Leben und leben lassen
Zahlreiche gesellschaftliche Probleme ließen sich lösen, wären Menschen etwas mehr dazu bereit, das Leben und die Entscheidungen anderer zu respektieren, auch wenn sie ihnen völlig unverständlich erscheinen.
In Zeiten der Digitalisierung verschwimmt Privates und Öffentliches zu einer Masse. Wo früher noch das gute alte „das geht mich nichts an“ galt, nimmt heute jeder zu jedem Stellung. Dabei ist der Grundsatz „Leben und leben lassen“ in zahlreichen Religionen und philosophischen Strömungen ein wichtiger Grundstein des Zusammenlebens. Es geht nicht darum, widerspruchslos hinzunehmen, was einem vorgesetzt wird, sondern darum auszuhalten, dass Menschen anders sind als man selbst und dass das nicht bedeuten muss, dass ihre Entscheidungen schlechter sind als die eigenen.
Die Lebensweisheit „Leben und leben lassen“ — ein altes deutsches Sprichwort, das manche der Feder von Friedrich von Schiller zuordnen —, ist für viele Menschen ein richtungsweisender Glaubenssatz. Aber leben Menschen auch wirklich nach dieser Maxime?
Fast alle religiösen und philosophischen Traditionen sehen in der Maxime „Leben und leben lassen“ die Kunst, eine Balance aus eigener Freiheit und Respekt vor dem Weg des anderen zu finden.
Im Daoismus ist Wu Wei „ein zentrales Prinzip und bedeutet so viel wie ‚Handeln durch Nicht-Erzwingen‘“. Es bedeutet nicht Passivität, sondern in Harmonie mit dem Dao (dem natürlichen Weg) zu leben, ohne den Fluss der Dinge unnötig zu stören. Laotse, ein legendärer chinesischer Philosoph, der im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll, sagt im Tao Te King, Kapitel 37:
„Der Weise handelt nicht (Wu Wei), und doch bleibt nichts ungetan. Er zwingt nicht, und doch ordnet sich die Welt.“
Das Leben anderer soll nicht kontrolliert, sondern den Dingen ihren Lauf gelassen werden.
Der Buddhismus spricht in seinen Schriften von Gewaltlosigkeit (Ahimsa) und Mitgefühl — jedes Wesen darf seinen Weg gehen.
Im Hinduismus wird Dharma — rechtes Handeln — geboten. Man soll im Einklang mit seiner Aufgabe leben, ohne andere unnötig zu verletzen.
Der heilige Augustinus hat einmal formuliert: „Liebe — und dann tu, was du willst.“ Ich interpretiere das wie folgt: Wenn du aus Liebe handelst, kannst du nichts falsch machen, da wahre Liebe die Freiheit des anderen respektiert und ihn nicht einschränkt. Jesus‘ Vision war praktizierte Nächstenliebe und Toleranz, die unter anderem durch die Worte „Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst“ zum Ausdruck kommen.
Der Respekt vor dem Leben anderer ist ein hohes Gebot.
Hillel der Ältere, der im Jahrhundert vor Christus geboren wurde, war ein bedeutender jüdischer Gelehrter und Gründer der nach ihm benannten Schule Hillel. Er war bekannt für seine milde, menschenfreundliche Auslegung der Tora. Seine Lehren prägen bis heute Ethik und Rabbinische Tradition. Hillel sagte:
„Was dir selbst verhasst ist, das tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora, der Rest ist Auslegung; geh und lerne“ (Talmud, Schabbat 31a).
Diese jüdische Form der „Goldenen Regel“ prägt das Miteinander der Menschen, das Kindern bereits in der Kita nähergebracht wird.
Der Islam lehrt den Respekt vor der Würde jedes Menschen. Niemand soll zu irgendetwas gezwungen werden. Der Vers 256 in der Sure 2 beginnt mit den Worten „Es gibt keinen Zwang im Glauben …“ Der Vers gilt als „Klassiker“ bei Diskussionen über religiöse Toleranz im Islam. Es geht um Religionsfreiheit und Respekt vor dem Einzelnen. Glauben darf nicht erzwungen werden — echter Glaube kann nur aus freier Entscheidung entstehen. Implizit wird auch der Respekt vor der Würde des Einzelnen angesprochen.
