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Angst essen Zukunft auf

Angst essen Zukunft auf

In Wien findet eine Konferenz zu medialen Feindbildern statt.

Zunächst eine kleine Vorstellung der Gruppe42. Auf eurer Internetseite bezeichnet ihr euch als Formierung von Schön- und Freigeistern.
Im Zusatz nennt ihr euch das „Neuland-Portal“. Zu dieser Namensgebung habt ihr eine Aussage von Angela Merkel aufgegriffen, die das Internet noch im Jahr 2012 als „Neuland“ bezeichnete. Das dürfte bei vielen für Schmunzeln gesorgt haben, aber jetzt im Ernst, seit wann gibt es euch und wie und wo wollt ihr denn „Neuland“ erobern oder entdecken?

Die Gruppe42 gibt es seit Spätherbst 2015 und zumindest wussten wir damals schon über die Raffinessen des Internets Bescheid. Trotzdem überrascht uns dieses neue, breite Medium immer noch und so kann ich irgendwie auch Angela Merkel verstehen, wenn sie von „Neuland“ spricht.
Wir als Gruppe42 wollen das Internet weder erobern noch entdecken – es gibt Orte und Bereiche im www, die mich nicht mal im Ansatz reizen und da will ich meinen digitalen Fußabdruck auch nicht hinterlassen.
Was wir wollen, ist, dass der Mensch seine eigene Verantwortung wieder entdecken und zurückerobern kann. Und unsere Unterstützung für diesen Prozess sieht eben so aus, dass wir auf unserer Internetplattform Menschen ein Podium geben, die die Gabe besitzen, eigenverantwortliches Denken bei ihren Mitmenschen auszulösen. Wir nehmen Vorträge von ihnen auf, die jederzeit online abrufbar sind.

Zu den Vortragenden in eurer Online-Videothek gehören bekannte Namen wie der Friedensforscher Dr. Daniele Ganser, Ken Jebsen oder auch Fabian Scheidler, aber auch hierzulande (noch) recht unbekannte Referenten. Soweit ich es überblicken kann, geht es bei allen um die großen gesellschaftlichen Themen, Globalisierung, Kriege, Umweltkatastrophen. Was macht diese Vortragenden so besonders? Wieso rühren sie deiner Meinung nach mehr als andere an ein persönliches Verantwortungsbewusstsein für unsere Gesellschaft?

Ein Großteil unserer Referenten und Referentinnen zeichnet sich dadurch aus, dass er den Menschen als Individuum sieht und ihm so auch eine eigene Verantwortlichkeit zugesteht. Außerdem achten wir darauf, dass wir nur Menschen einladen, die deeskalierend vorgehen, also der Gewaltspirale Schwung nehmen und sie zum Stoppen bringen.
Wie für jedes andere Medium gilt aber auch bei uns, dass wir nicht zwingend jede Position unserer Referenten und Referentinnen oder anderer Gäste teilen.

Einige der Vortragenden werden gemeinhin als Verschwörungstheoretiker bezeichnet, vor allem der Friedensforscher Daniele Ganser. Magst du dazu etwas sagen?

Mit Daniele Ganser haben wir bereits einen Live-Vortrag organisiert. Es war unsere größte bisherige Veranstaltung, letztes Jahr zu 15 Jahren 9/11. Meiner Meinung nach braucht es eine dringende Aufarbeitung der umstrittenen offiziellen Darstellung dieser Terroranschläge, und es braucht vor allem eine neue Untersuchung. Zuviel hängt an diesen Anschlägen, als dass man die Ungereimtheiten und Auffälligkeiten des NIST-Reportes einfach so vom Tisch wischen könnte. Die Skepsis darf hier nicht weichen.
Der Begriff Verschwörungstheoretiker in diesem Zusammenhang ist zum schlechten Witz geworden und für mich verliert jeder, der ihn als Kampfbegriff verwendet, automatisch an Glaubwürdigkeit.

Tatsächlich folgte auf 9/11 ja sofort die propagandistische Ausschlachtung von G.W. Bush, der daraufhin von einer „Achse des Bösen“ sprach, die es nunmehr zu bekämpfen galt.

Deshalb hat sich Daniele Ganser auch nicht nur auf die Untersuchung der Anschläge konzentriert. Er wird bei der Konferenz im Juni wieder mit dabei sein und sein Vortrag wird weit über 9/11 hinausgehen. Gerade was Feindbildgenese und politisches Framing betrifft, ist er auch ein herausragender Wissenschaftler.
Und da ist er genau bei unserem Kernthema.

