Ja zum Leben

Das Jerusalem-Friedensmal zeigt im Bewusstsein vergangenen Leids einen Weg der Heilung und neuen Lebens — auch aus der aktuellen Krise heraus.

Die Mahnmale der deutschen Erinnerungskultur stellen eine Auseinandersetzung mit vergangenem Leid dar. Sie berühren Gefühle der Schuld und Scham, zeigen den Unfrieden und eine ideologische Gefangenschaft. Eine Integration und damit ein „Lernen aus der Vergangenheit“, also eine Befreiung aus dieser Ideologie, findet so aber noch nicht statt. Darin lag die Motivation, das Friedensmal zu bauen; es entstand als privates Projekt in vielen Jahren ehrenamtlicher Arbeit. Das Friedensmal trägt dem Umstand Rechnung, dass „Lernen aus der Vergangenheit“ viel mehr bedeutet als das staatlich verordnete „Bekämpfen des Bösen“. Es bedeutet, Menschen in die Lage zu versetzen, Böses selbst dann zu erkennen, wenn es sich gut verkleidet und der Eindruck vermittelt wird, die Mehrheit sei damit einverstanden.

In der Krise beweist sich der Charakter

Wie wenig wir in Deutschland aus unserer Vergangenheit gelernt haben, wird aktuell im menschlichen Umgang während der Pandemie mehr als deutlich. Wieder gibt es Ausgrenzung und Sündenböcke. Betroffen sind all jene, die nicht mitmachen: „die Ungeimpften“, „die Querdenker“, „die Schwurbler“, „Verschwörungstheoretiker“ und „Spaziergänger“, all jene also, die angeblich unsere Gesundheit gefährden, sich nicht entsprechend der neuen Regeln verhalten und sie kritisieren.

Maßnahmen, wie man sie aus totalitären Staaten kennt, werden begründet mit einer Krankheit, die im Jahr 2020, als es noch keine Impfungen gab, keine Übersterblichkeit in Deutschland verursachte. Kinder, für die Covid-19 eigentlich keine Gefahr ist, leiden massiv unter den angeordneten Maßnahmen. Mit einer Impflicht drohen für viele Menschen Jobverlust und Geldstrafen.

Gerade die Gruppen und Menschen, die früher bei jeder Gelegenheit „Nie wieder!“ riefen und nicht müde wurden, Vergleiche zu verurteilen, die mit der deutschen Vergangenheit zu tun haben, sind heute mit ohrenbetäubender Stille in der deutschen Öffentlichkeit präsent.

Wie aber konnte es soweit kommen? War man doch in Deutschland so stolz auf die eigene Vergangenheitsbewältigung, ein Vorbild für die ganze Welt. Für mich zeichnete sich schon lange ab, dass irgendwas daran nicht stimmt. Deshalb fasste ich bereits im Jahr 1998 den Entschluss, ein Friedensmal für unser Land zu bauen.

In Deutschland fehlten in der Erinnerungskultur die positiven Symbole. Es war so, als ob ein mit Leid Beladener auf einen Therapeuten trifft, der dem Geplagten immer nur erzählt, wie schlimm seine Vergangenheit doch war und was seine Eltern alles angerichtet haben. Dem ersten Schritt, sich den Schmerz anzuschauen, würde also nie der zweite folgen, nämlich den Schmerz zu integrieren und aus dieser Erfahrung eine positive Vision für die Zukunft zu formulieren. Einem Psychotherapeuten, der so arbeitet, würde man Missbrauch seiner Kompetenz vorwerfen. Wer wirklich heilen will, muss dem Suchenden Perspektiven der Hoffnung und positiven Veränderung eröffnen! Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für eine ganze Gesellschaft.

Das heißt auch, dass ein Denkmal, in dem diese Verantwortung für einen „positiven Weg“ angesprochen wird, ein Ort sein muss, der für Licht, Liebe, Freiheit und Frieden steht, also ein Friedensmal — etwas völlig Neues in der deutschen Erinnerungskultur. Das Friedensmal ist der nächste Schritt in einem Prozess der Heilung.

