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Stürzt Merkel, ihr GroKo-Gegner!

Stürzt Merkel, ihr GroKo-Gegner!

Die SPD-Mitglieder können mehr tun, als nur Ja oder Nein zur nächsten „Großen Koalition“ zu sagen.

Der Parteitag der SPD war eine erstaunliche Veranstaltung. Wer sich noch an die detailliert durchinszenierten Krönungsmessen der Schröder-Ära erinnert, traute seinen Augen kaum: das war ja ein echter Parteitag! Mit kontroverser Debatte und Kampfabstimmung und allem drum und dran.

Noch erstaunlicher war, wie diese Kontroverse verlief.

Oben gegen unten

Der Parteivorstand hatte sich für die GroKo ausgesprochen. Das Parteipräsidium: für die GroKo. Die alten SPD-Schlachtrösser Hans-Jochen Vogel, Erhard Eppler und Wolfgang Thierse hatten sich medial zu Wort gemeldet: für die GroKo. Die SPD-Ministerpräsidenten waren geschlossen: für die GroKo. Die vermeintlichen SPD-Linken wie Ralf Stegner oder Natascha Kohnen waren: für die GroKo. Und die große Mehrheit aller Bundestagsabgeordneten war natürlich ebenfalls: für die GroKo. Als erste Rednerin fiel dann auch noch die vermeintliche GroKo-Gegnerin Malu Dreyer publikumswirksam um.

Und dann stimmten 44 Prozent der Bundesdelegierten dagegen, Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU aufzunehmen. Anders ausgedrückt: hätten 43 der 642 Delegierten anders votiert, wäre die GroKo bereits auf dem Parteitag gescheitert. So kommt jetzt alles auf den finalen Mitgliederentscheid an.

Man muss dieses Ergebnis daran messen, dass die Parteiprominenz tatsächlich ohne eine einzige, erkennbare Ausnahme auf Linie gewesen ist. Kein einziger ehemaliger Minister, kein greiser Kämpfer aus Willy Brandts Zeiten, überhaupt kein Sozialdemokrat, den man irgendwie großartig kennt, lehnte sich gegen den Katastrophenkurs auf.

Es sind aber halt außerhalb der Nomenklatur aus Schröder-GroKo-Zeiten auch nicht mehr viele übrig, die man kennt. Insofern ist diese Situation auch ein dramatischer Beleg der personellen Auszehrung der SPD im Jahre 2018.

Stattdessen stellten sich mit dem Ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske und dem DGB-Chef Reiner Hoffmann auch noch zwei Spitzengewerkschafter in den Dienst einer neuerlichen Koalition unter Angela Merkel.

Reiner Hoffmann lieferte sogar einen Redebeitrag ab. In dem verkörperte er alles, was mit der deutschen Gewerkschaftsbürokratie nicht stimmt. Den für DGB-Bürokraten wohl unvermeidlichen, kumpeligen Ruhrpottslang im Anschlag, steigerte sich dieser Mensch schnurstracks in eine routinierte Pseudo-Erregung hinein, um sodann mit gelernten Kämpferposen, außer Kontrolle geratener Gestik, heiserer Stimme und tiefroter Nase zehn Minuten lang nahezu durchgehend auf die Delegierten einzubrüllen. Und mit all diesem einstudierten Schlachtenlärm lieferte der DGB-Chef … ein flammendes Plädoyer für den Status Quo ab.

Dieses Lehrstück grauenvoller Rhetorik ist durchaus sehenswert:

Bemerkenswert auch die Perspektive, aus der heraus der Spitzengewerkschafter die Sondierungsvereinbarung als „tollen Erfolg“ verkaufte. Darin sei nämlich mehr für Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer enthalten „als Jamaika jemals hingekriegt hätte“. Na, wenn das die Maßstäbe sind…

Fest steht: wenn die SPD ein Vorsitzendenproblem mit ihrem Martin Schulz hat - der DGB hat mit Reiner Hoffmann ein noch größeres.

Kevin Kühnert und die Jusos nach Schröder

Und so blieb es angesichts des Totalversagens der alten Garde den Jusos überlassen, der in der Partei rumorenden Gegnerschaft zu einer weiteren Großen Koalition unter Angela Merkel Gesicht und Struktur zu geben.

