Ich bin anderer Meinung!

„Andersdenkende dieser Welt, erobert eure Freiheiten zurück!“, meint Lothar Hirneise im Rubikon-Interview.

Man sagt uns, eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung heiße das Gefängnis gut, in das wir zum Schutz vor einem Krankheitserreger gesteckt wurden. Aber warum gehen im Internet Videos und Webseiten durch die Decke, die das Narrativ vom Corona-Killervirus in Frage stellen? Wo sind die Millionen, die sich das Denken nicht verbieten, ihre Freiheiten und Grundrechte nicht nehmen lassen wollen? Lothar Hirneise will sich mit seiner Initiative „Ich bin anderer Meinung“ auf die Suche begeben. Im Interview mit dem Rubikon ermuntert er dazu, dass wir aus der Versenkung des virtuellen Raums heraus- und zurück ins Tageslicht treten. Dorthin, wo Menschen noch Politik machen können: auf die Straßen.

Ralf Wurzbacher: Herr Hirneise, eine der zehn Forderungen der von Ihnen mitbegründeten Initiative „Ich bin anderer Meinung“ lautet: „Aufhebung der Ausgangsbeschränkung.“ Auf Beschluss von Bund und Ländern gibt es seit Montag erste Lockerungen des seit Wochen anhaltenden gesellschaftlichen Corona-Lockdwowns. Wie sehr freut Sie das?

Lothar Hirneise: Na ja, eigentlich gar nicht. Denn hätten ein paar Politiker und ihre Berater das Problem nicht erschaffen, müssten wir jetzt nicht in Trippelschritten zur Normalität zurückkehren, von der es dazu heißt, sie liege noch in Monate weiter Ferne. Jetzt wird so getan, als müssten wir dafür dankbar sein, dass man uns scheibchenweise unser Grundgesetz wieder zurückgibt. Dabei hätte man diese Krise auch meistern können, ohne die Grundrechte quasi komplett außer Kraft zu setzen.

Also auch ohne Shutdown? Nach der Logik der Regierung und Ihrer Berater riskieren Sie mit dieser Forderung den Tod unzähliger älterer Menschen. Wollen Sie diese Schuld auf sich laden?

Wenn jemand Schuld auf sich lädt, dann sind es die politischen Entscheider dieser Welt, die das globale Wirtschaftsleben abgewürgt haben und die Menschen dazu zwingen, sich in ihren Wohnungen zu verbarrikadieren. Dabei sollten doch gerade ältere Menschen regelmäßig an die frische Luft, einen Spaziergang machen und sich sportlich betätigen, um ihr Immunsystem zu stärken und Depressionen vorzubeugen. Das lässt sich unter Einhaltung des Mindestabstands ohne Gefahr machen.

Bis heute wird immer noch von Corona-Toten gesprochen, ohne dass wir auch nur annähernd wissen, wer eigentlich an diesem Virus gestorben ist. Der Hamburger Pathologe Klaus Püschel hat erklärtermaßen noch keinen offiziellen Corona-Toten ohne Vorerkrankungen obduziert. Und was überhaupt nicht diskutiert wird, sind die Massen an Toten in den armen Ländern der Erde, die als Folge des Lockdowns sterben werden. Vorsichtige Schätzungen gehen hier von mindestens 35 Millionen aus. Also ich diskutiere gerne mit Politikern darüber, wer gerade Schuld auf sich nimmt. Allerdings stellen sich die Damen und Herren dieser Diskussion erst gar nicht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach bei der Verkündung der Beschlüsse am Mittwoch der Vorwoche wiederholt von einer „Philosophie“ im Umgang mit der Krise. Übersetzt wird Philosophie mit „Liebe zur Weisheit“...

Ich sehe da andere Motive. Politiker können sich nur in Krisen richtig profilieren. Sobald sich dann so eine Chance ergibt wie jetzt mit Corona, dann wird die genutzt. Selbst wenn es eigentlich keine oder nur eine kleine Krise gibt, kreiert man eben eine große. Wen sehen wir denn aktuell auf allen TV-Kanälen? Jens Spahn, Armin Laschet und Markus Söder – alles mögliche Kanzlerkandidaten von morgen. Und Frau Merkel sieht die Chance gekommen, die Flüchtlingskrise von 2015 vergessen zu machen.

