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Medien gegen Demokratie

Medien gegen Demokratie

Umso mehr Demokratie, umso mehr Gehirnwäsche wird benötigt.

Medien in der direkten Demokratie
von Mark Stöckli

Identität

„Geht nur bei grün / die Leute aussteigen lassen / Danke sagen und Gesundheit und hinten in die Schlange stehen…“, so beginnt das Lied «öppe d’hälfti» (etwa die Hälfte) der Schweizer Mundartmusikgruppe Stahlberger. Ja, wir Schweizer gelten als angepasst und wenig aufmüpfig und sehen auch uns selbst so.

Angst

Für unsere direkte Demokratie werden wir, zu Recht, weltweit beneidet. So konnten wir über einen gesetzlichen Mindestlohn, über sechs Wochen Ferien oder über das bedingungslose Grundeinkommen abstimmen. All diese Vorlagen wurden vom Stimmvolk abgelehnt! In den Medien wurde die Angst über den Verlust unseres Wohlstands oder der Abwanderung von Arbeitsplätzen ins nahe Ausland gezielt und wiederholt geschürt. Es ist deutlich, dass mit Angst und nicht mit Aufklärung gearbeitet wurde und wird. So wird erreicht, dass das Proletariat gegen seine eigenen Interessen stimmt.

Angenommen wurde dafür Ende 2016 ein neues Nachrichtendienst-Gesetz (NDG), welches dem Schweizer Geheimdienst deutlich mehr Kompetenzen gibt. Dies trotz der Fichen-Affäre (1989 kam ans Licht, dass Behörden von 700.000 Personen und Organisationen Karteikarten angelegt hatten) und der Enthüllungen von Snowden. Ebenso wurde per Initiative der Bau von Minaretten verboten. Das Schüren von Feindbildern zeigt bei der Minarett-Initiative sein groteskes, irrationales und bei der NDG-Initiative sein gefährliches und manipulierendes Gesicht. Die Medien leisten hier vorzügliche Arbeit.

Kürzlich wurde der Bieler Imam Abu Ramadan von allen Leitmedien als Hassprediger und Asylschmarotzer beschuldigt. Die Vorgehensweise erschreckte. Sein Gesicht prangerte auf allen Frontseiten, sein Name und Wohnort wurden am ersten Tag kommuniziert, die Kommentarspalten der Internetmedien glänzten mit asozialen und rassistischen Kommentaren. Von der Unschuldsvermutung kann keine Rede sein, der Herr wurde am ersten Tag medial hingerichtet. Bis heute weiß ich nicht, was an den Vorwürfen dran ist. Man findet auch nirgends ein Gegenstatement von Herrn Ramadan. Wie kann es sein, dass keine Zeitung, keine Fernsehanstalt Herrn Ramadan interviewte und eine Stellungnahme von ihm veröffentlichte? Einseitige und indoktrinierende Berichterstattung, die offensichtlich und traurigerweise funktioniert!

Zerstreuung

Man kann eine fortschreitende Boulevardisierung der Medien erkennen. Banalitäten (zum Beispiel Bachelor Sendung), versteckte Werbung („was kann das neue I-Phone?“) und Themen, die enorm viel Platz einnehmen und offensichtliche Nebelpetarden sind, um die Bevölkerung abzulenken (zum Beispiel Gender-Debatten), füllen die Zeitungen, Radio- und TV-Programme. Aufklärung findet keine statt. Durch die Medien versteht man weder den Ukrainekonflikt, noch das Geldsystem. Und das, obwohl über beide Themen nahezu jeden Tag berichtet wird.

