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Machtdämmerung

Machtdämmerung

Seit Jahrtausenden teilt sich die Gesellschaft in Herrscher und Beherrschte — Zeit, das endlich zu ändern! Teil 1/2.

Die unsichtbare Machtelite

Macht bezeichnet die Befähigung, das Denken und Verhalten anderer so zu beeinflussen, dass diese sich den Wünschen oder Interessen des oder der Mächtigen unterordnen und sich entsprechend verhalten.

Der Begriff Machtelite geht auf Charles Wright Mills zurück, mit dem er die Machtkonzentration bei bestimmten Personengruppen in Folge des New Deal in den USA beschreibt. In seiner Definition dieser Machteliten bezieht sich Mills auf ihren extremen Einfluss auf Leben und Alltag der Bevölkerung. Mills untersucht in seinen Arbeiten die zu seiner Zeit aktuelle gesellschaftliche Situation, die in ähnlicher oder sogar noch radikalerer Form bis heute globale Gültigkeit besitzt.

Machteliten und ihre Herrschaft gibt es aber seit dem Zweiten Weltkrieg nicht nur in den USA, weshalb es sich lohnt, den Begriff auf die gesamte Menschheitsgeschichte auszuweiten, um ein größeres Verständnis für Macht, ihre Technik und Auswirkungen zu entwickeln.

Wer sich mit Geschichte, Herrschaftstechniken und Psychologie real existierender Machteliten näher auseinandersetzt, sollte zunächst ein schulisch und medial vermitteltes Framing erkennen und dann entlarven — dass es nämlich eine solche Machtelite und ihre Herrschaft überhaupt nicht gäbe, da wir in einer Demokratie leben würden, wenn überhaupt habe es sie früher einmal gegeben, aber sie wurde schon längst überwunden. Dieses weitverbreitete Framing zeugt von der enormen Machtfülle der Herrschenden. Ihnen ist es gelungen, weitgehend unerkannt von der Öffentlichkeit ihre Macht auszuüben.

Die Geschichte der Macht wird geheim gehalten, vergessen und ausgeblendet, dabei ist sie das prägendste Element der Geschichte, Kultur und des heutigen Lebens der Menschheit.

Da Medien und das Bildungssystem Herrschaftswerkzeuge darstellen, ist es logisch, dass in ihnen die Machtfrage konsequent ignoriert wird. Und da die meisten Menschen so über die Welt und sich selbst denken, wie es ihnen beigebracht und vermittelt wurde, ist es wiederum verständlich, wieso sie die totale Kontrolle mit Freiheit und eine Oligarchenherrschaft mit Demokratie verwechseln.

Macht und ihre Ausübung sind über Jahrtausende gewachsen, und wer sie wirklich verstehen will, muss sich zunächst mit ihren Anfängen befassen.

Die Entstehung von Macht

Das Zusammenleben von Tieren und Menschen beruht auf hierarchischen Strukturen. Dabei ist es artspezifisch, wie flach oder steil solche Hierarchien sind. Bei den meisten Arten nimmt das physisch dominanteste Tier die Spitze der Rangordnung in einer festen hierarchischen Struktur ein. Eine solche Rangordnung, in der ein Individuum das Verhalten der Gruppe bestimmt, ist Voraussetzung für ein Leben im Rudel.

Steht bei einer Spezies von Rudeltieren der Schutz vor Artgenossen oder Fressfeinden im Vordergrund, dann schützen männliche, sogenannte Alphatiere die Gruppe und sind daher die dominantesten. Weibliche Alphatiere dominieren bei Spezies, bei denen das gemeinsame koordinierte Vorgehen wie bei der Jagd oder auf langen Wanderungen lebensentscheidend sind.

Daher ist es wahrscheinlich, dass auch bei den Menschen zur Zeit der Sammler und Jäger die Gruppen matriarchalisch strukturiert waren.