Corona taugt perfekt dazu, Bürgern Angst zu machen. Politiker wissen genauso wie Pharmafirmen, Marketingmanager und Religionsführer, dass angstvolle Menschen gute Kunden, Wähler und Gläubige sind.

Da stört es nicht, dass die Zahlen, mit denen operiert und Panik verbreitet wird, kein bisschen valide und belastbar sind. Dass die Verantwortlichen des Robert-Koch-Instituts nicht unterscheiden, ob Menschen „an“ oder „mit“ Corona gestorben sind, zeugt von einem riesigen Versagen. Und dass die Politiker die Dinge nicht in die nötige Relation setzen, macht aus dem Skandal einen noch viel größeren

Sie sagen es: Die verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern verkaufen die Ansagen des „Chefvirologen“ Christian Drosten von der Berliner Charité und des Robert-Koch-Instituts (RKI) als die reine und einzige Wahrheit. Ist das für Sie ein Fall von Gutgläubigkeit oder ein Ausdruck von Herdentrieb?

Politiker haben keine Ahnung von Virologie und verlassen sich auf die von ihnen bezahlten Experten. Im Bereich der Onkologie kenne ich das aus eigener Erfahrung. Obwohl Pharmaunternehmen beim Deutschen Krebsforschungszentrum ein und aus gehen und über Drittmittelfinanzierungen katastrophalen Einfluss üben, wird der schulmedizinische Ansatz, Krebs zu bekämpfen, als unerschütterliches Dogma hochgehalten. Wer von dieser Linie abweicht und wie ich für alternative Heiltherapien eintritt, wird für verrückt erklärt.

Dasselbe erlebt man jetzt mit dem RKI. Es gibt etliche Virologen, Epidemiologen, Mediziner und andere Experten, die dessen Weg zur Krisenbewältigung für falsch, kontraproduktiv und gefährlich erachten. Diese Stimmen werden aber einfach nicht angehört oder als Verschwörungstheorien verunglimpft. Wer so tut, als gäbe es bei Corona nur eine Meinung, der kann sich dann natürlich umso leichter der eigenen Profilierung widmen.

Mit Ihrer vierten Forderung verlangen Sie, „die Aufhetzung der deutschen Bevölkerung muss sofort aufhören“. Wie bewerten Sie die Rolle der Massenmedien in der Krise?

Ein Wort beschreibt es sehr gut: gleichgeschaltet. Was wir sonst totalitären Staaten vorwerfen, nämlich ihre Bevölkerung mit einseitiger Propaganda bei der Stange zu halten, erfahren wir jetzt am eigenen Leib. Die Chinesen haben sogar den Vorteil, die Staatspropaganda nicht mit Rundfunkgebühren selbst zu finanzieren. Wir erleben gerade ein Totalversagen der Massenmedien. Hier und da mag es ein paar „kritische“ Berichte geben. Aber auch damit kann Frau Merkel immer noch gut leben.

Als ganz schlimm habe ich das Niedermachen von andersdenkenden Experten wie dem Lungenarzt Wolfgang Wodarg oder der Virologin Karin Mölling empfunden. Jeder Journalist, der daran beteiligt war, sollte sich schämen und den Beruf wechseln. Ich kann es einfach nicht fassen, dass sich Journalisten als erweiterter Arm von Regierungssprecher Steffen Seibert definieren. Kann und darf niemand mehr für sich selbst denken? Kann und darf niemand mehr Zahlen selbst analysieren und auf Plausibilität prüfen? Sind alle Sender und Verlage an die Leine ihrer Werbekunden gefesselt?

Inzwischen gibt es ja durchaus verwertbare Zahlen, sogar aus Deutschland. Die Feldstudie des Virologen Hendrik Streeck zur Lage in Gangelt im nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg liefert Anhaltspunkte zur Dunkelziffer der tatsächlich Infizierten und beruhigt dahingehend, dass sich das Niveau der Mortalität offenbar weit unter den Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bewegt. Nach der Veröffentlichung musste man prompt mit ansehen, wie Herr Streeck durch Christian Drosten, das RKI und federführende Politiker in den Senkel gestellt wurde.

