Dass Fatih Akin sich aufs Handwerk des Filmemachens bestens versteht, hat er mit seinem jüngsten Opus „Amrum“ einmal mehr bewiesen. Und dass dies auch für seinen Lehrer und Mentor, den Altmeister des westdeutschen Autorenfilms, Hark Bohm, gilt, der das Drehbuch zum Film geschrieben hat, steht ebenfalls außer Frage. Die Kritik teilt diese Einschätzung weitestgehend und hat sich ausführlich darüber verbreitet, also erübrigen sich weitere Auslassungen zu Handwerklich-Ästhetischem. Wenn ich mich hier dennoch zu dem Film äußere, so deswegen, weil ich glaube, dass sich an seinem Beispiel sehr einfach aufzeigen lässt, warum die deutsche Einheit auch im Jahr 35 nach der offiziellen Wiedervereinigung immer noch nicht gelungen ist, ja, nicht gelingen konnte.
Außerdem schmerzt mich als Theatermensch, der ich bin, dass selbst patenteste und prominenteste Künstler wie Akin und Bohm die herrschaftskritischen Potenziale, die ihnen der Spielraum der Kunst bietet, ungenutzt lassen und ihre Werke in bedenklicher Nähe zu den gängigsten ideologischen Vorgaben der Mächtigen und Mächtigsten in Politik, Wirtschaft und Medien ansiedeln oder gar in Übereinstimmung mit ihnen.
Sie tun das zwar im besten Glauben, die allseits beklagte Spaltung der Gesellschaft zu bekämpfen, zu meinem großen Befremden aber, ohne sich daran zu stoßen, dass sie sich damit im Einklang mit genau jenen befinden, welche über die mit Abstand wirkmächtigsten Spaltmittel verfügen und selbstredend auch Tag für Tag massivsten Gebrauch davon machen. Zeitenwenden werden ausgerufen — schon wieder! —, und vom Volk wird mit schrillem Geschrei verlangt, seine Söhne — nach etwas mehr 80 Jahren aufs Neue! — in den Krieg gegen Russland ziehen zu lassen.
Das letzte Mal sind die Deutschen bekanntlich im überaus furiosen Jahr Null der Hitler'schen Welteroberung in den Krieg gezogen, dies ebenfalls unter schrillem Geschrei in Richtung Russland. Ohne Geschrei, nur in leisen Tönen erzählt der Film, wie für die Überlebenden im Jahr 6 dieser Zeitenwende bereits wieder eine neue fällig war, diesmal mit einem ebenso harten wie hoffnungsvollen Jahr Null.
Hier eine kurze Inhaltsangabe: Der 12-jährige Nanning konnte mit seiner Mutter und seinen Geschwistern vor den unmittelbarsten Kriegsverheerungen rechtzeitig aus Hamburg zu Verwandten auf die Insel Amrum flüchten, und als ältester Sohn hilft er nun der Familie an Vaters Statt, der irgendwo an einer der Kriegsfronten für sein deutsches Vaterland um den Endsieg kämpft, Tag für Tag Essbares aufzutreiben. Dazu nutzt er mit großem Geschick alle Möglichkeiten, welche die Insel bietet; er macht dabei aber auch die schmerzhafte Entdeckung, dass seine Eltern familiäre Schuld auf sich geladen haben, indem sie sich seinerzeit weigerten, die jüdische Verlobte von Nannings Onkel vor den Fängen der Nazis zu retten. Sie hätten das jedoch durchaus tun können, denn beide sind sie nicht nur überzeugte Nazis, der Vater ist sogar einer mit Einfluss und Beziehungen, die er hätte geltend machen können — wenn er denn gewollt hätte.
Die Geschichte beruht auf Hark Bohms Erinnerungen an sein eigenes Erleben des Kriegsendes auf Amrum. Bohm ist der gleiche Jahrgang wie Hitlers letzte Zeitenwende und war bei Kriegsende also nur etwa halb so alt wie der Nanning des Films, zu jung also, um dieser selbst gewesen zu sein. Die Schlusseinstellung des Films zeigt Bohm als den alten Mann am Amrumer Strand, der dort von heute aus auf seine Bubenzeit zurückblickt. Er wendet sich also an uns als das deutsche Kriegskind, das er ist und das Nanning war. Egal wie weit erfunden und wie weit selbst erlebt: Die Geschichte erzählt Glaubwürdiges in eindringlicher Schlichtheit, und so kann sie Detail für Detail für sich selbst einstehen, Tatsachen hin, Konstrukt her.
