Vom Recht, nicht dort zu sein
Deutsche Politiker kümmern sich um die Zuführung ukrainischen Kanonenfutters für den wertewestlichen Krieg auf ukrainischem Boden.
Ein hervorstechendes Merkmal von Sessel besetzenden Kriegstreibern — eine Kategorie, in die ein erklecklicher Teil der gegenwärtig regierenden politischen Eliten einzuordnen ist — besteht darin, dass sie andere zum Krieg treiben und dabei gern mit großer moralischer Geste auftreten. Für deren zweifelhafte Werte dürfen andere auf dem Schlachtfeld Blut vergießen oder gleich elendiglich zugrunde gehen. Sie, diese Sofakrieger, nehmen sich das Recht heraus, anderen den Kriegsdienst zur Pflicht zu machen.
Sie nehmen sich außerdem das Recht heraus, die Bedingungen für eine Pflicht zum Krieg zu definieren. Ihr eigener, beschränkter, ideologischer Kosmos legt den Maßstab fest, der darüber entscheidet, wann es kriminell ist, sich dem Wehrdienst, sprich der Einberufung an irgendeine Front, zu entziehen. Das ist also eines der Themen in diesem Text. Doch kann man manchmal gar nicht so um die Ecke denken, um mögliche Zusammenhänge zu anderen politischen Entscheidungen zu erfassen. Beginnen wir mit dem ukrainischen Kanonenfutter, besser ausgedrückt mit den unzähligen Menschen, die sich als solches nicht mehr benutzen lassen wollen.
Wie man Ukrainer an die Front „bittet“
Es gibt da ein Problem in den hiesigen, Macht innehabenden politischen Kreisen. Entsprechend wird es auch in den Medien „diskutiert“, um mittelfristig einer Lösung zugeführt zu werden. Man spricht von einem „Aufreger“, was die Frage impliziert: Wer sind die Leute, die da von einem „Aufreger“ sprechen?
„Es gibt noch einen zweiten Aufreger im Zusammenhang mit Ukrainern, die hier bei uns leben. Und zwar spricht man von 260.000 wehrfähigen Männern, die im Bürgergeld seien und das könne ja nicht gehen. Ist das tatsächlich ein Problem?“ (1).
Diese Frage wurde bei ntv dem FDP-Vizechef Johannes Vogel gestellt. Hier die Antwort (Indizierungen durch Autor):
„Ich glaube, wenn Jemand hier Schutz hat, Schutz verdient (2.), und die Ukrainerinnen und Ukrainer (1.) fliehen wegen dem Krieg, mit dem ihr Land überzogen wird, dann sollten wir nicht Jemandem dort unterstellen — zumal die Ukraine sich ja selber darum kümmert, zu entscheiden, wer wird zum Wehrdienst eingezogen —, sollten wir nicht unterstellen, dass Leute sich dem entziehen (3.). Was wir tun können, um die Ukraine zu unterstützen, ist, sie mit militärischem Gerät zu unterstützen (4.). Das tun wir. Wenn es nach mir geht, auch gern noch sehr viel entschlossener (5.). Richtig ist: Wer hier ist und das Recht hat, hier zu sein, und nicht in der Ukraine gebraucht wird (6.), den müssen wir schnell in den Arbeitsmarkt bringen (7.)“ (1i).
Diese Stellungnahme werden wir nachfolgend etwas auseinander nehmen. Das Ergebnis sei vorweggenommen: Der aktuell erst 44-jährige stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP (2) könnte es noch weit bringen. Denn seine Aussagen sind politisch korrekt, so korrekt, wie es korrekter kaum sein kann. Politisch korrekt meint, dass sich seine Worte geradezu unterwürfig den geltenden politischen Narrativen der Macht anschmiegen. Also filetieren wir einmal das Ganze und beginnen mit nur scheinbar Profanem:
1. „Ukrainerinnen und Ukrainer“
Das ist eine dienernde Korrektheit, die kaum noch auffällt. Ukrainerinnen sind offensichtlich keine Ukrainer. Es sei denn, man fühlt sich bemüßigt, zwanghaft einen sexuellen Kontext in nichtsexuelle Themen einzubringen. Dann müssen auch ...innen explizit genannt werden. Wie es um die Würdigung der anderen 80 — oder waren es mehr? — Geschlechter steht, möchte an dieser Stelle nicht weiter ausgewalzt werden. Politisch korrekt ist es auf jeden Fall. Solche Korrektheiten müssen in Fleisch und Blut übergehen, wenn man es weit bringen möchte.
