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Der Kollaps der Medien

Der Kollaps der Medien

Von den Ursachen und Wirkungen des Versagens der globalen Informationsarchitektur.

Wenn ein System – sei es eine Institution, ein Staat, ein Großreich oder der menschliche Körper – das letzte Stadium seines Verfalls erreicht, brechen alle Informationswege zusammen, die eine kohärente Kommunikation gewährleisten. In diesem letzten Stadium wird das System kollabieren und sterben, wenn nichts dagegen unternommen wird.

Für fast jedermann ist heute ersichtlich, dass wir auf unserem Planeten sowie in unseren demokratischen Einrichtungen dieses Stadium erreicht haben. Wir sehen, wie das Versagen der globalen Informationsarchitektur, die sich im Schnittpunkt von Mainstream Medien, sozialen Medienplattformen und riesigen digitalen Aggregatoren zeigt, weit verbreitete Apathie, Hoffnungslosigkeit, Wahnsinn und Irrsinn in erschreckendem Ausmaß verursacht.

Und es ist richtig, Angst zu haben, lähmt uns doch diese Situation derart, dass wir globale und lokale Probleme nicht in Angriff nehmen können. Während sich Liberale und Konservative gegenseitig bekämpfen, verlieren wir kostbare Zeit.

Während Progressive die Regierung sowie Unternehmen und Superreiche bekämpfen, gehen wir in Hoffnungslosigkeit unter. Während Philanthropen, von der Richtigkeit ihres Anliegens und ihrem eigenen Wohlstand befeuert, für Gerechtigkeit und Gleichheit oder für irgendeinen armen Weiler in Afrika kämpfen, werden wir gleichgültig und von der wahren Ursache des Problems abgelenkt. Und während der Präsident gegen alle kämpft und alle gegen den Präsidenten, dreht die Gemeinschaft durch.

Im Hintergrund jedoch nimmt das Spiel des Hortens statt Verteilens von Rohstoffen an Fahrt auf und macht unsere gemeinsamen Aktionen und unser Engagement zunichte, sodass wir einer untragbaren Zukunft entgegensehen. Es gibt nur eine Möglichkeit, diesem Schicksal zu entgehen: die Quelle des Leidens ausfindig zu machen und es mittels neu gefundener Lösungen zu heilen.

Wenn Sie die Ursache dieser Informationskrankheit, die uns immer schneller in den ökologischen und institutionellen Zusammenbruch treibt, erkannt haben – und wir werden sie für Sie entschlüsseln – werden Sie frei sein zu handeln und Alternativen zu erschaffen.

Der Zusammenbruch demokratischer Institutionen

Die industrielle Zivilisation befindet sich in der quälenden Phase einer großen Zerrüttung, eines systemischen Übergangs, der entweder zu Rückschritt, Krise und Zusammenbruch führen kann oder zu einer neuen Art des Arbeitens und Lebens, einer neuen Form des Wohlstands, einer neuen Auffassung von Erfolg.

Der globale industrielle Medienkomplex ist nicht dafür ausgelegt, sich mit diesem großen Zusammenbruch der Zivilisation, wie wir sie bis dato kennen, auseinanderzusetzen. Im Gegenteil: Er ist buchstäblich außer Stande, Informationen so zu verarbeiten, dass er dadurch umsetzbares Wissen produzieren würde, das einen erheblichen Anteil der Weltbevölkerung in die Lage versetzen würde, den Übergang in eine neue Ära zu schaffen.

Der globale industrielle Medienkomplex von heute verschlimmert die Probleme, denen wir uns gegenübersehen.

Entgegen dem Anschein liefert er überhaupt kein Wissen. Die vorherrschende Methode der Medien ist es, Informationsflüsse zu monopolisieren und zu manipulieren, um Überzeugungen und Gefühle zu erzeugen, die dann „Klicks“, Werbeeinkünfte und Profite für ein paar Wenige maximieren.

Anstatt also Wissen zu schaffen, ist der globale industrielle Medienkomplex also dazu angelegt, konkurrierende und polarisierende Narrative zu erzeugen, aufgrund derer verschiedene Publikumskreise zu unversöhnlichen separaten Gruppen werden; er bestärkt Überzeugungen, ohne kritisches Denken zu lehren; er schwächt eine offene Haltung, während er eine banale Links-Rechts-Dichotomie verbreitet, die eine globale Kultur geistlosen Konsums schürt.

