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Assad, der Dieb

Assad, der Dieb

Die Atlantik-Brücke warnt: Den syrischen Flüchtlingen soll ihr Hab und Gut geraubt werden.

Allerdings: An der Nachricht stimmt so gut wie nichts. Nur das Motiv ist klar: die Westliche Wertegemeinschaft WWG will ihre Niederlage im Krieg gegen Syrien, Russland und Iran nicht hinnehmen und begleitet mit dieser Hetze den Versuch, das Blatt doch noch einmal zu wenden. Die westliche Koalition bombt jetzt auch Stellungen der syrischen Armee. Und die Israelis bomben mit. Frankreich will schon mal mehr als 1000 Soldaten in Syrien stationieren. Einfach so. Zumeist Fremdenlegionäre, das passt ja dort. Scheiß aufs Völkerrecht, ne (1)?

Das glaubst du alles nicht? Typischer Sozn, glaubst erst mal deinen eigenen Leuten. Komm rein, nimm vor der Wunderlampe Platz – und erst mal zur Kenntnis, was passiert, wenn Sozn-Großmaul-Außenpolitik und Hamburger Qualitätsjournalismus miteinander kopulieren. Dann wird dabei Tagesschau-Dreck wie dieser hier gezeugt:

„Die Bundesregierung hat ihren Widerstand gegen Wiederaufbaupläne von Syriens Machthaber Assad angekündigt, die zur Enteignung syrischer Flüchtlinge führen könnten. Man werde das Vorhaben nicht dulden und die Vereinten Nationen einschalten, kündigte die Bundesregierung an. Assad hatte ein Dekret unterzeichnet, das bei der Ausweisung von Neubaugebieten vorschreibt, dass sich frühere Eigentümer binnen 30 Tagen vor Ort melden müssen. Das dürfte den meisten Flüchtlingen aber nicht möglich sein“ (1).

Kennst du den Unterschied zwischen einem Maikäfer und dem Außenminister? Nee? Alsdann: Der Maikäfer pumpt mehrmals ordentlich vorm Abflug. Außenminister Maas schafft es jederzeit aus dem Stand, vollkommen abzuheben. Der arrogante kleine Gernegroß und seine Behörde erachten es, so scheint es, ebenso wenig für erforderlich, sich über das “Dekret” erst einmal zu informieren, wie die Tagesschau-Redaktion saubere Recherche und Nachprüfung für nötig hält, ehe sie solchen bösartigen Propagandamüll verbreitet:

„Dem Gesetz zufolge werden in jedem Bezirk Ämter für den Wiederaufbau geschaffen. Nachdem dann ein Bebauungsplan erlassen wurde, müssen die Besitzer von Land, Häusern und Wohnungen ihre Eigentumsrechte bei dem Amt nachweisen. Das müssen sie innerhalb von 30 Tagen machen. Doch dazu dürften Hunderttausende Syrer nicht in der Lage sein“ (2).

Bösartige Fälschung. Richtig ist hingegen: Die neu geschaffenen Wiederaufbau-Behörden bekommen die Eigentumsnachweise von den Grundbuchämtern automatisch, "von Amts wegen" zugeleitet. Nur dort, wo die Besitzverhältnisse unklar sind, werden Eigentumsnachweise verlangt. Sie können vom Besitzer selbst, von einem Bevollmächtigten, Verwandten oder von beauftragten Agenturen erbracht werden.

Merkst du was? Es handelt sich um ein rechtlich einwandfreies Verfahren wie es auch in Deutschland üblich ist. Die kurze Frist von 30 Tagen mag stutzig machen. Sie setzt allerdings nicht sofort ein, sondern wird projektbezogen aufgerufen. Die jeweiligen Wiederaufbauprojekte haben selbstverständlich einen längeren Vorlauf und entsprechende Ankündigungszeiten. In der Ära von Internet und Smartphone sollte die kurze Folgefrist daher kein Problem sein.

„Ein zentrales Missverständnis des neuen Stadterneuerungsgesetzes 10/2018 in Syrien ist, dass niemand sein Eigentum nachweisen muss, ehe eine neue Zonenentwicklung per Dekret eingeführt wird. Und diese Anforderung gilt nur für Personen, deren Eigentum nicht im Grundbuch eingetragen ist.“ (3).

Ach so? Das klingt schon ganz anders, was?

Das neue Gesetz 10/2018 in Syrien erlaubt auch keine vollständige entschädigungslose Enteignung von Privateigentum; Behauptungen dieser Art sind nur Spekulation mit agitatorischer Absicht. Vielmehr wandelt das Gesetz den separaten Grundbesitz in Eigentums-Anteile an den Neubauprojekten um. Die Form des Eigentums wird verändert, das Eigentumsrecht wird nicht aufgehoben.

Schon nach den ersten propagandistischen Gerüchten über das angebliche „Dekret“ zur „Enteignung hunderttausender Flüchtlinge” (Tagesschau) stellte der syrische Parlamentspräsident Khaled Abboud klar:

„Es gibt dieses Dekret nicht. Eine solche Anordnung würde die syrische Verfassung verletzen. Viele syrische Bürger wurden in den Jahren des Bürgerkriegs von Terroristen gezwungen, ihren Besitz zu verlassen und zu fliehen. Viele Gegenden wurden komplett zerstört. Noch hat die syrische Armee die Befreiung Syriens nicht beendet. Wenn es soweit ist – übergeben selbstverständlich die syrischen Behörden jedem syrischen Bürger seinen Besitz“ (4).