2. „wenn Jemand hier Schutz hat, Schutz verdient.“
Johannes Vogel geht nicht in die karriereschädigende Falle, die sich da vor ihm auftut. Er bereitet das Feld vor und ukrainische Männer in Deutschland dürften bereits an dieser Stelle ahnen, was die Glocke geschlagen hat. Denn was interpretiert das Komma? Dass Jemand, der Schutz hat, diesen auch verdient? Semantisch ist das möglich, aber die dahinter liegende Intention ist ziemlich sicher eine andere. Wie liest es sich, wenn man das Komma durch ein und ersetzt? Rhetorisch ist das geschickt gemacht. Hier kümmert sich Jemand um Schutzbedürftige — tatsächlich?
3. „sollten wir nicht unterstellen, dass Leute sich dem Wehrdienst entziehen.“
Mit solchen Konstrukten funktioniert Gehirnwäsche. Vogel ist allerdings selbst gehirngewaschen. Der Jungpolitiker dürfte sich kaum bewusst sein, wie subtil seine Aussage im Kopf des Konsumenten arbeitet. Eine Unterstellung deutet darauf hin, dass dem Unterstellten Handlungen und Denkweisen vorgeworfen werden, die nicht korrekt sind. Dass er nicht nur geltendes Recht, sondern auch ethische und moralische Normen verletzt. Vogel sagte nun, dass man das nicht unterstellen sollte. Er verteidigt sozusagen die angegriffene Gruppe — tatsächlich?
Die Aussage hinter der Aussage lautet nämlich, dass es verwerflich ist, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Aber diese Aussage ist in Richtung Ukraine gerichtet.
Sie lautet implizit, dass es verwerflich ist, dem Fronteinsatz in der Ukraine zu entfliehen. Wir reden im wahrsten Sinne des Wortes von Kriegsflüchtlingen. Tendenziös hat Vogel damit Leuten, die bei diesem Abschlachten nicht mitmachen wollen, charakterliche Defizite unterstellt. Wohlgemerkt sind unter den ukrainischen Männern auch einige Hunderttausend, die sich dagegen wehren, gegen ihre ethnischen Brüder zu Felde zu ziehen. So, als ob da ein Bürgerkrieg stattfände (a1). Aber die Menschen haben sehr wohl ein Recht darauf, nicht „dort“ zu sein.
Noch etwas Bemerkenswertes steckt in dieser Passage. „Wir (alle) sollten das nicht unterstellen, dass Leute sich dem Wehrdienst entziehen.“ Wir (alle) sollten einfach so tun, als ob es die massenweisen Desertierungen ukrainischer Männer nicht gäbe. Wir (alle) sollten einfach weiter dem Narrativ anhängen, dort, in der Ukraine, würde ein Volk kollektiv geeint wie heldenhaft und gewissermaßen freiwillig in die Schlacht gegen „die Russen“ ziehen. Wir (alle) sollten uns auf keinen Fall mit dem Gedanken anfreunden, dass die Ukrainer diesen, im Auftrag des Wertewestens angefachten Krieg einfach leid sind. Dass es nicht ihr, sondern unser Krieg ist, den sie für uns nicht mehr weiterzuführen gedenken.
4. „Was wir tun können, um die Ukraine zu unterstützen, ist, sie mit militärischem Gerät zu unterstützen.“
Wir erkennen das übliche, hohle Geplapper von der „Unterstützung der Ukraine“. Weit über zwei Jahre, nachdem Russland militärisch interveniert hat, wird einer „militärischen Unterstützung“ der Ukraine das Wort geredet, die zu hunderttausenden toten Soldaten und noch mehr verletzten geführt hat.
Eine „Unterstützung“, welche zu einer weiteren Zerrüttung des Landes sowie Polarisierung und Radikalisierung im Land führte. Ein Land, in dem Millionen Angst davor haben, in den Fleischwolf der Frontschauplätze geworfen zu werden. Was anderes, „was wir tun können“, fällt uns — gemeint sind Vogel und Seinesgleichen — nicht ein. Friedliche Lösungen, Verständigung, Diplomatie: Gott bewahre. Ein FDP-Kriegstreiber kennt nur den Sieg auf dem Schlachtfeld, das er selbst natürlich meidet.