Aufgrund ihrer weiblichen Intuition waren Frauen die ersten Schamanen, die mit den Geistern der Natur und der Ahnen in Kontakt standen. Die sogenannten Venus-Statuen, die ersten plastischen Abbildungen der Menschheit, künden von dieser Rolle der Frau als göttlicher Ur-Mutter, Mittlerin und Führerin in geistigen wie weltlichen Dingen. Mutter Erde wurde als das allem übergeordnete weibliche göttliche Prinzip, welches Leben schenkt, es aufrecht erhält und wieder zerstört, verehrt und besungen.

Die Macht, die die Schamanen besaßen, war aber nichts anderes als Verantwortung, für die Gruppe, für die Ahnen und für die Umwelt.

In diesen egalitären Face-to-face-Gesellschaften, früher als Horde bezeichnet, war allein die persönliche Reputation, beispielsweise als fähiger Jäger oder weise Frau, für die geringen Statusunterschiede innerhalb der Gruppe verantwortlich. In diesen Gemeinschaften wurden die Entscheidungen gemeinsam ausgehandelt. Das Konzept einer Macht-Elite gab es nicht. Dessen Entstehung können wir aber nur in der uns bekannten Geschichte untersuchen, über frühere wahrscheinlich stratifizierte Kulturen wie Atlantis ist dafür noch zu wenig bekannt.

Bei einer historischen Analyse gilt es aber zu beachten, dass eine so konzipierte Vergangenheit immer nur die eigene Perspektive auf die jeweiligen Quellen darstellt. In gewisser Hinsicht ist es deshalb aufschlussreicher, sich mit den Befunden und Funden der Archäologie auseinanderzusetzen, da Schriftquellen immer nur die subjektive Perspektive des zeitgenössischen Autors auf ein bestimmtes Zeitgeschehen widerspiegeln.

So zeugen Schriften der Antike und des Mittelalters zwar durchaus vom Leben der absoluten unfreien Mehrheit, als abgabenpflichtige und zum Frondienst verpflichtete Bauern und zur Arbeit gezwungene Sklaven, größtenteils aber vom Geschehen innerhalb der politischen oder geistigen Elite, innerhalb derer die Schriften verfasst oder von der sie in Auftrag gegeben wurden.

Somit liest sich die offizielle Geschichtsschreibung als eine Aneinanderreihung von Herrschern, Reichen und Machtzentren, das Leben der Menschen unter ihrer Herrschaft bleibt außen vor. Wer sich mit dem Leben der Beherrschten beschäftigt, produziert daher ein Geschichtsbild, welches dem gelehrten oftmals wiederspricht.

Selbstverständlich ist aber auch ein unter dem Blickwinkel der Macht konstruiertes Bild nicht mehr als ein Fingerzeig, der weder die Komplexität historischen Geschehens erfassen noch in seiner Vollumfänglichkeit zu rekonstruieren vermag. Das ändert dennoch nichts an der Wahrhaftigkeit aufgezeigter Machtstrukturen, deren Entstehungsgeschichte und psychologische Auswirkungen.

Mit der Sesshaftwerdung einiger Gruppen, vorangetrieben durch eine sehr günstige Umgebung im fruchtbaren Gebiet des Halbmonds Vorderasiens und eine langsam, aber stetig wachsende Bevölkerung, änderten sich die Anforderungen des Überlebens. Nun stand der Schutz der Gruppe und ihres Territoriums an erster Stelle. Geschützt werden musste das besiedelte Gebiet und die Gruppe vor Angriffen von „Feinden“, die nach dem Land, den Frauen, den Werkzeugen oder den Vorräten trachteten. Als die ersten Menschen sesshaft wurden, lebte der Rest jedoch noch über Jahrtausende als Nomaden.