Friedensmal und Mahnmal — das sind tatsächlich Symbole für seelische und gesellschaftliche Vorgänge. Beim Bau des Friedensmals ging es also um mehr als den Bau eines Denkmals auf einem Stück Land. Der Bau des Friedensmals steht dafür, dass ein neues Denken Land gewinnt.

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Jerusalem Friedensmal, Foto: friedensmal.de

Natürlich brauchen wir eine Aufarbeitung der Vergangenheit. Doch diese hier kann tiefer gehen, weil sie dem Menschen positiv begegnet, weil sie ihm Würde gibt, statt Schuld- und Schamgefühlen, die ohnmächtig machen. Die „Lektion aus der Vergangenheit“ darf als eine Veränderung im Herzen ankommen.

Es braucht die echte Einsicht und ein Wandeln im eigenen Inneren. Denn jeder Mensch trägt Gutes und Böses in sich. Das Böse wird sich nie ausmerzen lassen; aber wir können lernen, so damit umzugehen, dass es uns nicht beherrscht und wir in unseren Entscheidungen frei davon sind. Es geht um die innere Befreiung von dem totalitären Geist, der in der Vergangenheit wirkte und auch jetzt wieder um sich greift.

Wie aber geht das?

„Erkennet das Heilige in eurer Mitte“ steht auf der „Schwelle der Demut“ am Eingang zum Friedensmal. Das ist auch Thema in der Offenbarung des Johannes.

Jerusalem

„Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. (…) Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen (…). Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen“ (Offenbarung 21,1 bis 3).

Wir leben in einer spannenden Zeit! Wir sind Zeugen des Untergangs der alten Welt. Wir sind aber sehr viel mehr als nur Zeugen, denn wir sind dazu aufgerufen, gerade jetzt eine neue Welt zu bauen! Eine ehrliche Welt, bei der es nicht mehr um Ausbeutung oder falsche Solidarität auf Kosten „der Anderen“ geht, sondern um echtes Miteinander. Dafür bringt sich jeder Mensch aktiv und selbstverantwortlich ein; was ihm echte Würde verleiht.

Letztlich geht es um einen Bewusstseinssprung. Die Religionen, die immer noch tief mit unserer Kultur verbunden sind — das Christentum und als dessen Wurzel auch das Judentum — haben für diese Hoffnung auf eine friedliche neue Welt den Namen: Jerusalem.

Dieser Name steht für mehr als eine Stadt in Israel. Er heißt übersetzt „Stätte des Heils“ und steht symbolisch für die neue Welt, auf die die Menschheit seit langer Zeit hofft.

Symbol für ein würdevolles Miteinander

Das Jerusalem Friedensmal in Bensheim, 52 km südlich von Frankfurt am Main, ist ein Ruf nach Frieden, Freiheit und neuem Leben. Die Idee für das Denkmal wurde der Öffentlichkeit im Jahr 1999 mit dem Buch „Wendepunkt — die Vision einer neuen Menschlichkeit“ zur Berliner Mahnmal-Debatte vorgestellt. Als Ergebnis der damaligen Debatte war im Jahr 2005 das Holocaust-Mahnmal von Peter Eisenman in Berlin errichtet worden. Das Jerusalem Friedensmal entwickelte sich als künstlerische Antwort dazu.

Peter Eisenman bezeichnet sein Stelenfeld selbst als „Terror der Einsamkeit“. Es besteht aus 2.711 Stelen, die eine in Beton gegossene Erstarrung zeigen: die Darstellung des Faschismus in den Seelen der Menschen. Inzwischen ist allerdings nicht mehr klar, ob diese Symbolik nur für die Vergangenheit steht oder ob sie nicht sogar Vision einer düsteren Zukunft ist. So wenig haben sich die Menschen geändert.

Das Holocaust-Mahnmal zeigt also ein NEIN zum Leben, das Jerusalem Friedensmal ist dagegen ein JA, weil es im Bewusstsein vergangenen Leids einen Weg der Heilung und neuen Lebens zeigt.

