Weder Minsk noch Saarland

Es hätte verschiedene praktikable Kompromisslösungen im Russland-Ukraine-Konflikt gegeben — gescheitert sind alle am fehlenden politischen Willen im Westen.

Zwei Hunde — ein Knochen. Häufig in der Geschichte haben zwei benachbarte Staaten Anspruch auf ein Gebiet erhoben. Konnte man sich nicht einigen, gab es Krieg. Aber warum muss alles immer eine Frage des Entweder-oder sein? Gerade für ein Gebiet wie den Donbass in der Ostukraine hätte sich eine Teilautonomie als Lösung angeboten. Der überwiegend russischsprachigen Bevölkerung hätte man bestimmte Rechte und partielle Selbstverwaltung zugestehen können, während das Gebiet politisch weiter bei der Ukraine geblieben wäre. Es gibt funktionierende Vorbilder für solche Fälle. Südtirol in seinem Verhältnis zu Italien zum Beispiel. Ein vergleichbarer Vorschlag wurde beim Minsker Abkommen von 2015 ins Auge gefasst. Oder die Teilunabhängigkeit des Saarlands in der unmittelbaren Nachkriegszeit — Zankapfel zwischen Frankreich und Deutschland. Aber Kompromisse erfordern allseitigen Willen, solche einzugehen. Interessierte Kreise im Westen lenkten alles in Richtung auf einen Krieg. Diether Dehm, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linken, macht in seinem Artikel die Vorgeschichte des Blutvergießens transparent.

Zunächst war Stefan Bandera als „autoritärer Charakter“ noch ein ukrainischer „Andreas Hofer“ — gegen regionale Demütigungen durch begüterte Polen, aber auch russische Funktionseliten. Angedient an Hitler wurde er zum brutalstmöglichen Antikommunisten, den sogar Reinhard Heydrich auffordern musste, Juden nicht auf offener Straße, sondern „geordnet“ in Auschwitz zu ermorden.

Niemand wird rein psychisch und ohne Geschichte zum Faschisten! Nicht mal Hitler war sofort Liebling der Sugar-Daddies Krupp, Thyssen und Deutsche Bank. Er wäre ein psychisch kranker, krimineller Provinzdemagoge geblieben, auch ein „Wanderer ins Nichts“ (Karl Radek) hätten sich proletarisch orientierte Demokraten vor 1931 wirkmächtiger „den nationalistischen kleinbürgerlichen Massen“ (Radek) zu- und effizienter gegen die Versailler Demütigungen gewendet.

Betrachten wir den Mann an der russischen Spitze, deren Angst vor Hitlers Panzern in Kreml-Sichtweite der vor der NATO gewichen war. Putin, dessen deutschsprachige Rede 2001 noch den Bundestag zu stehendem Applaus gerührt hatte, sah sich zunehmend bedrängt von rechten Kräften: er sei ja „ein Deutscher im Kreml“. Und von Kommunisten, die wirkmächtigere Schutzgarantien für die ostukrainischen Volksrepubliken forderten — mit einem Duma-Antrag, den Putin zunächst not amused ins parlamentarische Hamsterrad befördert hatte.

Auf der anderen Seite: der ebenso kleingewachsene, vom ukrainischen Oligarchen Kolomojskyj hochgepäppelte Staats-Komiker Selenskyj; der schon immer gerne mit den weltmeisterlich inszenierten Boxbrüdern Klitschko im martialischen Gladiatorenanzug aufgetreten wäre.

Da kursierten auf einmal zwei gescheite Kompromissvorschläge:

1.) Das Minsker Waffenstillstand-Abkommen (mit Sicherheitsgarantien für die Volksrepubliken) sollte um eine „Südtirol-Lösung“ mit relativen Autonomien für die Prorussen auf ukrainischem Staatsgebiet ergänzt werden.
2.) Die „Saarland-Lösung“ für die Krim.

Wer Ende 2021 aber so naiv war, zu hoffen, machte die Rechnung ohne den Wirt: ohne Spin-Doctors unter dem Weißen Haus, ohne US-Frackinggas, ohne den ukrainischen Gaskonzern BURISMA (Vorstandsmitglied: Hunter Biden, Sohn von Joe), ohne börsennotierte Waffen der NATO-Konzerne Lockheed, Rheinmetall und BlackRock an russischen Grenzen.

Die schlaue CIA verfügte über genug Putin- und Selenskyj-Psychodiagramme, um die Männer anzutriggern und die zwischen beiden Seiten (mittels Israel und Türkei) fertigverhandelten Kompromisse zu zerreißen. Selenskyj wurde mit der Aussicht vom Hampelwicht zum Helden angefixt, Selfies auf „den Trümmern“ und Leichenbergen der Volksrepubliken zu verkünden. Und als der dann in München 2022 noch zusätzlich Atomraketen für die Ostukraine forderte, bot ihm die CIA noch ein Überschallgeschoss namens „Dark Eagle“ an. Das mit NATO-Erstschlagskapazität russische Gas-Exporte und Preise kommandieren, andernfalls in 90 Sekunden Moskau zur atomaren Wüste wandeln würde.

Als ob Putin damit nicht angetriggert genug gewesen wäre, steigerten (laut OSZE) ukrainische Mörser und Nazi-Scharfschützen die Hinmetzelung ostukrainischer Kinder, Frauen und anderer von 9.000 auf 13.000 — exakt in jenen Tagen, die der kommunistische Duma-Antrag noch bis zur Unterschrift des zögerlichen Putin benötigte.

Gleichzeitig intensivierten westliche Geheimdienste den medialen Krieg um deutsche Tränen. So wird aus Psychen und Geo-Strategien ein mörderisches Gebräu.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Weder Minsk, noch Saarland: Krieg“ bei Kein Zustand.