Aber während die Höfe der Sesshaften immer zahlreicher wurden und die Menschen von Mesopotamien aus über Jahrtausende gen Norden und Westen kolonialisierten, unterbrachen sie die Wanderrouten der Ureinwohner, verjagten sie und bewirtschafteten deren Land. Die Nomaden zogen sich zunächst in die Bergregionen zurück, bis erste Bauern auch hier Fuß fassen konnten und unsere sesshaften Vorfahren den Wanderern überall das Überleben unmöglich machten. Oft kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, und diese Gewalt machte Krieger aus Bauern, die sich schließlich auch gegenseitig bekämpften.

Diese ersten Kolonialisten definierten sich als Abstammungsgemeinschaften oder sogenannte Lineages, wobei man sich in der Regel auf die Abstammungslinie des Vaters, seltener auf die der Mutter bezog. Das Familienoberhaupt entschied oft allein, war dabei aber immer dem Wohl seiner Gemeinschaft verpflichtet. Mehrere Lineages bildeten einen Stamm, ähnlich einem Clan, mit Bezug auf einen gemeinsamen, nicht mehr fassbaren, mythologisierten Urahnen.

Durch die Konkurrenz um die fruchtbarsten Böden und den Druck zuwandernder Gruppen, die die Archäologen als Schnurbandkeramiker und Glockenbecherkultur bezeichneten, etablierten sich mit der Zeit sogenannte Big-Men-Gesellschaften, wobei der jeweilige Big Man aufgrund seiner Leistungsfähigkeit und seines Charismas ähnlich einem Warlord einer Gruppe vorsteht und die Befehlsgewalt über die Krieger besitzt. Nach dem Soziologen Max Weber ist Charisma dabei die außeralltäglich geltende Qualität einer Persönlichkeit, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem anderen zugänglichen Kräften oder Eigenschaften begabt oder als vorbildlich und deshalb als Führer gewertet wird. Wobei diesem Charisma in prähistorischen Zeiten immer und oft auch später übernatürlicher Ursprung zugesprochen wurde. Körperliche, geistige oder ökonomische Überlegenheit wurde als ein himmlisches Geschenk verstanden.

Die erreichte Machtposition eines Big Man wird aber nicht vererbt und ist stets Angriffen von Konkurrenten ausgesetzt. Gelingt es, Macht an die nächste Generation weiterzugeben, leben die Menschen in einem sogenannten Häuptlingstum. Solche Vererbung von Autorität und Macht kann sich in einer geschichteten Gesellschaft etablieren, wo eine genügend große Populationsdichte und hohe Produktivität gegeben sind.

Ökonomische und politische Oberschicht

In der Jungsteinzeit und anschließenden Bronzezeit im Nahen Osten und in Europa stratifizierte sich die Gesellschaft zunehmend, bis sich schließlich das Königtum und eine damit verbundene erste politische Machtelite herausbildete. Möglich wurde dies durch das Bevölkerungswachstum und Stadtbildungen, den entstehenden Fernhandel und den dadurch gewonnenen Reichtum.

Aber selbst in Regionen, in denen es keine größeren Siedlungen gab, konnten auch durch einen besonders fruchtbarer Boden wie die Schwarzerdböden in Mitteleuropa oder durch Erzvorkommen genug Überschüsse akkumuliert werden, sodass sich eine ökonomische und damit auch politische Oberschicht entwickelte.

Das Wissen über die Metallurgie, beispielsweise über die Produktion von Bronze, ermöglichte die damit einhergehende erste serielle Produktion, Heere konnten bewaffnet werden, sofern die eigene Infrastruktur diese ernähren konnte und genug Kapital zur Besoldung und Bewaffnung vorhanden war. Dieses technologische Wissen der Bronzegewinnung und -verarbeitung ist auch als Charisma Individuen und kulturellen Kollektiven wie der Glockenbecherkultur zuzuordnen, welche deren Herrschaft über andere prädestinierte.

Zur Herausbildung einer dauerhaften politischen Machtelite war zum einen also Kapital nötig, was vor allem aus dem Handel, der Kontrolle wichtiger Handelsrouten, Knotenpunkte oder Abbaugebiete oder Produktionszentren stammte, zum anderen eine physische, religiöse oder technologische Legitimation, welche die Beherrschten zum Gehorsam zwingt.

