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Die Verteidigungslüge

Die Verteidigungslüge

Die NATO verkauft uns ihre kriegsvorbereitenden Provokationen gegen Russland als Defensivmaßnahmen.

Die US-Armee plant bei diesem Riesenmanöver die Beteiligung von 20.000 US-Militärs und weiteren 17.000 NATO-Soldaten. Das Ganze stellt die Nato den beteiligten Soldatinnen und Soldaten, der Politik und der Öffentlichkeit unter dem Begriff „Defender 2020“ als Verteidigungsaktion dar (1). Unausgesprochener Tenor ist demnach die Unterstellung, Russland greife NATO-Gebiet an.

Die Militärs erwecken seit der Zuspitzung der Ukraine-Krise 2014 den Eindruck, auf der Krim zeige sich eine brandgefährliche Aggressivität Russlands, auf die man mit Bedrohungsszenarien und Aufrüstung reagieren müsse.

Die Manipulation besteht darin, Russland als Gefahr und Ausgangspunkt der Spannungen zu dämonisieren und zugleich den Westen als die Wertegemeinschaft des Guten darzustellen. Dieses Narrativ entpuppt sich schon in Worten des ehemaligen US-Präsidenten Barak Obama zur Krim-Krise als unzutreffend:

„Putin traf die Entscheidung in Bezug auf die Krim keinesfalls aufgrund einer großen Strategie, sondern im Wesentlichen, da er von den Maidan-Protesten und der Flucht Janukowytschs (Anmerkung des Autors: nach dessen verfassungswidrigen Absetzung aus dem Präsidentenamt) überrascht wurde, nachdem wir ein Abkommen zur Machtübertragung vermittelt hatten“ (2).

Diese illegale Machtübertragung — Transition — in die Hände einer Pro-NATO-Regierung verschweigen die Kriegspropagandisten, um die Eskalationspolitik der NATO gegen Russland leichter legitimieren zu können. Die von NATO-Staaten aktiv mitbetriebene Machtübergabe an eine prowestliche sogenannte „Übergangsregierung“ erfolgte nach der verfassungswidrigen Absetzung ihrer demokratisch gewählten Vorgängerregierung; die Veränderung erfolgte mit rechtsextremer Beteiligung, wie damals auch westliche Medien belegten; all das will die Vorkriegspropaganda vergessen machen (3). Seit diesem Maidan-Putsch mit all seinen Folgen, zu denen die Krim und der anhaltende Krieg in der Ostukraine zählen, hat die NATO mehrmals Manöver durchgeführt, die eindeutig auf eine Steigerung der Vorkriegsatmosphäre in Europa hinauslaufen.

US-Leutnant General Christopher Cavoli erläutert, worum es der NATO beim aktuell anstehenden Großmanöver „Defender 2020“ geht: „Ein hartes und realistisches Training all unserer Alliierten verstärkt professionelle Beziehungen, die Vertrauen und Verlässlichkeit ermöglichen und so die Bereitschaft und Fähigkeit zu gemeinsamem Handeln gegen Bedrohungen steigern“ (4). Die Wortwahl „gemeinsames Handeln“ beschönigt, worum es in Wirklichkeit geht — um Krieg. Rubikon hat dazu bereits vor eineinhalb Jahren berichtet (5).

Die Stoßrichtung gegen Russland wird auch in den jährlichen Manövern in Norwegen unter dem Begriff „Cold Response“ sichtbar. In diesen Manövern proben NATO-Verbände auch die Kooperation mit zivilen Organisationen im Kriegsfall (6).

Auch das Manöver mit dem Namen „Trident Juncture“ wird von der NATO seit 2015 in regelmäßigen Abständen inszeniert. In seinem Rahmen fand 2018 „die umfangreichste Militärübung des Westens seit Ende des Kalten Krieges“ statt. „Der zuständige US-Admiral James G. Foggo übernahm um 0.01 Uhr das Kommando über die rund 50.000 beteiligten Soldaten“, teilte eine Sprecherin mit.

