„30 Jahre liegt der Mauerfall im Herbst 1989 zurück. Der Berliner ‚Tatort‘ nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, über ein wenig bekanntes und in der ARD-Krimireihe noch nicht thematisiertes Stück Geschichte zu erzählen: In der DDR wurde die Todesstrafe verhängt. Drehbuchautorin Sarah Schnier sagt: ‚Im Zuge eines anderen Projekts hatte ich mich mit der DDR und ihrem Justizsystem befasst und dabei erfahren, dass es bis 1987 die Todesstrafe gab‘.“, schreibt die ARD zum Tatort vom 9. November 2019.
Drehbuchschreiberin Schnier liefert im Film auch gleich die Erklärung dafür, warum Todesurteile in der DDR so selten verhängt wurden. Natürlich nicht aus Gründen der Menschlichkeit oder wegen ihrer humanen Rechtsprechung: Die SED wollte in die UNO aufgenommen werden, „da hätte es sich nicht gut gemacht“. Na, so ein Glück für die DDR-Bewohner. Sonst hätte es wohl Todesurteile gehagelt für Republikflucht oder das Erzählen von Honecker-Witzen? Ach, hätte die Autorin nur mal mit ihren Eltern oder Großeltern über Politik geredet oder mit sonst jemandem, der sich dafür interessiert. Dann hätte man ihr wohl gesagt, dass die Todesstrafe der DDR kein Geheimnis war, auch nicht im Westen.
Dort in der BRD zogen Millionen-Blätter mit großen Buchstaben zum Beispiel über eine DDR-Richterin und spätere Justizministerin her. Hilde Benjamin, Schwägerin des von den Nazis verfolgten und in den Tod getriebenen Klassikers der Medientheorie, Walter Benjamin, wurde dort als „Blut-Hilde“ beschimpft.
Warum? Weil sie einige wenige Todesurteile gegen Nazi-Massenmörder verhängt hatte. Als die Familien-Biografie „Die Benjamins“ von Uwe-Carsten Heye diese Tatsachen in Erinnerung rufen wollte, geriet die öffentlich-rechtliche Journalistenzunft 2018 fast in Raserei:
Hilde Benjamin war, in den 20er-Jahren erstaunlich genug, Rechtsanwältin und Kommunistin. Sie bekämpfte die Nazis, überlebte und verurteilte in der DDR als Richterin nicht weniger als 67 Nazi-Verbrecher – nur zwei davon zum Tode –, also weit mehr als die gesamte, von Altnazis dominierte BRD-Justiz. Nur zwei Todesurteile, was BRD-Medien nicht abhielt, sie als „Blut-Hilde“ oder „Rote Guillotine“ zu diffamieren.
Ahnungslose Polit-Propaganda?
Von all dem weiß ARD-Autorin Schnier nichts, wohl auch nicht, dass die meisten Nazi-Massenmörder zu dieser Zeit in der BRD saßen und sich, Dank einer aus dem Nazi-Faschismus übernommenen Richterschaft, eines unbehelligten Lebens erfreuen durften.
Über die Abschaffung der Todesstrafe in Westdeutschland sagt man übrigens auch, dass sie vor allem eben jene Massen von Nazi-Mordschergen in Westdeutschland vor dem Strang bewahren sollte.
Der Film ist das größte unterschwellige Propagandamedium unserer Zeit. Er eignet sich hervorragend zur Verbreitung von Meinungen und Ideen. Filme können die Gedanken und Gewohnheiten einer ganzen Nation prägen (1).
ARD-Krimischreiberin Schnier lässt einen greisen DDR-Richter auftreten, der aus Zorn über ein nicht vollstrecktes Todesurteil einen ebenfalls greisen Dreifachmörder Jahrzehnte später mit einem Genickschuss hinrichtet.
Gelungene Vergangenheitsbewältigung von DDR-Unrecht? Ein Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Ost- und Westdeutschen? Oder eher Anti-DDR-Propaganda zur Ablenkung von westdeutschem Unrecht, Nazi-Massenmörder unbehelligt zu lassen? Oder von Vereinigungs-Kriminalität: Millionen DDR-Bürger per Abwicklung ihrer Betriebe ins Elend zu stürzen, damit ein paar Treuhand-Gauner sich eine komplette Volkswirtschaft unter den Nagel reißen können? Auch im TV-Krimi meinen die sich als Sieger dünkenden offenbar, die Geschichte schreiben zu können, wie es ihnen beliebt.
ZDF jagt DDR-Korruption: SOKO SED
Noch wilder treibt, zeitgleich geschaltet mit der ARD, das ZDF seine politische Propaganda gegen die DDR: „Der vierte Mann“ als gemeinsamer Fall für die SOKOs Wien und Leipzig. Dort wird tendenziell die DDR als eine Art Mafia-Staat dargestellt, dessen sozialistische Wirtschaft darin bestand, mit Gaunern im Westen krumme Geschäfte zu machen, etwa wertvolle Geigen kriminell zu verhökern.
Beim ZDF heißt es dazu: „Ein entführter Musiker und seine verschwundene Geige bilden den Auftakt zu einer Mordserie, deren Opfer tief in Geschäftsverbindungen zwischen der DDR und Österreich verstrickt waren.“
Dabei strickt sich die dürftige Rache-Story um eine besoffene Funktionärsclique der DDR-Außenhandelsfirma, die mit Wien schmutzige Geschäfte machte und nebenher eine junge Musikerin vergewaltigte. Die stürzte in den Tod, ihr Gatte, der damals Zeuge des Verbrechens werden musste, rächt sich Jahrzehnte später blutig an den Tätern.
Aufarbeitung von Geschichte? Innerdeutsche Völkerverständigung? Oder eher eine öffentlich-rechtliche Hass-Mail an die sozialistische Vergangenheit? Wie der Vater der modernen Propaganda, Edward Bernays, feststellte: Der Film ist heute ein probates Mittel der ideologischen Verhaltenssteuerung.
Bernays war Neffe von Sigmund Freud und setzte modernste psychologische Manipulation ein. Zuerst einmal benannte er sein Arbeitsgebiet Propaganda um in „Public Relations“. Um Schinken zu verkaufen, erfand der PR-Pionier das „american breakfast“ und um den Massenmord an der Bevölkerung Guatemalas zu bemänteln, erfand Bernays die kommunistische Gefahr (neu): Die United Fruit, heute Chiquita, wollte ihre von der gewählten sozialistischen Regierung Guatemalas verstaatlichten Bananen-Plantagen zurück haben.
PR-Industrie und CIA propagierten und inszenierten einen Bürgerkrieg, einen Putsch und die Reprivatisierung der Plantagen. Der Westblock, inklusive BRD versteht sich, konnte weiterhin schöne billige Bananen essen. Vom Blutbad dahinter erfuhren die Westdeutschen bis heute nichts – schon gar nicht in Krimis auf ARD und ZDF. Wie wäre es einmal mit Vergangenheitsbewältigung zum Thema Bananen, liebe Tatort- und SOKO-Produzenten?
Quellen und Anmerkungen:
(1) Edward Bernays, Propaganda: Die Kunst der Public Relations (1928), S. 103
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