Das knapp umrissen lautet: Die Angst, die uns durch Feindbilder gemacht wird. Was ist an dieser Angst so gefährlich? Euer Konferenzthema suggeriert sogar, dass sie unsere Zukunft bedroht.

Die Angst, die man uns, damit meine ich, den westlichen Gesellschaften, seit 9/11 per breiter medialer Front indoktriniert ist natürlich gefährlich für uns als Menschen und Gemeinschaft.
Vielleicht schützt man sich so vor Feinden von außen, was ich bezweifle, aber über kurz oder lang wird diese Angst auch dazu führen, dass wir über uns gegenseitig herfallen werden.
Als Gesellschaft werden wir dazu gezwungen, uns zwischen den Extremen aufzureiben. Es entstehen dualistische Meinungsbilder nach einem Entweder-Oder-Prinzip. Du bist entweder für uns oder gegen uns. Das ist gefährlich, weil es Fronten bildet und automatisch in die Konfrontation geht.
George W. Bush und seine rechtsextreme, im NewSpeech „neokonservativ“ genannte, Gang aus lupenreinen Faschisten a la Wolfowitz, Cheney und Rumsfeld haben dieses Prinzip im Frühjahr 2003 über die westliche Gesellschaft gestülpt, als sie die Koalition der Willigen der Achse des Bösen gegenüber stellten, und noch jetzt, über 14 Jahre später, werden die Vernunft und Aufklärung darin zerrieben. Wir stecken immer noch im Aufbau dieses totalitären Systems, aber, wenn sich der Kurs hier nicht ändert, erleben wir bald die Finalisierung, ab dann ginge es direkt weiter in den Faschismus.
Aber selbst wenn ein so düsteres Szenario hoffentlich ausbleibt, so ist mir schon die Hysterie und die aufgesetzte und verlogene Kritik gegenüber unseren muslimischen Mitmenschen absolut zuwider.

Kannst du ein wenig genauer beschreiben, was du damit meinst?

Natürlich. Im Herbst 2014, als der Reporter James Foley einmal in Syrien und dann millionenfach über YouTube und andere Medien geköpft wurde, hat sich die Berichterstattung in den Medien massiv verändert. War die Monate zuvor noch das Feindbild Russland in die Köpfe der Massen gepflügt worden, setzte man nun mit „dem Islam“ fort.
Nur hat diese Propaganda über die Massenmedien, aber auch alternativen Medien viel besser funktioniert. Mit einem Mal wurde sich der westliche Volkskörper seiner haarlosen, unverhüllten Geilheit und scheinbaren Freiheit bewusst und stimmte sich nun auf den willigen Abwehrkampf ganz nach Huntington ein.

Nun mal ganz ohne Ironie: Du erhebst also den Vorwurf, unsere Medien betreiben spätestens seit 2014 offene anti-muslimische Hetze.

In Österreich haben wir Gratiszeitungen, die in den U-Bahnen und an öffentlichen Plätzen liegen. Ich hab damals, mit etwas Verspätung, begonnen, diese zu sammeln. Meine Freundin fragte, was das jetzt soll und ich sagte, dass ich jeden Tag, solange eine negative Berichterstattung über „den Islam“ auf dem Titelblatt ist, eines dieser Blätter mitnehmen werde. Ich hatte dann einen Stapel von 28 Zeitungen, bis einmal nicht „der Islam“ mit Terror in Verbindung gebracht wurde.
Die Form der Massenhypnose ist aber nicht auf den Boulevard beschränkt, die sogenannten Qualitätszeitungen ziehen da auch ganz brav mit, und bloß, weil die äußere Form intellektueller ist, bedeutet das noch lange nicht, dass der Inhalt sich hier groß gegenüber dem Boulevard unterscheidet.
Und genau diese Zeitungen und Medien hetzen dann auch gegen Menschen, die in ihrer Angst und Furcht, die geschürt wird, mit PEGIDA auf die Straße gehen.
Mich hat diese Welle der Propaganda zutiefst erschüttert und noch mehr, dass sie auch bei Menschen, die ich für klug und vernünftig gehalten hatte, ihre Wirkung zeigte. Gegenüber Russland hat diese breite Propaganda nicht so funktioniert, aber gegenüber unseren muslimischen Mitmenschen fiel sie auf fruchtbaren Boden. Natürlich gibt es Probleme mit Integration und der religiöse Extremismus ist nicht schönzureden und Propaganda funktioniert natürlich dann am besten, wenn ein Kern Wahrheit enthalten ist.
Aber ich sehe diese Probleme aus einer sozialen und nicht kulturellen Perspektive.
Diese Form der Berichterstattung, hauptsächlich geprägt durch Sippenhaftung, war mir also sofort zuwider, vielleicht auch deshalb, weil ich damals gerade Gustave le Bon gelesen und mich ausführlich mit Arno Gruen und Viktor Frankl beschäftigt hatte.
Ich bin also kurzerhand in eine Moschee in Wien gegangen, um mich mit einem Iman zu unterhalten. Er hatte mich damals gefragt, warum ich das mache. Und ich hab, bequem und einfach wie ich bin, gesagt, dass viel über Moslems geschrieben würde, ich zwar gerne über Menschen lese, aber noch lieber mit ihnen rede.
Der Mann hatte dann Tränen in den Augen.
Ich kann jedem Leser nur empfehlen, auf Muslime zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um sich sein eigenes Bild zu machen.

