Der Friedensnobelpreis wird seit über einem Jahrhundert jedes Jahr am 10. Dezember, dem Todestag des schwedischen Stifters Alfred Nobel vergeben. In diesem Jahr wurden der kongolesische Arzt Denis Mukwege und die irakische Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad für ihre Aufklärungsarbeit geehrt, wie sexuelle Gewalt gegen Frauen in Kriegen als Waffe verwendet wird. In ihren bewegenden Nobelpreis-Vorlesungen forderten beide die Beendigung dieser schweren Verbrechen.
Nobel wollte jedoch nicht nur die übelsten Gräueltaten in einem Krieg vermeiden, er wollte ein Ende der Kriege. Globale Zusammenarbeit bei der Abrüstung sah er hierbei als ein „Hauptwerkzeug“. Seine Vision war die Entmilitarisierung der internationalen Beziehungen — wegen Bertha von Suttners Inspiration und Roman: „Die Waffen nieder!“ Da die schwedische Nobel-Stiftung aber von Gremien unterstützt wird, die den Willen Nobels nicht respektieren wollen, wird die Forderung erhoben, dass ihr Unterausschuss, das norwegische Parlament, ersetzt werden müsse.
Denis Mukweges und Nadia Murads Kampf gegen sexuelle Gewalt
„Wir ehren heute zwei der stärksten Stimmen der Welt“, sagte die Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen über die Preisträger. Sie machte in ihrer Rede weiter deutlich, in welchem Ausmaß die misshandelten Frauen, für die sich Murad und Mukwege einsetzen, teilweise vergewaltigt worden sind: „Eine Frau, die von dreißig oder mehr Männern vergewaltigt wurde, kann das nicht einfach vergessen und ihr Leben normal fortführen.“ Deswegen sei die Arbeit von Mukwege und Murad auch so wichtig (1).
Nadia Murad Basee Taha ist eine Überlebende des vom „Islamischen Staat, IS“ verübten Genozids an den Jesiden im Jahr 2014, irakische Menschenrechtsaktivistin und seit September 2016 die erste Sonderbotschafterin für die Würde der Überlebenden von Menschenhandel der Vereinten Nationen. Sie wurde vom IS als Sex-Sklavin gehalten. Ihr gelang die Flucht und seitdem kämpft sie dafür, dass diese Terroristen sich vor einem internationalen Gericht verantworten müssen. In ihrer Nobelpreis-Vorlesung forderte sie die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihr Volk zu schützen und sich für die Freilassung von Tausenden von Frauen und Kindern einzusetzen, die sich noch immer in den Händen von Dschihadisten befinden.
Denis Mukwege, Vater von fünf Kindern, ist kongolesischer Arzt und betreibt seit 1999 ein Krankenhaus in Bukavu. Dort behandelt er Frauen, die schwer misshandelt worden sind. Oft wurden sie unter Bedrohung mit Gewehrläufen, Bajonetten oder abgebrochenen Flaschen vergewaltigt. „Die Körper von Frauen sind zu Schlachtfeldern geworden“, sagte der Arzt. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, zu handeln. Es reiche nicht mehr aus, nur darüber zu reden (2).
Alfred Nobels Vision für den Friedensnobelpreis
Auch wenn in diesem Jahr zwei sehr mutige Menschen gewürdigt wurden, muss dennoch daran erinnert werden, welche Vision Alfred Nobel mit dem in seinem Testament geschaffenen Friedensnobelpreis verband. Der Friedenspreis sollte nicht an Kriegsbefürworter vergeben werden, wie zum Beispiel Barack Obama oder die Europäische Union. Er sollte auch nicht an gute Menschen vergeben werden, deren Arbeit wenig oder gar nichts mit Frieden zu tun hat, wie das bei den meisten anderen Empfängern der letzten Zeit der Fall war.
Der Friedenspreis ist für „die Person, die die meiste oder beste Arbeit für die Bruderschaft zwischen den Nationen, für die Abschaffung oder Reduzierung der stehenden Armeen und für die Durchführung und Förderung von Friedenskongressen geleistet hat“. Der Preis ist auch keine Lebensverleihung, sondern er geht zusammen mit den anderen Nobelpreisen „an diejenigen, die im vergangenen Jahr den größten Nutzen für die Menschheit erbracht haben“ (3).
Der norwegische Jurist, Schriftsteller und Friedensaktivist Fredrik Heffermehl setzt sich seit Jahren für die Durchsetzung des Willens von Alfred Nobel ein. „Die Briefe, die Nobel geschrieben hat, bestätigen“, sagt Heffermehl, „dass er seinen Preis ins Leben gerufen hat, um ein Versprechen an Bertha von Suttner zu erfüllen“, ein Versprechen, einen Preis ins Leben zu rufen, um die Arbeit für die Kriegsabschaffung zu finanzieren (4).
