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Der Unbestechliche

Der Unbestechliche

Der Tod des Präsidenten von Tansania wirft noch immer brisante Fragen auf. Teil 2/3.

Den ersten Teil finden Sie hier. Im zweiten Teil stelle ich unser grundsätzliches, internationales Verständnis von Demokratie und staatlicher Souveränität einigen gegenwärtig wirksamen, mächtigen globalen Schaltstellen gegenüber. Es geht zudem um kulturelle Vielfalt, um Gesundheit, und darum, inwieweit John Pombe Joseph Magufuli aufgrund seiner auf Freiwilligkeit basierenden Corona-Politik unter Druck geraten war.

Globale Schaltstellen

Was bedeutet Souveränität? „Souveräne Staaten können frei und unabhängig über die Art der Regierung, das Rechtssystem und die Gesellschaftsordnung innerhalb ihres Staatsgebietes bestimmen (innere Souveränität). Das Völkerrecht postuliert die Unabhängigkeit und Gleichheit aller Staaten in den internationalen Beziehungen (äußere Souveränität)“. So lautet die Definition der Bundeszentrale für Politische Bildung.

Warum reagieren so viele Staaten weltweit ähnlich auf Corona? Bedeutet das einen Beweis für die Gefährlichkeit der Pandemie — und für Magufulis Irrtum diesbezüglich?

Wer die global angelegte Panik vor Corona nicht mitmachen will, wird aus dem Diskurs ausgegrenzt oder mundtot gemacht, egal ob Laie, hoch qualifizierter Wissenschaftler oder Staatschef.

Über die aktuellen, sehr verschiedenen Profiteure dieser Angst wurde schon viel geschrieben. Ich will an dieser Stelle nur an einige sehr wirkungsvolle Hebel erinnern, die bewegt wurden und zum heutigen Ergebnis führten, sei es nun ungeplant oder vorsätzlich.

Die WHO und das Event 201

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) änderte die Definition einer Pandemie im Jahr 2009 insofern, dass der Schweregrad und damit die Sterberate daraus entfernt wurde. Eine Pandemie lässt sich seitdem an der Anzahl von Infektionen bemessen, egal wie tödlich oder ungefährlich diese verlaufen.

Der PCR-Test ist aber, wie oben dargelegt, ungeeignet zur Erfassung von Infektionen, Ansteckungsgefahr und Krankheit. Was er misst, sind mRNA-Bruchstücke von Viren, die nichts über die Vermehrungsfähigkeit der Viren und auch nichts über den Gesundheitszustand des Getesteten aussagen. Es besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit, ein beliebiges Virus herauszugreifen und in großem Umfang darauf zu testen. Die infolgedessen zahlenmäßig entstehende Pandemie könnte dann durch die Anzahl von Tests definiert und am Laufen gehalten werden. Ebenso besteht die Möglichkeit, eine bereits vergangene Pandemie auf diesem Weg zu verlängern. Das Vorhandensein dieser Möglichkeiten sollten wir meiner Meinung nach unbedingt im Blick haben und diskutieren.

Natürlich bedeutet das nicht, es gäbe die Coronaviren oder das mit „Covid-19“ überschriebene Krankheitsbild nicht, und mir ist bis heute niemand bekannt, der das behauptet. Viren und Atemwegserkrankungen gab es schon immer, abhängig vom Immunsystem leider auch mit schwerem bis tödlichem Verlauf. Die aktuell erzeugte Panik und der Druck, der auch auf die gesunde Bevölkerung ausgeübt wird, sind dagegen beispiellos.

Ende 2019 trafen sich Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Medien zu einem Planspiel mit dem Namen Event 201 in New York. Geprobt wurde, wie man aus globaler Sicht auf eine Pandemie reagieren sollte, veranstaltet wurde die Übung vom Johns Hopkins Center for Health Security, dem Weltwirtschaftsforum (WEF) und der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Dr. Michael Ryan, der Executive Director des Health Emergencies Programme der Weltgesundheitsorganisation (WHO), persönlich nicht anwesend, behauptet zu Beginn der Veranstaltung in einem Videoeinspieler: „Das Szenario, das wir Ihnen diesen Vormittag präsentieren, könnte leicht eine (räuspert sich) eines Tages gesicherte Realität werden“ (3).