Jede politische Machtelite geht also immer auf eine ökonomische Spitzengruppe zurück, die über das zur Herrschaft nötige Charisma verfügt. Eine solche politische Spitze ist nicht mehr von Untergebenen abhängig, sondern diese Untergebenen oder Untertanen sind es von der politischen Spitze. Die jeweiligen Untertanen sind dann an die Gesetze und Interessen des Königs und Adels gebunden, diese aber nicht mehr an den Willen und Interessen des Volkes. Somit entsteht ein politisches Machtverhältnis, wenn die Etablierung einer politischen Hierarchie gelingt, die weder an das Interesse der Allgemeinheit gebunden ist, noch deren Zustimmung benötigt.

Politische Macht

In den ersten als Staaten bezeichneten Herrschaftsgebilden im Nahen Osten und in Ägypten gilt dabei das sogenannte Caging als Grundlage jener Staatenbildung. Die dortigen Bevölkerungen waren durch die Geographie, die angrenzenden Wüsten, Gebirgsketten und Ozeanen an die Flussläufe gebunden und konnten damit dem Dasein als Untertan mächtiger Despoten nicht durch Abwanderung entfliehen. Dabei war das riesige Bewässerungssystem aus Dämmen und Kanälen durch Zwangsarbeit der Bevölkerung entstanden, ohne das die immer größere Masse der Menschen nicht hätte ernährt werden können, und dessen Bau und Instandhaltung einen Verwaltungsapparat benötigte.

So entwickelte sich das erste Staatswesen mit einer extremen Ungleichheit zwischen gottgleichen Herrschen und einer sie umgebenden Machtelite auf der einen Seite und der in Armut und Zwang lebenden Bevölkerung auf der anderen. Nach Max Weber definiert sich ein Staat dabei durch sein erfolgreich durchgesetztes Gewaltmonopol. Aufgrund der damaligen Lebensverhältnisse ist es nicht mehr haltbar, jene Großreiche als Hochkulturen zu bezeichnen, denn in diesem Begriff spiegelt sich die geschichtsrevisionistische Perspektive der Machthaber wider.

Nach dem Kulturanthropologen Marvin Harris haben neun Zehntel aller Menschen der letzten sechs Jahrtausende ihr Dasein als abhängige Bauern oder Angehörige einer anderen dienstverpflichteten Kaste oder Klasse gefristet. Nach Harris bedeutet die Entwicklung des Staates für „gewöhnliche“, nicht privilegierte Menschen, die sich den Reichtum der Natur nutzbar machen wollten, bei jemand anderem die Erlaubnis dafür einholen und dafür mit Steuern, Tributen oder Frondienst bezahlen zu müssen. Der Anthropologe James. C. Scott konstatiert, dass das Leben außerhalb des Staates materiell einfacher, freier und gesünder gewesen war als das Leben all jener, die innerhalb der Staaten nicht zur Elite gehörten.

Dennoch ist dieses Gesellschaftsmodell der staatlichen Herrschaft seit seiner Entstehung quasi nicht zurückzudrängen und hat sich inzwischen fast weltweit etabliert. Es gab und gibt seit seiner Entstehung nur wenige Regionen oder zeitliche Intervalle, in denen es Menschen gelang, sich wieder aus der Kralle der Macht zu befreien. Nach dem Soziologen Pierre Bourdieu lassen wir uns beim Blick in die Geschichte daher von den verkehrten Phänomenen beeindrucken, von Rebellionen, Subversionen und Revolutionen, während das Verblüffende, das Erstaunliche gerade das Umgekehrte ist: Der Herrschaft wird gehorcht und Hierarchie akzeptiert.