Die Aufarbeitung der Vergangenheit

Können wir die Vergangenheit nicht ruhen lassen? Wem helfen der Schmerz und das Reden darüber? Nein! Denn ein Schlussstrich, und damit das Verleugnen der Wunden, wäre Selbstbetrug, keine echte Freiheit. Stattdessen nehmen wir die von den Erinnerungen ausgelösten Schmerzen, die Angst, Trauer und Wut, wahr und gehen damit einen Weg des Friedens. Damit ist nicht der Frieden mit dem Unrecht gemeint, sondern ein sich diesen Gefühlen Stellen. Wenn wir das tun, werden sie in Liebe und in der Hoffnung neuen Lebens gehalten.

Beim Jerusalem Friedensmal geht es um die Wiederherstellung von Beziehungen. Diese Idee muss mit Leben gefüllt und in der Welt konkret werden.

Wenn man sich hinter die „Blüte des Schalom“ stellt, kann man von dieser Mitte des Friedensmals aus in die Rheinebene blicken, wo sich einst das jüdische „Jerusalem am Rhein“ befand. So kann dieser Ort in die leidvolle deutsch-jüdische Geschichte wirken, in das schlimmste Trauma unseres Landes. Es geht also um die Heilung der verletzten Wurzel Jerusalem, eine wesentliche Wurzel der deutschen und europäischen Kultur. Mehr Informationen zu dem Thema finden Sie im Kapitel „Die Antwort leben“.

Die Vergangenheit ist Teil eines jeden Menschen. Man kann sie verdrängen, an ihr festhalten oder aber sie so in Liebe annehmen, dass in der gelebten Antwort eine Wunde heilen darf. Diese Wunde ist im Inneren des Menschen. Heilung ist möglich, was bedeutet, wirklich etwas aus der Vergangenheit gelernt zu haben. Erst das eröffnet den Raum für Frieden und Freiheit. Narben bleiben nur in der kollektiven Erinnerung.

Freiheit leben

Auch im Jahr 2022 sind viele Menschen immer noch an den Geist von Unfreiheit und Totalitarismus gebunden. Zwar wird er heute vehement bekämpft, aber nur bezogen auf die Vergangenheit. Wir dürfen davon loslassen. Dafür steht das Friedensmal: Erinnern alleine ist nicht genug. Jeder Einzelne muss sich befreien, um aufrecht und mit Mut für die Freiheit, die Gerechtigkeit und das Leben einstehen zu können.

Die effektivste Art des Wegschauens vor der eigenen Verantwortung besteht darin, sich das Böse, „die Nazis“, im Außen zu suchen, um das Böse und Ungereifte in einem selbst nicht sehen zu müssen. Auch das geschieht im Namen von Erinnerung und Verantwortung und ist eine korrumpierte Form der Vergangenheitsbewältigung.

Heute werden in Deutschland wieder Menschen mit einer „falschen“ Meinung ausgegrenzt und diffamiert. Die belastete deutsche Vergangenheit darf nicht für politische Zwecke instrumentalisiert werden.

Das geschieht aber aktuell, wenn Kritiker gegen Maßnahmen der Regierung sehr schnell und ohne Beweis als rechtsradikal oder antisemitisch bezeichnet werden.

Dass das keine bloße Behauptung von mir ist, will ich an einem Beispiel verdeutlichen. In einer nicht kleinen Stadt in der Nähe meines Wohnortes wurden die örtlichen Querdenker in der Zeitung sogar in der Titelzeile als Antisemiten bezeichnet. Als Grund wurde am Ende des Artikels angegeben, dass sie ein Video bei einer Videoplattform veröffentlicht haben, auf der man auch antisemitische Filme finden kann. Auf meine Beschwerde beim Deutschen Presserat erhielt ich übrigens nie eine Antwort.

Das Jerusalem Friedensmal war im Jahr 2015 mit einem Plädoyer für die Meinungsfreiheit eingeweiht worden. Diese mahnende Rede zur Einweihung ist inzwischen hochaktuell.

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Tanzperformance im Friedensmal, Foto: friedensmal.de, Link zum Video

Nie wieder!

Im Dritten Reich wollten die meisten Menschen nicht erkennen, zu welchem menschenfeindlichen Glauben sie verführt worden waren, und bis über das Kriegsende hinaus glaubten viele, sie hätten auf der Seite des Guten gestanden. Politik und Medien hatten ihnen das über 12 Jahre hinweg so vermittelt.