Gemeinsam sollen Streitkräfte der Marine, des Heers und der Luftwaffe aus insgesamt 31 Staaten nun zwei Wochen lang in Norwegen sowie in den umliegenden Luft- und Seegebieten trainieren und das gemeinsame Vorgehen im Kriegsfall üben. Neben den Soldaten kommen bei dem Manöver auch rund 10.000 Fahrzeuge, 65 Kriegsschiffe sowie mehr als 300 Kampfflugzeuge und Hubschrauber zum Einsatz (7).

„Offiziell geht es bei „Trident Juncture 18“ um einen simulierten Bündnisfall. Es ist jedoch auch ein Signal an Russland mit der Botschaft: „Wir sind bereit, alle Bündnispartner gegen jegliche Gefahr zu verteidigen“, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg das Manöver kommentierte. Um glaubhaft abschrecken zu können, müsse man die Stärke des Bündnisses zeigen (8).

Das Szenario beginnt mit einem Angriff auf Norwegen und der Aktivierung der NATO-Beistandsklausel nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags. Es geht darum, die Fähigkeit der NATO zu trainieren, Truppen aus Teilen Europas und Nordamerikas schnell zusammenzuziehen.

Ähnlich war auch das Drehbuch des Großmanövers mit dem martialischen Namen „Anakonda“ aufgebaut: Polen wurde von einer „roten Gruppe“ angegriffen. Circa 31.000 Soldatinnen und Soldaten verteidigten das angegriffene Land Polen. Fast alle NATO-Staaten waren beteiligt, ebenfalls die beiden direkten Nachbarn Russlands, Georgien und die Ukraine. Präsident Andrzej Duda erklärte zum Szenario und zur Intention: „Das Ziel der Übung ist klar, (...) wir bereiten uns auf einen Überfall vor“ (9).

In diese Linie der schrittweisen Eskalation der Spannungen gegen Russland reiht sich das Manöver „Defender 2020“ ein. Die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative bewertet die Stoßrichtung:

„Die Größe und der Ort des Manövers stellen eine Provokation gegenüber Russland dar und bergen die Gefahr einer möglichen direkten Konfrontation zwischen militärischen Verbänden von NATO und Russland in sich. Auch der Zeitpunkt wurde nicht zufällig gewählt: Während des Manövers jährt sich die Befreiung Europas vom Faschismus vor allem durch die Soldaten der Roten Armee zum 75. Mal. Ein geschichtsvergessenes Signal an den ehemaligen Verbündeten. Während überall auf dem Kontinent über die Eindämmung der lebensbedrohenden Umweltzerstörung diskutiert wird, praktiziert der größte Umweltzerstörer Militär unbeeindruckt seine Rituale“ (10).

Es geht bei „Defender 2020“ auch darum, die Belastbarkeit der Verkehrsinfrastruktur Deutschlands für den Fall eine Krieges im Bereich der russischen Westgrenze zu prüfen:

„Für die deutschen Stellen geht es auch darum, die Belastbarkeit der eigenen Infrastruktur — Brücken und Verkehrswege — zu überprüfen. Ein Kampfpanzer auf Tieflader kann mehr als 130 Tonnen wiegen. Der Transport von Militärgerät ist auch per Bahn und mit Binnenschiffen geplant. Erst kürzlich hatte sich der ranghöchste deutsche Offizier Manfred Nielson über ein ‚miserables‘ deutsches Verkehrssystem aufgeregt“ (11).

In der Tat ist die Infrastruktur Deutschlands in vielerlei Hinsicht marode, auch gerade Brücken. Wer dies überwinden will, darf die Milliardeninvestitionen nicht an Kriegsvorbereitungen binden. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die Milliarden, die für den Militärsektor verbrannt werden, fehlen für die Menschen an allen Ecken und Enden: in den Schulen, dem Gesundheits- und Sozialsystem, der Ökologie und der Infrastruktur. Den Aufruf gegen die Hochrüstung kann man hier unterzeichnen.