So beschreibt es auch der Philosoph David Hume:

,,Nichts erscheint denen, die die menschlichen Angelegenheiten mit philosophischem Blick betrachten, erstaunlicher als die Leichtigkeit, mit der die vielen von den wenigen regiert werden, und die stillschweigende Unterwerfung, mit der die Menschen auf ihre eigenen Gefühle und Leidenschaften zugunsten derjenigen ihrer Führer verzichten.“

Wie ist es zu erklären, dass die soziale Ordnung der Macht so leicht aufrechtzuerhalten ist, oder wie Hume sagt, die Regierenden wenige, die Regierten aber viele sind und zahlenmäßig die Übermacht haben?

Geistige Macht

Herrschaft benötigt immer die Akzeptanz der Beherrschten.

Die Wenigen besitzen nur deshalb Macht über die Vielen, weil diese sich von ihnen regieren lassen und ihnen keinen wirklichen Widerstand leisten.

Diese Akzeptanz lässt sich nicht allein physisch erzwingen, sondern benötigt eine Legitimation der Herrschaft, die sich entweder kulturell oder religiös erreichen lässt. Wobei beide Bereiche historisch nicht voneinander zu trennen sind, da allen kulturellen Entwicklungen, Weltanschauungen und politischen Entscheidungen früher religiöse Anschauungen zu Grunde lagen.

Wenn es gelingt, Machtsysteme dauerhaft zu etablieren, sind diese immer in ihren jeweiligen kulturellen Kontext eingebunden und beanspruchen durch diesen Legitimation.

Dabei spielt die Inszenierung des Herrschers eine tragende Rolle, dieser präsentiert sich seinen Untertanen zum Beispiel als lebende Gottheit oder von einer solchen entsandt oder als eine durch seinen zur Schau gestellten Reichtum oder Insignien der Macht alle anderen überragende Persönlichkeit. Durch die Vergöttlichung des Herrschers, der Konstruktion einer direkten Verbindung zu übernatürlichen Mächten, gelingt es, Macht über den Zeitraum eines Menschenlebens hinaus auszudehnen, sie vererbbar zu machen. Das der Macht zugrunde liegende Charisma ist somit nicht mehr irdischen, sondern übernatürlichen Umständen zu verdanken.

Staatsreligionen

In der absoluten Macht über Leben und Tod manifestiert sich dieses Charisma schließlich als eine für alle sichtbare Realität. Daher sind Menschenopfer während der Entstehung früher archaischer Staaten in Ägypten, Mesopotamien, China, Mexiko und Peru archäologisch nachweisbar. Sie helfen dabei, streng in Klassen aufgeteilte soziale Systeme zu errichten und soziale Ungleichheit zu festigen.

Das öffentliche Töten von Menschen gilt als der ultimative Beweis für das Auserwähltsein, das Charisma des Herrschers. In der Konsequenz unterwerfen sich die Menschen, sie werden vollends zu Untertanen. Durch die Institutionalisierung kultur-religiöser Strukturen werden schließlich alle, die sich als Teil der jeweiligen Kultur verstehen, in das Gefüge der Macht miteinbezogen und zu dessen Akzeptanz gedrängt.

Mit der Institutionalisierung von Spiritualität wurde die neue Klasse der Priester als geistige Machtelite in die bestehende gesellschaftliche Hierarchie eingeführt. Der Hauptzweck staatlicher Religionen liegt damit in der Absicherung der Herrschaft, wozu sie die nötige symbolische Macht produziert. Staatsreligionen entstanden vor allem im Nahen Osten, in Ägypten, China, Indien, Süd- und Mittelamerika und wurden von Griechenland und Italien aus in Europa verbreitet. Durch die Kontrolle der Köpfe und Herzen der Menschen, erreichen die jeweiligen Herrscher mithilfe der Staatsreligion die totale Macht über ihre Gläubigen, ganz ohne Gewalt und einen Militärapparat, der aufgebaut und finanziert werden muss.

Durch diese Manipulation kann Reichtum auf freiwilliger Basis und ohne materielle Gegenleistung akkumuliert werden, wodurch auch keine ökonomische Infrastruktur zum Handel benötigt wird.