Schon die Entscheidung des Kriegskinds Bohm, die Realisierung seiner Geschichte auf der Leinwand dem Kriegsenkel Akin anzuvertrauen, ist augenscheinlich mit überpersönlicher Bedeutung aufgeladen, und dadurch, dass Letzterer 1973 ebenfalls in Hamburg geboren ist, und zwar von türkischen Eltern, ist sie es noch mehr.
Das bestätigt auch der Regisseur selbst, wenn er, vom Reizthema Migration natürlich unmittelbarer betroffen als die meisten Deutschen, in einem Interview auf die mörderischen Umtriebe in Mölln, Solingen und die der NSU verweist (auf epd-Film, 6. Oktober 2025) und bekennt: „Alle meine Filme sind Heimatfilme“. Der Aufstieg der Rechtsextremen in Deutschland sei ein Grund für ihn gewesen, sich an das Projekt „Amrum“ zu wagen, denn: „Ich muss nicht nur als Filmemacher, sondern auch als Mitglied dieser Gesellschaft meine deutsche Seele verteidigen“ (Variety, 14. Mai 2025).
Heimat und meine deutsche Seele verteidigen — das klingt, wenn es ein eingeborener Deutscher sagt, eher unangenehm großspurig, doch wenn es ein Türkischstämmiger tut, dann erklärt er sich damit schlicht eines solchen Sprachduktus für genauso fähig und, vor allem ,würdig. Zu Recht, wie ich finde — wenn schon, denn schon. Aber wie ist es denn in der Wirklichkeit, die Akins Hark-Bohm-Film imaginiert, um diese deutsche Seele im Detail bestellt?
Die Seele des 12-jährigen Nanning, aus dessen Blickwinkel wir das Kriegsende 1945 miterleben, wird natürlich nicht nur durch die Entdeckung der Schuld seiner geliebten Mutter erschüttert — dagegen wehrt er sich anfangs noch mit „Meine Eltern tun so was nicht!“ —, sondern auch durch weitere Einblicke in die Zusammenhänge und Abgründe des Weltkriegsgeschehens, die größer, weitreichender und ausgreifender sind als das, was es auf der kleinen Insel Amrum unmittelbar zu sehen gibt. Ein paar prägnante Beispiele:
Gleich zu Beginn des Films tuckert neben den Feldern, auf denen der Bub jeweils nach der Schule gegen Milch als Lohn aushilft, ein Gefährt mit polnischen Flüchtlingen vorbei, und von den Erwachsenen erfährt er auch den Grund dafür: „Der Russe steht fünfzig Kilometer vor Berlin.“ In einer Schulpause verweist ihn eine Meute präpotenter Jung-Amrumer ruppig ins Lager der Polen-Flüchtinge: Als Hamburger Flüchtling gehöre er genauso wenig hierher wie die; nicht einmal, dass seit Generationen immer auch Verwandte seiner Familie auf der Insel angesiedelt waren, lassen die Rabauken gelten.
Später nehmen ihm ein paar von den polnischen Flüchtlingen sein wacker ergattertes Familienfutter gewaltsam ab. Als dies ein zweites Mal droht, flieht er vor seinen beiden Verfolgern, einem jungen Mann und seiner Freundin, ins Meer hinaus, und obwohl der Mann nicht schwimmen kann, folgt er ihm; Nanning rettet ihn dann, zusammen mit der jungen Frau.
Eines Nachts träumt der Junge von seinem Onkel, demjenigen, der ohne seine jüdische Verlobte zu den Engländern fliehen musste. Gewissermassen als Schuldeingeständnis an Mutters und Vaters Statt gibt er ihm im Traum das Messer mit dem Griff aus Walfisch-Elfenbein zurück, das dieser ihm früher mal geschenkt hat, aber der Onkel will es nicht.
„Ich kann doch nichts dafür!“, sagt Nanning, und der Onkel erwidert: „Aber du hast trotzdem damit zu tun.“
Einmal weiht ihn der Vater seines Freundes in ein lebensgefährliches Geheimnis ein: Diese Familie hört insgeheim Feind-Radio, um zu erfahren, wie es dem in die USA emigrierten Sohn ergeht, der nun als alliierter Soldat von Westen her in Richtung Deutschland unterwegs ist.
Gegen Ende des Films feiern die Amrumer die Kapitulation der Nazis am 9. Mai, indem sie zu Jazzmusik aus ebendiesem Radio tanzen — man freut sich US-amerikanisch.