Eines Tages wachten die Menschen dann an der harten Realität auf und beklagten das Unglück und die Zerstörungen, die anderen Völkern zugefügt wurden und über das eigene Land kamen. Ohne die vielen Menschen, die mitliefen und mitmachten bis zum bitteren Ende, wäre das nicht möglich gewesen.

Es steht außer Zweifel, dass heute in Deutschland viel Wert darauf gelegt wird, das „Nie wieder!“ herauszustellen. Es ist eine Lehre, die zum neuen, besseren Deutschland gehört.

Wo aber bleibt der Mensch? Man kann nichts „aus der Vergangenheit lernen“ und das mit dem Bau von Mahnmalen deutlich machen, wenn die Veränderung und die Einsicht nur eine neue auswendig gelernte Ideologie ist. Veränderung kann auch nicht erzwungen werden. Es geht nur, wenn die Menschen ganz mit dem Herzen dabei sind.

Erwacht zum Leben

Der Versuch, den Weltfrieden von außen zu schaffen, birgt die Gefahr, im Totalitarismus zu enden.

„Der Friede beginnt im eigenen Haus“, so Karl Japsers. Das ist ein bereits realistischerer Anspruch, für den zu mühen sich lohnt, der aber immer noch sehr schwer zu verwirklichen ist. Tatsächlich können Frieden und Freiheit nur von innen her kommen, und so fängt der Frieden bei einem selbst an. Hier verwandelte sich „Staub zu Licht“. Das ist ein Zitat der jüdischen Dichterin Nelly Sachs, die den Holocaust überlebte und die ihr Bemühen, den Schmerz zu durchlichten, in Zeilen großer Schönheit und Eindringlichkeit fasste. So lautet die ganze Passage:

„Die ihr keine Mörderhand erhobt, aber die ihr den Staub nicht von eurer Sehnsucht schütteltet, die ihr stehenbliebt, dort, wo er zu Licht verwandelt wird.“

Schrieb Nelly Sachs diese Zeilen für die Menschen damals oder die Menschen heute? Wieso hat sich in 77 Jahren so wenig Staub zu Licht verwandelt?

Vielleicht leben wir in einer „falschen Welt“. Vielleicht sind daran die einzelnen Menschen, denen man begegnet, und auch man selbst, viel weniger schuld, als man uns einreden möchte? Auch das zu erkennen, bedeutet zu erwachen und heil zu werden: diese Welt prägte uns und wurde uns zum Gefängnis.

Jeder Mensch, der eine innere Heilung erfährt, verändert aber die Welt und hilft damit dem Frieden. Das Friedensmal soll einer Heilung im kollektiven Bewusstsein (Schatten) dienen und die Energie frei setzen für eine positive Zukunftsgestaltung. Es steht für die neue Welt, in der sich Staub zu Licht verwandeln darf.

Vielleicht geht es heute auch gar nicht mehr so sehr darum, eine „alte Welt“ von neuen Ansichten zu überzeugen, sondern vielmehr darum, das Spielfeld eines alten verdorbenen Systems in Liebe zu verlassen, um wirklich zu leben, um mit Gleichgesinnten die neue Welt aufzubauen.

Diese ins Leben gefundene Vision des Friedensmals ist auch eine Antwort auf den Nihilismus in der heutigen westlichen Kultur.

Liebe ist die einzige Revolution

Unsere Gesellschaft braucht versöhnende Symbole für die positive kulturelle Identifikation und für den Wandel, die Halt geben und ermutigen. Das Jerusalem Friedensmal am Europäischen Fernwanderweg oberhalb von Bensheim bringt Menschen und Kulturen zusammen. Es ermutigt dazu, für die Werte der Freiheit und des Lebens einzustehen, und es gibt dem Glauben Kraft, dass es die Liebe ist, die befreit. Liebe und Frieden sind an diesem Ort intensiv zu spüren.

Das Jerusalem Friedensmal ist dem Weg zu uns selbst gewidmet, der zu innerem Frieden und innerer Freiheit führt. Wir verändern die Welt in uns, denn mit unserem Sein tragen wir unsere Werte in die Welt, wir berichten und handeln aus ihnen. In der Mitte des Friedensmals sieht man als Herzsymbol die „Blüte des Schalom“, in deren Mitte wiederum das in Marmor geschriebene hebräische Wort „Chai“, das für LEBEN steht.

