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Die schlimmste Lüge

Die schlimmste Lüge

Misstrauen wir allen, die behaupten, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben — einschließlich uns selbst!

Dass „normale“ Menschen, die sich nicht regelmäßig mit „dubiosen Verschwörungstheorien“ beschäftigen, den Mainstream-Medien immer noch fast alles glauben, lässt mich zwar manchmal verzweifeln, aber ich muss es akzeptieren. Jeder hat seinen eigenen Zeitpunkt und Anlass, um die — für mich mittlerweile sehr durchsichtige — Propaganda in den verschiedensten Themenbereichen zu erkennen. Allerdings hat es bei mir ja auch dreiviertel meines Lebens gedauert, bis mir bewusst wurde, was ich da eigentlich lese.

Was mich aber wirklich erschreckt, ist die Tatsache, dass auch diejenigen, die dem Mainstream sonst durchaus skeptisch gegenüberstehen, ihm dennoch glauben, wenn er die eigenen Vorurteile bestätigt. Insbesondere wenn man sich nicht mit den Hintergründen oder Aussagen „von der anderen Seite aus“ beschäftigt hat. Dabei sollten sie es besser wissen, erleben sie es in „ihren“ Themenbereichen doch oft genug mit, wie propagandistisch die Medien agieren.

Meinen russlandnahen Freunden ist klar, wie sehr vieles, was Russland betrifft, medial massiv verzerrt wird. Das russische Regime, die Annexion der Krim, die Verfolgung der Schwulen, russisches Doping — das Framing vom „bösen Russen“, personifiziert durch Oberbösewicht Putin, tönt auf allen Kanälen.

Wer die Situation in Frankreich seit Herbst 2018 intensiver verfolgt, weiß aus den zahlreichen Videos und Berichten, die insbesondere dank der sozialen Medien verfügbar sind, dass die Gelbwesten in der übergroßen Mehrheit keine gewaltbereiten, antisemitischen Randalierer sind — auch wenn man in ARD, ZDF und Co fast nur gewalttätige Demonstranten sieht.

Dass die Entwicklung der Not in Venezuela ein „klitzekleines bisschen“ mit den massiven Sanktionen durch die USA und den Westen zu tun hat, weiß jeder, den dieses Thema interessiert. Auch wenn die „normalen“ Medien kaum darüber berichten, wie viel des Vermögens der venezolanischen Regierung völkerrechtswidrig vom Westen beschlagnahmt wurde.

Viele meiner türkischen Kontakte wissen — dank ihrer Fähigkeit, diese Sprache zu sprechen — wann in den deutschen Medien mal wieder über die türkische Regierung und deren Präsidenten gelogen wird. Bei den meisten anderen bleibt fast immer nur die Botschaft „Die Türkei beziehungsweise Erdogan ist eine Gefahr“ hängen.

Man muss kein Arabisch verstehen, um sich darüber klar zu werden, dass die Aktionen der Weißhelme in dem Land eine riesige Farce darstellten. Welche sechsjährige Syrerin vermag in fließendem Englisch aus einer Stadt ohne Strom zu twittern?

Dass es einen „klitzekleinen“ Unterschied zwischen Muslimen und Islamisten gibt, wissen alle Angehörige dieser Religion und auch viele meiner FB-Freunde. Ja, man findet im Koran gruselige Zitate — in der Torah und in der Bibel aber auch. In der medialen Öffentlichkeit sind allerdings primär die hässlichen Zitate aus dem Koran präsent .

Es gibt auch einen „klitzekleinen“ Unterschied zwischen AFD-lern und Nazis. Damit tue ich mich persönlich zwar auch nicht immer leicht — aber es ist ein Faktum, das ich anerkenne, und das mir manche Anhänger dieser Partei auch immer wieder deutlich machen, obwohl die Gleichsetzung der beiden Begriffe medial schon ziemlich fest verankert wurde.

Je nachdem, welche Sau gerade durchs mediale Dorf getrieben wird, vergessen viele, dass die Medien, die sie im vertrauten Themenbereich ganz klar als Lücken- oder Lügenpresse identifizieren, auch an dieser Stelle genau das sind und bleiben: fast immer eine Lücken-, und zu oft auch eine Lügenpresse. Denn es werden Lügen berichtet und wesentliche Dinge weggelassen, und zwar in jedem für die Mächtigen relevanten Themenbereich.

Da wird dann manchmal völlig undifferenziert über das jeweils eigene Feindbild geschimpft — ohne über die mediale Schmutzkampagne im Mainstream — der Quelle aller Wahrheiten — nachzudenken, die einem genau dieses Feindbild implementiert hat.

Dabei ist natürlich immer „ein Körnchen Wahrheit“ in den Berichten enthalten. Körnchen, Körner und manchmal sogar Brocken Wahrheit sind in den Nachrichten zu finden, die aber von Propaganda eingerahmt werden.