Diese vorherrschende Medienstruktur schränkt die Fähigkeit der Öffentlichkeit ein, intelligente Entscheidungen zu fällen. Und so werden globale ökologische, wirtschaftliche, soziale und andere Probleme verschärft, während wir uns über Ideologien streiten.

Als Folge davon werden Informationsflüsse unweigerlich an Prozesse der Profitmaximierung für eine kleine Minderheit gekoppelt, und zwar so sehr, dass das Verhältnis der Menschen zu Informationen zu einem Kontrollmechanismus für Aufmerksamkeit und ideologische Überzeugungskraft wird.

Die Monopolisierung von Medien und Journalismus

Im Kern unserer kollabierenden demokratischen Institutionen befindet sich der globale industrielle Medienkomplex. Wenn wir unerschrocken genug sind, genau hinzusehen, werden wir feststellen, dass sowohl die „Freie Presse“ als auch die „Lügenpresse“ die strukturelle Erweiterung einer extremen Form des Raubtierkapitalismus sind. Indem sie unseren Geist gefangen halten, benutzen sie Informationen dazu, Reichtum für Wenige auf Kosten der Vielen anzuhäufen. Sie stellen die zwei Seiten einer Medaille dar, die denselben Menschen unanständig viel Kohle beschert.

Wir müssen nur genauer hinsehen, dann springt uns diese Tatsache ins Auge.

In den USA besitzen sechs große transnationale Konzernkonglomerate – Time Warner, Walt Disney, Viacom, News Corp., CBS Corporation und NBC Universal – die Gesamtheit der Massenmedien, also alle Zeitungen, Zeitschriften, Verlage, Fernsehprogramme, Kabelkanäle, Hollywood-Firmen, Musik-Labels und beliebte Web-Sites.

In Großbritannien sind 71 Prozent der nationalen Zeitungen im Besitz dreier riesiger Unternehmen, während 80 Prozent der lokalen Zeitungen ganzen fünf Unternehmen gehören.

Heutzutage ist Google der größte Medienbesitzer, dicht gefolgt von Walt Disney, Comcast, 21st Century Fox und Facebook. Google und Facebook besitzen gemeinsam das Monopol über ein Fünftel der weltweiten Werbeeinkünfte. Und all diese Konzerne kontrollieren den Großteil dessen, was wir lesen, ansehen und hören – auch im Netz. Sie definieren unser Verständnis der Welt und unserer Selbst.

Und trotzdem spiegeln sie eine kleine Gruppe Menschen wider, die eine sehr begrenzte Sicht auf die Welt haben.

Der Grund dafür ist, dass diese Machtstrukturen ein Teil dessen sind, was eine Studie in der Zeitschrift PLoS One als ein „Netzwerk globaler Kontrolle durch Konzerne“ beschreibt. Die Autoren der Studie, ein Team von Systemtheoretikern an der Schweizer Bundesanstalt für Technologie, haben herausgefunden, dass die 43.000 mächtigsten transnationalen Unternehmen von 1.318 Betrieben dominiert werden, die wiederum von einer „Über-Einheit“ von nur 147 Firmen beherrscht werden.

So wird also das meiste dessen, was wir in den Medien lesen, ansehen und hören, strukturell aufbereitet von einem Netzwerk von Sonderinteressen, die sich selbst finanzieren und tragen. Deswegen ist auch die Unterscheidung zwischen „Fake News“ und „echten News“ gleichermaßen illusorisch wie unehrlich. Ganz im Sinne dieser Struktur ist alles, was uns als „Nachrichten“ präsentiert wird, mehr oder weniger offene Propaganda, die uns von den wahren Geschehnissen ablenkt, den Apparat am Laufen halten. Und da macht es kaum einen Unterschied, ob es von Mother Jones (eine Zeitschrift, die nach eigenen Angaben „investigativen Journalismus“ betreibt und „die Übel der Konzernwelt, der Regierungen und der Mainstream-Medien aufdeckt“, A.d.Ü.) oder der New York Times, von Breitbart oder den Fox News kommt – alles, was in diesen Strukturen seinen Ursprung hat, wirkt sich schwächend auf uns aus, weil es uns verwirrt und unsere Gefühle in ein komplexes Knäuel aus Wut, Resignation, Apathie und Trägheit treibt.