Liebe erzeugt eine Revolution im Herzen, die einzige Revolution, die die Welt befreien kann.

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Das Friedensmal, Foto: friedensmal.de

Das Friedensmal — für den inneren Weg zum Leben

Geht man um den Kreis des Friedensmals, kommt man doch immer wieder an der gleichen Stelle an. Man dreht sich solange um sich selbst, bis man innehält und in die Mitte, in den Baum des Lebens tritt. Man geht dafür über zwei Stufen. Es ist die Schwelle der Demut. Auf ihr steht geschrieben: „Erkennet das Heilige in eurer Mitte“.

Vielleicht ist es auch gar kein Zufall, dass es in unserem Land so wenig an Erinnerungskultur gibt, bei der das Leben im Mittelpunkt steht. Man kann mit dem Bau eines Friedensmals, das Menschen heute zu einem Leben in Freiheit und der Wahrnehmung von Selbstverantwortung ermutigen will, in große Probleme geraten. Das gehört eben auch zur Geschichte des Friedensmals: Es entstand außerhalb der staatlichen Strukturen in Eigeninitiative und passte als Friedensmal nicht in die etablierte Erinnerungskultur, die bei dem Thema bislang „nur“ Mahnmale kannte. Daher wurde es zunächst in der Gesellschaft ausgegrenzt. Das war verbunden mit einer „Schlammschlacht“ in der Öffentlichkeit gegen das Projekt und den Initiator. Das geschah in unserer deutschen Erinnerungskultur, deren Thema doch die Ausgrenzung ist und was sich Schlimmes daraus entwickeln kann.

Mein Gedankengang hierzu ist dieser:

Welche Regierung, welches Machtgefüge könnte sich denn auch wahrhaftig damit anfreunden, wenn die Bürger eines Landes einen ernst gemeinten Weg der Freiheit und Selbstverantwortung gehen wollten?

Ein Politiker an entscheidender Stelle, der das Projekt nicht gut fand, schrieb mir damals zur Zeit der Bauarbeiten besorgt: Was aber, wenn noch mehr Bürger auf die Idee kommen, einfach Friedensmäler zu bauen?

Diese Überlegung zeigt, wie tief hier der notwendige Wandel reichen muss. In den Frieden zu kommen und „etwas aus der Vergangenheit zu lernen“, bedeutet nämlich in der letzten Konsequenz für eine Gesellschaft — spät aber hoffentlich noch rechtzeitig — Abschied von einem hierarchisch organisierten Gesellschaftssystem zu nehmen, das durch Macht, Manipulation und eine zentrale Kontrolle funktioniert, und dafür ein dezentral organisiertes System zu errichten, in dem die Menschen sich selbst frei im Miteinander organisieren und die Macht von unten nach oben wirkt. Für mich hört sich das nach wahrer Demokratie an.

Daher muss eine ehrliche Aufarbeitung der Vergangenheit das obrigkeitsstaatliche Machtgefüge in Frage stellen, und daher ist es wohl kein Unfall, dass so wenig aus der Vergangenheit gelernt wurde. Das wird uns aktuell am Umgang mit den Menschen und ihrem Verhalten in der Krise klar.

Herz und Verstand

Der dunkle „Ring des entfremdeten Verstandes“ mit den 11 Erinnerungssteinen im Friedensmal soll bewusst machen, wie sehr sich die Menschen über den Verstand und Ideologien immer wieder in die Irre führen lassen. Dieser Bereich ist durchbrochen vom Baum des Lebens, der dafür steht, als Mensch wieder Zugang zu seiner in Gott verankerten Seele zu finden, die wie ein Baum „Himmel“ und „Erde“ verbindet; die spirituelle Anbindung an ein höheres Bewusstsein.

