Schikaniere einen, erziehe Hunderte

Michael Ballwegs Prozess endete mit einem Fast-Freispruch — schon die Tatsache, dass er überhaupt stattfand, hat der Demokratie und dem Vertrauen in die Justiz in diesem Land jedoch schweren Schaden zugefügt.

Im Strafprozess gegen Michael Ballweg sprach das Landgericht Stuttgart den Angeklagten in wesentlichen Punkten frei. Schuldig gesprochen wurde er wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 19,53 Euro. Diese Erbsenzählerei diente den Hauptmedien als Vorwand dafür, den Begründer der Querdenken-Bewegung doch ein bisschen schuldig finden zu können und seinen Verfolgern das schlechte Gewissen zu ersparen, welches sie gerechterweise empfinden sollten. Denn Michael Ballweg saß für neun Monate in Untersuchungshaft, verlor viel Geld, Nerven und unwiederbringliche Lebenszeit — für nichts! Wie auch immer die medialen Unterstützer seiner Verfolgung die Dinge jetzt drehen und wenden mögen — Michael Ballweg ist ein Opfer politischer Justiz geworden. Die Staatsanwaltschaft wollte den „Staatsfeind Nummer 1“ abgeurteilt oder zumindest über viele Monate gepeinigt sehen — zur Abschreckung für alle, die zukünftig mit dem Gedanken spielen sollten, Ähnliches zu wagen.

Der Sitzungssaal 1 im Gerichtsgebäude war bis auf den letzten der 150 Plätze belegt. Medien, die den Prozess monatelang mieden, erschienen wieder. Die Urteilsverkündung verschob sich um eineinhalb Stunden: Nach zehn Monaten Prozessdauer hat das Landgericht Stuttgart sein Urteil über Michael Ballweg, den Gründer der coronakritischen Querdenken-Bewegung, gesprochen.

Erstens: Er wird vom Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs in 9.450 Fällen freigesprochen. Dass er seine eigenen Querdenken-Anhänger planmäßig betrogen und 576.000 Euro in die eigene Tasche gesteckt haben soll, sah das Gericht nicht. Im Gegenteil: Die Beweisaufnahme ergab, dass die gespendeten Gelder maßvoll und bewusst für Querdenken-Aktivitäten ausgegeben worden waren.

Zweitens: Auch vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in seinem privaten Steuerfall, sprich: Einkommensteuer, wurde Ballweg freigesprochen.

Schuldig sprach ihn das Gericht — drittens — in zwei Fällen einer vollendeten Steuerhinterziehung, die seine IT-Firma betraf, sowie in drei Fällen einer versuchten Steuerhinterziehung, ebenfalls bei seiner IT-Firma in Höhe von 2.072,85 Euro.

Was von bestimmten Medien bereitwillig aufgegriffen wurde, um zu vermelden, Ballweg sei wegen Steuerhinterziehung schuldig gesprochen worden, lohnt sich genauer anzuschauen. Denn es ist ein Dokument der Schande für den politisch missbrauchten Rechtsstaat.

Laut Gericht hat der Steuerberater von Ballweg konkret einmal 11,42 Euro und einmal 8,11 Euro hinterzogen, indem er „unberechtigt Vorsteuer“ bei der Umsatzsteuer der Ballweg-Firma geltend gemacht und Ballweg das zugelassen habe. Die „versuchte“ Steuerhinterziehung bezieht sich auf Beträge in Höhe von 23,85 Euro, 1.033 Euro und 1.016 Euro, zusammen also 2.072,85 Euro.

Eine Summe von 19,53 Euro bei einer Firma, die jährliche Umsätze im sechsstelligen Bereich machte, führte also zum (Teil-)Schuldspruch des Querdenken-Gründers. Das ist keine wirkliche Straftat, das ist nicht einmal ein „Tätchen“. Es ist kurioserweise Ausdruck der akribischen Arbeit der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart beziehungsweise besser: Ausdruck der Willkür der Anklageschrift, mit der das Gericht gezwungen war, umzugehen. Denn wenn eine Anklagebehörde Selbstverständlichkeiten zu kriminellen Taten erklärt und ein verantwortungsvolles Gericht die Vorwürfe genau untersucht, kommt eben so etwas heraus. Und wenn festgestellt wird, dass eine Tat 19,53 Euro umfasst, muss man sie auch sanktionieren. Dass die Kammer nun genau das getan hat, ist die Reaktion auf diese Zumutung. Sie hält der Staatsanwaltschaft und allen, die die Vorverurteilung Ballwegs mittrugen, den Spiegel vor. Es ist eine Blamage für den Rechtsstaat.