Eine Maxime von Stoikern wie Epiktet oder Seneca ist:
„Akzeptiere, was nicht in deiner Macht liegt — respektiere das Leben anderer und kümmere dich um dein eigenes Tugendhandeln.“
Stoisch leben bedeutet, nicht das Leben anderer beeinflussen zu wollen, sondern sein eigenes in Tugend zu führen und so zugleich Frieden mit anderen zu ermöglichen.
Vertreter des Existenzialismus sagen, die Freiheit des Einzelnen ist zentral — aber auch die Verantwortung, die Freiheit der anderen zu achten. Zentral meint in diesem Zusammenhang, dass Freiheit nicht nur ein Aspekt, sondern das Herzstück der Existenz ist — der Punkt, von dem alle anderen Gedanken des Existenzialismus ausgehen.
Diese Ansicht vertrete ich voll und ganz. Alles andere baut auf der Freiheit auf: Verantwortung, Sinn, Werte — all das entsteht erst, weil der Mensch frei ist, Entscheidungen zu treffen.
Jedes Individuum sollte so leben können, wie es das für richtig hält und wie es ihm gefällt. Der Einzelne oder eine Gruppe sollten andererseits anderen ihre Lebensweise auch nicht aufzwängen. Nur weil jemand für sich die „richtige“ Art zu leben erkannt hat, muss sie für jemand anderen noch lange nicht richtungsweisend sein.
Wir sollten den gleichen Respekt vor der Lebensweise anderer haben, wie wir ihn von anderen unserer Lebensart gegenüber erwarten.
Macht
Einige — oftmals mächtige Menschen dieser Welt — fühlen sich anscheinend dazu berufen, Menschen in eine bestimmte Richtung zu drängen. Meist verfolgen sie damit eigennützige Ziele unter dem Deckmantel der Philanthropie. Sie benutzen ihre Macht, um Menschen dahin zu bringen, wo sie sie haben wollen. Und das muss nicht unbedingt etwas Gutes sein. Bill Gates ist in meinen Augen ein passendes Beispiel dafür.
„Macht brauchst Du nur, wenn Du etwas Böses vorhast. Für alles andere reicht Liebe, um es zu erledigen“ (Charlie Chaplin).
Macht bedeutet, auch gegen den Willen anderer entscheiden beziehungsweise seinen Willen durchsetzen zu können. Psychisch gesunde Menschen wollen meines Erachtens gar nicht allzu viel Macht haben. Machtgierige Menschen leiden häufig unter Persönlichkeitsstörungen, unter mangelndem Selbstwertgefühl. Sie steigen vielleicht die wirtschaftliche oder politische Karriereleiter auch deswegen hinauf, um sich wertvoller als andere zu fühlen, um den eigenen „Unwert“ nicht mehr so spüren zu müssen. Viele von ihnen glauben, bei Erreichen ihrer Aufstiegsziele mehr „wert“ zu sein.
Machtgierige Menschen haben den Grundsatz „Leben und leben lassen“ meist aus den Augen verloren. Wenn man sich die Welt heute so ansieht, bekommt man schon das Gefühl, dass sie hauptsächlich in den Händen von Psychopathen liegt, die ihre Vorstellungen anderen aufzwängen wollen. Die Welt, geführt von Menschen mit Persönlichkeitsstörungen und Minderwertigkeitskomplexen: Ist das nicht eine verrückte Vorstellung? Leider ist diese Vorstellung keine Dystopie, sondern ziemlich real.
Würde jeder den anderen im Großen und Ganzen so leben lassen, wie er will, gäbe es wohl weniger Kriege, Ausbeutung, Flucht, Elend, soziale Ungerechtigkeit und so weiter.
„Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt“ (Friedrich von Schiller).
Das Argument, würde man jeden so leben lassen, wie er will, dann würde auch Chaos in der Welt entstehen, ist nicht von der Hand zu weisen. Es bietet sich an dieser Stelle an, auf das nach wie vor aktuelle philosophische Thema „Ich und Wir“ beziehungsweise „Individualität und Gemeinschaft“ einzugehen. Schon mal vorweg: Die Lösung des Problems liegt im „Einander-Annehmen“.