Als die Mutter mit ihren Essensmarken aus der Kriegszeit kein Fleisch und auch sonst nichts mehr bekommt, erfährt Nanning vom Fleischer, dass ab sofort ohne Dollars oder Pounds nichts zu machen ist und die Familie sich doch das richtige Geld von den Verwanden in New York schicken lassen solle. Er muss miterleben, wie seine Mutter vor aller Augen des Diebstahls einer Wurst überführt wird, aus Nazi-Unrecht wird Law and Order.
Und als sich die Familie, mit ihrer Habe auf einen Wagen gepackt, zum guten Ende der Geschichte in die Emigration nach Amerika aufmacht, hält die junge polnische Frau den Wagen bei den Feldern, auf denen die Flüchtlinge vom Anfang des Films nun selbst arbeiten, noch einmal zurück und gibt Nanning ihr Amulett, das sie um den Hals trägt, mit auf den Weg. Während sich der Wagen von den Flüchtlingen entfernt, bleiben die beiden mit einem bedeutungsschwangeren Lächeln des Einverständnisses auf den Lippen, einem fast verschwörerisch anmutenden, in Blickkontakt.
Als eine „Austreibung aus dem Paradies“ bezeichnet laut Regisseurs-Interview der Drehbuchautor Bohm seine Geschichte, und von jenseits dieses Paradieses also, aus der großen Welt, werden dem 12-Jährigen und dem Publikum die alliierten Mächte Russland, USA und Grossbritannien vor Augen gerückt. Genau hier liegt nun der ideologische Hund begraben, der mich zum Schreiben dieser Zeilen veranlasste:
Während sich der Onkel mit dem Walfisch-Messer vor den Nazis zu den Briten retten konnte, während der Krieg mit US-Jazzmusik glücklich zu Ende geht und die Familie, wie Onkel und Tanten schon vor oder während des Krieges, in ein besseres Leben nach Amerika aufbricht, bleibt der Russe vom Anfang bis zum Ende des Films still und leise der, vor dem man fliehen muss wie die polnischen Flüchtlinge.
Diese Sicht der Dinge herrschte nicht nur im Deutschland des Jahres 1945, sondern auch den ganzen Kalten Krieg über in der BRD — und heute, im Jahr 35 der Einheit, offensichtlich immer noch! Erst ab Mitte der 1980er-Jahre, als sich mit Michail Gorbatschow das Ende des Kalten Krieges und die deutsche Einheit anbahnten und solange die Rote Armee mit ihrem friedlichen Rückzug um 1.000 Kilometer Richtung Moskau beschäftigt war und der Warschauer Pakt sich auflöste, brachte man es im Westen zustande, den Russen nicht als Feind zu sehen. Im Gegenteil: Er war genauso ein Freund wie der Ami und der Brite. Als sich aber der Westen zum alleinigen Sieger des Kalten Krieges erklärte und fast tausend Kilometer Richtung Moskau vorrückte, wurde all dies in den Köpfen flugs wieder ausradiert und verleugnet. Nur die DDR-Bürger hatten wohl in ihrer Besatzungszone schon zu lange und zu nachhaltig auch gute Erfahrungen mit den Russen gemacht, um sie so prompt wieder vergessen zu können.
Denn während im Westen Deutschlands die angelsächsischen Besatzer zum einen zahlreiche Nazi-Größen und -Richter erneut in Rang und Würden erhoben, ließen sie zum andern das ganze Land, um die Bevölkerung von ihrer Nazi-Infektion zu heilen und für immer dagegen zu immunisieren, zur US-Kultur-Provinz werden. Und während sie alles Deutsche als nazi-verdächtig beargwöhnten, machten im Osten die sowjetischen Besatzer so ziemlich Tabula rasa mit Hitlers Eliten und wiesen, aus eigener althergebrachter Begeisterung für das deutsche Kulturerbe, auch mit ihrer allerersten Wiederaufbau-Maßnahme nach der Kapitulation eine ganz andere Richtung: In den Ruinen der Hauptstadt Berlin ließen sie gleich mal Lessings „Nathan den Weisen“ aufführen.
Und das blieb die Generallinie: Volk und Kultur wurden nicht russifiziert, sondern ihre antifaschistische und sozialistische Neuausrichtung auf der deutschen Tradition abgestützt. Statt mit einem bloßen Negativbild des Russen wie im Westen, lebte man im Osten Deutschlands also einen Alltag mit lebendigen Exemplaren, vor denen zu fliehen man genauso wenig Grund sah wie vor den Menschen im Westen, deren neue Kultur man insgeheim ja doch auch ziemlich knorke fand. Geflohen wurde allenfalls wegen der Unzufriedenheit mit der eigenen Staatsführung, deren Beharren auf ihrem und nur ihrem Neuen Deutschland immer engstirniger wurde, und wegen der Disparitäten zwischen Wohlstand und Überfluss in Ost und West — aber nicht vor „dem Russen“. Vor diesem Hintergrund werden sich zahllose ostdeutsche Seelen von dem Heimatfilm, was das Kulturprodukt „Amrum“ zu sein beansprucht, nicht so mitgenommen fühlen können wie die BRD-sozialisierten, die in ihrer Russen-Furcht bestätigt werden:
Die Seele des Films ist keine gesamt-, sondern nur eine westdeutsche.