5. „Das tun wir. Wenn es nach mir geht, auch gern noch sehr viel entschlossener.“
Das ist eine persönliche Anbiederung Vogels für höhere Weihen, für Einen, der vorgeblich mutig zur Entschlossenheit aufruft. Es ist sozusagen sein ganz persönlicher Beitrag in einer ansonsten machtkonformen Stellungnahme. Hier verdeutlicht sich der erbärmliche Mut des Schreibtischkriegers.
6. „Richtig ist: Wer hier ist und das Recht hat, hier zu sein, und nicht in der Ukraine gebraucht wird (...)“
Achtung, liebe Ukrainer männlichen Geschlechts, die nach Deutschland geflüchtet sind: Der sich gerade ausdrücklich als Kriegstreiber bekennende Johannes Vogel hat Euch ein paar Perspektiven aufgezeigt. Hier, in Deutschland, seid Ihr derzeit. Ob Ihr auch das Recht habt, hier zu sein, kann den Umständen entsprechend jederzeit neu geprüft werden. Doch im Grunde ist selbst das unwichtig. Denn schließlich gilt es nur, wenn Ihr nicht in der Ukraine gebraucht werdet. Aber das werdet Ihr. Zwar nicht von Euren Mitbürgern. Dafür von einer korrupten, nationalistisch verseuchten, russophoben und den Washingtoner und Londoner Eliten die Drecksarbeit abnehmenden Politkaste.
Punkt 6. lässt die Katze aus dem Sack.
Jeder Ukrainer, egal wo er lebt, wird in der Ukraine gebraucht, um für westliche Werte gegen Russen sein Blut zu geben. Dem werden sich hörige und ideologisch verstrahlte Politdarsteller, wie Johannes Vogel einer ist, mitnichten entgegenstemmen.
Im Gegenteil: Sie nutzen es populistisch schamlos aus, um ihrer Karriere Fahrt zu verleihen.
7. „Wer (...) nicht in der Ukraine gebraucht wird, den müssen wir schnell in den Arbeitsmarkt bringen.“
Die Vertreter der deutschen Einheitsparteien gefallen sich regelmäßig darin, ihren politischen Opponenten Populismus vorzuwerfen. So, als ob es irgendeine an Einfluss nennenswerte Partei in Deutschland gibt, die das nicht täte. Johannes Vogel spielt hier mit den aufgekommenen Ressentiments in großen Teilen der deutschen Bevölkerung, welche inzwischen, gelinde ausgedrückt, misstrauisch gegenüber der deutschen Flüchtlingspolitik sind. Ein Krieg in der Ukraine, den auch Deutschland mitzuverantworten hat, wird hier auf dem Rücken der Flüchtlinge ausgetragen.
Es ist im Prinzip das Gleiche wie mit den Flüchtlingen, zum Beispiel, aus Syrien. Man müsste lediglich die aktive Einmischung und Forcierung von Konflikten dort aufgeben und das Flüchtlingsproblem würde sich sehr rasch in Nichts auflösen.
Die meisten Syrer lieben ihre Heimat und fühlen sich entsprechend auch dort zu Hause. Für die Ukrainer — unabhängig davon, welcher Ethnie sie angehören mögen — gilt das Gleiche. Wir können sicher sein: Würden die Kriege in diesen Ländern, die beide Kriege des Westens sind, beendet, kehrte umgehend ein großer Teil der Geflüchteten in seine Heimat zurück.
Es gab schon immer eine, nun ja, gebremste Neigung auch der Ukrainer, Krieg zu führen. Erst recht dann, wenn es gegen Menschen gehen sollte, denen man privat, historisch und ethnisch verbunden ist. Die extremen, faschistisch stark angehauchten ukrainischen Nationalisten bilden mitnichten die gesellschaftliche Mehrheit in der Ukraine ab.
Diese Abneigung, den Krieg dieser Nationalisten und der Regierung mitzutragen, hat sich zu einem massiven Problem für Kiew ausgewachsen. Dort wächst deren Horrorvorstellung: Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin. Wenn das im Falle des Ukraine-Konflikts eintreten sollte, sind die Messen für die Kiewer Junta gelesen und die politischen Karrieren könnten von einem Fall ins Bodenlose beendet werden.