Man muss sagen: die Jungsozialisten haben diese Aufgabe mit Verve und Entschlossenheit ausgefüllt. Man fragt sich, wie die SPD inmitten ihres langanhaltenden Erosionsprozesses zu solchen Nachwuchskräften gekommen ist. Was hat diese Leute veranlasst, ausgerechnet in diesen Zeiten in die SPD einzutreten? Es bleibt rätselhaft, aber man kann den Vertretern der Jusos die Anerkennung nicht verwehren für einen offensiv und klug geführten Kampf.

Dieser Kampf geht weiter, bis zum Mitgliedervotum. Und alle, die an einer Wende zum Besseren in diesem Land interessiert sind, sollten den GroKo-Gegnern in der SPD die Daumen drücken.

Allerdings merkt man diesen Jusos deutlich an, dass sie Kinder einer SPD sind, die so ziemlich alles, wofür die Partei früher gestanden hat, längst über Bord geworfen hat.

Nehmen wir Kevin Kühnert. Der Juso-Vorsitzende kam in den Wochen der sozialdemokratischen GroKo-Krise weit nach vorne und wurde auch medial zum Herausforderer der Parteiführung aufgebaut. Diesem Erwartungsdruck hat er nicht nur standgehalten. Kühnert war vielmehr brillant - soweit es die Rhetorik, die Souveränität und das taktische Geschick seines Auftretens anbetrifft.

Was aber hat er eigentlich inhaltlich gesagt? Was war die Grundlinie seiner Kritik und was war die politische Vision, die er seinen Genossen eröffnet hat?

Albrecht Müller hat Kühnerts Rede einer ausführlichen Kritik unterzogen und man kann ihm nur zustimmen, wenn er zusammenfasst:

„Der Juso-Vorsitzende hat in seiner Rede nichts zur inhaltlichen Profilierung beigetragen. Im Gegenteil, mit einem ausdrücklichen Lob für das Sondierungsergebnis und mit dem Herunterspielen der Bedeutung der inhaltlichen Positionen mittels seiner Anmerkungen über Spiegelstriche im Sondierungspapier hat Kevin Kühnert jenen einen Bärendienst erwiesen, die sich um mehr Inhalte bemühen.“

Was zum Beispiel bedeutet das, wenn Kevin Kühnert sagt, „die Gemeinsamkeiten mit der Union“ seien nach 12 Jahren „aufgebraucht“? Worin haben diese - nunmehr aufgebrauchten - Gemeinsamkeiten bestanden? In der gemeinsamen Zustimmung zu sämtlichen Kriegseinsätzen der Bundeswehr von Afghanistan über Libanon, Syrien und Mali? In der gemeinsamen Fortsetzung des ewigen Hartz-IV-Regimes? In den dreizehn gemeinsamen Grundgesetzänderungen zur Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur? Im gemeinsamen Ausbau des Überwachungsstaates? Oder in der gemeinsamen Erpressung Griechenlands, bei der ja nun auch Martin Schulz, damals noch für die EU, eine führende, unrühmliche Rolle gespielt hat?

Bei aller Freude über diese mutigen Jusos, die gegen ihre Parteiführung aufstehen, fällt überhaupt die Eindimensionalität des Diskurses der GroKo-Gegner auf.

Ja, die fehlende Bürgerversicherung spielt eine große Rolle in ihrer Kritik und die nicht durchgesetzte Erhöhung des Spitzensteuersatzes, sowie dieses und jenes aus dem Wahlprogramm, das man für unverzichtbar erklärt.

Dann geht es viel um die verloren gegangene Glaubwürdigkeit der Partei, um die „wahnwitzigen Wendungen“ der Parteiführung, wie Kühnert das nennt. Es geht um die Frage, wie sich die SPD am besten erneuern könne und dass man der AFD nicht die Oppositionsführerschaft überlassen dürfe.

Aber tiefer geht die Kritik am Kurs der Parteiführung selten. Zumeist beschränkt sich die Abrechnung mit der langjährigen Regierungsarbeit der SPD auf den Verweis auf die schlechter werdenden Wahlergebnisse. Auf den Hinweis, dass die die SPD selbst Hartz-IV-Elend, Rentnerarmut und Niedriglohnsektor zu verantworten hat, wartete man vergeblich.

