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Die fehlende Kontrolle

Die fehlende Kontrolle

Ausgerechnet bei den PCR-Tests versäumt der Staat, was ihm sonst das Liebste ist: die Überwachung.

In unserem Alltag begegnen wir einer Vielzahl von Messgeräten. Manchmal sind wir uns dessen nicht bewusst. Dennoch haben die meisten von uns mehr oder weniger regelmäßig damit zu tun, denn irgendetwas wird eigentlich immer gemessen.

Einige Beispiele verdeutlichen sehr schnell unser Schutzbedürfnis. Sei es das Taxameter im Taxi, hier wird die Dauer und/oder Wegstrecke einer Taxifahrt ermittelt und möglichst präzise abgerechnet. Oder die Waage in der Metzgerei, mit der unsere Bestellung abgewogen wird.

Eine staatlich organisierte Kontrolle schützt uns vor falschen Abrechnungen

Diese Messgeräte werden regelmäßig kontrolliert. Die Waage in der Metzgerei zum Bespiel alle zwei Jahre. Das Taxameter sogar jährlich. Das nennt man Eichung. Die Kosten hierfür trägt der Betrieb. Als Verbraucher merken wir das nicht, aber es dient unserem Schutz, damit wir bei der Abrechnung nicht mehr zahlen als nötig. Schwarze Schafe gab es schließlich immer und manch unredlicher Kaufmann könnte seine Gewinne über eine nicht geeichte Messeinrichtung steigern.

Zum Glück ist der Markt aber gut organisiert und die Überwachungsorgane machen einen guten Job. Eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen regeln hier das Marktgeschehen. Zum Beispiel das Mess- und Eichgesetz oder die Europäische Messgeräterichtlinie.

Kontrolle schützt uns auch vor zu hohen Bußgeldern oder Fahrverboten

Wer als Autofahrer zu schnell unterwegs war und geblitzt wurde, kennt das: Der Bußgeldbescheid kommt ins Haus. Ein Bußgeld wird angedroht, vielleicht sogar ein Fahrverbot. Im Bußgeldbescheid wird das Beweismittel angegeben, also der Blitzer, und der Zeuge. Von der festgestellten Geschwindigkeit wird — das ist ganz wichtig — die Toleranz des Blitzers abgezogen. Diese Toleranz wird durch die Eichung ermittelt. Es macht halt einen großen Unterschied, ob wir 25 oder 26 Stundenkilometer zu schnell unterwegs waren. Diese kleine Differenz von 1 Stundenkilometer entscheidet nämlich, ob wir einen Monat zu Fuß gehen müssen oder mit dem Auto fahren dürfen.

Da Messungen im Straßenverkehr in unser Leben eingreifen, werden an diese die höchsten Anforderungen gestellt. Auf anwaltliches Verlangen muss die Behörde die Sachkunde des Bedienpersonals nachweisen und selbst die Auswertung der Datensätze, die bei den Messungen entstehen, darf nur durch hoheitliches Personal erfolgen. Die Überlassung solcher Aufgaben an private Dienstleister führt dann gegebenenfalls zur Nichtigkeit der Messung. Das ist auch gut so, denn wir wollen in Deutschland ja nicht der Willkür und dem Profitstreben Tür und Tor öffnen.

Natürlich kann ein Blitzer auch nur korrekt funktionieren, wenn er richtig aufgestellt wurde. Hier kann ein Fehler des Personals gravierende Auswirkungen haben. So wurden 2017 in Halle 31.000 Bußgeldbescheide ungültig, weil man wohl die Aufstellanleitung für den Blitzer nicht gut genug gelesen hatte.

Wie beeinflussen PCR-Tests unser Leben?

Seit Monaten erleben wir Einschränkungen durch den PCR-Test. Wir alle hören fast täglich die aktuellen Meldungen über die Zahl der positiven Tests. Landesweite Entscheidungen wie die Maskenpflicht, das Abstandsgebot oder Reisebeschränkungen werden mit diesen Zahlen begründet. Da wird dann auch schon einmal ein ganzer Wohnblock unter Quarantäne gestellt, wie am 13. Juni 2020 in Neukölln, oder ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 479 Erntehelfern. Dieser wurde eingezäunt und durch einen privaten Sicherheitsdienst überwacht.

Ein PCR-Test mit einer Spezifität von 99 Prozent liefert bei 1 von 100 Gesunden ein falsch-positives Ergebnis.

Rückkehrer aus dem Urlaub haben, da diese oftmals in Gruppen unterwegs sind, eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, in Quarantäne zu müssen: Für eine vierköpfige Familie beträgt diese Wahrscheinlichkeit dann schon 4 Prozent. Falls der Test eine geringere Spezifizität hat von 98 Prozent, würde die Wahrscheinlichkeit schon 8 Prozent betragen.

Laut einer im April erfolgten Untersuchung lag die Falsch-Positiv-Rate bei 1,4 Prozent.

Wer kontrolliert die am Markt befindlichen PCR-Tests?

