Donald Trump versteht sich als Deal-Maker. Als Geschäftsmann mag man damit Erfolg haben oder auch nicht, und bei Trump dürften sich seine geschäftlichen Deals mal in die eine, mal in die andere Richtung bewegt haben. So ist das im Business: Mal gewinnt man, mal verliert man. Doch so einfach auf die Politik übertragen lässt sich das Deal-Prinzip nicht, und schon gar nicht, wenn man der Präsident der USA ist.
Trump und der Ukraine-Krieg
Wer im Immobilien-Geschäft tätig ist, muss nicht zwingend etwas von Geopolitik verstehen. Wer allerdings dann zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wird – zumal, wenn er Donald Trump heißt –, geht von genau dieser Annahme aus: Er glaubt, die Geschicke der Erde lenken zu können, schließlich ist er der „Führer der freien Welt“.
Es geht hier nicht um eine psychologische Ferndiagnose Donald Trumps. Eine solche verbietet sich grundsätzlich beziehungsweise erschöpft sich in Spekulationen und Herleitungen, die unvollständig sein können und in vielen Fällen auch sind. Trotzdem lässt sich anhand des Verhaltens von Trump erklären, dass er von bestimmten Voraussetzungen ausgegangen ist, die zu seinen politischen Ankündigungen geführt haben. Trump hat sich selbst also so viel Macht zugeschrieben beziehungsweise verliehen, dass seine Handlungen unabhängig sind von Einflüssen, Faktoren und Mächten, die im Hintergrund passieren oder agieren. Das zumindest ist eine naheliegende Vermutung.
Bekanntlich ist es Trump bisher nicht gelungen, den aktuellen Krieg in der Ukraine zu beenden, und sein vollmundiges Versprechen, dies auch noch in so kurzer Zeit zu schaffen, muss als Wahlkampfgetöse abgehakt werden. Man kann davon ausgehen, dass er selbst nicht daran geglaubt hat, dieses Vorhaben in diesem Zeitfenster zu realisieren.
Dennoch: Er hat es versucht. Er hat vermutlich auch daran geglaubt, dass es ihm gelingen kann, einen Krieg zu beenden, der von den USA über Jahre vorbereitet und nach seinem Ausbruch von der Europäischen Union massiv unterstützt wurde. Donald Trump wollte diesen Krieg beenden, auch wenn man sich über seine Beweggründe streiten kann. Ob er scharf auf den Friedensnobelpreis war, einen Keil zwischen Russland und China treiben wollte oder gar zur Einsicht gelangt ist, dass er den unaufhaltsamen Aufstieg der BRICS-Staaten und somit der multipolaren Welt nicht verhindern kann, spielt dabei keine so große Rolle.
Fakt ist: Es hat nicht funktioniert, zumindest noch nicht. Und das liegt nicht nur an der politischen und insbesondere der geopolitisch fehlenden Erfahrung Trumps, wenngleich sie nicht unterschätzt werden darf. Man kann nicht einfach eine geopolitische Entscheidung, die von den mächtigsten Akteuren der Welt getroffen wurde, rückgängig machen, nur weil man jetzt der amerikanische Präsident ist.
Trump hat also seine Möglichkeiten der Einflussnahme gründlich überschätzt; er ging vermutlich davon aus, dass er seinen Wunsch nach Frieden in der Ukraine nur oft und vehement genug zum Ausdruck bringen müsse, dann werde das schon klappen.
Nun gibt es aber noch ein paar andere Akteure, die ebenfalls ihre Interessen in der Ukraine verfolgen. Zuallererst natürlich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der zwar noch weit weniger als die Einzelperson Trump geopolitisch etwas zu sagen hat. Selenskyj ist eine Figur auf dem weltweiten Schachbrett, er wird hin- und hergeschoben und muss in letzter Konsequenz den Mächten folgen, die über ihm stehen und diktieren, wie er sich zu verhalten hat. Eigenständige geopolitische Entscheidungen trifft Selenskyj nicht; jeder, der etwas anderes behauptet, muss mit dem Klammerbeutel gepudert sein. Selenskyj ist auch nicht der, der die Verhandlungen führt oder die Verhandlungsmasse bewegt. Er ist auf die globalen Player angewiesen, und die sitzen in den USA und in EU-Europa. Das widerspricht aber nicht der Aussage, dass Selenskyj eigene (innen)politische Interessen hat und mit allen Mitteln verfolgt. Die Ukraine ist ein zutiefst korrupt geführtes Land, und der seinerzeit ins Amt halb gestolperte und halb gehievte Präsident dieses Landes wurde gewissermaßen der Vater dieser Korruption. Für Selenskyj geht es bei der Frage, wie es mit der Ukraine weitergeht, im wahrsten Sinne um Leben und Tod – er wird also alles tun, um seine Interessen durchzusetzen und die Feinde im eigenen Land auf Distanz zu halten.