Wenn Staaten eine global ausgerufene Pandemie-Panik nicht mitmachen, dann muss man deren Informationen zensieren und die Staaten sanktionieren, so das geprobte Szenario zum fiktiven Virus beim Event 201. Ich habe das im vorletzten Kapitel meines Artikels „Psychologische Kriegsführung“ dargelegt. Auf die Frage des Moderators Tom Inglesby „Was ist, wenn es Regierungen sind, die Falschinformationen verbreiten?“ schlägt Avril Haines, die seit Joe Bidens Präsidentschaft Geheimdienstdirektorin ist, vor, „nicht zuletzt andere Länder zusammenzubringen, um effektiv, Sie wissen schon, gegen diese Art von Kampagnen vorzugehen, die sie verbreiten.“

Timothy Evans, ehemals Weltbankgruppe, betont, es sei „wichtig, dass die UNO und die WHO sehr klar bleiben“. Da man so aber „oft an diese Frage der Souveränität“ käme, sei es auch „entscheidend, über Soft-Power-Einfluss nachzudenken“. Zur Zensur in den sozialen Medien hat in dieser Runde Matthew Harrington von Edelman, der größten PR-Agentur der Welt, klare Vorstellungen: Ihm zufolge seien die Social-Media-Plattformen „in der Pflicht, als aktive Teilnehmer für die Verbreitung korrekter Informationen zu sorgen.“ Denn Folgendes sei klar: „Wir werden Gini nicht mehr zurück in die Flasche der Fehl- und Desinformation bekommen. Das ist unmöglich.“

Wie verträgt sich all das mit unserer Vorstellung von kultureller Vielfalt, gegenseitigem Respekt und einer Souveränität der Nationen?

YouTube gehört Google, und Google hat Harringtons Vorstellungen inzwischen offensichtlich akribisch umgesetzt. Die Macher bei Google stehen hinter der internationalen Corona-Panik und lassen keine anderen Sichtweisen darauf mehr zu:

YouTube erlaubt keine Inhalte, die medizinische Fehlinformationen verbreiten, die den medizinischen Informationen der lokalen Gesundheitsbehörden oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über Covid-19 widersprechen.“ Die Richtlinien von YouTube zu Covid-19 könnten sich ändern, „wenn sich die Richtlinien der globalen oder lokalen Gesundheitsbehörden zu diesem Virus ändern.“

Die Richtlinie stammt vom Mai 2020. Weiter heißt es:

„Stellen Sie keine Inhalte auf YouTube ein, wenn sie einen der folgenden Punkte enthalten: (...) Inhalte, die die Verwendung von Hausmitteln, Gebeten oder Ritualen anstelle einer medizinischen Behandlung, wie das Aufsuchen eines Arztes oder eines Krankenhauses, empfehlen.“

Natürlich soll niemand für seine Heilkunst Allgemeingültigkeit beanspruchen oder kranke Menschen vom Arztbesuch abhalten. Wenn man aber bedenkt, dass der PCR-Test, welcher nichts über Gesundheit oder Krankheit auszusagen vermag, als Grundlage für den Nachweis einer Infektion gilt, dann wirft diese Forderung von Google an seine YouTube-Producer wirklich Fragen auf. Wieso soll ein gesunder Mensch, der ein positives Testergebnis hat, denn nicht Hausmittel anwenden und beten?

Der IWF und die Weltbank

Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist wie die WHO eine Sonderorganisation der UNO. Die Idee wäre eigentlich „die globale Währungskooperation zu fördern, die finanzielle Stabilität zu sichern, den internationalen Handel zu erleichtern, eine hohe Beschäftigung und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern und die Armut in der Welt zu reduzieren“.

Aktuell fließen Zahlungsströme des IWF anlässlich von Corona. Bedingung ist dabei, die Pandemie so zu bekämpfen, wie sich die WHO das vorstellt, nicht anders. „Seit Pandemiebeginn ließ der Internationale Währungsfonds 80 Staaten Finanzhilfen von insgesamt 87,8 Milliarden US-Dollar zukommen — ausdrücklich deklariert als ‚Covid-19 Financial Assistance and Debt Service Relief‘ — teils als Kredite, teils in Form eines Schuldenerlasses“, berichtet Harald Wiesendanger im September 2020 in „Der gekaufte Planet“. Zu den „Voraussetzungen für eine Unterstützung“ zähle der IWF, dass „eine angemessene Politik zur Bewältigung der Krise erfolgt“. IWF-Geld gebe es erst nach positiver „Bewertung der kausalen Wirkung von Eindämmungsmaßnahmen auf Infektionen“.