Ich kann gut verstehen, was hier gerade passiert. Als man vor Jahren herausbekam, dass der Mensch über nur rund 25.000 Gene verfügt, wurde nicht diskutiert, warum Tausende von Professoren ihren Studenten jahrzehntelang etwas anderes beigebracht hatten. Bis heute wird auch nicht unterrichtet, dass Krebszellen, in die man einen gesunden Zellkern verpflanzt, trotzdem krebserzeugend sind. Denn das würde ja gegen die überall gelehrte Mutationstheorie sprechen.

Im Fall Corona haben sich angesehene Fachleute wie RKI-Chef Lothar Wieler oder Christian Drosten entweder einfach getäuscht oder sogar aus Eigeninteressen ganz bewusst getäuscht.

Ich unterstelle den beiden nicht, dass sie unmittelbaren, etwa finanziellen Nutzen, aus ihrem Irrtum ziehen. Bis heute fehlt aber eine klare Aufklärung darüber, wer an den inzwischen Millionen von Tests das meiste Geld verdient und wer daran mitverdient. Ganz zu schweigen von Studien für zukünftige Impfstoffe und den Impfstoffen selbst.

Das alles zu beleuchten, wäre im übrigen die Aufgabe eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, den wir für Berlin und Brüssel fordern. Es geht uns nicht um Schuldzuweisungen und darum, dass möglichst schnell Köpfe rollen. Aber wer weiß denn, ob nach Covid-19 nicht bald Covid-20 kommt, vielleicht schon 2021. Wollen wir die Gesellschaft dann wieder monatelang abschalten und wieder zahllose Menschen ins Verderben stürzen? Damit das nicht passiert, müssen die Modelle und das Krisenmanagement des RKI auf alle Fälle überdacht werden.

Glauben Sie, dass das passiert?

Man muss abwarten, wie groß der Druck wird. Jetzt, da das Kartenhaus zusammenbricht und die beschworenen Horrorszenarien ausbleiben, suchen alle nach einem Ausweg, um ohne Gesichtsverlust aus der Sache herauszukommen. Also lebt man die Lüge einfach weiter und am Ende wird es heißen, dass alles nur wegen der großartigen Maßnahmen der Regierung so glimpflich abging. Für so etwas muss dann eben auch ein Professor Streeck geopfert werden, der ja anfangs noch in fast jeder Talkshow aufgetreten ist.

Über die Urheber Ihrer Initiative „Ich bin anderer Meinung“ lässt sich auf der zugehörigen Webseite nicht viel erfahren. Dort heißt es lediglich, „wir sind ein großes Team enthusiastischer Menschen“. Wie viele Mitstreiter haben Sie und aus welchen Zusammenhängen kommen diese?

Unser Team besteht aus aus zehn Personen, alle samt Freunde und Bekannte von mir. Ursprünglich wollten wir anonym auftreten, aber dann habe ich mich dazu entschlossen, als Sprecher zu fungieren. Leider kann es sich aktuell nicht jeder leisten, seinen Namen zu veröffentlichen. Menschen werden angefeindet, niedergemacht, verhaftet, in Psychiatrien weggeschlossen und denunziert, wenn sie in puncto Corona eine andere als die herrschende Meinung vertreten.

Wie lange gibt es Ihr Projekt und wie viele Menschen haben Sie in dieser Zeit erreicht?

Der Startschuss fiel am 8. April. Mein erstes Video zu unserer Bewegung haben inzwischen über 50.000 Menschen gesehen und unsere Internetseiten wurden weit über 100.000 mal besucht. Täglich erreichen uns zwischen 500 und 600 E-Mails von Menschen, die sich durch unsere Initiative angesprochen fühlen und uns ermuntern, weiterzumachen.

Politik und Medien verweisen ja immer wieder auf Umfragen, wonach der Zuspruch innerhalb der Bevölkerung zur Krisenpolitik überwältigend sein soll. Wie ist dazu Ihr Eindruck?