Für unsere Könner im Auswärtigen Amt und in der ARD-aktuell-Zentralredaktion wäre es ein Leichtes gewesen, sich über den Sachverhalt an der Quelle zu informieren. Wenn nicht bei den Behörden in Damaskus selbst, dann auf deren Internet-Seiten und über diplomatische Vertretungen außerhalb Syriens sowie bei den UN. Als kompetente Auskunftstelle über den Sachverhalt wären auch die Arabistik-Institute deutscher Universitäten infrage gekommen, sie sind zumeist sehr aktuell informiert.

Aber Sachkenntnis stört nur. Lieber informiert sich ein Qualitätsjournalist der ARD bei einer NATO- und US-affinen niederländischen „Denkfabrik“ und zitiert vorgebliche „Experten“ – diesmal "Senior Fellow" Erwin van Veen. Der macht sich schon seit geraumer Zeit umfassend und aus streng transatlantischer Sicht trübe Gedanken über den "Wiederaufbau Syriens". Er sieht offensichtlich die Felle westlicher Investoren davonschwimmen (5).

Nach Schätzungen der Weltbank werden 200 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau Syriens erforderlich sein. Selbstverständlich möchte die Westliche Werte Gemeinschaft das größte Stück von diesem Kuchen. Präsident Assad will jedoch am Wiederaufbau nur befreundete oder unbelastete Länder beteiligen und nicht diejenigen, die für die Zerstörung seines Landes verantwortlich sind (6).

Die Bundesrepublik gehört dazu. Tornados der Bundesluftwaffe sind führend bei der Luftaufklärung und Zieldatenerfassung für die Bombenangriffe der westlichen Koalition in Syrien. Deutschland ist politischer Feind Syriens und auch hauptverantwortlich für das mörderische Finanz-, Handels- und Wirtschafts-Embargo der Europäischen Union über Damaskus.

Der Volljurist und Abheber im Auswärtigen Amt Berlin will, folgt man der Tagesschau, das syrische Durchführungsgesetz für den Wiederaufbau “nicht dulden” und “die Vereinten Nationen einschalten”. Davon wird bald kaum mehr die Rede sein. Weißt du, was ein beamteter Jurist als Allererstes tut, wenn ihm ein neuer Vorgang auf den Tisch gelegt wird? Na? Richtig: Er prüft, wer dafür eigentlich zuständig ist. Dass das syrische Gesetz einem Berliner Genehmigungsverfahren unterfällt, ist in der Tat eine sensationelle Nachricht, gelle?

Vor seiner Maulaufreißerei wäre unserem Großsprecher wohl anzuraten gewesen, die Rechtsgrundlage zu betrachten, auf die er sich mit seinem Vorhaben begibt. Artikel 17 der Menschenrechtserklärung garantiert zwar das Eigentum und schützt es vor “willkürlicher” Enteignung. Von Willkür kann in diesem Fall aber keine Rede sein, weil hauptsächlich Eigentumsumwandlungen beabsichtigt sind. Soweit aufgrund des Gesetzes unter definierten Bedingungen tatsächlich Enteignungen möglich werden, sind sie das Gegenteil von “willkürlich”: Gesetzlich geregelt. Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die auf ein Abweichen von internationalen Standards schließen lassen (7).

Jeder, der sich zwei Minuten Zeit nimmt für einen Blick auf die deutsche “Treuhand”-Geschichte, weiß das. Unser Volljurist und Verfechter größenwahnsinniger Einmischungspolitik in die Angelegenheiten anderer Länder weiß es anscheinend aber nicht. Oder es ist ihm gleichgültig, weil es ihm von vornherein nur darauf ankam, eine dummdreiste Journaille für seine Propagandazwecke zu missbrauchen. Zu „vergewohltätigen“, sollte man vielleicht formulieren.

Hast du es auch bemerkt, dass die Qualitätsjournalisten der ARD-aktuell beim Formulieren ihrer AgitProp sauwohl gefühlt haben müssen? Der Kühntopp in Kairo hat sogar richtig geschäumt vor Wonne.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/05/02/frankreich-stationiert-ueber-tausend-soldaten-syrien/
(2) “Syrisches Dekret als Enteignung kritisiert”, Tagesthemen, 27.04.18, Sendeminute 17’40” und inhaltsgleiche Folgeberichte der ARD-aktuell am 28., 29. und 30. April 18: http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-5963.html, https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-enteignungen-101.html, http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-1255.html,
http://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-5957.html
(3) Syrian Law Journal (Übers. d.Verf.)
(4) https://sputniknews.com/middleeast/201804281063989077-syria-parliament-assad-deny-property-confiscation/
(5) https://www.joshualandis.com/blog/creating-a-new-syria-property-dispossession-and-regime-survival-by-erwin-van-veen/
(6) https://de.sputniknews.com/politik/20180213319522182-syrien-wiederaufbau/
(7) https://www.menschenrechtserklaerung.de/eigentum-3639/


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