Mehrere Länder hatten das Geld des IWF zunächst ausgeschlagen, zumal sich so manch heimische Arznei offenbar als heilsam erwies. Wer aber stellt die Bedingungen für das Geld? Wer entscheidet über sie? Wem dienen sie?

Das Stimmrecht der aktuell 190 Mitgliedstaaten des IWF ist abhängig vom Kapitalanteil. Dadurch haben wirtschaftlich starke Staaten aufgrund ihrer hohen Einlagequoten auch eine überdurchschnittliche Entscheidungsgewalt. Die USA haben mit aktuell 16,51 Prozent Stimmrechtsanteil den mit Abstand größten Einfluss beim IWF. Danach folgen Japan mit 6,15 Prozent und China mit 6,08 Prozent. Deutschland verfügt über 5,32 Prozent Stimmrechtsanteil, gefolgt von Frankreich und dem Vereinigten Königreich mit jeweils 4,03 Prozent. 171 Staaten, und damit die große Mehrheit, haben hier eine Null vor dem Komma stehen.

Auch bei der Schwesterorganisation des IWF, der Weltbankgruppe, ist die Stimmenverteilung der 189 Mitgliedsstaaten abhängig vom eingebrachten Kapital. Die Weltbank saß beim Event 201 quasi mit am Tisch durch den ehemaligen Senior Director der Global Practice Health, Nutrition and Population Timothy Evans. Auch die Weltbank vergibt Covid-19-Hilfsgelder, und das unter der Bedingung einer „effektiven Krisenantwort“. Bis Mitte August sponserte die Weltbank 143 Covid-19-„Preparedness“-, „Response“- und „Education“-Projekte rund um den Globus, darunter 42 in Afrika.

„Wer mitmacht, nützt westlichen Großkonzernen auf vielfache Weise“, so Wiesendangers ernüchterndes Fazit zu den globalen Corona-Hilfen von IWF und Weltbank, denn er verschaffe ihnen Märkte, „für Arzneimittel und Impfstoffe, für Testverfahren, Desinfektionsmittel und Schutzausrüstung, für Kommunikations- und Überwachungstechnik aller Art.“ Von Chile über Nigeria bis Myanmar seien IWF- und Weltbankschuldner wohl oder übel dabei, im Namen des Seuchenschutzes soziale Kontrolle zu verschärfen, Propagandabotschaften ungefiltert weiterzuverbreiten, Presse- und Meinungsfreiheit einzuschränken, Kritiker mundtot zu machen und Massenproteste im Keim zu ersticken.

Dieses Fazit ist leider im Kern kein allzu neues. Ein trauriger Hinweis darauf zu den Zeiten kurz vor Corona war Ecuador: „Es wird auch der Verdacht geäußert, dass die Entscheidung, Assange endgültig fallen zu lassen, mit einem Kredit in Höhe von 4,2 Milliarden US-Dollar vom Internationale Währungsfonds (IWF) zu tun haben könnte. Er wurde im März für die Durchführung eines Austeritätsprogramms bewilligt“, berichtet Telepolis im April 2019.

Dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange wurde der Status des politischen Asyls nach einem Machtwechsel in Ecuador entzogen, was zu seiner Inhaftierung in Großbritannien führte. „Sie können keinen IWF-Kredit erhalten, wenn die Vereinigten Staaten ihn nicht genehmigen – eben bis zu der Einwilligung, Julian aus der Botschaft zu entfernen“. Das sagte John Shipton, der Vater von Julian Assange, dazu.

Der Ökonom Peter König hat 30 Jahre lang für die Weltbank gearbeitet und widmet sich nun der kritischen Aufklärung. „Die Länder werden weiterhin verschuldet, und die Schuld muss zurückbezahlt werden“, erklärt er in einem RT-Deutsch-Interview aus den Anfangszeiten von Corona. „Und wer kriegt dann diese Gelder, die jetzt ausgeliehen werden? (…) Sie arbeiten für diese Elite schon heute. Das wird noch drastischer gemacht, damit noch mehr von den Ressourcen, die generiert werden in den ärmeren Ländern (...) in den Norden (fließen), in die Kassen der wenigen Reichen.“

Immer wieder sind im Rahmen von sogenannten Strukturanpassungsprogrammen die Gelder der Weltbank an Bedingungen geknüpft worden. Dazu zählte etwa die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen wie Wasser, Verkehr und Elektrizität. Länder, welche über Bodenschätze verfügten, mussten die Ausbeutung der Bodenschätze privatisieren, wovon dann überwiegend ausländische Firmen profitierten.