Die Präsidenten Erdogan, Putin, Assad, Maduro und Co wären als Direktoren eines Mädchenpensionats sicherlich ungeeignet. Natürlich sind das nicht „die Guten“. Und natürlich passiert in diesen Ländern immer wieder Unrecht. Genau wie in den USA, Österreich oder Deutschland übrigens auch — von Saudi-Arabien und ähnlichen engen Partnern des Westens mal ganz zu schweigen. Es ist einfach die Frage, wer wie — und warum — darüber berichtet.

Aber viel zu wenige versuchen, die jeweiligen medial vermittelten „Wahrheiten“ zu hinterfragen, wenn diese ins eigene Vorurteil passen — ohne den Wahrheitsgehalt einer Nachricht auch nur ansatzweise zu verifizieren.

Passt die Meldung mit dem eigenen Weltbild beziehungsweise Vorurteil zusammen, werden dann sogar Bild.de oder Krone.at zur Bestätigung zitiert oder geteilt. Erstere war schon in meiner Jugend für ihre seriösen Recherchen bekannt. „Mann drehte Frau durch den Fleischwolf — Bild sprach mit der Frikadelle“ war seinerzeit das geflügelte Wort, um die Bild-Zeitung zu beschreiben. Aber auch die anderen transatlantiknahen Medien wie Süddeutsche, Zeit oder ARD gelten manchen auf einmal als relevante Quelle, die ja nie irgendwelche Propagandabotschaften zum Thema X unters Volk bringen würden.

Um es gleich zu sagen: Auch alternative Medien verfolgen ihre Agenda und sind nicht als Quellen der reinen und einzigen Wahrheit anzusehen. Je nach Qualität wird viel zu häufig ebenso „gelückt“ und „gelogen“ wie im Mainstream. Nur handelt es sich oft aber nicht um bezahlte Profis, sondern um engagierte Blogger, denen in manchen Fällen einfach das Handwerkszeug, in anderen das Wissen und in den meisten Fällen die Möglichkeiten zur Recherche fehlen.

Natürlich kann sich niemand mit allen Themen auseinandersetzen. Auch hier wurden nur die Themen aufgeführt, die ich selbst seit einiger Zeit etwas intensiver verfolge.

Man kann sich aber bei allen Meldungen folgende Fragen stellen:

  • „Kann das wahr sein?“ — Ja, manchmal hilft der gesunde Menschenverstand wirklich!
  • „Treibt man hier gerade mal wieder eine Sau durchs mediale Dorf?“ — Wo erscheint das Thema noch — und wie wird darüber berichtet?
  • „Werden Meinungen oder Fakten präsentiert — und wie sind letztere belegt?“
  • „Bestätigt die Meldung eine meiner festgefügten Meinungen?“ — dann schaut man besser zweimal hin ...

Wenn man sich für ein Thema interessiert und man mehr erfahren will, kann ich nur empfehlen, sich mit allen Seiten zu konfrontieren. Mainstream- und alternative Medien, Anhängern und Gegnern einer Regierung, die vor Ort präsent sind. Facebook macht so etwas ja möglich.

Ich gebe zu, das ist anstrengend. Wenn ich selbst nicht vor Ort bin und in zwei Quellen absolut gegensätzliche, aber überzeugende Aussagen lese, schwirrt mir schon der Schädel. Die Menschen berichten ja vielleicht wirklich von ihrem Standpunkt aus wahrheitsgetreu. Obwohl sie sich widersprechen.

Bei krassen Widersprüchen heißt es eben einfach: selbstdenken, Zusammenhänge herstellen mit anderen, ähnlichen Themen, nach weiteren Informationen suchen, bevor man sich eine abschließende Meinung bildet. Die man aber auch wieder ablegen sollte, wenn man dazulernen musste. Auch wenn es das eigene Weltbild zum zigsten Mal erschüttert — man gewöhnt sich daran.

Ich persönlich versuche bereits seit einiger Zeit nicht mehr, „die“ Wahrheit herauszufinden. Es gibt einfach zu viele Wahrheiten, die wie oben schon erwähnt, komplett widersprüchlich, aber trotzdem nicht falsch sind.

Mir geht es primär darum, zu erkennen, wann man mich belügt. Das ist schwierig genug! Und zum Abschluss mein dringendes Plädoyer an alle, die sich an politischen Diskussionen beteiligen:

Wir sollten bei allen Themen, bei denen wir nicht einhundertprozentig sicher sein können, die Möglichkeit zulassen, dass es doch so ist, wie es der andere sagt — und nicht so, wie wir es bisher geglaubt haben. Und eines musste ich für mich feststellen: Es gibt fast nichts, bei dem ich mir einhundertprozentig sicher bin — leider.


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