Somit werden aus geistigen Machteliten oft auch ökonomische, sodass sie Konkurrenten der eigentlichen politischen Spitze werden. Manchmal überleben geistige Machteliten sogar den Untergang der politischen Herrscher, um entweder neue Machthaber zu stützen oder sogar eine eigene unabhängige Herrschaft zu entwickeln.

Erinnert sei hier beispielsweise an die Ermordung des Pharaos Echnaton durch eine Verschwörung der ägyptischen Hohepriesterschaft, nachdem dieser den Verschwörern durch Einführung der monotheistischen Verehrung von Aton die dogmatische Machtgrundlage entzog. So diente sich auch die Baalpriesterschaft nach der Eroberung des Reichs von Akkad durch die Perser den neuen Machthabern an, diesen stand damit die alte Staatsreligion zur Legitimation und Absicherung der Herrschaft zur Verfügung, während die Priester weiterhin im Amt bleiben, womit beide Gruppen von der neuen Zusammenarbeit profitierten. Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches blieb das Christentum mit seinen Funktionsträgern intakt. So wurden zum einen neue christliche Machthaber in Europa legitimiert, zum anderen aber auch eine eigene Herrschaft etabliert.

Die Historie des europäischen Mittelalters ist geprägt von der Auseinandersetzung zwischen den politischen und geistigen Machteliten, die sich in wechselnden Bündnissen, Abhängigkeiten und Feindschaften gegenseitig bekämpften.

Das Intervall relativer Freiheit der Stämme östlich des Rheins, nach dem gescheiterten Versuch der Eroberung dieser Gebiete durch das Imperium Romanum, endete schrittweise durch die Eroberungen christlicher Herrscher: Neue Staaten und Grenzen entstanden.

Für die in staatlichen Strukturen eingepferchten Menschen ähnelte das Leben damit den gesellschaftlichen Entwicklungen der Bronzezeit. Die christianisierte Bevölkerung wurde in immer größere Verpflichtungen gegenüber Adel und Klerus getrieben, subversive Bewegungen wurden brutal zerschlagen wie durch den Albigenserkreuzzug gegen die Katharer, der Anfang des 13. Jahrhunderts Südfrankreich verwüstete.

Als die Bauern sich schließlich erhoben, wurden sie in den Bauernkriegen abgeschlachtet.
Auch der Dreißigjährige Krieg lässt sich mit seinen Millionen Toten als Machtkampf zwischen Machteliten interpretieren, vom Kaiserreich und Papsttum auf der eine Seite, und den Fürsten und Königen auf der anderen, die sich zu ihrer Legitimation des von ihnen geförderten neuen protestantischen Glaubens bedienten.

Ökonomische Macht

Neben dem politischen — Adel und Kaiser — und dem geistigen Machtzentrum — Klerus — etablierte sich zum Ende des Mittelalters eine neue ökonomische Elite. Der Aufstieg italienischer Stadtstaaten wie Venedig und Mailand durch den Fernhandel und die Kreuzzüge, die Hanse in Nordeuropa, und das entstehende Bankensystem schuf eine neue Klasse von Privilegierten, das sogenannte Großbürgertum. Durch dessen Aufstieg schwand der Einfluss des Kirchenstaates, die adeligen Herrscher Europas bauten jetzt zunehmend auf den Reichtum, den sie durch den Fernhandel neuer Akteure akkumulierten, und durch Zölle, Steuern und Korruption abgriffen, statt auf religiöse Indoktrination.