Muslime werden ja in unseren Medien auf zwei verschiedene Arten dargestellt. Entweder vermittelt man das Bild des islamistischen Fundamentalisten, der keine Frauenrechte kennt und schlimmstenfalls sogar aktiver Dschihadist ist. Andererseits wird aber auch das Bild des muslimischen Kriegsflüchtlings vermittelt, der dringend unsere Hilfe braucht. Beides falsch?

Die Frage ist doch, ob es eine „richtige“ Darstellung über eine ganze Ethnie, eine Kultur, eine Religion oder ein Volk in Medien überhaupt geben kann? Ich glaube nicht und halte das zunächst auch nicht für problematisch. Zum Problem wird es, wenn man sich auf der guten Seite der Macht wähnt und meint, die Wahrheit direkt im Schlepptau zu haben. Und was diesen dogmatischen Ansatz betrifft, da schenken sich weder Mainstreammedien noch viele alternative Medien was.

Egal ob zum Beispiel pro oder contra Flüchtlinge, die Medien kaschieren die großen Probleme, die eigentlich die Fluchtursachen sind. „Fluchtursachen bekämpfen“ tönt es, aber tatsächlich bekämpft werden die Schlepper, die keine Fluchtursache sind, sondern nur vergleichsweise kleine Profiteure von dem große Elend. Auch verschiedene Einrichtungen in Deutschland und Österreich profitieren inzwischen vom Geschäft mit den Flüchtlingen. Man muss immer vor Augen haben, dass die sogenannte Flüchtlingskrise auch ein großes Geschäftsmodell ist.
Und eben nicht zuletzt profitieren auch viele Wirtschaftstreibende, die sich vehement für eine Öffnung des Arbeitsmarktes einsetzen. Auch sie sind doch oft aus purem Eigennutz pro Flüchtlinge. Ein bisschen Lohndumping geht immer noch.

Siehst du in dieser extremen Spaltung, in dieser Pro-und Contra-Argumentation, eigentlich auch einen Ausdruck jenes totalitären Denkens, das nur Schwarz oder Weiß zulässt?

Natürlich. Ich sage oft, dass wir, gerade im weißen Westen, unter einer gesamtgesellschaftlichen Hysterie leiden, die sich durch sämtliche Echokammern schlägt. Schuld und böse sind immer die anderen – das ist eine gesamtgesellschaftliche Haltung geworden, die einen offenen Diskurs nur vergiften kann. Und von dieser Ignoranz betroffen sind Rechte wie Linke, alternative Medien wie Mainstream und Regierende und Opposition.
Und die vielen Menschen, die diese Entwicklung mit Sorge erfüllt, werden von den Kapos der unterschiedlichen Meinungslager, eben je nach Gesinnung, per Totschlagargumenten zum Schweigen gebracht - ob ein van der Bellen, der sich für Solidarität mit muslimischen Frauen ausspricht, der österreichische Autor Thomas Glavinic, der seinen Ruf ruinierte, indem er plädierte nicht jeden FPÖ-Wähler als Nazi oder Vollidioten darzustellen, und danach quasi zum Abschuss über Twitter und Facebook freigegeben wurde oder eben aktuell in Deutschland Xavier Naidoo und Michael Lüders. Sie eint, dass ein dialektisches, differenziertes und dynamisches Denken gegen den dualistischen Wahn unserer breiten Gesellschaft und deren Medienvertreter nicht mehr durchkommt und zutiefst unerwünscht und fremd geworden ist. Genau das aber wäre doch die verdammt nötige Aufklärung!