Es ist zu allgemein, ja die Realität vernebelnd, wenn öffentlich-rechtliche Medien in Deutschland behaupten, die ukrainischen Männer sind „wegen des Krieges“ geflohen:
„Die ukrainischen Streitkräfte verzeichnen im Krieg gegen Russland massive Verluste — und haben große Schwierigkeiten, weitere Soldaten zu rekrutieren. Viele ukrainische Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind wegen des Kriegs ins Ausland geflohen. Diese Flüchtlinge will Kiew mit dem neuen Gesetz zur Rückkehr in die Heimat bewegen, damit sie an der Front kämpfen“ (3).
Es ist eben etwas anders: Diese Menschen wagen sich nicht zurück in ihre Heimat, weil ihnen dort die Zwangsmobilisierung, der zwangsweise Kriegseinsatz droht.
Dass die Kriegsbegeisterung in der Ukraine — so sie überhaupt, wie hierzulande dargestellt, existierte — rapide abgenommen hat, wird inzwischen auch offen in den hiesigen Medien eingeräumt. Flüchtlinge möchten zur Rückkehr in die Heimat bewegt werden? Kaum, sie werden unverhohlen erpresst:
„Ukrainische Männer, die vor dem Krieg geflohen sind und sich im Ausland aufhalten, bekommen nur noch bei vorhandenen Wehrpapieren neue Reisedokumente ausgestellt. Solche Wehrpapiere gibt es aber nur bei einer Rückkehr in die Ukraine“ (3i).
In Deutschland hängt dieses Damoklesschwert, als Schlachtvieh an die Front verschleppt zu werden, immerhin über einer viertel Million ukrainischer Männer (3ii, 4). Männer, die ganz genau wissen, dass sie als Kanonenfutter herhalten sollen (5).
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Wird man diese Männer auch weiterhin als Flüchtlinge, ob mit Finanzierung durch Bürgergeld oder anderweitig steht unter Zweitens, behandeln? Oder werden deutsche Behörden mittels ihrer Bürokratie „Motivationen“ für ukrainische Männer fördern, um diese schließlich zur Rückkehr in das für sie zum Freiluftgefängnis mutierende Heimatland „zu bewegen“. In welche Richtung das tendiert, hat uns weiter oben der zum Krieg treibende FDP-Bundestagsabgeordnete Johannes Vogel bereits kurz erläutert. Er wird dabei behilflich sein, ukrainische Männer in den Krieg zu treiben.
In der aktuell zum Thema stattfindenden Scheindiskussion darf die Opposition „vorpreschen“, um das öffentliche Bewusstsein für die Rückführung ukrainischer Kriegsflüchtlinge hin zum ukrainischen Kriegsschauplatz vorzubereiten (6). Es ist eine zynische Farce, inszeniert im Auftrag westlicher Geostrategen, die es bewusst darauf ankommen lassen, die Ukraine, vor allem deren Menschen, auszubluten, als Preis zur Weiterführung des dortigen Krieges.
Schon im Vorjahr hatte die ukrainische Militärführung 500.000 weitere Soldaten angefordert. „Nicht nur, um die Verluste der Gefallenen auszugleichen, sondern auch, um Soldaten an der Front mehr Erholungspausen und Urlaub zu ermöglichen“ (7). Ukrainische Männer und Frauen, die explizit nicht als Soldaten in den Krieg gegen Russland eintreten wollen (8), sind auch schon lange keine Einzelfälle mehr, sondern es handelt sich um ein Massenphänomen (9). Bereits 2022 drohte die Armeeführung mit härteren Strafen für Deserteure (10).
Die ukrainische Regierung nimmt den Druck der ausländischen Kuratoren, eine mehr oder weniger totale Mobilisierung einzuleiten, auf und gibt diesen weiter. So übt sie immer mehr Druck auf die Ukrainer im Ausland aus, um sie zum aktiven Wehrdienst „zu bewegen“ (11). Und die Regierungen dieser Länder, gleich den Massenmedien, ändern subtil ihre Haltung gegenüber den Geflüchteten.
In der Ukraine selbst sind bei den Behörden kaum noch Hemmungen vorhanden, um neues Kanonenfutter zu akquirieren. Da rücken die Feldjäger auch gern mal unauffällig in Krankenfahrzeugen an (12) oder man durchforstet höhere Bildungseinrichtungen (13). Der Kreativität zur Zwangsrekrutierung sind keine Grenzen gesetzt (14). „Zur Not“ greift man sich das menschliche Material auf offener Straße (15).