Durch den Kolonialismus, den Überseehandel und die Plünderung, Ausbeutung, Versklavung und Besetzung der restlichen Welt gelang es dem Großbürgertum schließlich, sich von den bisherigen Machtstrukturen zu emanzipieren und neue zu etablieren. Durch die Unabhängigkeit vom spanischen Herrscherhaus konnte die holländische Ost-Indien-Kompanie ihren eigenen Staat gründen, so entstand der erste moderne Territorialstaat. An dessen politische Spitze standen kein Kaiser, Adel oder Klerus, sondern reiche Mitglieder der Oberschicht, denen Flotte, Militär und ein Beamtenapparat unterstanden. Dieses staatliche Gebilde wurde als Republik bezeichnet. Durch die Gründung der USA und die Französische Revolution, die Machtergreifung der französischen Bourgeoisie spitzte sich diese Entwicklung weiter zu.

Zu welch totalitären politischen Strukturen sie letztlich führte, lässt sich gut an der offiziellen Geschichtsschreibung ablesen. In ihr wird die Kopplung von Macht an Kapital, die Verrechtlichung von einem auf Eigentum beruhenden Machtsystem, als Folge der Aufklärung, als Freiheit und Beginn der Neuzeit glorifiziert, konträr zum ach so dunklen und finsteren Mittelalter. Die staatliche legitimierte Unantastbarkeit von Eigentum, die Zementierung einer asozialen Eigentumsordnung — die Grundlage der heutigen Gesellschaftsordnung — wird als zentrales Menschenrecht und Geburtsstunde der Demokratie mystifiziert.

Nach außen führen diese als repräsentative Demokratien getarnten Oligarchenstaaten Krieg gegeneinander und gegen militärisch unterlegene Kulturen und Menschen um Rohstoffe, Sklaven und Absatzmärkte, und nach innen Krieg gegen die Bevölkerung, um sie zur Lohnarbeit und Akzeptanz der Fremdbestimmung und Eigentumsordnung zu zwingen. Eine Entwicklung, die im sogenannten Neoliberalismus ihren traurigen Höhepunkt findet. Die Verschwörungspraktiken der Superreichen, die nach weltweiter Herrschaft und totaler Kontrolle trachten, führen zur totalen Entrechtung und Überwachung des Einzelnen. Die Würde von Mensch und Natur existiert nur noch auf dem Papier, der zwischenmenschliche Raum und der Planet stehen real in Flammen.

Konzentration von Macht

Macht strebt immer nach mehr Macht, und somit liegen Monopolisierung und Zentralisierung in ihrer Natur. Daher ist es eine folgerichtige Entwicklung, wenn es einzelnen Herrschern gelingt, immer größere Gebiete als ihre Reiche und immer mehr Menschen als ihre Untertanen zu gewinnen. Nach innen versuchen die Machthaber dabei, den Einfluss über andere Spitzengruppen zu gewinnen, und diese zunehmend aus der politischen Willensbildung auszuschließen, während sie nach außen Krieg führen, um ihren Machtbereich zu erweitern. So wurden und werden aus Stadtstaaten Reiche und Großreiche und aus mehreren Großreichen schließlich ein Imperium, bis dieses eines Tages wieder zerfällt. Von den unzähligen Kulturräumen und Glaubensvorstellungen lassen geistige Machteliten schließlich nur wenige Kulturen und Religionen übrig.

Und sobald es in einer Gesellschaft zur ungleichen Reichtumsverteilung kommt, verstärkt sich dieser Prozess immer weiter, bis die Schere zwischen Arm und Reich schließlich ein Niveau erreicht, in der die absolute Mehrheit nahezu überhaupt nichts und sehr wenige fast alles besitzen.

Denn während die Armen nicht das nötige Kapital einsetzen können, um ihre Interessen in politischen Einfluss umzusetzen, sind die Reichen in der Lage, ihnen gelegene politische Strukturen zu errichten, um eine Vermögensumverteilung von oben nach unten nicht nur zu verhindern, sondern sie sogar noch immer weiter in ihr Gegenteil zu verkehren.

Ab einem gewissen Punkt wird dabei allerdings eine solche Instabilität nach innen wie außen produziert, dass Widerstände nicht mehr unterdrückt werden und sich exponentiell entladen können, was gravierende gesellschaftliche Veränderungen zur Folge haben kann.


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