für Woche Milliarden für Rüstung fordert, der neue Drohnen, Raketen und Panzer bestellt, wird als „verlässlich“ gefeiert. Das sagt weniger über Pistorius selbst aus — sondern sehr viel über die politische und mediale Landschaft, die diesen Wahnsinn möglich macht.
Beliebtheit durch Angst
Man muss sich fragen: Wie kommt es, dass ausgerechnet ein Verteidigungsminister in einem Land, das nach 1945 eigentlich dem „Nie wieder Krieg“ verpflichtet sein wollte, zum beliebtesten Politiker avanciert? Die Antwort ist einfach: Angst.
Seit Jahren werden die Menschen in Deutschland auf Bedrohung geeicht: Russland als Aggressor, Putin als neuer Hitler, die NATO als einzige Schutzmacht. Diese Erzählung läuft Tag für Tag über die Bildschirme, sie sickert in jede Talkshow und bestimmt die Schlagzeilen. Wer die „richtigen“ Worte dazu findet, wer von Wehrhaftigkeit und „Krisenfestigkeit“ spricht, punktet. Pistorius tut das — im Gegensatz zu seinen glücklosen Vorgängerinnen Lambrecht oder Kramp-Karrenbauer.
Beliebtheit in den Umfragen bedeutet nicht, dass die Menschen seine Politik verstehen oder unterstützen. Sie bedeutet, dass sie in ihm die Verkörperung dessen sehen, was ihnen täglich eingehämmert wird: Stärke, Sicherheit, Wehrhaftigkeit.
Merz — ein Kanzler der Kontinuität
Mit der Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler im Mai 2025 verbanden viele die Hoffnung auf einen Kurswechsel. Merz hatte im Wahlkampf versprochen, die „arbeitende Mitte“ zu entlasten, Steuern zu senken und die Bürokratie zu entschlacken. Er kündigte an, „mehr Netto vom Brutto“ durchzusetzen, Überstunden steuerlich zu begünstigen und die Wirtschaft von Fesseln zu befreien.
Geliefert hat er das Gegenteil:
- Die Rüstungsausgaben explodieren; das Sondervermögen wird nicht zurückgefahren, sondern in den regulären Haushalt integriert.
- Debatten um die 48-Stunden-Woche zeigen, dass die Belastung der arbeitenden Bevölkerung weiter steigen soll — nicht sinken.
- Keine echte Entlastung ist umgesetzt: Die Preise bleiben hoch, die Löhne stagnieren, während sich Politiker in Berlin gegenseitig versichern, dass „alles auf einem guten Weg“ sei.
Merz ist kein Kanzler des Aufbruchs, er ist ein Kanzler der Fortsetzung. Er führt im Kern die grün-rote Politik weiter — mit anderen Vorzeichen, aber denselben Schwerpunkten: Rüstung, Europa, NATO.
Umfragen als Herrschaftsinstrument
Wer Umfragen ernst nimmt, sollte sich zuerst fragen: Wer erhebt sie, wie werden sie gestellt und wem nützen sie?
- Institute wie Forsa, INSA, Allensbach befragen meist 1.000 bis 2.500 Personen telefonisch oder online. Das wird dann auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet.
- Auftraggeber sind Medienhäuser, RTL/ntv, Spiegel, Bild, Table.Media. Das ist nicht verboten, aber es bedeutet: Umfragen sind ein Produkt für Schlagzeilen.
- Die Formulierung einer Frage kann schon das Ergebnis beeinflussen. „Wie zufrieden sind Sie mit Pistorius’ Arbeit?“ ist eine andere Frage als „Sind Sie mit der Rüstungspolitik einverstanden?“
Das Entscheidende ist: Umfragen machen Meinung. Sie sind nicht nur Messung, sondern auch Signal. Wenn Millionen in der Tagesschau hören, Pistorius sei der beliebteste Politiker, dann hat wirkt das. Es erzeugt das Gefühl, dass man „auf der Seite der Mehrheit“ steht, wenn man ihn gut findet.