Individualität und Gemeinschaft
Die Betrachtung der Menschheitsgeschichte unter diesem Aspekt zeigt ein ständiges Pendeln zwischen dem Wunsch nach persönlicher Freiheit einerseits, und dem Wunsch nach Schutz und Geborgenheit durch die Gemeinschaft andererseits — welche die Individualität zwangsläufig einengt.
Absolute individuelle Freiheit ist kaum möglich und dürfte auf Dauer auch nicht befriedigend sein, zumal der Mensch als soziales Wesen seine Individualität und die anderer Menschen zwangsläufig begrenzt. Insofern kann und will der Mensch uneingeschränkte Individualität auch gar nicht realisieren. Um zufrieden und stellenweise glücklich zu sein, braucht der Mensch beides: ein relativ freies Ich und die Geborgenheit der Gruppe.
Der eine mehr, der andere weniger. Zudem ist ein Zusammenleben von Menschen nicht möglich, wenn jeder nur bestrebt wäre, seine Individualität auszuleben. Die Sichtweise der anderen, die das Individuum gelten lassen muss, und die anderen, die wiederum die Sichtweise des Individuums gelten lassen, führen zu einer gewissen Harmonie. Selbstentfaltung ohne die Berücksichtigung der Gemeinschaft ist schwer möglich.
Die Frage, die sich stellt und die es zu beantworten gilt, ist demnach, wie ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen der Entfaltung des Selbst und der Notwendigkeit der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft gefunden werden kann.
Die Frage nach „Gemeinschaft oder nicht“ stellt sich am Anfang eines menschlichen Lebens ohnedies nicht. Ein neugeborenes Kind kann ohne die Gemeinschaft nicht überleben. Essen, trinken, sich entleeren, Sicherheit und so weiter funktioniert ohne die Einbindung in ein soziales System nicht.
Über die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse haben sich viele Denker Gedanken gemacht. Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow (1908 bis 1970) stellt meines Erachtens ein gutes Modell dar, um den Zusammenhang menschlicher Bedürfnisse zu verdeutlichen. Dieses Gedankenmodell der Motivation unterteilt sich in fünf Stufen:
Grafik: marketingenieur.ch
Entscheidend in diesem Modell ist nun, dass sich nach Meinung Maslows die menschliche Psyche sehr eng an diese Stufen hält. Erst wenn beispielsweise Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Schlafen befriedigt sind, kümmert sich der Mensch um seine Sicherheit, und erst wenn die gegeben ist, kümmert er sich um seine sozialen Bedürfnisse und Beziehungen — und so weiter. Akute Bedürfnisse auf jeder Stufe blenden die höher gelegenen Stufen aus den Interessen des Menschen vorerst aus.
Diese Bedürfnisse können ohne die Gemeinschaft kaum befriedigt werden. Neben der Bedürfnisbefriedigung werden uns Werte und Normen wie Vertrauen, Liebe, Rücksicht, Fairness und Einfühlungsvermögen von der Gemeinschaft vermittelt.
In Zeiten des Turbokapitalismus gehen diese Werte immer mehr verloren, und Gemeinschaften zerbrechen. Seine macht- und besitzgierigen Protagonisten benötigen zur Erreichung ihrer minderwertigen Ziele habsüchtige, materiell orientierte Menschen. Je mehr der Mensch auf sich bedacht ist, je mehr er versucht, sich über die anderen mittels Statussymbole zu erheben, desto besser für die Macht- und Besitzeliten. Gemeinschaft und Familie sind für die Machtgierigen störend, deswegen versuchen sie, diese Kollektive zu zerstören. Sie spalten die Gesellschaft mit Themen wie Klima, Migration, Wokeness, Krieg — mit dem Wissen, dass sich bekämpfende Teile der Gesellschaft abgelenkt sind und die im Hintergrund ablaufenden wichtigen Entscheidungen und Handlungen gar nicht mehr so richtig mitbekommen. Die Macht- und Besitzelite sowie ihre politischen und medialen Handlanger brauchen Einzelkämpfer und Egoisten, die sich gegenseitig ausstechen. Gemeinschaft gefährdet die menschheitsverachtenden Ziele der Eliten, die die Menschen als Zuchtvieh, als Verfügungsmasse sehen.
