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Russische Deeskalation

Russische Deeskalation

Putin verhält sich im Syrienkonflikt besonnen.

S400 und die Folgen

Nachdem das S400-System nach Syrien gebracht worden war, zeigten erste Aufnahmen, dass die Aufstellung des Systems in Hmeym im ohne einige wichtige Radarkomponenten erfolgt war, die für die Benutzung unbedingt benötigt wurden. Also noch einen Monat nach dem Abschuss des russischen Flugzeuges war das Abwehrsystem nicht einsatzfähig, und die Aufregung begann sich langsam zu beruhigen.

Dann waren die Radaranlagen plötzlich da, ohne dass man aber genau wusste, welchen Spezifikationen sie zuzuordnen waren. Und langsam wuchs die Ungeduld bei manchen Zuschauern, die sich in den sozialen Medien als Experten gerierten, wann denn endlich ein Jet abgeschossen würde. „Analytiker“ begannen Russland „Angsthasen“ zu nennen und forderten endlich den Einsatz.

Dabei war schon im Moment der ersten Ankündigungen klar, dass die Aussage „Verteidigung des Himmels“ auch bedeutete, keine offensive Aktion zu starten. Lediglich russische Anlagen und Soldaten sollten geschützt werden – und auch nur in unmittelbarer Gefahr.

Man sollte die Geschichte berücksichtigen. Während in den USA in den 1970er Jahren neue Angriffswaffen entwickelt wurden, um für Blitzkriege im Mittleren Osten gerüstet zu sein, entwickelte die Sowjetunion zu diesem Zeitpunkt die S300-Serie, eine rein defensive Maßnahme. Daraus erkennt man deutlich die unterschiedlichen Strategien beider Staaten.

Da Boris Jelzin die Verteidigungsfähigkeit Russlands extrem vernachlässigt und heruntergefahren hatte, war Russland 2011 noch nicht in der Lage, etwas gegen die Bombardierung von Libyen zu unternehmen. Putin musste diesem Völkerrechtsbruch tatenlos zusehen. Dies sollte sich erst im Krieg gegen Syrien ändern, von dem viele wussten, dass er kommen würde.

Russland musste sich verhalten wie ein Mensch, der mit einem Affen in einem Zimmer eingesperrt ist, der eine Handgranate in der Pfote hält. „Wie beruhige ich ihn und besiege ich ihn, ohne dass er den Sicherungsstift zieht?“

In den letzten Jahren baute Russland in Syrien eine beschränkte Militärmacht auf, die eindeutig einem echten Angriff der NATO nicht standhalten könnte, und sicherte sie durch S400 zwar ab, aber eindeutig nicht offensiv.

Aleppo wurde befreit, während die USA an allen möglichen Fronten Provokationen starteten und in ganz anderen Regionen versuchten, die Aufmerksamkeit von den russischen Erfolgen abzuziehen. Sie wollten „Friedenstruppen“ in den Donbass schicken und gingen Venezuela massiv an mit Sanktionen. Und in Syrien feuerten die USA ISIS an und unterstützten ihn mit entsprechenden Satellitendaten und Koordinaten, um russische Soldaten zu töten. Die daraus resultierenden Toten sollten zu einem Aufstand in Russland führen, was aber aufgrund des Rückhalts in der russischen Bevölkerung nicht geschah.

Die USA versuchten die Ghouta und Hama als Rückzugsgebiete für „gemäßigte Rebellen“ zu erhalten und zu versorgen. Der Druck auf Russland sollte aufrechterhalten werden und immer wieder versuchten die USA herauszubekommen, ob S400 ein Bluff war und was Russland wirklich konnte.

Aber dann sah man die fast genial zu nennende Diplomatie Russlands gegenüber der Türkei, als sie den Präsidenten Erdogan vor dem Putsch warnte und als Erste gratulierten, als der Putsch niedergeschlagen worden war. Dadurch zog Putin in dem Konflikt die Türkei auf die Seite Russlands. Und um sicher zu gehen, dass die USA keine Gelegenheit bekam festzustellen, ob S400 ein Bluff ist, erklärte Russland immer wieder, dass nur russische Soldaten beschützt würden. Insbesondere Israel erhielt wohl grünes Licht von Putin, einzelne Militär-LKW der Hisbollah abzuschießen, die von Syrien in Richtung Libanon unterwegs waren.

