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Orbán dreht durch!

Orbán dreht durch!

Demokratie in Gefahr! Da erlaubt sich das ungarische Parlament doch tatsächlich, ein Gesetz zu erlassen - mit dem der Wildwuchs privater Universitäten im Land eingedämmt werden soll.

Das am 4. April mit einer Mehrheit von 123 Abgeordneten (gegen 38 Nein-Stimmen) abgesegnete und eine Woche später vom Staatspräsidenten János Áder unterzeichnete Gesetz sieht vor, dass ausländische Universitäten in Ungarn zukünftig nur tätig sein dürfen, wenn diese Diplome auch im Herkunftsland ausstellen.

Im Fall der CEU besteht die Schwierigkeit darin, dass die CEU gar keinen Standort in den USA hat. Sie operiert in Ungarn als amerikanische Einrichtung, frei von Einflussnahme durch lokale Behörden, und hat in den USA selbst überhaupt keinen Campus. Zur Zeit ihrer Gründung Anfang der gesetzlosen 1990er Jahre genügte eine mehrstellige Millionen Dollar-Summe, um Fakten zu schaffen.

Es herrschte im Wortsinn das Gesetz des Stärkeren. Und Soros war einer der Stärksten. Betroffen von der ordnungspolitischen Maßnahme sind 27 ausländische Universitäten, den Sprung in die Schlagzeilen der meinungsbildenden Presse hat nur die CEU geschafft.

Es folgten Protestmärsche in der ungarischen Hauptstadt. Orbán wird dabei vorgeworfen, die CEU schließen zu wollen und damit die Freiheit der Wissenschaft mit Füßen zu treten. Ersteres mag stimmen, geht aber aus dem Gesetzestext nicht hervor. Was die protestierenden liberalen Oppositionellen allerdings unter „Freiheit der Wissenschaft“ verstehen, ist zumindest fragwürdig. Man könnte – und sollte auch – einwenden, dass die Schließung einer Universität kein fortschrittlicher Akt sein kann.

Nicht vergessen darf man allerdings auch, welchen Zweck George Soros mit seinem gesellschaftlichen Engagement, zu dem das Investment CEU zählt, in Osteuropa verfolgt: Ausbildung einer liberal, insbesondere wirtschaftsliberal ausgerichteten, west-gestylten Elite, die Märkte und Länder nach den Prinzipien der vier kapitalistischen Freiheiten führt, die da sind: ungehinderter Verkehr von Kapital, Waren, Dienstleistungen und Arbeitskraft. Die Vorstellung, politisch in dieses Viergestirn intervenieren zu können, soll bei jungen Studierenden gar nicht erst aufkommen.

Brüssel tobt. Im unausgesprochenen Selbstverständnis eines politischen Handlangers starker Kapitalgruppen positioniert sich die EU-Kommission reflexartig gegen das neue ungarische Hochschulgesetz. Ihr für Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit zuständiger Vizepräsident Frans Timmermans forderte die ungarische Regierung auf, das Gesetz zurückzunehmen.

Ein EU-Vertragsverletzungsverfahren wolle man unmittelbar nicht einleiten, ließ der frühere niederländische Außenminister verlauten, zwei Wochen soll Budapest Zeit gegeben werden, um „im Dialog“ die Hürden für die Soros-Universität aus dem Weg zu räumen, hieß es. Ende April könnte im Weigerungsfall Budapest vor das EU-Gericht gezerrt werden. Welcher EU-Vertrag mit dem neuen Hochschulgesetz gebrochen würde, darüber wollte in Brüssel niemand Auskunft geben. Einen solchen dürfte es auch nicht geben, denn das Einfordern bestimmter gesetzlicher Grundlagen – wie zum Beispiel eines Vertrages zwischen Ungarn und den USA – kann ja wohl nicht gegen EU-Recht verstoßen. Brüssel probiert es dennoch mit der juristischen Keule.

Die politische Waffe gegen Viktor Orbán und seine FIDESZ-Partei soll mittlerweile der EU-Präsident Jean-Claude Juncker persönlich gezogen haben. Gemeinsam mit anderen Granden der Brüsseler Bürokratie arbeitet er an einem Hinauswurf der ungarischen Rechtskonservativen aus der „Europäischen Volkspartei“ (EVP). Das Treffen der größten EU-Parlamentsfraktion am 29. April könnte einen solchen beschließen, wenn Orbán bis dahin in Sachen Soros nicht klein beigibt.

Die „Central European University“ ist ein klassisches koloniales Ausbildungsprojekt. Mit schier unerschöpflichen Geldquellen ausgestattet, entwickelte sie ein eigenes Curriculum für vornehmlich osteuropäische Studierende, um sie an US-Standards heranzuführen. Der gesamte Unterricht läuft in englischer Sprache ab. Die CEU ist stolz auf ihren „weltoffenen Charakter“, was in der Sprache der harten ökonomischen Realität wohl am besten mit „Investitionsfreiheit“ zu übersetzen ist.