Das Prinzip der maßlosen, sinnlosen und kaum mehr rückzahlbaren Verschuldung ganzer Staaten ist alt. John Perkins, Autor des Enthüllungsbuches „Economic Hit Man“ aus dem Jahr 2005, zu Deutsch „Wirtschaftskiller“, fasst die gewollten Abhängigkeiten durch große Kredite schonungslos zusammen: „Letztlich verlässt das meiste Geld die USA nie“, erklärt er im Spiegel-Interview.

„Es wird bloß von den Banken in Washington zu den Konzernzentralen in Houston, New York oder San Francisco umgeleitet.“

Peter König fasst zusammen:

„Diese Institutionen wissen es ganz genau: Sie arbeiten vorwiegend mit korrupten Regierungen. Es gibt kaum eine, die nicht korrupt ist. Und im Westen natürlich auch. (…) Die sind beide genau gleich.“

Das mag in vielen Fällen zutreffen. Nur, wie wir auch im Laufe dieses Textes sehen werden: Nicht jeder Staatschef ist korrupt.

Nur wenige Wochen nach dem überraschenden Tod des Präsidenten von Burundi, Pierre Nkurunziza, der im Alter von 55 Jahren am 8. Juni 2020 plötzlich einem Herzinfarkt erlegen sein soll, verhängte Nkurunzizas Nachfolger einen Lockdown. Daraufhin „erließ der IWF dem Land am 20. Juli Rückzahlungsverpflichtungen von 7,63 Millionen US-Dollar für das darauffolgende Vierteljahr sowie von 25 Millionen für die kommenden 21 Monate“, berichtet Wiesendanger.

„Für einen Tod durch Herzversagen war Pierre Nkurunziza eigentlich noch ein bisschen jung“, gibt die Süddeutsche Zeitung (SZ) in „Rätselhafter Tod des Präsidenten“ zu bedenken. Das Land spekuliere unter anderem „über einen Mord“. Als mögliches Motiv beschreibt der Text Machtkämpfe im Land.

Unabhängig davon: Nkurunziza habe Hilfsorganisationen aus dem Land geworfen, zuletzt auch die WHO, weil er „nicht an die Pandemie glaubte.“

EU-Gelder: Errettung, Eigennutz oder Bestechung?

Auch EU-Gelder werden zweckgebunden vergeben. Wenn dann Hilfsgelder in großem Stil aufgelegt werden, ist die Zielsetzung sehr klar: Unter dem Titel „Corona-Hilfen der EU: EU-Haushalt hält Milliarden für Partner bereit“ berichtet Die Zeit, wie die EU „Partnerstaaten in der Coronakrise unterstützen“ will, und ergänzt unverblümt, „das stärke auch die geopolitische Rolle der EU.“ Das Geld solle insbesondere Ländern in der Nachbarschaft, auf dem Balkan sowie in der Subsahara zugutekommen.

Die Pläne der EU-Kommission sähen für die Jahre von 2021 bis 2027 insgesamt 118,2 Milliarden Euro für Nachbarschafts- und Entwicklungspolitik vor. „Das 15,5-Milliarden-Plus soll den Plänen zufolge zum einen in das EU-Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (10,5 Milliarden) fließen, zum anderen in die humanitäre Hilfe (fünf Milliarden).“ Das Geld solle aus dem Corona-Wiederaufbauplan kommen, den Präsidentin Ursula von der Leyen in der vergangenen Woche vorgestellt hat.

„Der neue Vorschlag der EU-Kommission soll in den fraglichen Ländern deutlich höhere Investitionen ermöglichen und die EU als geopolitischen Akteur stärken.“

Es liegt auf der Hand, dass auch diese Gelder nicht in die lokale Wirtschaft der Empfängerländer fließen und dort den Aufbau stützen sollen, sondern in Big Pharma und andere westliche Konzerne.