Die USA begannen dann durch die „Deeskalations-Zonen“ zu fliegen in der Hoffnung, Russland zu reizen. Sie gaben an, die Situation in Syrien zu kontrollieren, weil sie fliegen durften wo sie wollten. Aber die Provokationen prallten an der Diplomatie Russlands ab. Stattdessen spielte Putin die Erdogan-Karte. Das war unvermeidbar. Russland pufferte sich so durch türkischen Luftraum und erhielt auch selbst die Erlaubnis diesen zu benutzen. Dadurch verhinderte es auch, dass die USA aus dem türkischen Luftraum heraus ähnliche Aktionen unternahmen wie seinerzeit der Jet der Türkei, um einen Einsatz der S400 zu provozieren.

Dann begannen die Peschmerga im Irak die offiziellen Soldaten des Landes anzugreifen und veranstalteten ein Referendum für die Unabhängigkeit Kurdistans. Dies erforderte einen intensiven Einsatz der USA-Kräfte. In dieser Zeit schaffte es Russland, die Türkei weiter ins Spiel zu bringen. Offensichtlich wusste Putin, wie es im Irak ausgehen würde.

Die USA konzentrierten sich dann darauf, den Nord-Osten des Landes mit Hilfe der Syrien Democratic Forces und angeworbener ISIS-Kräfte zu erobern, aber die Versorgung über den Irak war in Gefahr. Und Russland war trotz der Bombardierung von syrischen Truppen durch die USA und ihre „Koalition“ in der Lage, Deir Ezzor einzunehmen, ohne die S400 zum Einsatz gebracht zu haben.

Über 100 Luftangriffe im Laufe der Jahre durch Israel

Letztendlich hatten es die USA bis dahin nicht geschafft, Genaues über die Funktion der S400-Systeme herauszufinden. Um die Unruhe innerhalb Russlands über die Hinnahme der vielen Provokationen in Grenzen zu halten, informierte der russische Generalstab die Bevölkerung jeden Tag sehr ausführlich über alle Vorgänge. Die Menschen verstanden, dass Russland den Einsatz der S400 bisher nicht benötigt hatte und wurden ruhiger. Im Schatten der S400-Stationierung hatte Russland jedoch Syrien geholfen, alte Sowjettechnik aus dem Jahr 1967 zu modernisieren und gleichzeitig eine Reihe modernerer Kurzstreckenabwehreinheiten vom Typ Panzir geliefert.
So wurde die „Strafaktion“ der USA im April 2018 wegen des angeblichen Giftgaseinsatzes von Syrien gegen Zivilisten in Douma zur Demonstration der Vernichtung modernster Angriffswaffen der USA durch sowjetische Technik und Kurzstreckenabwehrsysteme.

Und dann gelang es dem Iran und Syrien, Israel in eine Falle zu locken. Eine iranische Drohne berührte kurz das Gebiet der Golanhöhen, kehrte dann nach Syrien zurück und lockte so einen Angriff Israels über den Libanon auf die Ausgangsposition der Drohne. Dort wurde ein Flugzeug von einem Luftabwehrsystem aus 1970 abgeschossen, zwei weitere wurden beschädigt und mussten abdrehen, mehrere abgefeuerte Raketen wurden von den neuen Panzir-Systemen abgeschossen. Die Falle war zugeschnappt und auf diesem Wege sollten sich die Jets Israel wohl nicht mehr nähern wollen, sogar ohne neueste Luftabwehr vom Typ S300 oder S400. Und immer noch war S400 nicht zum Einsatz gekommen.

Dies konnte Israel nicht auf sich sitzen lassen und startete einen neuen Angriff in Zusammenarbeit mit den USA. Ihre Kampfbomber flogen über den Irak in den nordöstlichen Luftraum Syriens getarnt als US-Jets mit falschen Transponderdaten. Dann traten sie nur kurz in den S400-Luftraum ein, schossen vollkommen neuartige, frisch von den USA gelieferte besondere Gleitbomben ab und verschwanden wieder über den Nordosten und den Irak, nicht ohne amerikanische Hilfe aufgetankt worden zu sein.