Im März 2012 beauftragte die schwedische Stiftungsbehörde die Nobel-Stiftung, den Willen von Alfred Nobel zu prüfen und dessen Einhaltung sicherzustellen. Als die nächste Auszeichnung an die Europäische Union unter eklatanter Verletzung des Testaments vergeben wurde, protestierten ehemalige Empfänger — darunter Adolfo Esquivel, Mairead Maguire und Desmond Tutu. Die Nobel-Stiftung hat sich dem Auftrag zur Willensvollstreckung widersetzt und eine dauerhafte Ausnahme von dieser Aufsicht beantragt.
Unterausschuss der Nobel-Stiftung, das norwegische Parlament, ersetzen!
Fredrik Heffermehl gilt seit 2007 als überzeugter Kritiker des norwegischen Nobelkomitees, das seiner Meinung nach dem Willen Alfred Nobels nicht nachgekommen ist, „The Nobel Peace Prize Watch“ (5). Am 10. Dezember 2018 verfasste er einen kurzen Kommentar zu einem sehr wichtigen Artikel in der schwedischen Tageszeitung „Dagens Nyheter“, in dem der Verfasser die Nobel-Stiftung auffordert, ihren Unterausschuss, das norwegische Parlament, zu ersetzen. Ich zitiere:
„Heute hörte die Welt die sehr bewegenden Preisreden von Denis Mukwege und Nadia Murad, die sich den Friedensnobelpreis 2018 teilten. Die beiden verurteilten sexuelle Gewalt als Waffe im Krieg, sprachen sich aber auch nachdrücklich gegen Ungerechtigkeit, Korruption und Waffen als Kriegsgrund aus. Tomas Magnusson, ein Führer der schwedischen und internationalen Friedensarbeit meint: ‚Nicht nur durch die Verurteilung von Verbrechen und Gräueltaten und bestimmten Waffen in Kriegen, sondern auch durch die Aufforderung zur Abrüstung und zum Ende des Krieges selbst haben sie dem eigentlichen Zweck des Nobelpreises wirklich Ehre gemacht, da Nobel seinen Preis für ‚die Verfechter des Friedens’ einrichtete.‘
In einem Artikel in der schwedischen Tageszeitung ‚Dagens Nyheter, dn.se‘ vom 10. Dezember 2018 forderte Magnusson die Achtung der ursprünglichen Absicht von Alfred Nobel. Eine Demilitarisierung der internationalen Beziehungen — ‚Die Waffen nieder!‘ — hätte enormes Potenzial, das Los der Frauen zu verbessern, Recht und Menschenrechte zu achten, wertvolle Ressourcen zu schonen, Schadstoffemissionen zu begrenzen, und so weiter.
Kürzlich debattierten die norwegischen Parlamentarier über erforderliche Qualifikationen für die Aufnahme in das norwegische Nobel-Komitee, das jedes Jahr den Friedenspreis verleiht. Doch nur zwei Parlamentarier unterstützten einen Vorschlag, dass die Kenntnis von und die Zustimmung zu Nobels Friedensideen eine notwendige Voraussetzung für die Aufnahme in den Fünferausschuss des Nobel-Komitees sein müsse. Die übrigen 167 Delegierten stimmten dagegen, die Absicht Nobels in Betracht zu ziehen.
Die Nobel-Stiftung, die die Gesamtverantwortung für die Umsetzung von Nobels Willen trägt, kann selbstverständlich nicht von Gremien unterstützt werden, die den Willen Nobels nicht respektieren wollen. ‚Wenn die Stiftung nicht selbst agiert, hat die öffentliche Stiftungs-Behörde die gesetzliche Pflicht einzugreifen‘, schrieb Tomas Magnusson als Sprecher der Nobelpreiswache im ‚Dagens Nyheter‘-Artikel“ (6).
Redaktionelle Anmerkung: Die Erstveröffentlichung in „Neue Rheinische Zeitung (NRhZ)“ vom 12. Dezember 2018 wurde für Rubikon überarbeitet und teilweise ergänzt.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://de.euronews.com/2018/12/10/friedensnobelpreis-mukwege-und-murad-fur-ihren-kampf-gegen-sexuelle-gewalt-gewürdigt.
(2) A.a.O.
(3) https://www.globalresearch.ca/save-the-nobel-peace-prize-from-itself/5352459.
(4) A.a.O.
(5) www.nobelwill.org.
(6) http://www.nyhetsdatabasen.se/artikel/4762288/nobelstiftelsen-maaste-agera-mot-feltolkning-av-fredspriset.htm. Übersetzung des Kommentars von Fredrik Heffermehl aus dem Englischen durch den Autor. Er hat ihn dem Autor persönlich zur Verfügung gestellt.
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