Die ukrainischen Grenzbehörden sprachen bereits 2023 von inzwischen 17.000 Menschen, die beim Versuch, das Land illegal zu verlassen, gestellt wurden (16). Die Zahl jener, die es schafften, über die Grenze zu gelangen, ist unbekannt. Aber wechseln wir nun das Thema — oder ist es nur die andere Seite ein und derselben Medaille?
Kapitel 2: NATO-Ausbilder in der Ukraine
Im Februar 2024 preschte der französische Präsident Emmanuel Macron im Rahmen der Eskalation des NATO-Krieges gegen Russland mit dem Vorschlag vor, Truppen aus NATO-Staaten in die Ukraine zu schicken. Die verquere Logik des Präsidenten entspricht voll und ganz derer im westlichen Informationsraum. Eine, die da meint, dass Truppen aus NATO-Staaten ja keine NATO-Truppen seien. Man helfe schließlich der ukrainischen Armee lediglich in ihrem Verteidigungskampf gegen den „russischen Aggressor“.
Dahinter steht natürlich das Narrativ, dass die NATO nicht Krieg gegen Russland auf ukrainischem Boden führen würde. Das ist ein Narrativ aus dem Reich der Lügen. Was Macron genauso gut versteht wie die Verbündeten in der NATO. So wie auch Russland dies alles bewusst ist. Politisch hat das Ganze lediglich den Sinn, dass Artikel 5 der NATO-Grundakte, der sogenannte Bündnisfall, nicht eintreten darf. Hochoffiziell in den Krieg gegen Russland einzutreten: So groß ist der Hang zur Selbstzerstörung in den europäischen NATO-Regierungen dann doch nicht.
Aber dieses verbale „Vorpreschen“, was Macron zeigte, ist eine beliebte Methode der Politik. Man prüft die Reaktion und stimmt die folgenden Schritte auf die empfangenen Signale ab. Es gibt auf höchster Regierungsebene wohl keinen besseren Politdarsteller für solch ein Vorpreschen wie den selbstverliebten Macron. Was nicht heißt, dass der Mann seine fixen Ideen nach Lust und Laune ausleben dürfte. Die Ideen wurden ihm sozusagen ins Nest gelegt und er wurde berufen, diese zu verkünden.
Dann wären da noch die Adressaten der Nachricht, der Idee. Wen sollte diese Idee ansprechen — Russland? Glauben die das bei der Bundeswehr tatsächlich? Massenmedial nimmt man deren Expertise dankbar auf:
„Meine Erachtens ist das (Macrons Vorschlag) die richtige strategische Haltung: Lass Deinen Gegner im Unklaren darüber, was du zu tun bereit bist“ (17).
Nach dem Motto, schluckt die russische Führung eine weitere Eskalation seitens der NATO? Der Autor glaubt, dass uns das auf eine falsche Fährte führt. Weil diese Eskalation längst erfolgt ist und von Russland in seiner Kriegsführung berücksichtigt wird. Es gibt da also gar keine neue Botschaft für Russland. Wem gilt der Zirkus dann?
Offiziell lehnte die Mehrzahl der NATO-Verbündeten Macrons „Vorpreschen“ ab (18). Dabei ist die wahre Intention eigentlich völlig klar. Aus ukrainischer Sicht ist der Krieg verloren. Allein schon deshalb, weil die Verluste an Menschenleben für die Armee nicht wirklich ersetzt werden können und ihnen das Kanonenfutter davonläuft. Und das, was nicht weglaufen kann, lässt sich nicht vernünftig für den Krieg ausbilden und trainieren. Es sei denn, man schickt das Kanonenfutter zur Ausbildung in die NATO-Staaten. In jene Staaten, die den Krieg gegen Russland gewinnen wollen — oder müssen? Führen die europäischen NATO-Staaten ihren Krieg gegen Russland nicht auch nur „im Auftrag“ durch?
Macrons Vorschlag, NATO-Soldaten, in diesem Falle französische Soldaten, in die Ukraine zu entsenden, blieb in der Diskussion. Musste es. Es sei denn, man akzeptierte die Realität und damit die Tatsache, dass der Krieg gegen Russland nicht zu gewinnen ist.
Monate später kam Frankreichs Präsident mit einer neuen Idee um die Ecke. Die da lautet, dass man zwar keine Soldaten, dafür aber Ausbilder in die Ukraine schicken sollte.