Ursprünglich war die CEU an zwei Standorten – Prag und Budapest – gegründet worden. Auf Betreiben der Regierung Václav Klaus wurde die Prager Einrichtung im Jahre 1996 allerdings geschlossen. Der liberal-konservative Klaus argumentierte damals seinen Schritt damit, dass er die Soros-Uni als Gefährdung für die tschechische Demokratie betrachte. Der aktuell im Amt befindliche tschechische Präsident, der Sozialdemokrat Miloš Zeman, meldete sich vor Kurzem ebenfalls in der Sache zu Wort und lehnte aus ähnlichen Gründen eine Übersiedlung der CEU nach Prag ab.

George Soros selbst gibt den guten Philanthropen, der mit bösen Geschäften ein Vermögen verdient hat. Ein kurzer Blick auf diese lohnt allemal, um die Grundlage seines Weltbildes – und wohl auch das seiner gesellschaftlichen Investments – verstehen zu können. Schon 1968 wird der als György Schwartz 1930 in Budapest Geborene Besitzer eines Hedgefonds im Steuerparadies Curaçao.

Seine diversen Fonds betreibt er seitdem von Offshore-Finanzzentren wie den Niederländischen Antillen oder den Jungferninseln aus. Mit einer spekulativen Wette auf die Abwertung des britischen Pfundes im September 1992 wurde er nicht nur weltberühmt, sondern auch um eine geschätzte Milliarde Dollar reicher. Im Jahr 2006 verurteilte ihn ein französisches Gericht in letzter Instanz wegen Insiderhandels. Dabei ging es um die Übernahme eines Aktienpaketes der Großbank „Société Générale“.

Dass er dagegen eine Beschwerde ausgerechnet vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichte, zeigt nicht nur, wie er diese definiert sehen will, sondern auch, warum sie in den Lehrzielen der CEU besondere Berücksichtigung finden. In der 2016er-Liste des Forbes-Magazins scheint Soros mit einem Vermögen von 24,9 Mrd. Dollar an 23. Stelle auf.

Die CEU ist nur eine von Soros’ „gesellschaftlichen Investments“, die er vor allem in Osteuropa, aber auch in Afrika tätigt. Mit der „Open Society Foundation“ war und ist sein Geld immer dann vor Ort, wenn es um mögliche Regimewechsel für eine willfährige, westorientierte Elite geht. Das war schon in grauer Ostblock-Vorzeit der Fall, als er die polnische Gewerkschaft Solidarność mit mehrstelligen Millionenbeträgen förderte, in der Hoffnung, dass sich daraus künftige Türöffner für lukrative Geschäfte rekrutieren lassen würden. Die Rechnung ist aufgegangen.

Im Serbien der späten 1990er Jahre investierte Soros in den TV-Sender „B-92“, der sich – zusammen mit der Gruppe „Otpor“ – den Sturz von Slobodan Milošević auf die Fahnen schreiben kann. Von der Ukraine bis Albanien begegnete einem seit der Mitte der 1990er-Jahre die „Open Society Foundation“ mit ihren technisch perfekt ausgestatteten Büros und ihren jungen Betreibern, die Soros kreuz und quer von Seminar zu Seminar durch Europa fliegen ließ, um sie in seinem Sinne zu weltoffenen Kadern ausbilden zu lassen.

Für sein diesbezüglich jahrelanges Engagement in der Ukraine erhielt Soros 2015 den „Orden der Freiheit“ aus den Händen seines Oligarchen-Kollegen Petro Poroschenko. Das Gefasel von Weltoffenheit und Freiheit darf allerdings nicht davon ablenken, worum es dem wirtschaftlich hart kalkulierenden Milliardär vor allem geht: um die Rendite. So ist er z.B. in der Ukraine stark in Staatsanleihen investiert und hält Anteile an der größten Fondgesellschaft „Dragon Capital“, deren Mehrheitseigentümer Goldman Sachs ist. Wirtschaftlich und geopolitisch wähnt sich Soros im Krieg mit Russland, oder wie er sich einmal ausdrückte: „Die Ukraine verteidigt die EU gegenüber der russischen Aggression“.

Soros’ Statthalter in der „Central European University“ ist zur Zeit Michael Ignatieff, ein aus Kanada stammender Historiker und Politiker. Der Präsident der CEU stammt aus russischem Adel, Großvater und Urgroßvater dienten zwei Zaren als Minister. Politisch hantelte sich Ignatieff bis zum Vorsitzenden der kanadischen Liberalen Partei hinauf, wissenschaftlich publiziert er unter anderem zu Fragen von Menschenrechten und Nationalismus in Osteuropa.

Wo immer seine Meinung zum Beispiel als Moderator vieler bekannter TV-Formate gefragt ist, spricht er sich für Krieg und Repression zur Durchsetzung westlicher Werte aus.

So setzte er sich für den Einsatz kanadischer Truppen in Afghanistan ein, befürwortete den Krieg der USA im Irak und findet, dass das westliche Demokratiemodell sich aller militärischen Mittel gegen seine Feinde bedienen muss, wozu er gezielte Tötungen, unbegrenzte Inhaftierungen und präventive Militärschläge zählt. Dieser Mann steht Mitte April 2017 als Präsident an der Spitze der CEU und lässt Viktor Orbán von Washington aus ausrichten, dass dieser das neue Hochschulgesetz – im Namen der Freiheit der Wissenschaft – zurücknehmen soll.


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