Tansania hatte 27 Millionen Euro von der Europäischen Union als Teil des EU-Solidaritätsfonds erhalten, berichtet das Online-Nachrichtenmagazin Africa Explained mit Sitz in Nigeria. Das Geld war zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie in diesem Land gedacht. Es „sollte für den Kauf von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), die Entwicklung von Impfstoffen oder Medikamenten, die Bezahlung von Covid-Tests und andere Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus verwendet werden“. Die Behörden in Tansania hätten jedoch keine offiziellen Zahlen über das Ausmaß des dortigen Ausbruchs veröffentlicht. Kurz darauf, im Mai 2020, habe Präsident Magufuli dann aber die Pandemie in Tansania offiziell für beendet erklärt.

Geht es hier um eine Form von altruistischer Hilfeleistung für arme Menschen oder eher um eine Form von Bestechung, um Lockdown, Maskenpflicht und Massenimpfungen durchzusetzen?

David McAllister, Vorsitzender der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, Gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik (AFET), reagierte auf den staatlichen Ungehorsam sichtlich verärgert:

„Ich habe Schwierigkeiten damit, dass wir einer Regierung Geld gewähren, die offensichtlich nicht versucht, anständig zu kooperieren!“

Kulturelle Souveränität und Gesundheit

In Tansania leben ungefähr 120 verschiedene Ethnien, überwiegend Bantu. An der Küste und auf Sansibar ist der Islam die vorherrschende Religion, ansonsten überwiegen christliche Glaubensgemeinschaften und traditionelle Religionen. „Obwohl das Leben der meisten Einwohner von Natur- und Stammesbräuchen sowie der Ahnenkultur geprägt ist, gehören etwa 43 Prozent dem Christentum, 38 Prozent dem Islam und 1 Prozent dem Hinduismus an“, fasst Tansania.de zusammen.

John Magufuli war Christ. In Tansania gehört beides zusammen, die Weltreligionen und die traditionellen Bräuche. Es scheint damit auch so zu sein, dass insgesamt der Spiritualität etwas mehr Raum gegeben wird als in unseren Breiten, sei diese nun christlich, traditionell oder beides.

Magufuli trat für verschiedene, auch alternative pflanzliche Heilungsansätze ein. Das ostafrikanische Nachrichtenportal Kahawatungu berichtet, Magufuli zufolge habe sich „die Dampftherapie (...) im Kampf gegen Covid-19 im Land bewährt.“ Bei einer Rede vor einer großen Menschenmenge im Nordosten des Landes Ende Januar empfahl der Präsident unter anderem, auf heimische Heilpflanzen und Kräutertinkturen zur Inhalation zu vertrauen, berichtet RT Deutsch:

„Tansania gehört zu etlichen afrikanischen Staaten, die zuletzt das Mitte 2020 in Madagaskar entwickelte Präparat "‚Covid Organics‘ importierten. Das Tonikum basiert auf der Heilpflanze Artemisia annua, in Deutschland als einjähriger Beifuß bekannt. Der in der Pflanze enthaltene Wirkstoff und aus ihm gewonnene Derivate gelten weltweit als erfolgreich in der Therapie von Malaria. Die WHO warnte jedoch vor dem Einsatz gegen Covid-19.“

„Die Wirkung des reinen Wirkstoffs Artemisinin gegen den Malaria-Erreger ist unumstritten und hinreichend dargestellt“, berichtet die Deutsche Apotheker Zeitung. „Der einjährige Beifuß, auch bekannt als Artemisia annua, hat sich schon lange bewährt. In der Malariabekämpfung setzen Mediziner den aus der Pflanze gewonnen medikamentösen Wirkstoff Artemisinin seit über 20 Jahren erfolgreich ein.“

In Asien, Afrika und Südamerika werden pflanzliche Extrakte schon lange zur Behandlung von Infektionskrankheiten eingesetzt.

„Extrakte der Artemisia gelten vor allem bei der Behandlung von fiebrigen Krankheiten als erfolgreiches Mittel, etwa bei Malaria. Artemisinin ist die Grundlage einer Anti-Malaria-Kombinationstherapie, bei der es nur geringe bis gar keine Nebenwirkungen gibt. Jedes Jahr werden Millionen von Erwachsenen und Kindern damit behandelt.“

Sogar die WHO äußerte im Mai 2020 dazu:

„Heilpflanzen wie Artemisia Annua werden als mögliche Behandlungen für Covid-19 in Betracht gezogen und sollten auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet werden.“

Warum sollte die Naturheilkunde nicht wirken? Ralph T. Niemeyer erinnert sich an Magufuli als einen sehr bodenständigen Menschen. Er ließ seine akademische Bildung nicht heraushängen und stellte sie auch nicht über alles andere, sondern gab der Natur und den traditionellen Heilmethoden zumindest eine Chance.