Im Sinne dieser Psychopathen soll nicht nur der Mensch als Konsument einzelkämpferisch und auf seinen Eigennutz bedacht sein, sondern auch der arbeitende Mensch. Vor allem junge Menschen, die am Anfang ihres Arbeitslebens stehen, sollen nach Möglichkeit rund um die Uhr verfügbar und flexibel sein, damit ihnen noch mehr Arbeit aufgehalst werden kann. Aber nicht nur die jüngeren, auch die älteren Arbeitnehmer sollen für die Erreichung der Eliten-Ziele herhalten.
In Deutschland wird wieder eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und eine weitreichende Reduzierung der Sozialausgaben in allen möglichen Bereichen diskutiert — weil die Kassen trotz einer Neuverschuldung in Billionenhöhe leer sind und die sinnbefreite Kriegswirtschaft der ökonomisch unfähigen Bellizisten angekurbelt werden soll.
Am liebsten wäre es den Eliten und ihren Handlangern, wenn Arbeitnehmer keine Trennlinie mehr zwischen Berufs- und Privatleben ziehen würden.
Der berufliche Druck verändert insbesondere junge Menschen von Grund auf. Sie sind erschöpft und haben kaum mehr Zeit für ausgleichende Muße, Zeit, um sich zu besinnen. Sie sind dauernd am “Machen“, nervös, überreizt und fühlen sich selbst und auch die anderen in ihrem Umfeld nicht mehr. Sie selbst werden zu leeren, ausgebrannten Hülsen, ohne nennenswerten menschlichen Inhalt, und auch ihr engstes Umfeld wie Kinder, Lebenspartner, Eltern oder Freunde nehmen diese „Untoten“ kaum mehr als menschliche Wesen mit all ihren Gefühlen und Bedürfnissen wahr. Sie verlieren mehr und mehr den Sinn für das „Wir“ und sind trotz ihrer äußerlich starken Aktivität innerlich inaktiv. Sie sind einsam innerhalb ihres Umfeldes, das sich immer stärker vernachlässigt fühlt. Kontakte werden nicht mehr gepflegt und gehen langsam auseinander, auch wenn sie an der Oberfläche noch vorhanden sind. Freunde werden aus den Augen verloren, die Beziehung mit dem Lebenspartner geht eventuell in die Brüche, und etwaigen Kindern fehlt der für sie so wichtige innerliche Kontakt zu einem oder auch zu beiden Elternteilen. Prost Mahlzeit, kann ich da nur sagen! Ist das der moderne Mensch? Wenn ja, möchte ich nicht modern sein.
Das sich stellende Problem ist, dass nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch die Individualität verloren geht. Menschen in diesem bedauernswerten Zustand haben sich meist meilenweit von sich selbst entfernt. Sie spüren sich nicht mehr, sie funktionieren nur noch. Und genau diesen Typus Mensch benötigt die momentane Form des Kapitalismus, der soziale und auch ökologische Werte mehr und mehr vernichtet. Wir steuern auf einen Abgrund zu. Jeder weiß das tief drinnen, sieht aber teilnahmslos zu, da er seiner Meinung nach „ja eh nichts dagegen tun kann“.
Anscheinend geht es dem Menschen in unseren Breitengraden immer noch „zu gut“ — zumindest materiell —, um sich gegen dieses skrupellose und menschenverachtende System aufzulehnen. Ihm fehlt die persönliche Betroffenheit, beziehungsweise er merkt gar nicht, dass er schon längst betroffen ist, da er mehr und mehr zu einem gefühllosen und unsozialen Zombie mutiert. Die Frage nach Individualität oder Gemeinschaftssinn stellt sich in diesem Fall gar nicht, da der zuvor beschriebene Mensch ja beides zunehmend verliert.
Individualität kann nur in einem sozialen Rahmen, in der Gemeinschaft entstehen.
Wenn ich versucht habe, Menschen von dieser menschenunwürdigen Situation zu überzeugen, wurde ich meist als Verschwörungstheoretiker beschimpft. Die meisten Verschwörungstheorien sind zu Realitäten geworden, siehe den Coronabetrug. Heute ehrt mich die Bezeichnung Verschwörungstheoretiker, weil er gleichzusetzen ist mit „über den Tellerrand hinausblicken“.