Dabei hätten die beiden Autoren gerade dieser Sorte Spaltung der Gesellschaft und des Landes — beileibe nicht die einzige — mit einer klitzekleinen Änderung des Dialogs etwas entgegensetzen können:
Kurz vor Ende des Films erklingt aus dem Off die Stimme des Nazi-Vaters. Aus einem Kriegsgefangenenlager hat er einen Brief nach Hause geschrieben, und nun ist zu hören, wie stolz er auf seine Frau ist, dass sie die harten Kriegsjahre auf der Insel so tüchtig gemeistert hat. Da blitzt in mir die Hoffnung auf, es könne sich bei dem Lager um eines der Roten Armee handeln, und die Hoffnung wird zu einem echten, kleinen, Hitchcock'schen Suspense-Moment, als Vaters Stimme weitererzählt, es gehe ihm gut im Lager, manchmal bekämen sie sogar Fleisch zu essen, denn der — und damit ist es vorbei mit dem Suspense — Brite sorge gut für ihn und seine Kameraden.
Nur an dieser einen Stelle „der Russe“ statt „der Brite“ — mehr wäre gar nicht nötig gewesen, und schon hätte der Film sein Publikum mit einem ganz anderen, versöhnlicheren Ausblick auf Nachkriegsdeutschland nach Hause entlassen. Historisch wäre das keinen Hauch unbegründeter gewesen, im Gegenteil: Nicht nur überlebten auch in den sowjetischen Lagern Wehrmachtssoldaten den Krieg und schrieben Briefe nach Hause. Vielmehr ist auch heute noch von Russland-Reisenden immer wieder zu hören, dass bei Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Großen Vaterländischen Kriegs — bekanntlich 27 Millionen russische, da gedenkt in dem riesigen Land freilich das ganze Jahr hindurch immer wieder irgendwo eine Ortschaft ihrer Verwüstung durch die Wehrmacht — ganz selbstverständlich auch der deutschen Soldaten gedacht wird, die Hitler vor Ort ans Messer geliefert hat. Analoges hier und heute auch bei uns? Undenkbar.
Haben die Autoren Hark Bohm und Fatih Akin eine alternative Textvariante in diesem Sinne wenigstens in Erwägung gezogen? Wir wissen es nicht. Kann sein — dann fragt sich aber, warum sie sie verworfen haben. Kann aber auch nicht sein — dann spräche dies genauso für meine These, dass die Teilung Deutschlands noch heute tief in den Köpfen verankert ist. Da es sich aber immerhin um einen Heimatfilm zweier Künstler handelt, die seit Jahrzehnten in der obersten Kulturliga der Nation spielen, kann es auch sein, dass der Verleiher, Warner Bros., auf deutschen Leinwänden schlicht keine versöhnliche Variante haben wollte. Lassen wir dies dahingestellt sein und wenden wir uns der Spaltung zu, die mit dem Thema Migration und dem Begriff Rechtsextremismus in Akins Interviews einhergeht.
Mal angenommen, es gäbe in Deutschland noch eine echte Linke, die ihren Marx studiert und all die Kriegsvertriebenen und Perspektivlosen dieser Erde als das begriffen hätte, was sie ja nur allzu offensichtlich sind, nämlich als das größte „Ersatzheer von Arbeitslosen“ der bisherigen Geschichte, das vom weltumspannenden Großkapital kreuz und quer um den Globus gescheucht wird, so wäre Regisseur Akin sicher nicht dazuzuzählen.
Denn statt den Mächtigen die Verantwortung zuzuweisen, die sie für die globalen Miseren unleugbar haben, macht er es wie sie und die angeblichen Linken von heute und behauptet, diese Unglücklichen müssten dringend vor den undankbaren Arbeits- und Perspektivlosen im eigenen Land beschützt werden. Schwache gegen Schwache, altbewährte Herrschaftsmethode! Und genau wie die Rechte auch, nur in umgekehrter Richtung.