Eindimensionaler Diskurs

Lediglich die Berliner Delegierte Gerlinde Schermer wagte es, das fortgesetzte Regierungsdesaster der SPD in einen größeren Rahmen zu setzen. Sie allein wurde in ihrer Kritik am Neoliberalismus in der SPD grundsätzlich:

Auch der theoretische Horizont der Debatte blieb dem tagespolitischen Klein-Klein verpflichtet. Schon Begriffe wie Kapitalismus, Finanzmarkt oder Bankenrettung fielen nicht. Eine völlige Fehlanzeige war der gesamte Bereich der Außenpolitik.

Sicher, es wurde sich viel über die CSU, über Andreas Scheuer, Horst Seehofer und Alexander Dobrindt echauffiert. Deren knüppelharte Politik der Flüchtlingsabwehr wurde empört attackiert, die Passagen des Sondierungspapiers, die eine Obergrenze andeuten, wurden als untragbar angeführt.

Aber die Fluchtursachen kamen nicht zur Sprache. Kein Wort fiel über die Kriegspolitik der NATO. Kein einziger Redner thematisierte die Ausbeutung der sogenannten Dritten Welt, auch durch deutsche Konzerne. Und niemand sprach die Folgen der aggressiven deutschen Exportpolitik an.

Doch halt! Die deutschen Waffenexporte kamen ein einziges Mal vor. Als sich nämlich ein GroKo-Befürworter rühmte, er persönlich habe durchgesetzt, dass niemand mehr deutsche Waffen bekommt, der im Yemen Krieg führt. Das veranlasste den Redner prompt, die SPD zur „Friedenspartei“ zu erklären. Währenddessen rollen deutsche Panzer unter türkischer Flagge gegen Kurdistan…

Und auch der Kampf gegen Krieg kam immerhin einmal zur Sprache. Als sich nämlich Rudolf Scharping - ja: er lebt noch! - erinnerte, wie er seinerzeit gegen den Vietnamkrieg… Seine Rolle beim Jugoslawienkrieg hat Scharping derweil vergessen. Da ist das Langzeitgedächtnis offenbar besser als das Kurzzeitgedächtnis.

Faszinierenderweise wurde auch das Thema Umweltschutz nur ein einziges Mal in dieser GroKo-Debatte angesprochen. Es war dies die Rede eines Herrn Müller, seinesteils Vorsitzender des SPD-nahen Verbandes der „Naturfreunde“. Der Genosse Müller sprach als Einziger über die nötige Abkehr vom Modell des ewigen Wachstums - und war ansonsten, man erfuhr nicht genau, warum: für GroKo-Verhandlungen.

Nun wird man auch hier wieder sagen können: „Jaha, aber das Sondierungspapier ist doch viel besser als das, was Jamaika gemacht hätte!“ Aber das ist nicht der Maßstab. Das Papier ist in umweltpolitischen wie in allen anderen Fragen meilenweit von dem entfernt, was unverzichtbar und dringend nötig wäre, um den Karren kurz vor der Klippe herumzureißen. Darum geht es.

Der große blinde Fleck

Ist diese vollständige Auslassung der Außenpolitik, der Umweltpolitik oder des Kampfes gegen den Überwachungsstaat nun ein Betriebsunfall gewesen? Es scheint nicht so. Auf der Homepage der Jusos finden sich lediglich die Themenschwerpunkte: Arbeit, Gleichstellung, Europa, Investitionen, Bildung, Hochschulen, Wohnen und Steuern.

Einzig beim Punkt „Europa“ wird das Thema Frieden und Krieg überhaupt thematisiert. Dort heißt es:

„Wir wollen ein Europa, das offen, frei und vielfältig ist. Freiheitliches Denken, Toleranz, Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenwürde müssen verteidigt werden. Das geht weder mit Waffen noch mit Mauern. Wir treten für ein solidarisches und demokratisches Europa ein. Lass uns gemeinsam dafür kämpfen und die Europäische Union verändern. Frieden in Europa ist nicht selbstverständlich, das wissen wir aus der Vergangenheit. Viele Probleme lassen sich nicht von einzelnen Ländern lösen. Deshalb darf Europa nicht auseinander brechen. Und deshalb dürfen wir Europa nicht den RechtspopulistInnen überlassen. Wenn Menschen in Not zu uns kommen, die vor Bürgerkrieg, Verfolgung und Tod fliehen, sind wir gefragt.“