Die Menschen wurden nicht etwa in einen Käfig gesperrt, nein, sie halten ihn von innen zu, weil sie Angst haben, einen Gedanken zu Ende zu denken, der ihr Weltbild zerstören könnte. Sie müssten sich dann eingestehen, dass sie Situationen möglicherweise falsch eingeschätzt und Fehlentscheidungen getroffen haben.
Deswegen leben sie lieber mit der zweifellos bequemeren Lüge und erklären sich mit anderen im Käfig Sitzenden solidarisch. Mittlerweile versuche ich niemanden mehr zu überzeugen. Irgendwo habe ich einmal sinngemäß gelesen: Ein kluger Mensch gibt einen Rat nur auf Anfrage, ein weiser Mensch nicht einmal dann.
Menschen sind soziale Wesen und wollen irgendwo dazugehören. Sie geben zu diesem Zweck auch öfters mal ihre Individualität und eigene Kultur auf und orientieren sich an der herrschenden Meinung der Gesellschaft (Mainstream) oder ihrer Bezugsgruppen. „Nonkonformisten“, die sich nicht der Meinung der Mehrheit anpassen, sind dünn gesät. Wesentliche Gründe hierfür habe ich im ersten Artikel der Reihe „Persönliche Entwicklung“ dargelegt. Hier der Link dazu.
Konformisten leben nicht ihr Leben, sondern das, welches von ihnen erwartet wird.
Gleichschaltung und Mainstream
Die Gleichschaltung des Massengeschmacks — gleiches Essen, gleiche Kleidung, gleiche Musik, gleiche Freizeitgestaltung und so weiter — verarmt die kulturelle Vielfalt der Welt.
Die geschickte Gleichschaltung der Meinung der Massen durch die sich in der Hand der Eliten befindlichen Medien machten menschenfeindliche Phänomene wie „Pandemie der Ungeimpften“ oder erneute „Kriegstüchtigkeit“ und völlig unbegründete Aggression gegen Russland möglich. Wo bleibt da bitte schön die Lebensweisheit „Leben und leben lassen“? Sie wurde und wird mit Füßen getreten. Kein normaler Mensch möchte im Krieg leben, kein psychisch gesunder Mensch möchte mit seinem Nachbarn im Streit sein. Die psychisch kranken Macht- und Besitz-Eliten und ihre politischen Erfüllungsgehilfen lassen uns nicht in Frieden leben, wie wir das gerne hätten. Ihre menschheitsverachtenden Ziele haben Vorrang vor dem Ziel von acht Milliarden Menschen, die einfach nur ihr Leben leben wollen. Sollte man dagegen nicht langsam mal etwas tun? Auch das gehört zur persönlichen Entwicklung: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!
Durch Gleichschaltung und Mainstream entsteht zwar auch so etwas wie Gemeinschaftssinn, aber die Individualität leidet darunter enorm. Menschen sind, wie bereits erwähnt, wesentlich leichter lenkbar, wenn sie sich konform wie eine Schafherde verhalten. Die Eliten wissen genau, auf was die „Schafe“ anspringen. Sie haben in die Erforschung der menschlichen Verhaltensweisen unvorstellbare Summen investiert, um herauszufinden, wie wir ticken. Und sie wissen es. Und wenn die Schafe doch mal aus der Reihe tanzen, gibt es auch in der angeblichen Demokratie Schäferhunde, welche die Schäfchen wieder auf Einheitskurs bringen. Die Coronadiktatur lässt grüßen.
Der Respekt vor dem Leben und der Lebensweise anderer sollte doch einer unserer höchsten Grundsätze sein, oder? Es ist doch völlig egal, wie andere Menschen leben, Hauptsache, sie lassen uns unseres.
Wenn Sie sich nicht tätowieren lassen wollen, dann tun Sie es nicht, wenn Sie keine gleichgeschlechtliche Beziehung führen wollen, dann führen Sie keine, wenn Sie Alkohol und Zigaretten nicht mögen, dann konsumieren Sie diese Suchtstoffe nicht, wenn Sie übermäßigen Sex für ungut halten, dann praktizieren Sie weniger, wenn Ihnen Indien zu dreckig ist, dann fahren Sie nicht hin. Aber warum sollen andere darauf verzichten, wenn es ihnen gefällt?