Für die ihr eure Konferenz ja organisiert habt. Welche Referenten habt ihr noch eingeladen und welche Themen werden sie mitbringen?

Die Liste der Referenten und Referentinnen ist sehr ansehnlich und wir haben Urgesteine der Friedensbewegung, prominente Wissenschaftler, einen mehr als berühmten Schauspieler und Wissenschaftlerinnen, aber auch eher unbekannte Namen dabei.
Natürlich freue ich mich über unsere bekannten Gesichter, aber insgeheim bin ich besonders darüber erfreut, dass es mir gelungen ist, junge, engagierte Frauen aus den muslimischen Gemeinschaften in Wien als Vortragende zu gewinnen.

Bei dieser Konferenz wird sich zeigen, dass Kopftuch und Emanzipation, Islam und starke Frauen unbedingt auch miteinander zu vereinen sind und wir gerade in den muslimischen Communities wichtige Mitstreiter und Mitstreiterinnen für eine gerechte und friedliche Welt finden können.

Thematisch werden wir uns eben wie schon in der Ankündigung dem „War on Terror“ und der damit verbundenen Entmündigung von uns Menschen widmen. Das Thema ist mit Absicht sehr abstrakt gehalten, da jeder Referent und jede Referentin die Möglichkeit haben soll, sich nach seinen eigenen Vorstellungen einzubringen.

Wird das Feindbild Russland ebenfalls eine Rolle spielen?

Was auf jeden Fall eine Rolle spielen wird, ist die Feindbildgenese und auch die Situation gegenüber Russland wird mit Sicherheit thematisiert werden, jedoch nicht im Vordergrund stehen.

Hauptanliegen eurer Konferenz ist es also, über das gemeinsame Interesse an einer friedlichen Welt eine intensive Begegnung zwischen engagierten Muslimen und Nicht-Muslimen zu erreichen. Wie wollt ihr das organisieren? „Nur“ über den Besuch von Vorträgen? Welche Möglichkeiten gibt es für das Publikum, aktiv zu werden, eventuell sogar eigene Ängste oder Vorurteile zu überwinden?

Ich würde es nicht nur auf eine Begegnung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen beschränken. Die Welt und auch die Menschheit ist größer und breiter.
Das Symposium in Wien soll in erster Linie ein Zeichen dafür sein, dass es noch eine mündige Zivilbevölkerung gibt, die keine Lust hat, sich dem drohenden Totalitarismus der ausgerufenen deutschen Leitkultur zu unterwerfen.

In alter österreichischer Tradition werden wir eben völkerverbindend, versöhnend, gemütlich und mit Ruhe und Gelassenheit, aber doch auch mit Wiener Grant uns wichtigen Themen widmen und auch der Humor wird nicht zu kurz kommen, da bin ich dann durchaus auch ein Lokalpatriot.

Freuen würde ich mich, wenn dieser Wiener Geist auch ein paar Mitmenschen aus Deutschland beseelen könnte – ihr habt es bitter notwendig.

Upps. Wie meinst du das denn?

Deutschland ist das Reich des Widerspruchs, ein Land, das in meinen Augen an einer Art Borderline-Syndrom leidet, gefangen in Schuld und permanenter Rechtfertigung und dadurch erfüllt mit Scham und Angst.
Keine Nation der Welt aber hat sich so seinen dunklen Seiten der Vergangenheit gestellt wie Deutschland, kein Land der Welt hat sich so einer Versöhnung mit seiner dunklen Vergangenheit gewidmet wie Deutschland, aber zufrieden ist kaum jemand damit. An den extremen Rändern ist es für die einen zu viel, für die anderen zu wenig. Das Recht auf Verantwortung wird als Pflicht wahrgenommen, von Teilen der sogenannten Rechten zur Schande pervertiert oder, gegenteilig, von sogenannten Antideutschen in den abstrusen Slogan „Deutschland verrecke“.