Als Strafe für die Steuerhinterziehung und die versuchte Steuerhinterziehung verhängt das Gericht lediglich eine „Verwarnung“, verbunden mit einer angedrohten Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro, die ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt wird. Für die 279 Tage U-Haft wird Ballweg entschädigt. Sein beschlagnahmtes Vermögen in Höhe von 331.000 Euro wird freigegeben, zusätzlich bekommt er Schadensersatz. Die Kosten für das Verfahren muss er, soweit er steuerrechtlich verurteilt wurde, selbst tragen. Die Kosten des Betrugsverfahrens übernimmt, weil er freigesprochen wurde, die Staatskasse.

Zweigeteilte Kosten des Verfahrens — das ist der nächste skurrile Punkt dieses mutwilligen Strafverfahrens. Denn wie will man auseinanderhalten, wo steuerrechtliche Fragen verhandelt wurden und wo die Betrugsfrage? Zumal der Sprecher des Landgerichts auf die Frage nach den Kosten des Verfahrens erklärte, man könne sie nicht konkret beziffern oder „eins zu eins“ erfassen, etwa Gehälter der Richter und Justizbeamten. Er wollte sich nicht einmal auf eine Größenordnung festlegen. Die Kosten sollen in einem eigenen Verfahren geklärt werden.

Beide Seiten — Ballweg und die Staatsanwaltschaft — haben eine Woche Zeit, um Revision einzulegen.

Ein Urteil wegen „sehr geringer Schuld am untersten Rand der Sanktionsmöglichkeiten“, fasste es die Vorsitzende Richterin zusammen. Und ein selten kompliziertes Urteil, das nur verständlich wird vor dem politischen und gesellschaftlichen Spannungsfeld, in dem das Verfahren von Anfang stand: den anhaltenden Kontroversen um die Coronajahre mit den umstrittenen Maßnahmen sowie den bundesweiten Protesten dagegen.

Dass das Verfahren politisch motiviert gewesen sei, wird von der Staatsanwaltschaft sowie etablierten Medien bis heute bestritten. Man könnte auch sagen, gerade von denen, die das Verfahren aus politischen Gründen anstrengten oder begrüßten. Tatsächlich hat die zehnmonatige Hauptverhandlung ergeben, dass gegen Ballweg vorgegangen wurde, weil er Proteste gegen die Coronamaßnahmen organisierte. So war zunächst versucht worden, ein Verfahren wegen Geldwäsche gegen ihn zu betreiben. Weil der Verdacht aber nicht haltbar war, wurde der Begriff „staatsschutzrelevant“ hinzugefügt, womit das Verfahren dann gerechtfertigt werden konnte. „Staatsschutzrelevant“ aus keinem anderen Grund als den Aktivitäten gegen die Coronapolitik. Der Geldwäschevorwurf musste später fallen gelassen werden, war aber entscheidend, um im Juni 2022 eine Hausdurchsuchung gegen Ballweg durchzuführen, an deren Ende seine Inhaftierung stand.

Zwei Beispiele für die manipulative Vorgehensmethode der Staatsanwaltschaft:

Erstens: Sie behauptet, nach dem Gang der Hauptverhandlung „stehe fest“, dass Ballweg sich wegen „versuchten Betruges in 9.450 Fällen“ strafbar gemacht habe. Tatsächlich hatten die Zeugenvernehmungen ergeben, dass von den 9.450 Personen, die Schenkungen an Ballweg geleistet hatten, lediglich 1.058 von den Ermittlern angeschrieben und um Antworten gebeten worden waren. Von diesen 1.058 Angeschriebenen schickten 662 den Fragebogen zurück, darunter waren 68, die keine Angaben machten. Es blieben also ganze 594 Fälle, von denen man das Motiv für ihre Geldschenkung untersuchen könnte. Von denen wiederum habe „knapp ein Drittel verneint“, dass Ballweg das Geld auch privat habe verwenden dürfen. Das wären an die 200 Fälle, aber nicht 9.450.

