Was andere weglassen

Den „Hintergrund“ gibt es schon seit 30 Jahren. Nach einer Pause wird die Zeitschrift jetzt wieder gedruckt — mit prominenten Gesprächspartnern und Autoren.

Nachdenkseiten, apolut, Multipolar, Neulandrebellen ... Leicht wird ein Medium vergessen, dessen Lektüre sich absolut lohnt: Der „Hintergrund“ hat sich dem Anpassungsdruck, dem speziell in der Corona-Zeit viele linke Medien erlegen sind, nicht gebeugt. Er betrieb weiter mutigen Journalismus, „allen Gewalten zum Trotz“. Unter dem Radar blieb das Magazin für viele in den letzten Jahren auch deshalb, weil es drei Jahre lang nur online erschienen ist. Das ändert sich jetzt wieder, und die hintergründige Arbeit der Redaktion gibt es jetzt auch wieder offline, zum Anfassen. Zur Comeback-Ausgabe haben einige uns vertraute, „umstrittene“ Persönlichkeiten ihre Mitwirkung zugesagt, etwa Ulrike Guérot, Daniele Ganser, Oskar Lafontaine, Hannes Hofbauer und Michael Meyen.

Nach dreijähriger Unterbrechung und zum 30-jährigen Jubiläum gibt es seit Ende Juni 2023 das Nachrichtenmagazin Hintergrund wieder in den Kiosken und im Abonnement. Online hat die Redaktion nach eigenen Angaben versucht, in der Zeit der Unterbrechung weiter präsent zu sein. Im Editorial ist zu lesen:

„Jetzt hat sich die Gesamtsituation — die Hetze gegen Andersdenkende, das Verbot von Veranstaltungen, die Kriegspropaganda — dermaßen zugespitzt, dass wir auch gedruckt und weit verbreitet Menschen zu Wort kommen lassen müssen, die in den anderen Medien zunehmend diskreditiert werden.“

Ein Blick auf das Titelblatt verspricht spannende Lektüre: Interviews mit Oskar Lafontaine, Ulrike Guérot, Daniele Ganser; dazu Beiträge von Michael Meyen, Hannes Hofbauer und Werner Rügemer und von anderen. Thematisch stehen im Fokus der Krieg in der Ukraine und die Spaltung des Mediensystems. Auch die Coronasituation ist präsent: Petra Erler beschreibt die Folgen des massenhaften Einsatzes von mRNA-Stoffen gegen Covid-19.

Das Magazin fragt, ob der Krieg in und um die Ukraine „der Auftakt zu einer weltumspannenden Krise, vielleicht sogar zu einem Weltkrieg“ sei. Der Politikanalytiker und Publizist Jörg Kronauer sagt dazu im Interview: „Vielleicht hat er schon angefangen.“ Die Frage nach den Datierungen sei schwierig zu beantworten. Die globale Konstellation für einen Dritten Weltkrieg ist aus seiner Sicht auf jeden Fall schon da. Um den Krieg zu verhindern, wäre das Wichtigste für jeden einzelnen, „sich möglichst unabhängig zu informieren“. Der nächste Schritt sei, zu überlegen, „wo man aktiv werden kann“, so der Publizist.

Lafontaine: Atomkrieg droht

Auch der Ex-SPD- und -Linkspartei-Vorsitzende Oskar Lafontaine ist der Meinung, der Krieg in der Ukraine kann ein Auftakt sein, „wenn die Dinge so weiterlaufen wie bisher und wenn bald Kampfflugzeuge und weit reichende Raketen geliefert werden“. Wer nicht sieht, dass der sogenannte Ukraine-Krieg ein Krieg der USA gegen Russland sei, „ist ein Opfer der Propaganda“. Dieser Krieg ist aus Sicht von Lafontaine insofern weltumfassend, als sowohl Russland als auch die USA globale Interessen haben und an vielen Orten der Welt aktiv sind.