Dann wäre da Russland. Und damit ist ganz sicher nicht Wladimir Putin allein gemeint, auch wenn der Westen den Ukraine-Krieg gern als das Produkt eines imperialen Psychopathen darstellt. Für Russland ist die Ukraine-Frage eine existenzielle, die die Krönung der NATO-Osterweiterung darstellt. Die Kompromissbereitschaft hält sich daher in engen Grenzen, und die Tatsache, dass Russland militärisch längst in der besseren Position ist, macht die Verhandlungen aus westlicher Sicht auch nicht leichter. Trumps geplante Rohstoff-Deals mit der Ukraine dürften in Russland zudem nicht unbedingt grenzenloses Vertrauen geschaffen haben.
Und wir dürfen EU-Europa nicht vergessen, dessen politische Akteure eindeutig und ohne Zweifel den Ukraine-Krieg weiterführen wollen und sich nebenbei zeitweilig auch noch im verbalen Krieg mit den USA befinden.
Die Kriegsführung von EU-Europa überfordert Donald Trump eindeutig, auch wenn seine teils keifende Rhetorik etwas anderes anzudeuten scheint. Der Mann mit dem roten Cap kommt mit dem Sack Flöhe aus Brüssel einfach nicht zurecht.
Darüber können auch die immensen Rüstungsausgaben der EU nicht hinwegtäuschen, die ja in erster Linie aus der Abneigung gegenüber Trump überhaupt erst ins Gespräch kamen.
Donald Trump hat seit Beginn seiner Amtszeit Freunde zu Feinden und Feinde zu Freunden gemacht und sich selbst in eine unglaubwürdige Position gebracht. Er schmeichelt, er poltert, er kündigt an und verwirft – er ist so berechenbar wie eine launische Wildkatze und so verlässlich wie ein deutscher Koalitionsvertrag.
Trump und Israel
Bezüglich Israel agiert Donald Trump ähnlich wie Friedrich Merz. Er gibt vor, die unfassbaren Verbrechen der israelischen Regierung zu verurteilen und kritisiert sie sanft, um genau diese Verbrechen im nächsten Schritt zu tolerieren beziehungsweise aktiv zu unterstützen. Er feuert sinn- und planlos auf den Iran, um Atomanlagen zu zerstören, und schimpft wie ein Rohrspatz auf die israelische und die iranische Führung, ohne wirklich etwas Konstruktives beizutragen. Im Gegenteil, das verwirrte Handeln Trumps schafft eher zusätzliche Unruhe und Unsicherheit in der Region.
Schuld trägt Trump selbst im Doppelpack auf seinen Schultern. Zum einen hat er das Atomabkommen mit dem Iran in seiner ersten Amtszeit einseitig gekündigt. Zum anderen erklärte er 2017 Jerusalem zur Hauptstadt Israels, was, um es diplomatisch auszudrücken, alles andere als eine politische Glanzleistung war. Interessant ist die Wortwahl, die der US-Präsident damals wählte:
„Ich habe beschlossen, dass es an der Zeit ist, Jerusalem offiziell als die Hauptstadt Israels anzuerkennen.“
Da sprach niemand, der sich der Lage bewusst ist, sondern jemand, der es allen anderen zeigen wollte. Trump begründete seinen Schritt damals damit, dass seine Vorgänger im Weißen Haus zwar eine Menge Ankündigungen, aber keine Taten gezeigt hätten. Der Deal-Maker tat also in seinen Augen das, was andere nicht schaffen konnten oder wollten: Deals machen.