Und es lenkt ab: von der Stärke der AfD in den Sonntagsfragen, vom Wachstum des BSW, von der Wut in Teilen der Bevölkerung. Das Bild wird gezielt verengt.
Die Spaltung des Landes
Diese Politik funktioniert nur, weil die Gesellschaft gespalten ist. Auf der einen Seite stehen die bessergestellten Schichten: Beamte, Pensionäre, Akademiker. Für sie ist die Krise abstrakt. Sie schauen die Tagesschau, fühlen sich informiert und nicken, wenn die Regierung sagt, wir müssten uns „kriegsfest“ machen. Für sie ist das eine Art Versicherungspolice, die sie kaum etwas kostet.
Auf der anderen Seite steht die arbeitende Bevölkerung. Diejenigen, die in Schichtarbeit, Pflege, Bau, Logistik, Industrie tätig sind. Sie spüren die Belastung real: steigende Preise, stagnierende Löhne, höhere Steuern, mehr Arbeitsdruck. Für sie bedeutet „mehr arbeiten“ nicht Homeoffice, sondern Überstunden, Nachtschichten und körperliche Erschöpfung.
Diese Spaltung ist nicht neu, aber sie wird politisch genutzt. Die einen werden mit Sicherheitserzählungen bei Laune gehalten, die anderen zahlen die Zeche.
Der gefährlichste Punkt: Die Normalisierung der Kriegstreiberei
Das wirklich Fatale ist nicht einmal, dass Milliarden in Rüstung fließen. Das Fatale ist, dass Kriegspolitik zur Normalität wird.
Früher hätte es Empörung ausgelöst, wenn ein Verteidigungsminister zum beliebtesten Politiker erklärt worden wäre. Heute wird es gefeiert. Früher wäre es ein Skandal gewesen, wenn in Berlin offen über die „48-Stunden-Woche“ diskutiert worden wäre. Heute läuft es durch die Schlagzeilen wie eine kleine Randnotiz.
Das zeigt, wie sehr sich die Maßstäbe verschoben haben. Wenn Krieg zum Alltag wird, dann wird auch der Krieg selbst wahrscheinlicher. Wenn jede Woche neue Bedrohungen aus Moskau beschworen werden, dann reicht irgendwann ein Zwischenfall: ein russischer Flieger, der wie seit Jahrzehnten üblich den NATO-Luftraum streift, ein Abfangjäger, der zu früh reagiert, ein Knopfdruck zu viel.
So funktioniert Eskalation: nicht aus Kalkül, sondern aus Nervosität, aus Überreiztheit, aus Dauerhysterie.
Wirtschaftlicher Niedergang als Nebensache
Parallel dazu geht Deutschland wirtschaftlich den Bach runter.
- Energieintensive Betriebe wandern ab.
- Der Staat verschuldet sich immer weiter.
- Die Industrieproduktion sinkt, die Rezession frisst sich durch das Land.
Aber statt Zukunft zu bauen — mit Infrastruktur, Forschung, Bildung, steckt Berlin jeden zusätzlichen Euro in Waffen. Und verkauft das als „Investition in Sicherheit“.
Ein Land im Wahn
Deutschland ist im Wahn. Ein Verteidigungsminister wird zum beliebtesten Politiker hochgeschrieben, weil er Angst in klare Worte kleidet. Ein Kanzler, der Entlastungen versprach, liefert mehr Belastung und noch mehr Rüstung. Eine Bevölkerung, die in weiten Teilen lieber in ihrer Blase verharrt, lässt sich spalten: in jene, die sich sicher fühlen, und jene, die die Last tragen.
Das Ergebnis ist brandgefährlich: eine Republik, die sich in den Wahn steigert, kriegstüchtig sein zu müssen, und dabei alles andere opfert — Wohlstand, Zusammenhalt, Freiheit.
Die Medien spielen dabei die Rolle des Verstärkers. Sie liefern die Bilder, die Schlagzeilen, die Umfragen. Und während die Tagesschau-Zuschauer zufrieden nicken, wenn ihnen erklärt wird, dass Pistorius beliebt ist, steuern wir geradewegs in den Abgrund.