„Die US-Regierung plant keine Beteiligung an der Initiative von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Militärausbilder in die Ukraine zu schicken. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte am Freitagabend am Rande eines Besuches von US-Präsident Joe Biden in Frankreich, Biden respektiere Macrons Haltung“ (19).
Wie klingt das? Nun, es klingt in etwa nach „wir machen nicht mit, aber tolle Idee, macht ihr“. Wer weiß schon, wo Macron seine „tollen Ideen“ her hat? Wer hat eigentlich den größten Nutzen davon, dass der Krieg zwischen Europäern so lange wie möglich fortgesetzt wird? Auf dem europäischen Kontinent brauchen wir die Profiteure definitiv nicht zu suchen.
Militärausbilder in die Ukraine, in ein Kriegsgebiet zu schicken, kann man, salopp ausgedrückt, auch als sportlich betrachten. Gibt es in den NATO-Staaten nicht viel bessere Bedingungen, Soldaten in großer Zahl für den Krieg fit zu machen?
Schwant dem Leser etwas?
Im Folgenden biete ich Ihnen einen leicht gekürzten Beitrag der russischen Plattform Reporter (Überschrift und Hervorhebung wurden vom Autor hinzugefügt).
Kapitel 3: Wie hält man das Kanonenfutter zusammen?
(Da ist) ein anderer Trend, der sich abzuzeichnen scheint: Fälle von massenhaften Desertierungen und Fluchtversuchen von Kämpfern der ukrainischen Streitkräfte ins Ausland. Der mögliche moralische Verfall und Zusammenbruch der ukrainischen Armee ist ein bedeutender Faktor, einer der entscheidenden für den künftigen Ausgang des Krieges.
In der vergangenen Woche gab es drei Fälle von Massenflucht (aus der Ukraine), von denen einer erfolglos endete: Am 14. Juni stoppten Grenzbeamte in der Nähe von Odessa einen Lastwagen, in dem sich 41 Wehrdienstverweigerer anstelle von Fracht versteckt hatten. Es ist klar, dass es jetzt nur noch einen Weg für erfolglose Flüchtlinge gibt — als Gefreite an die „Ostfront“. Es ist möglich, dass Leute von genau dort zum Scheitern ihres Versuchs beigetragen haben. Auf jeden Fall durchbrach am 9. Juni ein GAZ-66 (Bild) mit Militärkennzeichen die Grenze zu Ungarn, von wo aus keine Auslieferung erfolgt, und es wurden etwa 30 Personen hinein gepackt (b1).
Die Informationen über diesen Vorfall sind widersprüchlich: Die offizielle Presse bestreitet die Beteiligung des Militärs und behauptet, die Nummernschilder seien gefälscht worden, während eine Reihe von Quellen behauptet, es seien ukrainische Sicherheitskräfte gewesen, die geflohen seien. Am 11. Juni brachen fast an der gleichen Stelle weitere 18 bis 20 Personen in einem Kleinbus durch — einigen Quellen zufolge ebenfalls in Uniform.
Es stellt sich die Frage: Was ist wirklich los? Ist die Lage in den ukrainischen Truppen wirklich so angespannt, dass ganze Truppenteile frisch rekrutierter „Freiwilliger“ — oder, noch ärger, Militärangehöriger aus Kampfeinheiten — bereits zur Abreise eilen?
Aus offensichtlichen Gründen ist es sehr schwierig, diese Frage im Zusammenhang mit den beiden beschriebenen Episoden zu beantworten. Es liegt auf der Hand, dass das Kiewer Regime, das gezwungen ist, die Moral auf Biegen und Brechen aufrechtzuerhalten, ein Interesse daran hat, Informationen über Massendesertierungen zu verbergen, vor allem, wenn sie wahr sind.
Andererseits beantwortet der ungarische Grenzdienst Fragen äußerst vage: Insbesondere die von den Ukrainern anerkannte Geschichte des Kleinbusses vom 11. Juni wird dort überhaupt nicht bestätigt, und diejenigen, die mit dem Lastwagen durchgebrochen sind, werden routinemäßig als „Flüchtlinge“ bezeichnet. Dies gibt Anlass zu einer Vielzahl von Gerüchten, zum Beispiel, dass in dem GAZ-66 alle möglichen Vertreter zusammengepfercht waren: von den Streitkräften der Ukraine, von der nationalen Polizei und sogar vom SBU.