Durch die Google-Linse

Um die Macht zu verstehen, die diese speziellen Interessensverbände haben, Informationen zu monopolisieren und somit ihren eigenen Zielen zunutze zu machen, müssen wir uns nur die Geschichte des größten Medienunternehmens überhaupt ansehen.

Im Januar 2015 brachte INSURGE die exklusive Story darüber, wie Google gegründet wurde und sich unter den Fittichen amerikanischer Geheimdienste weiter entwickelte.

Dieser Artikel enthüllte, dass ein Doktorand an der Stanford University, Sergey Brin, Startkapital von der CIA und einem Forschungsprojekt des NSA (Massive Digital Data Systems, MDDS) bekam, als er den Kern-Code der Google-Suchmaschine entwickelte. Bestätigt wurde dies von einer früheren Führungskraft des MDDS, Dr. Bhavani Thuraisingham, die nun eine Louis A. Beecherl, Außerordentliche Professorin sowie Geschäftsführerin des Cyber Security Research Institute (Forschungsinstitut für Cyber-Sicherheit) an der University of Texas in Dallas ist.

Dies ist nicht unbedingt ungewöhnlich: Dass Geheimdienste schon lange in Silicon Valley tätig sind, ist einleuchtend. Interessant ist aber, dass Sie wahrscheinlich nicht wussten, wie das gerade bei Google vonstatten ging. Und das sagt natürlich jede Menge darüber aus, wie der globale industrielle Medienkomplex arbeitet. Thuraisinghams Aussagen werden bestätigt durch eine Bezugnahme auf das MDDS-Programm in einer Abhandlung, die Brin und Larry Page, Mitgründer von Google, in Stanford gemeinsam geschrieben hatten.

Wie die Medien – alle Medien – mit der Wahrheit umgehen

Diese Story wurde in den englischsprachigen Medien totgeschwiegen, außer in Gigaom, einer US-amerikanischen Nachrichtenseite, die unsere Recherchen wie folgt empfahl:

„Ein interessanter, sehr kompakter Bericht über Googles jahrelange Zusammenarbeit mit dem US-Militär und Geheimdiensten wurde letzte Woche auf Medium veröffentlicht.“

Die wichtigen Folgerungen hieraus müssen genau betrachtet werden: Die ganze Geschichte von Googles Startkapital und dessen Gründung durch die CIA und die NSA kommt ans Licht – aber keine einzige englischsprachige Zeitung möchte darüber schreiben oder sie wenigstens bestätigen. Was könnte jedoch als Nachricht interessanter sein als die große Nähe eines der größten „Nachrichten-Vermittlers“ zu den US-Geheimdiensten, und zwar von Beginn an?

Der Mangel an Interesse ist nicht das Ergebnis einer Verschwörung. Er ist das vorhersehbare Ergebnis dessen, dass der globale industrielle Medienkomplex eine höchst zentralisierte Institutionsstruktur darstellt, die einen Kadavergehorsam gegenüber der Macht aufrechterhält.

Der globale industrielle Medienkomplex verschleiert in hohem Maße wichtige Kenntnisse über die Struktur und das Wesen von Macht. Deswegen ist dies hier wahrscheinlich das erste Mal, dass Sie direkte Beweise dafür gesehen haben, dass das wichtigste Nachrichtenportal der Welt, Google, mit Unterstützung der US-Geheimdienste ins Leben gerufen wurde.

Macht und Kontrolle über Ihren Geist und Ihre Ressourcen

Hier geht es nicht darum, ob Google „des Teufels“ ist. Es geht um ein viel umfassenderes Muster inakzeptabler Eigentumsverhältnisse und sozialer Netzwerke quer durch die Medienlandschaft.