Was sich die übergroße Mehrheit der Schenkenden dachte, weiß die Staatsanwaltschaft schlicht nicht, lässt man außer Betracht, dass nach der Spendenlogik eine Mehrheit von zwei Dritteln eine private Verwendung der Spenden durch Ballweg also akzeptiert hätte. Doch die Staatsanwaltschaft macht nun Folgendes: Sie sagt, es komme nicht darauf an, ob sich ein Spender betrogen fühlt oder nicht. Denn Ballweg habe ja alle betrügen „wollen“, es liege also ein allgemeiner Betrugsversuch in 9.450 Fällen vor. Nur: Warum sollten dann überhaupt angebliche Betrugsopfer ermittelt werden? Das hätte sich die Staatsanwaltschaft ja sparen können. Die Antwort:

Die Behörde braucht die allgemeine Betrugsunterstellung, weil sie konkret keine Betrogenen finden kann. Das ist nicht Nachweis-Strafrecht, sondern Willkür-Strafrecht.

Zweites Beispiel: Am 31. August 2022 lief die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2020 ab. Ballweg saß seit 29. Juni 2022 in U-Haft, aber nicht wegen Steuervergehen, sondern wegen der Unterstellung, er habe die Spender betrogen. Dabei hatten die nötigen Betrugsermittlungen noch lange nicht stattgefunden. Erst im Oktober 2022 wurden die Briefe an die 1.058 Querdenken-Spender verschickt und um Antwort gebeten. Da saß Ballweg bereits fast vier Monate in U-Haft.

Ganze sechs Tage nach Fristablauf für die Steuererklärungen, am 6. September 2022, wurde gegen Ballweg ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eröffnet. Das nahm die Steuerfahndung des Finanzamtes Stuttgart vor, die da schon seit Monaten in der Causa Ballweg für die Staatsanwaltschaft tätig war. Die Anklagebehörde übernahm das Verfahren kurz darauf. In keinem anderen Fall einer Fristversäumnis wurde ein Strafverfahren eingeleitet; üblich ist zunächst ein Mahnverfahren.

Der angebliche Grund für die Einleitung des Strafverfahrens gegen Ballweg sollen die „Vorermittlungen“ der Steuerfahndung gegen ihn gewesen sein. Das Strafverfahren sei deshalb zwingend gewesen, behauptete ein Steuerfahnder als Zeuge vor Gericht. Doch diese Vorermittlungen waren bereits Willkür, weil bis dahin steuerrechtlich nichts gegen Ballweg vorlag, es also nichts zu ermitteln gab.

Dass die Vorermittlungen aber außerdem zu einem Strafverfahren führen „mussten“, trifft nicht zu und wird vom Leiter des zuständigen Finanzamtes in Stuttgart auf Nachfrage bestritten. Es ist eine Erfindung von Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft, mit der eine angebliche Straftat Ballwegs — Steuerhinterziehung — erst geschaffen wurde.

Tatsächlich ist die absichtliche Konstruktion eines falschen Vorwurfs nicht nur kriminell, sondern hier auch politisch. Das von der Staatsanwaltschaft angestrengte Gerichtsverfahren war die Fortsetzung des Coronaregimes.

Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am 31. Juli 2025 begann auf der Ad-hoc-Pressekonferenz im Gerichtsgebäude bereits die Auseinandersetzung um die Deutung des Urteils. Auch das ein Zeichen für den politischen Hintergrund des Falles. Die Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer drei Jahre Haft ohne Bewährung für Ballweg gefordert hatte, erklärte, sie vertrete weiterhin eine andere rechtliche Einschätzung als die Kammer, Ballweg trage „keine geringe Schuld“. Ob die Behörde Rechtsmittel einlege, sei noch zu entscheiden.