Um das Bizarre ins Absurde abgleiten zu lassen, sagte Trump damals noch, dass sein Entschluss eine gute Tat für den Frieden zwischen Israel und Palästina sei. Der Zusammenhang zwischen seiner Entscheidung und einer Entspannung zwischen Israel und Palästina erschließt sich selbst dem wohlwollenden Zuhörer nicht.
Und Trump sagte noch etwas damals:
„Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um an einer Friedenslösung zu arbeiten, die für beide Seiten akzeptabel ist.“
Wie durch Trumps Politik eine Friedenslösung zustande kommen sollte, war damals ein Rätsel, es ist heute ein Rätsel, und es wird bei der aktuellen Praxis im Umgang mit dem Gazastreifen und der gesamten Region auch weiterhin eines bleiben.
Und erneut sehen wir, dass die Macht und der Einfluss Donald Trumps längst nicht so ausgeprägt sind, wie der US-Präsident selbst annimmt. Die Lobby der israelischen Regierung reicht schon sehr lange bis tief in die Machtstrukturen der USA und des Weißen Hauses hinein. Vermutlich ist ihr Einfluss vergleichbar mit dem US-amerikanischer Geheimdienste auf die deutsche politische und mediale Landschaft. Nichts geschieht auf diesen politischen Feldern ohne die Einflussnahme der entsprechenden Lobbys.
Donald Trump macht also keine eigenständige Politik im Nahen Osten; er ist auf die mächtigen Akteure im Hintergrund angewiesen, die man „Tiefen Staat“ oder auch anders nennen kann – an ihrer Dominanz auf die US-amerikanische Politik ändert eine wie auch immer geartete Titulierung nichts. Wenn Trump also 2017 sagte: „Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um an einer Friedenslösung zu arbeiten, die für beide Seiten akzeptabel ist“, so war das bei genauer Betrachtung nicht einmal gelogen. Es belegte lediglich, dass das, was in Trumps Macht steht, ziemlich übersichtlich ist. Man könnte auch sagen: Nicht Trump entscheidet, ob und wie viel Macht er hat, sondern ganz andere Leute.
Solange Trump der israelischen Regierung wie ein sabbernder Hund hinterherrennt, wird es keinen Frieden geben, an dessen Initiierung sich Israel auch nur beteiligt. Das ist auch deshalb tragisch, weil Trump seine unbedeutende Rolle in diesem „Spiel“ nicht einmal erkennt.
Trump: Garantiert planlos
Es war in seiner ersten Amtszeit so, und so ist es auch heute: Donald Trump ist planlos, er agiert spontan und ohne Gespür für die Geopolitik, während die Welt ihren Blick nur auf ihn richtet – ohne zu berücksichtigen, dass US-Präsidenten niemals alleine Entscheidungen getroffen haben. Im Unterschied zu seinen Vorgängern scheint sich Trump aber seiner Rolle nicht – oder noch nicht – bewusst zu sein. In seiner Wahrnehmung ist er der mächtigste Mann auf der Welt, der seine Entscheidungen so trifft, wie er es für richtig hält. Die Drahtzieher im Hintergrund können damit gut leben. Das konnten sie immer schon; denn die wahren Machthaber US-amerikanischer Politik saßen nie vor Kameras und gaben Pressekonferenzen, sie standen im Dunkeln, fernab der Medienwiese und lenkten von dort aus unbemerkt und unbeobachtet die Geschicke der USA.
Man könnte abschließend die Frage stellen, inwieweit die intellektuellen Defizite Donald Trumps bei dem ganzen Desaster eine Rolle spielen. Der Mann scheint weder sehr belesen noch mit einem Mindestmaß an allgemeiner oder politischer Bildung ausgestattet zu sein. Doch diese Frage fällt in den bereits zu Beginn dieses Textes genannten Bereich der Spekulation, und Ferndiagnosen sind bekanntlich und wie beschrieben immer brisant und fehlerbehaftet. Zudem sind sie für die geopolitische Lage nicht zielführend.
Und so bleibt eine ernüchternde Erkenntnis: Der „mächtigste Mann der Welt“ ist weit davon entfernt, diese Rolle tatsächlich innezuhaben, und er ist dementsprechend noch weiter davon entfernt, wirklich konstruktiven Einfluss auf die Geopolitik nehmen zu können. Für die Weltlage insgesamt ist das keine gute Nachricht.

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