Jetzt hörte man nicht nur aus Israel, dass die S400 vermutlich ein Papiertiger wäre und Israel weiter den Himmel über Syrien beherrschen würden. Als Antwort hörte man aus Russland, allerdings nicht von Top-Politikern, nun doch S300-Luftabwehrsysteme an Syrien liefern zu wollen, die schon vor über zehn Jahren bestellt worden waren, aber aus Rücksicht auf Israel und die USA bisher von Russland nicht geliefert worden waren. Worauf Israel schäumte und drohte, jedes S300-Systemzu vernichten, das seine Möglichkeit einschränkte, Syrien beliebig zu bombardieren.

Die letzten Angriffe Israels

Kurz nach einem Besuch des israelischen Premierministers Netanjahu in Moskau fanden am 10. und 11. Mai die größten Angriffe Israels gegen Ziele in Syrien seit dem letzten Syrien-Feldzug statt. Angeblich antwortete Israel auf Angriffe des Iran. Ich will nicht auf die Fakten eingehen, sondern nur auf die Folgen, denn Stimmen wurden immer lauter, die Russland vorwarfen, seinen Verbündeten im Stich zu lassen.

Zunächst sollte man sich überlegen, dass ein russischer Botschafter zu den Angriffen erklärte hatte, dass weder Israel noch Syrien Gegner Russlands wären, sondern dass man gegen die Konfrontation selbst kämpfen würde. Wenn man darüber nachdenkt, wird vielleicht klar, wie verheerend eine Eskalation in vielen Bereichen wäre. Eine Ausweitung des Krieges wäre nicht nur für Syrien und den Iran äußerst nachteilig, sondern für die ganze Region. Die weitere Verbreitung der Eurasischen Union, der Shanghai Cooperation Organisation, der Seidenstraße Chinas und so weiter würden gehemmt, zurückgeworfen.

Bisher finden die Angriffe auf Ziele ausschließlich in Syrien statt. Dadurch wird bisher eine Ausweitung verhindert. Auch zum Nutzen Syriens. Wer in dieser Situation von Russland verlangt, aktiv gegen Israel vorzugehen, verhält sich wie ein Elefant im Porzellanladen. Putin wird als schwach und unentschlossen bezeichnet, in vollkommener Verkennung der Tatsachen.
Russland war mit Sicherheit von Netanjahu über die Angriffe informiert worden, hatte diese Informationen weitergegeben und konnte so die Verluste in Grenzen halten. Israel schlägt sich auf die Brust wie ein Gorilla und behauptet, was es will. Während Syrien, Iran und Russland, zusammen mit China, weiter an der Verzahnung der Wirtschaft bauen.

Im Gegensatz zu den USA weiß man in Russland noch sehr genau, was Krieg bedeutet. 27 Millionen Menschen in einem Weltkrieg zu verlieren formt das Bewusstsein jeder Familie und einer ganzen Region.

Und jedes Jahr erinnern sich die Menschen mit Millionen Teilnehmern daran. Ein Krieg mit Millionen Opfern darf nie wieder eine Option sein.

Russland machte deutlich, dass es kein Interesse hat, selbst in einen Konflikt mit den USA oder Israel hineingezogen zu werden. Gleichzeitig erklärte es aber auch, die Verbündeten mit Technikunterstützung auszustatten, wenn es das Imperium denn zu toll treibt.

Nach dem letzten Angriff Israels und der Erklärung, dass es nun wohl gut wäre, weil der Iran die Nachricht verstanden hätte, konnte Russland davon ausgehen, den Konflikt durch NICHTEINGRIFF eingedämmt zu haben. Und antwortete damit, dass zurzeit keine Lieferung von S300 an Syrien geplant wäre, um die Situation weiter zu stabilisieren. Was tatsächlich in Zusammenarbeit mit dem Iran in Syrien an Aufbau von Luftabwehr vorgenommen wird, muss man abwarten.
Die Welt schaut zu und begreift hoffentlich endlich:

  1. Es gibt Länder und Diplomaten, die besonnen und ruhig reagieren und immer zunächst versuchen, eine diplomatische Lösung für Konflikte zu finden.
  2. Es gibt andere Länder, die erst schießen, dann denken.
  3. Abschreckung ist keine Abschreckung mehr, wenn sie eingesetzt wurde.

Der Einsatz von S400-Systemen ist erst zu erwarten, wenn es zu einer Situation kommen sollte, die den 3. Weltkrieg darstellt. Wenn Sie also einmal lesen, dass es zu einem massiven S400-Einsatz kam, sollten Sie vorbereitet sein.


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