Menschen, die regelmäßig Zeitung lesen, Radio hören oder TV schauen, haben jedoch oft das Gefühl, informiert zu sein. Wenn man ein wenig nachhakt, erkennt man rasch, dass Kontextwissen in vielen Bereichen komplett fehlt. Grundsätzliche Fragen wie: „Bei wem ist die Schweiz eigentlich verschuldet?“ oder „Was sind Schiiten und Sunniten?“ können von sehr vielen nicht beantwortet werden. Hinterfragt wird dies jedoch nicht. Es ist offensichtlich, dass ein Zustand einer Gesellschaft erreicht wurde, die glaubt informiert zu sein. Dies ist besonders tragisch und gefährlich, da es den Menschen so nicht in den Sinn kommt, sich aktiv um Wissen und Bildung zu kümmern, da man ja schon bestens Bescheid zu wissen glaubt. Wie soll direkte Demokratie so funktionieren?

Großflächig

Um auch die Teile der Gesellschaft zu erreichen, die eher weniger interessiert sind und bisher keine Zeitungen gelesen haben, wurden die Gratiszeitungen eingeführt. Mit durchschlagendem Erfolg. 20 Minuten gilt als die meistgelesene Zeitung in der Schweiz. Sie steht praktisch an allen Bahnhöfen in Boxen zum Mitnehmen parat. Die Aufmachung ist farbig mit großen Buchstaben und spricht vor allem Junge sowie Menschen auf der Suche nach Ablenkung an. Ideal für eine kurze Zugfahrt zur Schule oder Arbeit!

Der Inhalt besteht zu einem großen Teil aus Boulevard und versteckter sowie offener Werbung. Daneben enthält sie noch ein wenig Politik, Sport und natürlich die tägliche Meldung an Gewalt und Terror. Der informative Gehalt tendiert gegen null.

Es finden sich unzählige Artikel, die mit einem „Spin“ arbeiten, mit dessen Hilfe uns eine Meinung suggeriert werden soll. So steht am Ende eines politischen Artikels oft so was wie: „Experten werten dieses Vorgehen kritisch/positiv“. Was für Experten dies sind, bleibt oft unbekannt. Wichtige Themen wie TISA werden gar nicht erst aufgegriffen, um die Thematik ja nicht ins Bewusstsein der Massen zu rufen. Das Bild eines arbeitenden, konsumierenden und nach dem nächsten Trend lauernden Menschen ohne weitere Interessen oder Bedürfnisse ist das Ideal. Der Mensch als Persönlichkeit mit Werten ist nichts, der Mensch als Konsument dafür alles! Wer groß angelegte, praktische Gehirnwäsche studieren will, findet in 20 Minuten ein vorzügliches Studienobjekt.

Deutungshoheit

Gemeinsam haben alle Medien, dass Systemkritik ausgeschlossen wird. Der Kapitalismus ist unantastbar! Wer andere Modelle vorschlägt oder nur schon diskutieren will, wird gerne daran erinnert, dass man sich doch lieber mit Realpolitik und nicht mit Tagträumerei beschäftigen soll. Hier wird deutlich, dass die Medien in der Schweiz versuchen, die Deutungshoheit der diskutierbaren Themen an sich zu reißen. Es gelingt ihnen sehr gut!

Ebenso wird unsere direkte Demokratie als selbstverständlich dargestellt, die man nicht hinterfragen oder pflegen muss. Dass mehrere Volksentscheide wie die angenommene Masseneinwanderungsinitiative, die angenommene Abzockerinitiative oder das neu angenommene Energiegesetz unter dem Druck von Lobbyisten vom Parlament nur teilweise oder nicht sinngemäß umgesetzt wurden, scheint die Medien nicht zu beunruhigen. Alles normal in einer direkten Demokratie, so scheint es.

Konsequenz

Durch die direkte Demokratie hat das Volk eine sehr große Macht. Dies stellt eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Eliten dar. Nur durch einen Großangriff mit manipulativen Medien kann die Volksmeinung zu Gunsten eben jener Eliten gelenkt werden. Umso mehr Demokratie, umso mehr Gehirnwäsche wird benötigt. Es verwundert somit nicht weiter, dass die Schweizer den vorauseilenden Gehorsam als Teil der eigenen Kultur verinnerlicht haben!


Lügen die Medien?


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.rubikon.news/artikel/gemeinsam-verandern-wir-die-welt
(2) https://www.rubikon.news/kolumnen/leser-aktion


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