Hoffnung von innen

Anstatt niederschmetternde Belege dafür zu sammeln, wie schlimm es um die Welt steht, können wir aus unserer Seele, die mit etwas Größerem verbunden ist, Mut schöpfen.

Viele Menschen stellen sich diese Fragen nicht oder nicht mehr: Wer bin ich? Und: Was hält die Welt im Innersten zusammen? Dabei sind diese Fragen essenziell. Lebe ich in einem kalten und toten Universum, in dem der Zufall und evolutionäre Gesetze allein regieren? Oder sehe ich mich als Teil eines großen, allumfassenden Bewusstseins, das sich intelligent und liebevoll um mich und alles andere kümmert? Der Zustand der Welt — gerade in ihrer politischen Dimension — stimmt nicht nur traurig, er stürzt uns vielfach in ein lähmendes Gefühl der Sinnlosigkeit. Um uns daraus zu befreien, sollten wir aufhören, auf die jeweils schlimmsten Nachrichten auf allen Kanälen zu starren wie ein Kaninchen auf die Schlange. Ändern wir die Blickrichtung: zurück in unser innerstes Selbst. Dort finden wir Hoffnung, Trost und Anbindung an die größeren Prozesse des Lebens.

Wir leben in unsicheren Zeiten, Bedrohungen scheinen allgegenwärtig. Die Wirtschaft schrumpft, die Preise steigen, wahnsinnige Kriege toben schon oder drohen auszubrechen, wir warten auf die nächste Pandemie, viele ahnen einen großen Zusammenbruch des alten Systems, vor lauter Krisen hätten wir beinahe die Klimaapokalypse vergessen.

Licht am Ende des Tunnels? Fehlanzeige.

Keine große politische oder gesellschaftliche Strömung deutet auf eine frohe und glückliche Zukunft. Wer sich vom Parteiensystem alten Stils den großen Wurf erhofft, wird mit Sicherheit enttäuscht werden.

Wie geht es mir als Mensch in diesem düsteren Tal? Das kommt ganz darauf an, wie ich innerlich aufgestellt bin. Bin ich ein Kind der heutigen modernen Zeit, dann habe ich mir wahrscheinlich ein durch und durch materielles Weltbild zu eigen gemacht. In der Schule habe ich vom unbeseelten kalten Universum gehört, in dem durch puren Zufall Leben auf unserem kleinen Planeten Erde entstanden ist. Derselbe Zufall führte über den Weg der Evolution zum Menschen. Da steht er nun, der arme Mensch. Allein in einer kalten Welt, und diese kalte Welt wird zunehmend kälter.

Der gute alte Karl Marx hielt die Frage nach der Bedeutung von Geist und Materie für die Grundfrage der Philosophie überhaupt. Wie hat er sie beantwortet? Materie hat das Primat, Materie ist das Entscheidende. Auch wenn sich alles gegenseitig bedingt und beeinflusst, hielt Marx die Lebensumstände und die gesellschaftlichen Bedingungen für ausschlaggebend. Deshalb schien es ihm auch schlüssig, eine Gesellschaft zu organisieren, die Gerechtigkeit für alle erschafft. Nicht wenige Reiche sollen besonders profitieren, sondern alle gleichermaßen. Klingt gut, klingt fair. Hat nur einen kleinen Haken:

Zuerst muss man die alten Machthaber loswerden. Das gelingt leider nur mit Gewalt. Dann muss man die neue Ordnung durchsetzen. Das gelingt leider nur mit Gewalt. Alle Beteiligten müssen für die gute Sache Opfer bringen. Persönliche Befindlichkeiten können nicht berücksichtigt werden. Aber dann, wenn man durch eine Phase des Übergangs gegangen ist, dann endlich kommen paradiesische Zeiten. Oder vielleicht doch nicht?

Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe vielleicht deshalb ein feines Gespür für das Winken mit der guten Sache, für die man seine individuellen Wünsche und Bedürfnisse zurückstellen muss. An dieser Stelle werde ich hellhörig. An dieser Stelle werde ich misstrauisch. Warum? Weil ich nicht an die eine große Lösung für alle glaube. Ich glaube nicht an die perfekte Gesellschaft für alle, nicht an die perfekte Spritze für alle, nicht an was auch immer, das für alle gleich ist.

Es ist im Grunde gleichgültig, aus welcher politischen Ecke das Gespenst der großen Lösung für alle kriecht. Ob es ein Hitler ist, der Opfer für das Tausendjährige Reich einfordert, oder ein Marx, der ein kommunistisches Paradies errichten will: Ich mache nicht mit, ich bin nicht dabei.

Woran glaube ich? Ich glaube, dass jeder Mensch zuallererst ein geistiges Wesen ist, eine Seele. Als Seele schaue ich anders auf die Welt. Etwas Göttliches kommt dazu. Etwas Ewiges, Liebevolles, Sinnvolles.

Den Materialisten und Atheisten bleibt lediglich die Aussicht auf Besserung der Umstände. Diese ist aber nicht in Sicht. Aktuell riecht es eher nach Dystopie.

Als Mensch mit einem göttlichen Kern, als ewige Seele, die menschliche Erfahrungen machen möchte, sieht das schon anders aus. Bewusst oder unbewusst bin ich der Schöpfer meiner Realität und erlebe mein ganz persönliches Leben, maßgeschneidert für mich. Mit Höhen und Tiefen nur für mich. Alles sinnvoll arrangiert. Nicht für dich, nicht für alle. Nur für mich.

Da wir soziale Wesen sind, kommt es natürlich immer zu Verbindungen, Zusammenschlüssen, Gemeinschaften. Das ist auch gut so. Aber nur, wenn die jeweiligen Bedürfnisse und Interessen miteinander harmonieren.

Die meisten Menschen der modernen Gesellschaft sind mit einem wissenschaftlich-materiellem Weltbild ausgestattet. Ein solches Weltbild ist auch mir mitgegeben worden. Erst später, als Erwachsener, hat sich das geändert. Ich erinnere mich gut daran, wie es sich anfühlt, keine Anbindung an etwas Größeres, Höheres zu haben. Wie es sich angefühlt hat? Leer, sinnlos, abgetrennt, tot.

Die jetzige Zeit, mit all ihren dystopischen Aromen, die überall den Geist verschmutzen, bietet auch eine Chance. So wie im persönlichen Leben schwere Krisen oft einen bereichernden Durchbruch zu neuen Einsichten und Lebensweisen herbeiführen, so bietet auch diese wilde Zeit des Umbruchs die Möglichkeit, sich neu auszurichten.

Vielleicht bin ich irgendwann fertig damit, mich mit Informationen über die Schwierigkeit und Ausweglosigkeit der gesamtgesellschaftlichen Situation zu füttern. Vielleicht nehme ich die Einladung an, die in der Luft liegt. Vielleicht atme ich öfter mal tief durch, halte inne und schaue, wo ich bin und wie es mir gerade geht.

Vielleicht suche ich mein Glück im Innern, anstatt im Außen danach zu fahnden. Vielleicht erkenne ich, dass ich mir mein Glück nicht verdienen und erarbeiten kann, sondern dass es als Geschenk auf mich wartet. Dafür braucht es nur ein wenig Demut, Geduld und eine neue Blickrichtung: nach innen. Ein Mensch, der sein Glück in sich selbst trägt, strahlt etwas davon aus. Ein glücklicher Mensch erschafft sich eine glückliche Umwelt. Er kann gar nicht anders. Die Welt kann ich nicht retten. Aber ich kann mein eigenes Glück in mir entdecken. Das ist spannend, aufregend, nicht immer einfach und …

… es lohnt sich.