Andererseits ist euer Land schon wieder der Motor Europas, die Wirtschaft hat einen Höhenflug und es fließt unglaublich viel Kapital von Europa nach Deutschland. Als Beispiel deute ich hier einfach mal Griechenland an.
Der deutsche Michel zahlt angeblich über seine Steuergelder die „Sanierung“ Griechenlands, was aber nichts anderes heißt, als dass das nach Griechenland gepumpte Geld wieder in deutsche Banken und Konzerne zurückfließt. Das Konzept ist übrigens bewährt und nennt sich „Entwicklungshilfe“.
Die Machteliten in eurem Land machen unglaublich viel Profit aus diesem Skandal, die eigene Bevölkerung wird dabei ausgeblutet und spürt das auch.
Doch offenbar gelingt es den Eliten, die gesellschaftliche Wut und den Frust gekonnt zu lenken, um den Wahnsinn weiter zu stabilisieren und institutionalisieren.
Über 90% der Talkshows im deutschen Fernsehen behandeln den Themenkomplex „Flüchtlinge, Terror, Populismus/Extremismus“ und der Rest beschränkt sich dann auf „Soziale Gerechtigkeit, Armut, Ungleichheit“.
Kritik an diesen Zuständen und den darin verwobenen Machteliten und sei es auch nur in einem Popsong, wird sofort als „rechtsextrem“, „demokratiefeindlich“, „rechtspopulistisch“ verortet. Von außen betrachtet wirkt das immerhin noch ein bisschen witzig, aber verdient hat sich das keine Bevölkerung, nicht mal ihr Piefke.

Gerade wenn ich jetzt auf Deutschland blicke, sehe ich, wie vor allem auch die institutionalisierte, weichgespülte Linke und deren liberale Appendixe sich kopfüber in den Totalitarismus stürzen und dabei sich noch gegenseitig als Opfer von „Hate Speech“ feiern.
In dem freudvollen Wahn über die westlichen Werte, die Leitkultur gegen Barbarei und Antimodernität, die Sucht nach der ewigen Party und dem Konsum, da haben wir schon lange eine Querfront der Betonköpfe. Und auf diesem Fundament wächst etwas über ganz Europa von dem dann irgendwann wieder gesagt werden wird: „Woher hätte ich das wissen sollen“.

Heißt das jetzt, du siehst anstelle des islamistischen Terrors eher die wirtschaftliche Supermacht Deutschland als Bedrohung für ein freiheitlich, demokratisches Europa? Ist das nicht auch ein Feindbild?

Deutschland kann genauso wenig eine Bedrohung für Europa sein wie „der Islam“. Die Frage ist aber, wer versteckt sich hinter dem Feigenblatt „Deutschland“, genauso wie man sich fragen sollte, wer versteckt sich hinter dem Feigenblatt „Islam“ und auch in der aufgesetzten Kritik an dieser Religion und der damit verbundenen Kultur.
Den Machteliten ist es doch egal, ob die Nation, der Staat oder welches Konzept auch immer ihre Verhältnisse stabilisiert und ihre Herrschaft legitimiert.
Und es ist ihnen auch egal, welche Verbündete man auf globaler Ebene hat, um sich dem Wahn der Akkumulation weiter hingeben zu können.
Die aufgesetzten Debatten in Deutschland lauten: Islam, Kopftuch, Extremismus, Populismus und - immer mit dabei - die andauernde Warnung vor Rechtsextremismus.
Aber wo bitte ist die Empörung, dass man sich zum Beispiel mit Ländern wie dem rechtsextremistischen Saudi Arabien einlässt, wo Frauen, die ohne Vollverschleierung auf die Straße gehen, der Kopf geschoren und der Rücken gepeitscht wird?
Ich kann es sagen, die Empörung verschwindet in großen Waffendeals und bleibt als genau die schale Doppelmoral, die von halbwegs klugen und weisen Menschen sehr schnell erkannt wird, aber nicht ausgesprochen werden darf.

Mit dem Wiener Symposium wollen wir ein längst überfälliges Zeichen aus der Zivilbevölkerung setzen, welches eben genau auf diese Hypokrisie hinweist und unsere Mitmenschen eben wieder animiert, gefälligst ihrem eigenen Kopf und ihrem Gefühl zu vertrauen.
Und dafür bieten wir ihnen zahlreiche Vorträge, die einfache Freund-Feind-Schemen durchbrechen und stattdessen Hintergründe und Zusammenhänge thematisieren. Und die Teilnehmer werden viele Möglichkeiten haben, sich untereinander auszutauschen.

Tickets kann man übrigens online bestellen.

Dann wünsche ich euch viel Erfolg und bedanke mich für das Gespräch.


Foto: Stephan Bartunek

Stephan Bartunek ist Jahrgang 1977, studierter Schauspieler, politischer Künstler, Autor und Friedensaktivist. Seit 2015 betreibt er die anarchistisch orientierte Gruppe42.


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