Kein Mensch hat Ihnen vorzuschreiben, wie Sie zu leben haben, und Sie sollten sich auch nicht einmischen in die Lebensführung anderer. Jeder sollte sein Leben so leben, wie er will, solange er bei anderen Menschen keinen Schaden damit anrichtet.
Auf einer nicht mehr verfügbaren Seite der Waldorfschule habe ich einmal Folgendes gelesen, was zur Abrundung dieses Abschnittes dienen soll:
„Individualisierung ist nur in der Gemeinschaft möglich. Vielfalt der menschlichen Begegnung und Begabung stellen dabei anregende Elemente dar. Waldorfpädagogik versucht, durch eine ganzheitliche Gestaltung des Unterrichts und mannigfaltige menschliche Kontakte geeignete Voraussetzungen dafür zu schaffen. Unterschiedliche Begabungen und Leistungen sind dabei nicht Kriterien sozialer Diskriminierung. Wo das Mögliche des Individuums als Leistungsmaßstab genommen und anerkannt wird, bildet sich die Gemeinschaft aus den bejahten Beiträgen der Einzelnen. Gemeinschaft und Individuum wachsen. Die Waldorfschule bietet eine Vielzahl an Erfahrungsfeldern für die individuelle Entwicklung im Sozialen.“
Artikel 3 Grundgesetz und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Auch der Gesetzgeber hat sich über die Maxime „Leben und leben lassen“ Gedanken gemacht, und im Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland folgende Regelung getroffen:
- Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
- Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
- Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Dieser Grundsatz der Gleichbehandlung gilt vorerst nur für das Handeln des Staates gegenüber Bürgern, nicht aber für Bürger untereinander, da er eine Norm öffentlichen Rechts darstellt, also das Verhältnis des Staates gegenüber den Bürgern regelt. Im privatrechtlichen Verhältnis, also beispielsweise Arbeitgeber versus Arbeitnehmer, ist dieses Gesetz grundsätzlich nicht anwendbar, wenn auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung diese Norm in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer wieder einmal anwendet.
Also musste ein Gesetz her, das auch im privaten Bereich der Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsschichten Einhalt gebietet. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) — im Volksmund auch Antidiskriminierungsgesetz genannt — wurde am 14. August 2006 erlassen. Dieses deutsche Bundesgesetz soll „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen“.
Zur Realisierung dieses Ziels erhalten die durch das Gesetz geschützten Personen Rechtsansprüche gegen private Arbeitgeber und auch gegen andere private Menschen und Institutionen, wenn diese ihnen gegenüber das Gleichbehandlungsgesetz außer Acht lassen.
An diesem Gesetz, das häufig im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer Anwendung findet, sollte sich auch der einzelne Bürger orientieren.
Nichtsdestotrotz möchte ich an dieser Stelle wieder einmal meinen Unmut über die übertriebene und teilweise dümmliche „Wokeness“ auslassen. Menschen, die mich kennen, wissen, dass es für mich nur eine Begegnung mit anderen Menschen auf Augenhöhe gibt, egal welches Geschlecht, sexuelle Neigung, Hautfarbe, Nationalität oder sonstiges Unterscheidungskriterium das Gegenüber auch haben mag. Ich bin aber nicht dazu bereit, mein Leben wegen anderer — sei es nun eine Minderheit oder Mehrheit — grundlegend zu ändern. Das kann keiner von mir verlangen, und ich verlange es auch nicht von anderen. Leben und leben lassen.
Ich liebe die menschliche Vielheit, auch mit all ihren „Verrücktheiten“, die das Leben bunter machen. Niemand sollte andere verurteilen, weil sie anders ticken, denken und leben. Meines Erachtens „Kleingeistige“ versuchen jedoch diese Vielfalt einzuschränken.
Der Song „Lasse redn“ von den „Ärzten“ spiegelt diese Kleinheit vieler Menschen recht gut wider. Die meisten unter Ihnen kennen den Inhalt des Lieds wahrscheinlich schon. Hier der gelungene Text:
„Hast du etwas getan, was sonst keiner tut?