Das ist nun alles recht schön und gut. Allerdings auch ziemlich schwammig und wenig konkret. Man hätte sich einen Satz zur fortschreitenden Militarisierung der EU vorstellen können. Auch das schreiende Demokratiedefizit der EU kommt nicht zur Sprache. Immerhin schreiben die Jusos unter dem Stichpunkt „Europa“: „Kein europäisches Land darf gezwungen werden, seine Gesellschaft weiter kaputtzusparen.“

Auffällig jedoch: bei den Jusos fliehen die Menschen „vor Bürgerkrieg, Verfolgung und Tod.“ Es sind jedoch nicht nur Bürgerkriege, vor denen die Menschen fliehen. Das klingt so harmlos nach hausgemachten Konflikten. Es sind aber auch und ganz dezidiert NATO-Kriege mit deutscher Unterstützung, vor denen Menschen fliehen - und Bürgerkriege, die von außen ganz gezielt herbeigeführt und durch Waffenlieferungen befeuert werden.

Insgesamt lesen sich die politischen Inhalte der Jusos wie eine Wunschliste roter Pfadfinder. Das ist von betörender Harmlosigkeit, analytisch extrem schwach und gehört weniger in die Abteilung „Fundamentale Kritik und Richtungsstreit“ als vielmehr in die Abteilung „Verbesserungsvorschläge und programmatische Details“ - erster Stock, am Ende der Rolltreppe links, bei Haushaltsgeräte.

Somit wird auch verständlich, dass sich auf dem gesamten Parteitag kein einziger Redner auch nur ein einziges Mal auf die Labourparty und Jeremy Corbyn bezogen hat. Denn die Programmatik Jeremy Corbyns steht, wie man leider feststellen muss, nicht nur weit links von der SPD-Führung, sondern auch weit links von den heutigen Jungsozialisten.

Und trotzdem: Bravo, Ihr Jusos!

All diese Kritik muss geäußert werden, denn eine Erneuerung der SPD kann die großen Fragen wie Krieg und Frieden nicht einfach aussparen. Und man kann sich den Umgang mit dem giftigen Erbe der Schröder- und GroKo-Jahre nicht so leicht machen. Die Menschen werden der SPD niemals verzeihen, wenn es hier keine glaubwürdige Aufarbeitung gibt.

Ganz im Gegenteil: eine Erneuerung der SPD kann nur dann gelingen und die Massen ergreifen, wenn es nicht bei einigen kosmetischen Korrekturen bleibt. Es braucht einen klaren, deutlichen und ehrlichen Bruch mit der Kriegspolitik und dem Neoliberalismus der deutschen Sozialdemokratie seit 1998.

Alles andere wird nicht hinreichen, diese siechende Partei wiederzubeleben.

Und dennoch und gerade deswegen ist es herzerwärmend, die GroKo-Gegner kämpfen zu sehen! Es macht Hoffnung, dass auch in dieser SPD noch Leute sind, die gegen den gesamten Parteiapparat aufstehen und laut und deutlich „Nein!“ sagen. Und es ist erstaunlich, dass 44 Prozent der Bundesdelegierten sich trotz des wochenlangen Trommelfeuers der Parteiführung nicht erweichen ließen, den GroKo-Verhandlungen zuzustimmen.

Alle Erbitterung über die Politik der SPD seit 1998 sollte uns deshalb nicht dazu verleiten, gerade diesen Leuten, die jetzt - sicherlich spät und sicherlich mit sehr unvollständigen Argumenten! - den Laden retten und das Ruder herumreißen wollen, mit Häme oder Ablehnung zu begegnen.

Zumal die Möglichkeit einer dramatischen Wendung der deutschen Politik nunmehr in den Händen der SPD-Mitglieder liegt.

Die SPD-Mitglieder können Merkel stürzen

Jetzt nämlich wird der Mitgliederentscheid zum großen Showdown.

Natürlich ist es gut möglich, dass auch diese sozialdemokratische Basisrebellion am Ende sang- und klanglos in sich zusammenfällt. Wir haben es oft genug erlebt und es ist niemandem zu verdenken, der Schwierigkeiten hat, hier erneut größere Hoffnungen zu mobilisieren.

Natürlich wird sich ja auch die Union in den Koalitionsverhandlungen an irgendeinem symbolträchtigen Punkt nochmal auf die SPD zubewegen. Das ist von vorneherein einkalkuliert und die SPD wird sich dafür triumphal feiern, als hätte sie die Fussball-WM und den Grand Prix de Eurovision gleichzeitig gewonnen. Es wäre nicht untypisch für die SPD-Mitgliedschaft, würde sie sich von diesen billigen Manöverchen einmal mehr überzeugen lassen.