Nicht die Gebietsgewinne sind für den Politiker das eigentliche Thema, sondern die Menschen, und zwar die Ukrainer und Russen, die täglich sterben. Um das Morden zu beenden, sei ein sofortiger Waffenstillstand nötig, auf den Friedensverhandlungen folgen müssen. Lafontaine spricht mit Blick auf die heute verantwortlichen Politiker von einer Generation, „die offensichtlich nicht mehr weiß, dass immer die Gefahr eines Atomkrieges droht“.

Die Partei der Grünen hält er für die schlimmste Kriegspartei im Bundestag, mit reaktionären Denkstrukturen. Wenn Außenministerin Annalena Baerbock sagt, „wir müssen Russland ruinieren“, ist das nach Auffassung des Ex-SPD-Politikers faschistisch.

Ganser: Frieden nur mit Russland

Der Schweizer Historiker Daniele Ganser stellt im Interview fest, dass auch Deutschland am Krieg beteiligt ist: mit der Lieferung von Panzern und anderen Waffen und mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten. Wir haben laut Ganser einen Konflikt zwischen 31 Nato-Staaten, angeführt durch die USA und Russland. Gefährlich sei der Krieg in der Ukraine daher, weil Atommächte aufeinandertreffen, wie bei der Kuba-Krise 1962.

Er betont: „Wir müssen verstehen, dass wir die größten Konflikte im 21. Jahrhundert nicht mit Gewalt lösen können.“ Der Schweizer wünscht sich einen Helmut Schmidt oder einen Willy Brand zurück. „Diese Männer haben verstanden, dass Russland bis zum Ural ein europäisches Land ist und es Frieden im Europa nur mit Russland geben kann.“ Es sei schwierig, in Deutschland die Außenpolitik der USA zu kritisieren: „Wer es trotzdem tut, wird von den Leitmedien diffamiert.“

Das beklagt auch die Journalistin und Russland-Expertin Gabriele Krone-Schmalz. In dem Magazin wird sie aus ihrer Eröffnungsrede bei dem Handwerker-Friedenskongress im April 2023 in Dessau zitiert: „Demokratischer Konsens ist die Vorstufe zum Faschismus, egal welcher Art.“ Sie forderte: „Wehret den Anfängen!“

Guérot: Übersteigerte Ablenkungsdebatten

In die gleiche Kerbe schlägt Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen in seinem Betrag über „Die Leitmedien als Pranger“. Und nimmt vorweg: „Ich schreibe hier über Zensur und damit über etwas, was es in diesem Land nicht gibt. Artikel 5 des Grundgesetzes sagt: Eine Zensur findet nicht statt.“ Dass es sie dennoch gibt, belegt er mit einer Reihe von Beispielen.

Die Politologin Ulrike Guérot spricht im Hintergrund-Interview über die „völlig übersteigerten Ablenkungsdebatten“ zu Themen wie Corona, Nazi-/Antifa-/Faschismus, Klima oder Gender-Sprache. Dagegen würde zum Beispiel im Bundestag kaum noch über soziale Themen debattiert.

Sie findet es sehr interessant, „dass die Moral im Moment sehr abhängig vom Themensetzungen der Regierung ist. Bist du dafür, bist du moralisch, bist du nicht dafür, bist du unmoralisch“. Der Publizist und Verleger Hannes Hofbauer macht in einem Beitrag im Magazin ebenfalls auf diese Tatsache aufmerksam: „Überall, wo es darum geht, dem eigenen eng gefassten Wertekanon entgegenstehende Positionen auszuschalten, stehen Grüne in vorderster Reihe.“

Rückblick und Ausblick fehlen auch nicht im Hintergrund: Eine Chronik und eine Seite mit Terminen geben denjenigen Lesern Orientierung, die sich breitflächig informieren wollen. Das Magazin soll ab jetzt alle zwei Monate erscheinen — „wenn man uns lässt“, so die Redaktion.