„Dass er gesagt hat: Lasst uns das mal versuchen. Vielleicht ist das die Lösung. Diese Offenheit, die da mitschwingt, die hat nicht jeder Staatschef. Und bei uns glaube ich schon gar nicht.“

Von der menschlichen Beziehung zum Göttlichen

„Wenn beten nicht reicht“ titelt die SZ und ermahnt einen ganzen Kontinent: „Bei vielen Afrikanern“ habe sich lange „der Irrglaube“ gehalten, „das Coronavirus würde vor allem Europäer oder Chinesen betreffen“.

Ich erinnere: Die Erhebung der weltweiten Pandemie-Daten beruht auf einem grundsätzlich ungeeigneten Verfahren, dem PCR-Test, wobei die Gesamtzahl der Getesteten zudem weltweit variiert beziehungsweise ansteigt. Worin besteht also derzeit der Irrglaube?

Von der politischen Dimension des Themas einmal ganz abgesehen empfinde ich hier eine neokoloniale Überheblichkeit, die wir mit einem Schaudern erkennen und ablegen sollten.

Diese spiegelt sich in vielen Schlagzeilen und Textpassagen zu Magufuli wieder: Wie oben zitiert verhöhnt Der Standard Magufuli als „wiedererweckte(n) Christ“, der seinem „absurde (n) Versuch, (die Pandemie) aus der Welt zu beten“, „selbst zum Opfer“ fiel. Analog zum mittelalterlichen Exorzismus titelt Die Welt: „Der Bolsonaro Afrikas treibt Corona mit Gebeten aus“.

Unter der Schlagzeile „Das sind die skurrilsten Mittel gegen Corona“ berichtet ntv, dass aus Magufulis Sicht „vor allem eins“ helfe, nämlich „beten“.
Wenn wir diese Berichte unhinterfragt annehmen: Wo stehen wir dann eigentlich selbst?

Magufuli versuchte, die Angst in der Bevölkerung zu reduzieren, und riet auch dazu, zu beten. Im Februar dieses Jahres sprach der Präsident daher auch vom menschlichen Verhältnis zu Gott:

„Wir sind wirtschaftlich zu einem Schwellenland gewachsen, und Corona ist noch existent. Die Wirtschaft wuchs während Corona. Alle Projekte wurden weiter durchgeführt, und es wurde kein Lockdown einberufen. Auch jetzt werden wir keinen Lockdown einberufen, weil wir wissen, dass Gott alle Zeit bei uns ist.

Ich halte diese Rede, weil ich euer Präsident bin und es meine Pflicht ist, euch daran zu erinnern, dass diese Nation in Gottes Händen liegt, und Gott uns weiter unterstützt. (…) Angst ist schlecht. Als diese Krankheit, die die Lungen verengt, hierherkam, haben wir sie voriges Jahr besiegt, weil wir Gott voranschreiten ließen zusammen mit verschiedenen Bemühungen. Wenn du ein Problem siehst, kannst du es nicht alleine lösen, erzähle Gott davon. Gott ist allmächtig. Aber wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir uns gegenseitig viel Angst machen. (…)

Was ich damit sagen will, meine tansanischen Brüder und Schwestern, es gibt viele Krankheiten und sie werden immer existieren, Lungenkrankheiten und Atemwegskrankheiten etc. werden immer da sein. Und davon ausgehend, gibt es Länder, die viele ihrer Leute verloren haben. Uns Tansaniern wurde im letzten Jahr sehr geholfen. Lasst uns weiter zusammenstehen, indem wir Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, aber auch Gott voranschreiten lassen“ (4).

Auch wenn der Sprung bis nach Westafrika weit ist, zitiere ich dennoch hier den Autor Malidoma Somé aus Burkina Faso, der in „Die Weisheit Afrikas“ einen traditionellen Zugang zu Spiritualität und Heilung sowie das dortige Verhältnis zur Natur beschreibt:

„Die Natur ist das Fundament indigenen Lebens. (…) Natur ist wie eine Schule, in der die Kinder spielen und lernen können. Unsere Beziehung zur Natur und ihren Gesetzen legt fest, ob wir geheilt werden oder nicht. So ist die Natur das Fundament jeder Heilung. (...) Wenn sich also etwas in uns ändern soll, macht man am besten einen Anfang damit, sich in die freie Natur zu begeben. Denn in der Natur befinden sich alle Stoffe und Lehren, die für unsere Heilung erforderlich sind. Sie ist ein Lehrbuch für alle, die sie wirklich studieren wollen, und die Hausapotheke für alle Krankheiten“ (5).

