Hass per Gesetz

Die USA verordnen sich per Gesetz antimuslimische Bigotterie.

Indem der Oberste Gerichtshof Trumps Einreiseverbot aufrechterhält, verhilft er den islamfeindlichen Kräften in den USA zum Siegeszug, kritisiert CJ Werleman

Antimuslimische Bigotterie ist in den USA jetzt Gesetz
von CJ Werleman

Im Jahre 2015 forderte Donald Trump, damals noch Präsidentschaftskandidat, dass „Muslimen die Einreise in die Vereinigten Staaten generell und vollständig verwehrt" werden müsse. Damit verstieß er jedoch gegen eine ganze Reihe von Bestimmungen der US-Verfassung, so zum Beispiel das Gebot des gleichen Schutzes für alle sowie das für alle geltende Recht auf ein rechtsstaatliches Verfahren.

Bereits im ersten Monat seiner Präsidentschaft verwandelte Trump seine diskriminierende und gehässige Rhetorik in handfeste Politik, indem er per Präsidentenerlass Besuchern aus sieben Ländern mit muslimischer Mehrheit – das sind der Irak, der Iran, Syrien, Jemen, Somalia, Libyen und der Sudan – bis auf Weiteres die Einreise verwehrte. Und das obwohl kein Staatsangehöriger dieser Länder jemals einen Anschlag auf US-amerikanischem Boden verübt hatte.

Blanke Diskriminierung

Überall im Land beschieden Bundesrichter, dass das Einreiseverbot nichts weiter sei als ein unverhohlener Versuch, Muslime zu diskriminieren. Obwohl man in einer abgeänderten Fassung den Irak von der Liste strich, wurde das Einreiseverbot im März 2017 von einem US-Gericht aufs Neue verhindert.

"Der Mangel an Logik in dem, was die Regierung behauptet, ist ganz offensichtlich. Die Vorstellung, man könne seine Feindseligkeit gegenüber einer Gruppe von Menschen nur dadurch demonstrieren, dass man alle auf einmal angreift, weist fundamentale Schwachstellen auf", erklärte Bezirksrichter Derrick Watson.

Schließlich erließ die Trump-Administration eine dritte, leicht abgemilderte Version des Einreiseverbots, die der Oberste Gerichtshof mittlerweile mit einem Abstimmungsergebnis von fünf zu vier Stimmen akzeptiert hat. Dadurch, dass die fünf konservativen Richter für das Verbot stimmten, haben sie nicht nur den ihnen untergeordneten Gerichtshöfen die Stirn geboten, sondern gleichfalls zahlreichen US-amerikanischen Verfassungsrechtsgelehrten.

Damit haben die fünf konservativen Richter entschieden, dass es völlig in Ordnung sei, Muslime zu diskriminieren, solange man seine Vorurteile tarnt, indem man Venezolaner und Nordkoreaner gleichfalls angreift – diese wurden in der dritten Version nämlich ebenso mit einem Einreiseverbot belegt. Darüber hinaus garantiert das 5:4-Ergebnis dem Präsidenten beispiellose Befugnisse im Hinblick auf die Umgestaltung der Einwanderungsgesetzgebung nach seinen Wünschen, womit sie dem Land im Endeffekt einen weiteren großen Schubs in Richtung eines autoritären Systems verpassen.

Gesetzlich verankerte Islamophobie

Schlimmer noch, die Entscheidung des Supreme Court hat zum ersten Mal in der US-amerikanischen Geschichte Islamophobie institutionalisiert und gesetzlich verankert.
Bereits im Vorfeld der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hatte das Anne Frank Zentrum für Gegenseitigen Respekt, eine US-amerikanische Menschenrechtsorganisation, vor „alarmierenden Parallelen" zwischen Trumps Amerika und Hitlers Deutschland gewarnt, womit es andeutete, dass Trumps Angriffe auf demokratische Institutionen und Minderheiten die Jahre vor dem Holocaust widerspiegeln würde.

Ein weiterer Grund zur Besorgnis ist, dass der Oberste Gerichtshof Trumps Einreiseverbot für Muslime mit der Sorge um die „nationale Sicherheit" rechtfertigt. Man muss wahrlich kein Historiker sein, um zu verstehen, dass die große Mehrheit der weltweit schlimmsten Verbrechen im Namen der „nationalen Sicherheit" begangen wurden, inklusive der Säuberungsaktionen in der Sowjetunion, des Holocausts, der Internierung japanischstämmiger Amerikaner während des Zweiten Weltkriegs oder auch der ethnischen Säuberungen, die gegenwärtig in Myanmar, Palästina, Syrien und anderswo stattfinden.

In ihrem Widerspruch kanzelte Sonia Sotomayor, Richterin am Obersten Gerichtshof, ihre fünf Kollegen mit folgenden Worten ab:
„Eine der Grundsäulen der Vereinigten Staaten ist das Versprechen religiöser Freiheit (...) Mit seiner heutigen Entscheidung scheitert der Gerichtshof darin, dieses fundamentale Prinzip zu schützen, da er sich nicht einer Politik entgegengestellt hat, die zuerst offen und unmissverständlich forderte, ‚Muslimen die Einreise in die Vereinigten Staaten generell und vollständig zu verwehren' und die sich jetzt hinter der Fassade von der Sorge um die nationale Sicherheit verbirgt."

Darüber hinaus adressiert das Einreiseverbot keineswegs die angebliche Sorge um die „nationale Sicherheit", da heutzutage zahlreiche terroristische Anschläge in den USA von weißen, rechtsradikalen Christen verübt werden, die sich mit Trump identifizieren und mit ihm sympathisieren.

Rechter Extremismus

In einem kürzlich vom US-Rechnungshof für den Kongress veröffentlichten Bericht war zu lesen, dass von den 85 verübten Anschlägen mit Todesfolge seit 9/11 73 Prozent auf das Konto rechtsextremer Gruppierungen gingen, während „radikalislamistische" Extremisten lediglich für 27 Prozent die Verantwortung trugen – ein Verhältnis von fast drei zu eins.
Mehr noch, eine Analyse aller terroristischen Anschläge auf dem Boden der USA in den letzten zwanzig Jahren hat ergeben, dass Trumps Einreiseverbot für Muslime kein einziges Leben in dieser Zeitspanne gerettet hätte. Sie haben richtig gelesen: kein einziges.
Die Verhinderung von Terrorismus war ja ohnehin nie das Ziel des Einreiseverbots. Vielmehr dient es seit jeher dazu, den islamfeindlichen Mächten ihre Unterstützung von Trumps Wahlkampf zu entgelten – und natürlich den Teil des weißen Amerika zufriedenzustellen, der alles abgrundtief hasst, was nicht so aussieht oder spricht wie er selber.
Willkommen in den Islamfeindlichen Vereinigten Staaten von Amerika. Die Diskriminierung von Muslimen ist nun Gesetz.


C. J. Werleman ist Kolumnist für Salon und Alternet sowie Autor der Bücher "Crucifying America" und "God Hates You. Hate Him Back". Sein Twitter-Account ist @cjwerleman.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Anti-Muslim Bigotry Is Now US Law". Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.