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Die Gerechtigkeits-Mär

Die Gerechtigkeits-Mär

Mit dreisten Gerechtigkeitsfloskeln führen die Großkoalitionäre das Volk hinters Licht.

Tatsächlich finden sich im Koalitionsvertrag nahezu keine Anzeichen, dass die proklamierte „große Koalition für die kleinen Leute“ (Seehofer) das Leben wirklich gerechter machen will. Die Schere aus arm und reich soll auch weiter kräftig auseinander gehen. Denn weder ist an eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes gedacht, noch an eine Verschärfung der Erbschaftssteuer und schon gar nicht an die Erhebung einer Vermögenssteuer. All das scheinen die Koalitionäre für nicht besonders gerecht zu halten.

Zur Erinnerung: Der Spitzensteuersatz für Einkommen ab 250.000 Euro beträgt derzeit 45 Prozent. Unter der schwarz-gelben Regierung von Helmut Kohl betrug der Spitzensteuersatz bis 1990 aus heutiger Sicht unfassbare 56 Prozent. Doch Umverteilung ist nicht mehr das Ziel einer gerechten Politik im Sinne von Merkel & Scholz. Im Gegenteil: Die GroKo findet es offenbar gerecht, eine ungleiche Verteilung möglichst wenig anzutasten. Das private Vermögen in Deutschland beträgt mittlerweile rund 12 Billionen Euro. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt daran statistisch exakt: nichts. Und daran soll sich auch nichts ändern.

Die Ärmeren werden auch von der versprochenen schrittweisen Streichung des Solidaritätszuschlags nur mäßig profitieren: Wer wenig verdient und folglich keine oder nur wenig Steuern zahlt, wird auch vom „Soli“ vergleichsweise wenig belastet. Keine Besserung in Sicht ist auch für die Ärmsten: Die rund 6 Millionen Bezieher von Hartz4-Leistungen und Sozialgeld finden im Koalitionsvertrag keinerlei Erwähnung. Die von allen Sozialverbänden geforderte deutliche Steigerung der Regelsätze wird es nicht geben.

Auch bessere Renten bleiben ein Lippenbekenntnis.Zwar soll das Rentenniveau bis 2025 stabil bleiben, doch das heißt vor allem zweierlei: Die bereits heute kümmerlichen Renten bleiben vorerst stabil niedrig. Und nach 2025 kann es noch weiter bergab gehen.

Dennoch, „ein wirksamer Schutz vor Altersarmut“ ist eines der zentralen Versprechen des Koalitionsvertrags. Doch was die Koalitionäre dazu als sogenannte Grundrente aus dem Werkzeugkasten zaubern, gleicht einem Taschenspielertrick. Es ist gerade keine Grund- oder Mindestrente, wie wir sie aus den meisten europäischen Nachbarländern, zum Beispiel aus Österreich oder den Niederlanden, kennen, die wirklich allen Rentnern ein menschenwürdiges Leben im Alter zusichert. Es handelt sich lediglich um einen 10-prozentigen Zuschlag zur Grundsicherung (der Sozialhilfe für Rentner).

Das heißt: Die neue Leistung erhält nur, wer die harte Bedürftigkeitsprüfung des Grundsicherungsamtes besteht. Und er muss 35 Versicherungsjahre vorweisen. Das schränkt die Zahl der Berechtigten enorm ein. Wer einen finanziell einigermaßen leistungsfähigen Ehepartner oder mehr als 5.000 Euro auf der hohen Kante hat, geht leer aus. Ebenso, wer wirklich bettelarm ist, aber keine 35 Jahre in der Rentenversicherung vorweisen kann. Fazit:

Auch weiterhin werden Millionen Rentner mit Armutsrenten abgespeist. Nur eine überschaubare Zahl von Rentnern soll einen kleinen Zuschlag bekommen, der aber ebenfalls nach Ansicht der Sozialverbände nicht ausreicht, um Armut zu verhindern.

Wirklich helfen – so das klare Versprechen - will die GroKo den Erwerbsminderungsrentnern. Die haben Politiker nahezu aller Parteien als Opfer des bestehenden Rentensystems identifiziert. Wer wegen Unfall oder Krankheit vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheidet, soll künftig so gestellt werden, als hätte er oder sie bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet. Das ist eine gute Maßnahme – mit zwei hässlichen Schönheitsflecken: Der 10,8-prozentige „Strafabschlag“ für die vorzeitige Verrentung bleibt und die Neuregelung gilt nur für Neurentner. Die aktuell rund 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentner, deren Rente häufig nur rund 700 Euro monatlich beträgt, haben nichts davon.

Dies zeigt:

Von wirklicher Gerechtigkeit – vor allem für die Schwachen und Benachteiligten dieser Gesellschaft – ist der Koalitionsvertrag meilenweit entfernt.

Das Kanzlerinnenwort vom Wohlstand, der bei allen ankommen müsse, bleibt eine Phrase. Und das Schlimme: Die Großkoalitionäre wissen das sehr genau.


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