Dennoch kann man nur an alle, die sich ein Ende des Merkelismus und der ewigen Alternativlosigkeit sehnlich wünschen, appellieren: steht den GroKo-Gegnern in der SPD solidarisch bei! Unterstützt sie in den sozialen Netzwerken! Teilt ihre Inhalte. Macht ihnen Mut.
Denn die BILD-Zeitung hatte in einem Punkt Recht, als sie gewohnt unmöglich über einem Foto Kevin Kühnerts titelte: „Dieses Milchgesicht will Merkel stürzen“

Tatsächlich haben es die SPD-Mitglieder jetzt in der Hand, Angela Merkel aus dem Sattel zu werfen. Die kindliche Kanzlerin wackelt ohnehin. Auch im Laden der Union ächzt und knarzt es vernehmlich. Auch die Union hat das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren.

Entzieht sich die SPD der vermeintlichen „staatspolitischen Pflicht“, ihr als Krücke zu dienen, wird das neuerliche Scheitern von ihr geführter Regierungsverhandlungen das Ende der Kanzlerschaft Angela Merkels bedeuten.

Was danach käme, wissen wir nicht. Aber das Erdbeben, dass dies auslösen würde, wäre gewaltig und würde die grundsätzliche politische Dynamik in dieser Republik aufmischen. Für die CDU/CSU bedeutete ein Nein der SPD den Sturz in eine tiefe, strategische Krise. Ob Jens Spahn und Co. diese Krise schnell zu lösen in der Lage wären, bleibt dahingestellt.

Für die SPD und für alle, die sich ein Ende des ewigen, neoliberalen „Weiter so!“ sehnlich erhoffen, wäre eine Ablehnung der GroKo durch die Mitglieder dagegen ein Pauken- und Befreiungsschlag. Das wäre eine Sensation, die längst für Sozialdemokraten taub gewordene Ohren wieder aufhorchen lassen würde. Und es wäre ein Akt der Selbstermächtigung der Mitgliedschaft, der den Frustrierten, Wütenden und Ohnmächtigen nicht nur unter den verbliebenen 450.000 SPDlern Würde und Stolz zurückgeben könnte.

In den aufgewühlten Zeiten, die wir durchleben, ist übrigens keineswegs gesagt, dass eine SPD, die eine solche Rebellion von unten erleben würde, nicht auch bei Neuwahlen wesentlich besser abschneiden würde als gedacht. Jede SPD hätte bei Wahlen bessere Chancen als diese zutiefst erschöpfte SPD mit ihrer abgewirtschafteten Führungsclique um Schulz, Nahles, Scholz und Co. im Schlepptau Angela Merkels.

Nun kann natürlich derzeit niemand wissen, ob es zu einem Nein der Basis kommt. Der Druck, der auf die Mitglieder durch den Parteiapparat und die Medien ausgeübt werden wird, wird wie üblich gigantisch sein. Es ist deshalb durchaus vorstellbar, dass auch der Mitgliederentscheid zugunsten der Parteiführung ausgeht.

Und was wäre das für ein Desaster? Eine SPD, die mit der Gegnerschaft von sagen wir 48 Prozent ihrer Mitglieder in die nächste GroKo kriecht? Es ist nicht übertrieben davon auszugehen, dass diese Entscheidung die SPD endgültig auf den Weg der PASOK, der PSOE, der französischen PS und anderer, längst marginalisierter Sozialdemokratischer Parteien schicken würde. Die SPD ist ohnehin schon weit gekommen, auf dem Weg in den Abgrund.

Aber noch ist es nicht soweit. Und solange es die Chance auf ein Aufbegehren der Basis gibt, verdienen die GroKo-Gegner in der SPD unsere Solidarität.

Die inhaltlichen Debatten, etwa über die elende Kriegspolitik der Partei, sind deshalb allerdings weder aufgeschoben noch aufgehoben.

Aber auch die Argumente der Friedensbewegung werden mehr Gehör finden in einer aufgewühlten SPD-Mitgliedschaft, die sich von unten her selbst ermächtigt hat, als in einem schicksalsergebenen Wahlverein, der blind der Führung folgt.

Deshalb:

Vorwärts, Ihr GroKo-Gegner! Kippt Merkels Kanzlerschaft! Und erobert Eure Partei zurück!


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