Dass die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft kürzlich im Gerichtssaal gesagt hatte, die Behörde werde auf jeden Fall Rechtsmittel einlegen, nannte die Sprecherin der Behörde „ein Missverständnis“. Das sei nur „dahergesagt“ gewesen.

Eine Niederlage oder Blamage will die Anklagebehörde in dem Urteil nicht sehen, sie habe lediglich ihre Aufgabe wahrgenommen, antwortete die Pressesprecherin auf eine entsprechende Journalistenfrage.

Michael Ballweg und seine insgesamt vier Verteidiger bezeichneten den Urteilsspruch nicht als (Teil-)Freispruch, sondern als „kompletten Freispruch“ und eine „maximal mögliche Niederlage für die Staatsanwaltschaft“. Dass eine Kammer einen (Teil-)Schuldspruch mit 19,53 Euro begründete, sei eine „Peinlichkeit für diesen Staat“, eine „groteske Nummer“. Da wäre ein ganzer Freispruch besser gewesen. Die Verteidigung lobte aber die Strafkammer: Hätte sie nicht so gründlich gearbeitet, hätte es sein können, dass Ballweg auch zu Unrecht verurteilt worden wäre.

Die Richter hatten wiederholt vorgeschlagen, das Verfahren bedingungslos einzustellen, womit ihnen erspart geblieben wäre, ein derart differenziertes und umständliches Urteil formulieren zu müssen. Noch unmittelbar vor Beginn der Plädoyers hatte die Vorsitzende Richterin die Beteiligten, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, ein letztes Mal gefragt, ob sie sich nicht doch auf eine Einstellung des Verfahrens einigen könnten. Das scheiterte an der Staatsanwaltschaft, die vom Angeklagten Ballweg ein gewisses Schuldeingeständnis, eine Geldauflage sowie den Verzicht auf Entschädigung für die neunmonatige Untersuchungshaft verlangte.

Am Ende ihrer über einstündigen Urteilsbegründung sagte die Vorsitzende Richterin einen Satz, der ihre Enttäuschung über diese Kompromisslosigkeit zum Ausdruck bringt, der aber auch als Kritik an diesem Verfahren und seinen Hintergründen verstanden werden kann:

„Zwei vollendete Steuerhinterziehungen in Höhe von insgesamt 19,53 Euro sowie drei versuchte Steuerhinterziehungen in Höhe von insgesamt 2.072,85 Euro — das ist es, was dem Angeklagten nach über 40 Verhandlungstagen vorzuwerfen ist.“

Die Kontroverse um dieses Verfahren wird weitergehen und muss die Politik in den Fokus nehmen. Das ist auch ein Ergebnis der Hauptverhandlung. Der Prozess geriet im Verlauf des Verfahrens zu einer verbissenen Auseinandersetzung zwischen Staatsanwaltschaft, Finanzamt und Gericht, sprich: zwischen Exekutive und Judikative. Er hat in 43 Verhandlungstagen die durch die Exekutive festgezurrte Konstruktion ins Wanken gebracht.

Der Öffentlichkeit erschloss sich das nicht unbedingt, vor allem weil die etablierten Medien den Prozess boykottierten.

Sichtbar ist inzwischen aber geworden, dass im Hintergrund die Landesregierung von Winfried Kretschmann ihre Finger im Spiel hat. Das Finanzministerium dirigierte bereits Ende 2020 das Vorgehen des Finanzamtes Stuttgart gegen Ballweg. Und das Justizministerium ließ sich regelmäßig von der Staatsanwaltschaft über das Ermittlungsverfahren unterrichten.

Ministerpräsident Kretschmann zählt zu jenen politischen Funktionsträgern, die den Corona-Ausnahmezustand gerne benutzten, um der Exekutive die Zügel abzulegen. Die fundamentalistische Coronapolitik duldete keinen Widerspruch, also müssen die Opponenten bestraft werden, so ihre Logik. Und Michael Ballweg hatte mit den Massendemonstrationen gegen die Coronapolitik im Jahr 2020 in Berlin das deutsche Establishment in helle Aufregung versetzt. Das verzeihen sie ihm und allen Corona-Protestlern nicht.