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Das Geschäft mit den Tests

Das Geschäft mit den Tests

Verantwortungsvolle Gesundheitspolitik erfordert eine valide Datenlage — es ist fraglich, ob COVID-19-Schnelltests dazu beitragen können.

Inzwischen sind die ersten kommerziellen Selbsttests zu COVID-19 erhältlich und es ist wenig über die Qualität dieser Tests bekannt.

Medizinische Tests unterliegen zudem nur schwachen Zulassungsbedingungen, da sie nicht als Arzneimittel gelten. Meistens werben die Hersteller mit einem CE-Kennzeichen, was über die Qualität des Tests nichts aussagt, sondern nur, dass das Produkt sicher ist, in dem Sinne, dass man sich beim Öffnen der Verpackung nicht in den Finger schneidet.

Die Hersteller bewerben ihre Tests mit hoher Spezifität und Sensitivität und versetzen den Anwender bei einem positiven Ergebnis in Angst und Schrecken. Zu unrecht.

Erst vor kurzem wurden von Gesundheitsminister Jens Spahn serologische HIV-Selbst-Tests für den Hausgebrauch propagiert. Die sind von ähnlich fraglichem Wert.

Das Prinzip ist bei serologischen COVID-19-Tests dasselbe, denn das Problem besteht grundsätzlich bei allen Ja/Nein-Tests.

Die Informationen zu Sensitivität und Spezifität sind optisch hoch und werden deshalb von den Herstellern angegeben. Sie sind aber für den Patienten wenig informativ. Wichtig für den Patienten –oder zu dem Zeitpunkt noch — den Menschen, ist der PPV oder Positive Vorhersagewert (positive predictive value). Der ist real viel niedriger, aber wesentlich, denn er sagt aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Mensch bei einem positiven Test wirklich infiziert ist.

Die Sensitivität eines Tests ist die Wahrscheinlichkeit, mit dem der Test einen Infizierten als infiziert erkennt. Eine Sensitivität von 100 Prozent bedeutet, dass alle Infizierten als infiziert erkannt werden. Die Abweichung der Sensitivität von 100 Prozent ergibt die falsch-negativ Rate. Das heißt, manche Tests fallen negativ aus, obwohl die Person infiziert ist.

Die Spezifität eines Tests ist die Wahrscheinlichkeit mit dem der Test einen Gesunden als gesund erkennt. Die Abweichung der Spezifität von 100 Prozent — also alle Nicht-Infizierten werden als nicht-infiziert erkannt — ergibt die falsch-positiv Rate. Das heißt, trotz positivem Test ist die Person nicht infiziert.

Wie berechnet sich nun die Wahrscheinlichkeit für einen falsch-positiven Test?

Dazu ein Zahlenbeispiel. Nehmen wir eine Sensitivität von 90 Prozent und eine Spezifität von 95 Prozent an, was für einen medizinischen Test eine sehr hohe Spezifität ist. Und es seien von 1000 Personen 10 infiziert, das ist eine Prävalenz von 1 Prozent.

Von den 990 nicht-infizierten Personen erkennt der Test bei der angenommenen Spezifität 990 x 0,95 = 941. Das heißt, 49 Nicht-Infizierte erkennt er falsch. Diese werden positiv getestet, obwohl sie nicht-infiziert sind. Tatsächlich waren aber nur 10 Personen Infiziert. Von diesen 10 Infizierten erkennt der Test bei der angenommenen Sensitivität 10 x 0,90 = 9 Personen.

Insgesamt waren also im Test 9 + 49 = 58 Personen positiv, richtig erkannt wurden aber nur 9.

Das heißt, die Qualität des Tests beträgt 9/58 oder etwa 16 Prozent. Das ist der positive Vorhersagewert (PPV). Der Rest zu 100 Prozent, also circa 84 Prozent waren falsche Positive. Diese Personen hatten ein positives Testergebnis, obwohl sie nicht infiziert waren.

16 Prozent der Personen erhielten in dem Zahlenbeispiel das richtige Testergebnis. Das ist weit weg von 90 Prozent oder 95 Prozent.

Dieses Problem besteht bei allen Ja/Nein-Tests. Die Ursache dafür ist, dass es viele Nicht-Infizierte gibt, die weit überwiegenden Mehrheit. Die Differenz der Spezifität zu 100 Prozent wird also mit einer großen Zahl multipliziert. Das verschärft sich, je seltener eine Infektion ist, was als niedrige Prävalenz bezeichnet wird, da der Anteil der Nicht-Infizierten steigt.

Viele Hersteller von Tests werben mit einer hohen Sensitivität und Spezifität, unterschlagen aber die Abhängigkeit dieser Angaben von der Häufigkeit der Krankheit. So etwas findet sich auch in medizinischen Veröffentlichungen.

Hinter dem mathematischen Problem liegt das folgende biochemische Problem. Die Verteilungen der positiven und negativen Testergebnisse überschneiden sich, wie in nachfolgender Graphik gezeigt.

Bild

Was der Hersteller eines Tests tun kann, ist den cut-off verschieben. Der cut-off ist der Schwellenwert, bis zu dem ein Test als negativ gilt und ab wann er als positiv gewertet wird. Dabei gibt es eine Abwägung zwischen Sensitivität und Spezifität oder dem Maße, in dem man falsche Negative und falsche Positive akzeptiert. Das macht jeden Test von vorn herein in gewisser Weise etwas beliebig, da es immer eine Entscheidung geben muss, wo der cut-off Wert liegt. Man kann versuchen, die Werte von Sensitivität und Spezifität zu optimieren, aber mehr auch nicht. Es ist in der Regel jedem Hersteller eines Tests selbst überlassen, wie er den cut-off legt.

Die Medizin versucht teilweise durch mehrfaches Testen hintereinander das Ergebnis zu verifizieren. Man macht 3 Tests, und wenn 2 positiv und 1 negativ ist, wird man als infiziert betrachtet (tie breaker test). Aber welche Aussagekraft hat das? Nur die, dass es wohl ein Problem mit dem Test gibt.

Dazu kommt, dass es auch das Testresultat „unbestimmt“ gibt. Das heißt, der Test liefert kein klares Ergebnis. Was sagt das aus? Dass die Biomedizin vielleicht weniger gut ist, als sie glaubt. Und man sollte sehr vorsichtig sein, bevor man Menschen, die keine Symptome zeigen, aufgrund eines Biomarkers für krank erklärt.


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