Bei Umfragen ist bekanntlich entscheidend, wie und mit welchem Ziel sie gemacht beziehungsweise manipuliert werden. Wir haben deshalb am 17. April eine eigene Umfrage gestartet. Wir wollen wissen, ob wir wirklich nur wenige Tausende sind oder vielleicht Millionen. Und wir wollen wissen, ob es sich lohnt, eine neue Partei zu gründen mit komplett anderen Schwerpunkten als die etablierten. Ich rufe all diejenigen, die derzeit nicht mit unserer Regierung einverstanden sind, dazu auf, an dieser Umfrage teilzunehmen.

Sie repräsentieren also so etwas wie den schweigenden oder totgeschwiegenen Teil der Bevölkerung?

Mein ganz persönliches Erleben ist, dass es ganz viele Menschen gibt, die nicht schweigen. Aber leider zeigt sich das nur im Internet, in den sozialen Medien und nicht auf der Straße. Wir machen deshalb auf unserer Webseite Vorschläge, was man tun kann, um besser gehört zu werden.

Ich kann nur jedem Bürger sagen, wenn wir uns jetzt nicht wehren, wird ganz bestimmt das nächste Virus kommen und unsere Leben auf den Kopf stellen. Und dann wird es irgendwann Normalität sein, dass man uns unserer Grundrechte beraubt, dass man uns rund um die Uhr per Tracking-App überwacht oder unter Zwang mit Impfstoffen vollpumpt.

Sind Sie ein Schwarzseher?

Ich wünschte mir nichts lieber, als dass unsere Politiker aus dieser Krise etwas lernen. Aber nicht einmal ein Optimist, wie ich einer bin, glaubt an so etwas. Unsere Politiker haben Blut geleckt, sie merken, dass sie praktisch alles machen können und fast alle ducken sich weg: Bürger, Opposition, Wirtschaftsbosse. Und bei den Banken freut man sich und lässt die Korken knallen.

Warum sollte die Politik das nicht ausnutzen? Wir nehmen denen Menschen das Bargeld weg – Corona ist schuld. Wir drucken 200 Milliarden Euro und stopfen damit das Haushaltsloch – Corona macht's möglich. Wir wollen Handelskriege entfachen? Warum diskutieren und jahrelang verhandeln, wenn ein Virus das viel schneller erledigt?

Unsere Politiker werden gar kein neues Virus für das brauchen, was sie alles im Schilde führen. Es reicht der Hinweis darauf, dass ein neues Virus kommen könnte, um unsere Rechte weiter zu beschneiden. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns jetzt wehren und auch nach Corona nicht damit aufhören. Zugleich müssen wir den Menschen aber auch zeigen, dass es andere, bessere Wege gibt, um ein friedliches und gedeihliches Zusammenleben zu regeln. Und das wird vielleicht die Aufgabe einer neuen Partei sein oder einen kleinen etablierten Partei, die sich neu erfindet.

Haben Sie eine Vorstellung davon, wie sich die Gesellschaft und das Zusammenleben der Menschen durch die Corona-Kriese verändern wird?

Am meisten macht mir Sorge, was ich mir noch nicht vorstellen kann. Bis vor wenigen Tagen habe ich nicht darüber nachgedacht, was es bedeutet, wenn Apple, Microsoft und Co. ihre Betriebssysteme um diese Tracking-App aufrüsten. George Orwells Big Brother aus „1984“ wäre Kleinkram dagegen. Jeder Staat könnte künftig auch neue Einreisekriterien erlassen, die die Reisefreiheit massiv in Frage stellen. Vieles, was vor zwei Monaten noch unmöglich und undenkbar erschien, wird im Namen des „Gesundheitsschutzes“ möglich werden. Und was wir gerade erleben, ist vielleicht erst der Auftakt zu noch viel Schlimmerem.


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Lothar Hirneise, Jahrgang (1961), ist Sprecher der Initiative „Ich bin anderer Meinung“, die sich gegen den Umgang der Bundesregierung mit der Corona-Pandemie ausspricht und für alternative Lösungswege aus der Krise plädiert. Im Internet: https://ichbinanderermeinung.de.