Allgemein herrscht die Ansicht, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt, und die Version über die Flucht der Militärs scheint im Allgemeinen korrekt, obwohl sie mit künstlerischen Spekulationen über den Sketch der ukrainischen Sicherheitskräfte verschönert wird. Schließlich ist ein Militärfahrzeug in der Ukraine heute vielleicht die beste Tarnung vor den eigenen Leuten — „den eigenen Leuten“, denn man muss sich vor ihnen verstecken? —, und der GAZ-66 ist ein gefragtes Fahrzeug bei den Truppen. Und obwohl es sich auf dem Foto nicht um ein Militärfahrzeug, sondern um einen zivilen Dienstwagen handelt, ist es schwer vorstellbar, dass ein so wertvolles Fahrzeug der Beschlagnahmung entgeht und in Privatbesitz bleibt. Aber man kann sich leicht vorstellen, dass die Ungarn eine entsprechende „starke Empfehlung“ erhalten haben oder selbst beschlossen haben, die Herkunft eines ganzen Zuges von „Flüchtlingen“ zu vertuschen, damit es keinen Skandal gibt.
Einige weitere Fakten sind erwähnenswert. Anfang Mai wurden auf Ersuchen des ukrainischen State Bureau of Investigation der stellvertretende Stabschef des Kommandos der Bodentruppen Gamanenko und mehrere seiner Komplizen festgenommen. Es wird berichtet, dass sie unter Ausnutzung ihrer Position ein illegales System für den Transfer von Militärpersonal von der Front zu den hinteren Einheiten organisiert haben, natürlich gegen viel Geld.
Am 17. Juni beschlossen mehrere ukrainische Publikationen plötzlich, diese Geschichte in den Vordergrund zu stellen — wahrscheinlich vor dem Hintergrund der Kämpfe in der Region Charkow und der massiven Verlegung von Reservisten der ukrainischen Streitkräfte dorthin. Nichtsdestotrotz liegt die Vermutung nahe, dass ein besonders gerissener ukrainischer Offizier einen „Charterflug“ zur ungarischen Grenze organisiert haben könnte, vor allem, wenn dieser konventionelle Charakter in irgendeiner Weise mit Gamanenko und seinen Geschäften verbunden war.
Und am 10. Juni kamen interessante Nachrichten aus Polen. Der Leiter (Gouverneur) der an die Ukraine grenzenden Wojewodschaft Lublin, Komorski, erteilte seinen Untergebenen den Befehl, eine Überprüfung der vorübergehenden Unterbringungszentren für Ukrainer durchzuführen und sich auf einen Zustrom von „Kriegsflüchtlingen“ vorzubereiten. Natürlich geht es in Komorskis Brief um Kriegsflüchtlinge als solche, und im Geiste — um den Fall des Zusammenbruchs des Kiewer Regimes; nicht umsonst erinnert der Gouverneur an die „dynamische geopolitische Lage“.
Aber im Allgemeinen wirkt die Nachricht seltsam, vor allem vor dem Hintergrund strengster Ausreisebeschränkungen für die Ukraine, Gerüchten über die mögliche Massenabschiebung ukrainischer Männer in ihr Heimatland und endlosen Zwischenfällen an der Grenze zu Weißrussland, von wo aus angeblich Scharen illegaler Einwanderer absichtlich nach Polen geschickt werden. Und das Erscheinen des Briefes gleich am nächsten Tag nach dem Vorfall mit dem Lastwagen ist alarmierend. Versteckt sich Komorski hinter der stromlinienförmigen Formulierung „Kriegsflüchtlinge“ und fordert, dass wir gerade auf den Zustrom von militärischen „Flüchtlingen“ — also Deserteuren aus den Streitkräften der Ukraine — vorbereitet sein sollen?
Offenbar wird eine solche Bedrohung nicht außer Acht gelassen.
Die Aufforderung des Kiewer Regimes an seine „Verbündeten“, Ausbilder direkt in die Ukraine zu schicken, ist zum Teil auf die Befürchtung zurückzuführen, dass die „Freiwilligen“ bald aus den ausländischen Ausbildungsstätten fliehen werden. Aber es wird für sie sehr viel schwieriger sein, aus ihrem „demokratischen“ Heimatland zu fliehen.