Wir können nun das oben zitierte christliche, sowie das traditionelle, naturverbundene Weltbild aus Afrika für einen Augenblick dem technokratischen Weltbild entgegenstellen, welches vom Weltwirtschaftsforum (WEF) favorisiert wird, und in welchem der Mensch am besten ein „Cyborg werden“ soll.

Um dabei im Hier und Jetzt zu bleiben: In dem RTL-Beitrag „Leben mit Chipimplantaten“ legt Dr. Patrick Kramer, Gründer und Geschäftsführer der Plattform Digiwell — Upgraded Humans, die Möglichkeit nahe, einen digitalen Impfausweis im Körper zu tragen. Der Beitrag handelt ansonsten von einer Frau, die glücklich und überzeugt von den drei Chips in ihrem Körper erzählt.

Was klingt nun gesünder, menschlicher, vertrauenerweckender und schlichtweg langfristig vernünftiger? Beten — oder zunehmend die Demut vor dem Wunder des Lebens verlieren?

Seit jeher hat Heilung auch etwas damit zu tun, welches Menschen- und Weltbild wir in uns tragen, was wir glauben und fühlen. Wer aufrichtig heilen will, der gibt sein Bestes. Wer korrupt ist und nur Status, Geld oder Macht erlagen oder behalten will, der geht über Leichen. Das gilt für jeden Heilungsansatz. Fehlen die spirituelle Komponente und das Gefühl dabei komplett, und dieses Problem haben wir neben anderen Problemen gegenwärtig auch, dann sterben schließlich alte Menschen an Einsamkeit. Das hatten wir bereits vielfach infolge der Lockdowns.

Mit der Kapitelüberschrift Souveränität der Kulturen möchte ich unser aller Recht auf und Fähigkeit zur Selbstbestimmung betonen. Die Unabhängigkeit, mit welcher beispielsweise Vorsorge- und Heilmethoden in einem Land oder in einer Kultur entwickelt werden, grenzt das Land oder die Kultur vom Zustand der Fremdbestimmung ab. Sollte eine Kultur, Gesellschaft oder ein Staat sich dann nicht mehr im „Einklang mit den anerkannten Regeln der jeweiligen Gemeinschaft“ befinden, dann stellt sich immer die Frage nach der demokratischen Legitimation dieser „anerkannten“ Regeln, und damit verbunden nach den gegebenen Machtverhältnissen, sei dies nun auf nationaler oder auf globaler Ebene. Seit jeher wurden Angst und Ausnahmezustände suggeriert oder erzeugt, um diese Fragen auszuhebeln.

Magufuli unter Druck

John Magufuli war sich offenbar im Klaren darüber, unter welchem Druck er stand, und dass manche Akteure ihn auf der Zielscheibe sahen. Ralph T. Niemeyer erinnert sich:

„Das hat er in unserem Gespräch hier Anfang Oktober indirekt auch zum Ausdruck gebracht, indem er gesagt hat, er weiß, dass er sehr stark unter Druck geraten wird, wenn er sich weiter gegen die Corona-Maßnahmen, die international getroffen werden, stemmen würde.“

Niemeyer vergleicht Magufuli mit Hugo Chavez aus Venezuela, auch ein „sehr burschikoser und sehr direkter Mensch“, der „Dinge sehr deutlich ausgesprochen hat“. Das sei bei Tansanias Präsidenten ähnlich gewesen.

„Er hat gesagt: ‚Ich werde mit dem schon fertig. Und ich weiß, dass diese Pharma Mafia mich am liebsten, äh, weghaben würde.‘ Er hat es sehr deutlich, ‚To get rid of me,‘ gesagt, auf Englisch. Und das wäre ‚beseitigen‘ auf Deutsch. Sodass sie ihn nicht nur loswerden, sondern beseitigen würden. Das hat er angedeutet. Er hat nicht gesagt, er befürchtet, dass das jetzt passieren würde, sondern er hat zum Ausdruck gebracht, dass er sich dessen bewusst ist, dass die das gerne so hätten.“

„In seiner Rede stellte der ehemalige Industriechemiker die Wirksamkeit der nun weltweit vermarkteten Corona Impfstoffe infrage“, berichtet RT Deutsch am 2. Februar 2021. Magufuli habe dem Gesundheitsministerium davon abgeraten, weiterhin Impfdosen zu verabreichen. „Es sei zudem dubios, mit welcher Geschwindigkeit die Corona-Vakzine entwickelt und dem Markt zur Verfügung gestellt worden seien“, so der Präsident.