In seinen Interviews macht Akin sich dezidiert gegen jene politische Partei stark, die derzeit im deutschen Volk zunehmend Zustimmung bei den klaren Verlierern der Einheit findet, vor allem in der ehemaligen DDR. Statt all diesen Volksgenossen zuzugestehen, dass sie dafür ihre guten, handfesten Gründe haben könnten, sagt er, in Anspielung wohl auch auf die Rabauken-Szene auf dem Schulhof:
„Leute wählen AfD, das polarisiert Familien und Freundschaften. Dadurch hat Nannings Geschichte automatisch eine Aktualität, ob man will oder nicht. Eine rechtsextreme Partei ist zweitstärkste Kraft in unserem Land. Allein dadurch ist ein Film, der von Rechtsextremismus in Deutschland handelt, aktuell.“
Stimmt, und kann sogar sein, dass er damit nicht speziell die ostdeutschen AfD-Wähler im Visier hat, bloß im aktuellen politischen und medialen Klima befindet sich, wer so spricht, nun mal eindeutig nicht mit den immer zahlreicheren Verlierern der Einheit im Einklang. Er steht vielmehr zu den Mächtigen und Mächtigsten im Lande, die seit 35 Jahren mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür sorgen, dass es landauf, landab immer mehr Verlierer gibt, nur um dann von ihnen in schrillen Tönen zu verlangen, sie hätten gefälligst endlich ihre faschistoiden Tendenzen zu überwinden und sich ihnen, den Mächtigen, vorbehalt- und alternativlos anzuvertrauen.
Akin bedient sich, wie sie es seit Jahrzehnten zur Rechtfertigung eines jeden ihrer zahlreichen Kriegs- und Raubzüge tun, der längst ausgelutschten Floskel von den ach so heiligen „Werten“, die „weltweit und auch in Deutschland ausgelöscht“ werden. Offenbar mag er für die fortschreitende Spaltung der Nation, genau wie die hohen Verantwortungsträger auch, einzig und alleine einen fortschreitenden Mangel an richtiger Gesinnung in der Bevölkerung verantwortlich machen, und sein Film soll die Heimat bis in die hinterste Provinz gegen eine angeblich neu aufflammende Nazi-Pandemie immunisieren helfen — wie vormals seine Besatzungsmacht.
„In einem recht dramatischen Moment“, so erzählt der Regisseur, habe sein Lehrer Bohm gesagt: „‚Ich möchte, dass du den Film drehst.‘ Da musste ich erst mal in mich gehen. Kann ich das? Darf ich das? Möchte ich das überhaupt? Das ist doch gar nicht meine Geschichte. (...) Das Einzige, was mir wirklich geholfen hat, war die Liebe zum Kino. Wie müsste ich das erzählen, damit mir gefällt, was ich auf der Leinwand sehe? Wie müsste ich das fotografieren? Mit dem Glauben ans Kino, mit dem Wissen ums Kino und der Liebe zum Kino habe ich das dann gemacht.“
Ich meine, lieber Fatih Akin, die Liebe zum Kino ist eine wunderschöne Sache, und es können auch wunderschöne Filme dabei herauskommen. Aber ich meine weiter, dass es einer weiterreichenden Liebe bedarf, um einen Heimatfilm für alle zu drehen.
Mein Tipp: Halten Sie sich an Bertolt Brecht und sein Beharren auf dem, was er den „plebejischen Blick“ nannte: immer alle Erniedrigten und Beleidigten mitdenken und immer den Mächtigen auf die Finger schauen — und bei Bedarf auch hauen! Wer's als Künstler nicht so hält, ist entweder naiv, oder er duckt sich.
Freilich sind die Herren des Weltwirtschaftsforums (WEF) oder der BlackRock-Macht mit ihrer deutschen Bundeskanzler-Marionette alles andere als Engel der Unschuld oder gar des Heils, ganz im Gegenteil, und so halte ich Ihnen immerhin zugute, dass Sie womöglich einfach Angst vor denen haben und Ihre deutsche Seele nur im Rahmen des Erlaubten zu verteidigen wagen. Jedenfalls hätten Sie dazu reichlich gute Gründe in so dramatischen Zeiten, wo Deutschlands Mächtige bis in den hintersten Winkel ihres Reichs nichts so sehr wie die Angst bewirtschaften und wieder einmal mit schrillem Getöse ihre Zeitenwenden aus- und zum Krieg aufrufen.
Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem kleinen Dauerauftrag oder einer Einzelspende unterstützen.
Oder unterstützen Sie uns durch den Kauf eines Artikels aus unserer Manova-Kollektion .