Durchbrochen ist der „dunkle Ring“ aber auch durch den „Raum der Begegnung“ — die beige Fläche — im Friedensmal-Kreis. Denn der andere Mensch wird einem in der Begegnung zum Spiegel. Bei diesem Bild ließ ich mich durch die Philosophie des jüdischen Religionsphilosophen Martin Bubers inspirieren, der einst in meiner Nachbarstadt Heppenheim wohnte. Einer seiner bekanntesten Aussagen lautet: „Der Mensch wird am Du zum Ich.“

Bis zur Einweihungsfeier mit Gunnar Kaiser am 22. Mai 2022 um 15 Uhr werden in diese Fläche 22 Rosenquarzwürfel gestellt, auf denen 22 Werte im Miteinander geschrieben sind, die der Gemeinschaftsbildung dienen.

Herstellung von Beziehung

Kunst kann der Gesellschaft einen Impuls vermitteln. Das Jerusalem Friedensmal trägt einen Impuls des Lebens und der Freiheit in die deutsche Kultur. Am 27. September 2015 wurde es in Bensheim in Süd-Hessen eingeweiht.

Im Friedensmal kommen wir wieder mit uns selbst in Kontakt. Wir werden uns der eigenen seelischen Verletzungen bewusst und der Verletzung der Welt. Dem Weg nach innen folgt die Wendung nach außen. Wir öffnen uns — die Grenzen achtend — für die Begegnung mit dem anderen Menschen und seiner Welt. Dies ist das Thema am Stein der Begegnung.

Durch die innere Klärung und die freie Begegnung erkennen wir als Gesellschaft jene Vorstellungen und Verhaltensweisen, die dem Leben feindlich sind und an die wir uns gewöhnt haben.

Das Jerusalem Friedensmal am Wanderweg in der Natur gibt Raum für die tiefe Begegnung mit sich selbst und den Mitmenschen. So lässt sich der in unsere Leistungsgesellschaft programmierte „Terror der Einsamkeit“ überwinden. Die Gesellschaft braucht Zusammenhalt statt Spaltung. Das Verständnis des Friedensmals bedeutet: dem Wahnsinn die Kooperation verweigern.

Der Druck durch den Corona-Kult führt heute als „Nebenwirkung“ dazu, dass sich die freien Andersdenkenden leichter erkennen können, sich begegnen und organisieren. So viele der neuen Freunde sagen, dass sie vorher noch nie so wertvolle menschliche Begegnungen hatten wie in dieser Zeit der staatlich verordneten „sozialen Distanzierung“.

Seien wir dankbar für das Positive, das sich gerade zeigt. Fühlen wir uns ermutigt, zum bürgerschaftlichen Engagement und dazu, neue Gemeinschaften und Netzwerke zu bilden. Auch dafür steht das Jerusalem Friedensmal: Es ermutigt Menschen, ihre Freiheit zu leben und ihre Träume ins Leben zu bringen. Das Denkmal entstand in bürgerschaftlichem Engagement und ohne staatliche Unterstützung.


Redaktionelle Anmerkung: Für diesen Artikel wurden auch verschiedene Texte des Autors von der Website zum Friedensmal verwendet, wo Sie weitere Informationen zum Projekt finden.


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Tanz im Friedensmal, Foto: friedensmal.de

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Der Schritt ins Friedensmal, Foto: friedensmal.de

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Stein der Begegnung mit der Inschrift Yerushalayim (Jerusalem), Foto: friedensmal.de

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Blick in die Rheinebene, Foto: friedensmal.de

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In einem Garten der Freiheit, Foto: friedensmal.de

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„Die Blüte des Schalom“ als Symbol des Herzens, Foto: friedensmal.de

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Der Satz am Erinnungsstein verweist auf das Friedensmal, das für den Gang in die eigene Mitte steht, Foto: friedensmal.de

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Rabbiner Mordechai Mendelson setzt das Chai als Zeichen für das Leben, Foto: friedensmal.de

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Deutschland als Friedensnation, Foto: friedensmal.de

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Erinnerungssteine, Foto: friedensmal.de

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Das Fest „Lag baOmer“ am Friedensmal, Foto: friedensmal.de

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Das Fest „Lag baOmer“ am Friedensmal, Foto: friedensmal.de

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Einweihung des Jerusalem Friedensmals, Foto: friedensmal.de

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Wenige Minuten nach der Setzung des „Chais“ durch Rabbiner Mendelson, Foto: friedensmal.de