Die Friedensbewegung plant Aktionen unter anderem in der Nähe der Transportstrecken, die die NATO für den Transit nach Osten vorgesehen hat, auch grenzüberschreitende Aktivitäten sind dabei möglich. Die nächsten Vorbereitungstreffen werden für den Nordraum am 18. Januar in Hamburg und für Leipzig am 26. Januar 2020 geplant.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.eur.army.mil/Newsroom/Releases-Advisories/Press-Releases-Article-View/Article/1981905/defender-europe-20-builds-useucom-strategic-readiness-in-support-of-the-nationa/
(2) https://www.freitag.de/autoren/hans-springstein/obama-bestaetigt-us-gefuehrten-putsch-in-kiew, Zitat aus dem Text: „Insbesondere US-Autoren hatten immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die USA eine aktive Rolle beim Regimewechsel in Kiew spielten. Stephen Cohen hatte in der US-Zeitschrift The Nation am 11. Februar darauf hingewiesen, (...) dass die US-Diplomaten planten, eine neue anti-russische Regierung in der Ukraine zu installieren und den gewählten Präsidenten ‚zu verdrängen oder zu neutralisieren‘. Das bedeute einen Staatsstreich, warnte Cohen, bevor es dazu kam.“
(3) „Für die Vertreibung des alten Regimes Ende Februar 2014 waren die auf den Barrikaden meist an vorderster Front kämpfenden Truppen des ‚Rechten Sektors‘ mit entscheidend. Demzufolge betrachten sie in ihrer eigenen Propaganda die Ereignisse auch als ihre ‚nationale Revolution‘. Die Mitglieder sind auch Teil des ‚Selbstschutzes des Maidan‘, der seit dem Umsturz in Abwesenheit der Polizei als Sicherheits- und Ordnungskraft in Kiew agiert.“
Auch der Osteuropa-Experte Alexander Rahr sieht den „Rechten Sektor“ als einen der wichtigen Akteure des Maidan: „Der rechte Sektor war aus meiner Sicht entscheidend für den Umsturz, weil er eine Organisation ist, die auch bereit war, in Kampfhandlungen mit den Polizisten, mit den Sicherheitskräften einzutreten. Sie waren gut organisiert, sie hatten auch immer wieder einen Plan, wie sie angriffen, wie sie sich verteidigten, sodass sie einen großen Anteil am Erfolg des Maidans gehabt haben.“https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/Putsch-in-Kiew-Welche-Rolle-spielen-die-Faschisten,ukraine357.html
(4) „Conducting tough, realistic training alongside our allies and partners in Europe enhances those professional relationships that build trust and confidence in each other and increases our overall interoperability, readiness and the ability to collectively deter potential threats, (…)” — https://www.eur.army.mil/Newsroom/Releases-Advisories/Press-Releases-Article-View/Article/1981905/defender-europe-20-builds-useucom-strategic-readiness-in-support-of-the-nationa/
(5) https://www.rubikon.news/artikel/der-grosse-krieg
(6) https://forsvaret.no/en/coldresponse
(7) https://www.n-tv.de/politik/Nato-startet-Mega-Manoever-article20687682.html
https://eulogos.blogactiv.eu/2018/12/05/trident-juncture-18-from-the-largest-ship-to-the-smallest-drone-the-implications-of-the-largest-nato-exercise/ und:
http://www.bundeswehr-journal.de/2017/operation-atlantic-resolve-staerkung-der-nato-ostflanke/
https://www.nato.int/cps/en/natohq/news_155866.htm
(8) Die Zeit, 25.10.2018, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-10/nato-manoever-norwegen-russland
(9) Der Spiegel, 07.06.2016, https://www.spiegel.de/politik/ausland/militaermanoever-in-polen-mit-nato-staaten-aerger-um-anakonda-a-1096262.html
(10) http://natwiss.de/widerstand-gegen-nato-manoever-defender-20-formiert-sich/
(11) https://www.merkur.de/politik/defender-2020-37-000-soldaten-bei-grossuebung-in-deutschland-zr-13075194.html


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