Hast du hohe Schuhe oder gar einen Hut
Oder hast du etwa ein zu kurzes Kleid getragen
Ohne vorher deine Nachbarn um Erlaubnis zu fragen?
Jetzt wirst du natürlich mit Verachtung gestraft
Bist eine Schande für die ganze Nachbarschaft
Du weißt noch nicht einmal genau, wie sie heißen
Während sie sich über dich schon ihre Mäuler zerreißen
Lass die Leute reden und hör ihnen nicht zu
Die meisten Leute haben ja nichts Besseres zu tun
Lass die Leute reden, bei Tag und auch bei Nacht
Lass die Leute reden — das haben die immer schon gemacht
Du hast doch sicherlich ne Bank überfallen
Wie könntest du sonst deine Miete bezahlen? Und
Du darfst nie mehr in die Vereinigten Staaten
Denn du bist die Geliebte von Osama bin Laden
Rasierst du täglich deinen Damenbart oder
Hast du im Garten ein paar Leichen verscharrt?
Die Nachbarn hab’n da sowas angedeutet
Also wunder dich nicht, wenn bald die Kripo bei dir läutet
Lass die Leute reden und hör einfach nicht hin
Die meisten Leute haben ja gar nichts Böses im Sinn
Es ist ihr eintöniges Leben, was sie quält
Und der Tag wird interessanter, wenn man Märchen erzählt
Und wahrscheinlich ist ihnen das nicht mal peinlich
Es fehlt ihnen jede Einsicht
Und wieder mal zeigt sich:
Sie sind kleinlich
Unvermeidlich fremdenfeindlich
Hast du gehört und sag mal, wusstest du schon?
Nämlich: Du verdienst dein Geld mit Prostitution
Du sollst ja meistens vor dem Busbahnhof stehn
Der Kollege eines Schwagers hat dich neulich gesehn
Lass die Leute reden und lächle einfach mild
Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der Bild
Und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht
Aus Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht
Lass die Leute reden, denn wie das immer ist:
Solang die Leute reden, machen sie nichts Schlimmeres
Und ein wenig Heuchelei kannst du dir durchaus leisten
Bleib höflich und sag nichts — das ärgert sie am meisten
5.4 Fazit
Es ist wichtig, zu erkennen, ob man wirklich eigene Entscheidungen trifft, oder ob diese Entscheidungen eher manipuliert sind beziehungsweise werden und man letztendlich nur das macht, was andere von einem erwarten. Ein fremdgesteuertes Leben ist in meinen Augen kein erfülltes Leben und bringt einen in seiner persönlichen Entwicklung nicht weiter. Viele Menschen glauben, eigene Entscheidungen zu treffen, wenn sie frei zwischen Alternativen wählen. Das ist meines Erachtens ein Trugschluss.
*„Der Mensch kann wohl tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will“ (Arthur Schopenhauer).
Das „Wollen“ wird uns schon von klein auf eingetrichtert, in der Kita oder spätestens in der Schule. So verwundert es nicht, dass die meisten Menschen glauben, freie Entscheidungen zu treffen.
Die Kunst des Lebens spiegelt sich in einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen der Entfaltung des Selbst und der Notwendigkeit der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft. Ohne die Gemeinschaft wird sich auch unsere Individualität nicht großartig weiterentwickeln können.
Entschuldigen Sie nachfolgend den Imperativ. Keiner — und schon gar nicht meine Wenigkeit — hat Ihnen etwas zu befehlen. Dennoch: Lassen Sie sich von in Gedankengebäuden gefangenen Gesinnungsethikern nicht vereinnahmen und folgen Sie nur ihrem eigenen Gewissen (Verantwortungsethik). Ersetzen Sie Ihr eventuell vorhandenes „autoritäres Gewissen“, das Ihnen eine wie auch immer geartete Autorität eingepflanzt hat, durch ein „humanistisches Gewissen“, das den Menschen in den Vordergrund stellt — und nicht irgendeine Ideologie — und ihn so lässt, wie er ist. Leben und leben lassen.
Hören Sie im Zweifelsfall auf Ihre innere Stimme, wenn Sie diese noch hören, und nicht auf andere — wie zum Beispiel mich.
Machen Sie Ihr Ding im Rahmen sozialer Verantwortung.