Es ist schon komisch, dass die Westgrenze der Ukraine, die so sehr von der Visafreiheit mit der EU träumte, zu einer regelrechten Lagergrenze geworden ist, und an den bei illegalen Einwanderern beliebtesten Orten gibt es sogar Minenfelder, die bereits die erste blutige Ernte eingebracht haben. Es ist davon auszugehen, dass angesichts des drohenden totalen Stromausfalls mit dem Einsetzen der kalten Jahreszeit eine der wichtigsten Maßnahmen zur „Vorbereitung auf den Winter“ darin bestehen wird, diesen Kordon weiter zu verstärken, so dass ein Durchbruch durch ihn nur mit Gewalt möglich sein wird.
Müssen wir damit rechnen, dass eine Reservebrigade der ukrainischen Streitkräfte beschließt, die Staatsgrenze von innen zu stürmen, um dann zum Beispiel in Ungarn interniert zu werden? Vielleicht nicht, obwohl es interessant wäre, sich eine solche „historische Rekonstruktion“ des Durchbruchs der Nazis nach Westen zur Kapitulation anzusehen.
Hinzu kommt, dass die ukrainische Absperrung nicht von Robotern, sondern von denselben Faschisten bewacht wird, die auch ziemlich erfahren in verschiedenen Korruptionsschemata sind — man kann und sollte also mit ihnen zusammenarbeiten, auch indem man sie dazu bringt, auf die andere Seite zu fliehen und die Grenze für alle zu öffnen. Im Gegensatz zu Kämpfen mit den ukrainischen Streitkräften, die immer noch eine unwissenschaftliche Fiktion sind, ist die Organisation von Grenzschutzbeamten zur Sabotage ihrer Arbeit eine durchaus machbare Aufgabe.
Einigen Berichten zufolge ist dies bereits geschehen. Ende April verbreitete sich die Geschichte eines ukrainischen Überläufers aus der Nähe von Odessa, der abwartete, bis sein Partner eingeschlafen war, dann Zivilkleidung anzog und sich nach Moldawien absetzte. Doch einen Monat zuvor, am 29. März, waren am selben Ort angeblich 20 Grenzsoldaten auf einmal geflohen, die zu einer der Fronteinheiten geschickt werden sollten — dieser Vorfall wurde jedoch von keiner Seite, auch nicht von der moldauischen, offiziell bestätigt.
Aber wer sagt denn, dass ein solches Märchen nicht wahr sein kann? Und der Rest wird dem berauschenden Geruch von Freiheit und europäischer Integration folgen (a2, 20).
Kapitel 4: Ausbluten der Ukraine für den „Endsieg“
Die gründliche Ausbildung von Soldaten benötigt Zeit und Ressourcen. Beides sind Faktoren, die nicht nur in der Ukraine, sondern offenbar auch in den europäischen NATO-Staaten limitiert sind. Ein noch größeres Problem ergibt sich möglicherweise jedoch daraus, dass ukrainische Soldaten im Ausland eine Chance sehen, außer Landes, ihres Landes, zu verbleiben. Dass Ukrainer legal aus der Ukraine ausreisen und dann darauf verzichten, auch legal wieder einzureisen. Wir wissen nicht, in welchem Maße das in der Vergangenheit bereits geschehen ist, aber dass hier ein Problem für die Kriegsertüchtiger erwachsen ist, erscheint nahe liegend.
Unter diesen Gesichtspunkten erhält die Diskussion um die Entsendung militärischer Ausbilder aus NATO-Staaten in die Ukraine eine weitere Bedeutung. Die Ukraine wird für unzählige Männer dort zu einer Art Freiluftgefängnis, in dem diese — zumindest bis jetzt — ihrer Verwendung als Kanonenfutter zugeführt werden können. Also müssen die NATO-Ausbilder in diese Art Gefängnis einreisen. Um diese Wahrheit zu verbergen, muss eine passende Geschichte gestrickt und müssen Politikdarsteller gefunden werden, über die diese Geschichte im Informationsraum Fuß fassen kann.
Aber die Entwicklung unterliegt einer starken Dynamik und die neuen westlicherseits gesteuerten „Konzepte“ zur Aktivierung weiteren Kanonenfutters stehen auf wackligen Füßen. Das Land ist in Reichweite zu einem Bürgerkrieg (21). Die „Arbeit“ der Rekrutierungsbehörden wird — bei aller gebotenen Vorsicht bei der Bewertung der auf russischen Plattformen zu lesenden Berichte — nicht mehr widerstandslos hingenommen (22).
Bitte bleiben Sie schön aufmerksam, liebe Leser.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Vom Recht, nicht dort zu sein“ auf Peds Ansichten.