Sehen wir uns William Kennard an. Er war Vorstandsmitglied der New York Times und wurde dann Vorsitzender der US Federal Communications Commission (unabhängige Behörde, die die Kommunikationswege im Rundfunk, über Kabel und Satellit regelt; A.d.Ü.). Danach arbeitete er als Geschäftsführer bei der Carlyle Group. Carlyle hält die Mehrheit der Anteile an Booz Allen Hamilton, des Verteidigungsunternehmens, das die Massenüberwachung der NSA verwaltet. Nachdem Kennard als US-Botschafter der EU Teil der Regierung Obamas wurde, kämpfte er für das im stillen Kämmerlein verhandelte, konzernfreundliche Transatlantische Handelsabkommen, TTIP.

Oder sehen wir uns John Bryson an, Obamas Wirtschaftsminister bis 2012. Im Jahrzehnt davor saß er im Vorstand der Walt Disney Company, die die American Broadcasting Corporation (ABC) besitzt. Gleichzeitig saß er im Vorstand von Boeing, einem US-amerikanischen Verteidigungsunternehmen. Obwohl er nach seinem Wechsel in die Regierung beide Tätigkeiten aufgab, besaß er profitable Aktien, Optionsvermögen und Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersversorgung sowohl von Disney als auch von Boeing.

Sehen wir uns Aylwin Lewis an, einen anderen Walt Disney Company Direktor und gleichzeitig langjährigen Direktor bei Halliburton, einer der größten transnationalen Servicegesellschaften für die Erdölindustrie, die davor von Dick Cheney geleitet worden war. KBR Inc., eine Halliburton-Tochtergesellschaft in Houston, erhielt über die letzten zehn Jahre 39,5 Milliarden US-Dollar in Verträgen, die mit dem Irak zu tun hatten und von denen viele Alleinanbieter-Verträge waren.

Sehen wir uns Douglas McCorkindale an, der jahrzehntelang Direktor von Gannett war, einem riesigen Medienimperium, und außerdem der Leiter einiger Gannet-Ableger. Gemessen an den täglichen Veröffentlichungen ist Gannet der größte Zeitungsverleger der USA und besitzt darüber hinaus bedeutende TV-Sender, regionale Nachrichten-Kabelkanäle und Radiosender. Und dennoch hat McCorkindale etwa zehn Jahre lang auch als Direktor bei dem US-amerikanischen Rüstungskonzern Lockhead Martin gearbeitet, bis er im April 2014 zurücktrat.

Bedenken wir, dass all diese Persönlichkeiten durch ihre Verbindungen zur Medien- und Verteidigungsindustrie direkt von verheerenden Kriegen profitiert haben, die im Endeffekt durch ihre eigene Propaganda ermöglicht wurden.

Und beachten Sie, dass dieses Spiel zwei Seiten bedient. Es nützt Liberalen und Konservativen gleichermaßen.

Die globale Informationskrise und die globale Zivilisationskrise – in der politischer Extremismus, Umweltzerstörung und wirtschaftliche Unberechenbarkeit zunehmend verschmelzen und unsere Gesellschaft, unsere Familien und auch die Hoffnungen unserer Jugend zerstören – sind also ein und dasselbe.

Die Kommerzialisierung von Information ist ein wesentlicher Bestandteil der Kommerzialisierung unseres Planeten. Dies ist ein Geschäft, in dem Ihr Bewusstsein, Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Zukunft zu einer wertlosen Anlage reduziert und so lange vermarktet werden, bis nichts mehr davon übrig ist. Wir müssen dieses Schicksal allerdings nicht erdulden. Wir müssen die Dinge nur durchschauen.

Haben Sie das einmal erkannt, können neue Informationen und Ideen in Ihren Kopf, neue Gefühle in Ihren Körper strömen und Sie befähigen, aktiv zu werden. Wenn Sie erkennen, können Sie agieren. Es wird dann offensichtlich, dass die einzige Lösung darin besteht, journalistische Formate so zu verändern, dass neue Ideen und Kenntnisse zu konstruktiver Aktion führen. Dann wird offensichtlich, dass die Öffentlichkeit nur dann belebt und unsere demokratischen Institutionen nur dann wiederhergestellt werden können, wenn das Geld in den Medien dorthin fließt, wo es hingehört:

In die Hände von Journalisten und aktiven Lesern, die sich beide der Erschaffung einer gerechten und gesunden Zukunft widmen.


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Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „The Collapse of Media and What You Can Do About it“. Er wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam korrigiert.


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