Niemand. Dazu schreibt das Paul-Ehrlich-Institut:

„Alle COVID-19-Tests unterliegen der EU-Richtlinie über In-vitro-Diagnostika (IVD), die derzeit in Europa die Marktzulassung für IVDs regelt. Gemäß dieser Richtlinie können die Hersteller die COVID-19-Tests — als ‚IVD niedrigen Risikos‘ — noch selbst zertifizieren und auf eine unabhängige Überprüfung der Tests verzichten, bevor sie auf den Markt gebracht werden.“

Eine unabhängige Kontrolle findet also nicht statt.

Welche Genauigkeit haben die publizierten Daten?

Laut RKI wurden in der Kalenderwoche 29 insgesamt 531.571 Testungen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden aus 168 Laboren ermittelt. 3.408 Tests waren positiv, das entspricht 0,6 Prozent. Für die zwei Wochen zuvor gibt das RKI die Positivrate ebenfalls mit 0,6 Prozent an.

Zur Genauigkeit hat der Autor am 26. Mai 2020 eine Anfrage an das RKI formuliert:

„Im Covid19-Lagebericht des RKI vom 20. Mai 2020 wird die Anzahl der SARS-CoV-2-Testungen für die Kalenderwoche 20 mit 425.842 angegeben. Davon sind 7.060 positiv getestet = 1,7%.

  1. Wie hoch ist die durchschnittliche Fehlerquote (Falsch-Positiv-Rate) der verwendeten PCR-Tests?
  2. Ist das berichtete Ergebnis der positiven Tests (7.060 beziehungsweise 1,7%) bereits um die Fehlerquote korrigiert, also entsprechend vermindert ausgewiesen?“

Auf diese Anfrage hat das RKI am 9. Juli 2020 wie folgt geantwortet:

„Zu Ihrer Frage, wie hoch die durchschnittliche Fehlerquote (Falsch-Positiv-Rate) der verwendeten PCR-Tests ist, liegen dem Robert Koch-Institut keine Angaben vor, da es sehr viele verschiedene Anbieter für PCR-Tests gibt, die in den an das RKI übermittelnden Laboren genutzt werden und die unterschiedliche Sensitivität und Spezifität aufweisen. Daher gibt es auch nicht ‚eine‘ konkrete Fehlerquote. Wir gehen aber davon aus, dass es sich bei den übermittelten positiven Tests um korrekte Ergebnisse handelt.

Zu Ihrer Frage 2, ob das berichtete Ergebnis der positiven Tests (7.060 bzw. 1,7%) bereits um die Fehlerquote korrigiert, also entsprechend vermindert ausgewiesen ist: Entsprechend unserer Antwort zu Ihrer ersten Frage, ist das Ergebnis nicht um einen Korrekturfaktor vermindert ausgewiesen.“

Das RKI räumt also ein, dass es sehr viele Anbieter von PCR-Tests gibt, deren Genauigkeit dem RKI nicht bekannt ist. Konsequenterweise werden die publizierten Daten nicht um den Messfehler korrigiert.

Politische Fehlentscheidungen durch nicht korrigierte Daten?

Für jede Entscheidung braucht man verlässliche Daten. Messungen ohne Messfehler gibt es nicht, weder beim Blitzer noch beim PCR-Test. So stellt sich die Frage, mit welcher Systematik das RKI die Messfehler bei der Publizierung der Daten berücksichtigen könnte?

Die Labore übermitteln die Daten regelmäßig an das RKI. Hier werden die Daten sicherlich in einer Datenbanktabelle gespeichert. Guter Mindeststandard wäre es, zum Ergebnis des Tests auch einen Hinweis auf den Hersteller des Tests und sein Produkt zu speichern, da sicher einige Hersteller in der Zwischenzeit mehr als einen Test auf den Markt gebracht haben und sich diese möglicherweise auch in der Genauigkeit unterscheiden können.

Im Rahmen einer systematischen Datenerfassung sollte es dann eine zweite Datenbanktabelle mit allen am Markt angebotenen PCR-Tests geben. In dieser Tabelle werden dann Hersteller, Produkt und spezifische Genauigkeit (Falsch-Positiv-Rate) gespeichert.

Der Abgleich beider Datenbanken untereinander würde sodann die Gewichtung der Tests nach der Genauigkeit und die Korrektur der publizierten Positivrate ermöglichen.

Über diesen Weg könnte man die fehlende Kontrolle der Hersteller wenigstens in der Statistik korrigieren und so politische Fehlentscheidungen vermeiden.

Ist eine Kontrolle der PCR-Tests geplant?

Die Entscheidungsträger sind sich der Situation durchaus bewusst und eine unabhängige Kontrolle der PCR-Tests ist ab Mai 2022 geplant. So schreibt das Paul-Ehrlich-Institut:

„Unter der künftigen IVD-Verordnung, die ab Mai 2022 umgesetzt werden muss, muss ein EU-Referenzlabor sowie eine benannte Stelle hinzugezogen werden, da die COVID-19-Tests dann voraussichtlich in die höchste Risikoklasse gehören werden. Dies erfordert eine Laboruntersuchung der Tests sowie eine unabhängige Überprüfung der Daten. Das Paul-Ehrlich-Institut bereitet sich darauf vor, sich als eines der EU-Referenzlabore zu bewerben.“


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