Einen Tag nach seinen Worten sei Magufuli von der WHO zurechtgewiesen worden: Die WHO-Generaldirektorin für Afrika Matshidiso Moeti drängte die tansanische Regierung dazu, verlässliche Corona-Daten zu veröffentlichen und die Vergabe von Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 zu fördern. „Ebenfalls am Mittwoch warnte Magufuli seine Landsleute davor, sich bei der Vergabe von Impfstoffen als Versuchskaninchen benutzen zu lassen.“

Der Merkur berichtet Ende Februar, drei Wochen vor Magufulis Tod:

„Kritik kommt auch von der panafrikanischen Gesundheitsbehörde CDC. John Nkengasong, Direktor der CDC, warnte zuletzt ausdrücklich vor einer Ablehnungshaltung beim Impfstoff und kritisierte den tansanischen Machthaber. ‚Tansanias Haltung ist eine Haltung, von der ich hoffe, dass sie schnell überarbeitet werden wird.‘ Ein Mangel an Kooperation mache die kontinentale Corona-Bekämpfung schwierig. ‚Das Virus kennt keine Grenzen.“

Vom Informationskrieg, in welchem Tansanias Präsident offenbar bereits Zielscheibe war, berichtet Die Welt im August 2020 und setzt hierfür eingangs den Frame „Beten, Schweigen, Verschwörungstheorien“. John Magufuli, der am 28. Oktober die Wiederwahl anstrebe, sei besonders in ländlichen Regionen populär. „Dabei braucht es in Tansania heute wachsame Augen wie selten zuvor“, warnt die Zeitung. Für die „Corona-Erkrankungen im Land“ seien ihm zufolge „eine Verschwörung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ‚Imperialisten‘ verantwortlich.“ Das Ausland, so deutete Magufuli „verschwörerisch an, wolle die Situation in seinem Land schlimmer darstellen, als sie ist. ‚Das ist ein schmutziges Spiel‘, so Magufuli.“

„Der Präsident Tansanias, Dr. John Magufuli, war ein Widersacher gegen die europäisch-nordamerikanische Einflussnahme“, so beginnt RT Deutsch einen Videobeitrag zum Tod des Präsidenten.

Magufuli war beliebt, charismatisch und unbeugsam. Dies wurde nicht nur in Tansania bemerkt. Vermutlich drohte er eine Vorbildfunktion einzunehmen für Nachahmer.

„Nach seinem Amtsantritt griff ein regelrechtes Magufuli-Fieber um sich — viele Afrikaner wünschen sich Politiker, die ihren Job effizient und unbestechlich erledigen …“, berichtete die SZ im November 2018 dazu.

Niemeyer erinnert sich:

„Man hat sogar gesagt, er könnte den afrikanischen Kontinent eines Tages mal so einen, auch mit seiner Freiheitsrhetorik. Indem er gesagt hat, wir müssen uns befreien, und unsere Rohstoffe selber (…) zur Verarbeitung geben.“

Das seien Dinge, die gegen den Neokolonialismus und auch gegen die mächtigen Konzerne gerichtet waren.

„Und natürlich: Wenn er noch stärker geworden wäre, weil er vielleicht in der afrikanischen Union eine stärkere Rolle gespielt hätte, dann wäre das ein großes Hindernis für die Pharma-Industrie.“

Kurz gesagt:

„Es reicht ein Präsident von 53 Staaten, der den ganzen Kontinent durcheinanderwirbeln kann. Wir haben das auch bei Chavez gesehen, vorher bei Castro, die hatten eine Strahlkraft in ihrer jeweiligen Weltregion, die weit über ihr eigenes Land hinausging.“


Quellen und Anmerkungen:

(1) Original vom 19. Februar 2021 auf dem YouTube-Kanal Nation: https://youtu.be/LoQ9-95EeR4
(2) Somé, Malidoma: Die Weisheit Afrikas, Rituale, Natur und der Sinn des Lebens, Diederichs Verlag, 2001, Seite 48.


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