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Syrien, Kurdistan und das große Schachspiel

Syrien, Kurdistan und das große Schachspiel

Wenn Familienclans zu große Imperien bauen wollen.

Das Ende des Traums eines Familienclans

Am 16. Oktober zerplatzte der Traum des Barzani Clans, einen eigenen Staat beherrschen zu können, größer als die autonome Kurdenregion im Irak und mit den wichtigsten Ölquellen des Landes als Siegespokal. Im Jahr 2014 hatte die ISIS Mosul besetzt. Zu diesem Zeitpunkt entsandte die kurdische Regionalverwaltung unter Masoud Barzani seine Peschmerga Truppen nach Kirkuk, um dort die Ölquellen zu besetzen und für ein zukünftiges Kurdistan zu sichern. Es gibt einige Hinweise darauf, dass Barzani, damals noch ein Liebling der USA UND der Türkei, Abkommen mit ISIS geschlossenhatte.

Während westliche Politiker und Medien das Narrativ pflegen, dass die Kurden im Irak Minderheiten gegen die bösen Terroristen der ISIS beschützen würden, glauben irakische Christen und Jesiden, dass die Kurden Barzanis bewusst ISIS erlaubt hätten einen Genozid an ihnen zu begehen, um anschließend das leere Gebiet für ein größeres Kurdistan zu beanspruchen. Eine These, die nach den Vorgängen, z.B. im Jahr 2014, durchaus berechtigt erscheint. Auf Grund dieses Verrats begannen Christen und Jesiden sich selbst zu bewaffnen und gegen die ISIS zu kämpfen. Die Peschmerga aber forderten sie auf, das zu unterlassen.

Wobei sicher auch eine Rolle spielte, dass man die einzige Partei sein wollte, die Waffen und Unterstützung aus dem Westen erhielt. Als die Drohungen zunahmen, gaben die Christen und Jesiden ihre Selbstverteidigungseinheiten auf, da es unmöglich erschien, gegen zwei Fronten zu kämpfen, und überließen sich den Sicherheitszusagen der Peschmerga. Was die ISIS aber nicht davon abhielt, immer größere Gebiete zu erobern. Dabei verteidigte die Peschmerga sie nicht, und warnte noch nicht einmal die Bevölkerung, um ihnen die Möglichkeit zur Flucht zu geben.

Als dann später, 2015, ISIS zum Beispiel aus der Sinjar Provinz vertrieben worden war, erlaubte die Peschmerga den ursprünglichen Bewohnern nicht, zurück zu kehren, sie waren gezwungen, „Interne Vertriebene“ zu bleiben. Über den Vorgang der angeblichen „Befreiung“ der Regionen durch die Peschmerga hatte der assyrische christliche Journalist Max Joseph ausführlich geschrieben. Was aber von westlichen Regierungen und Massenmedien weitgehend ignoriert wurde. Eine Ausnahme stellte vielleicht die Reuters-Meldung vom 14. Juni 2014 dar, in der ein Mitglied der kurdischen Regionalregierung zitiert wurde:

„ISIL [ISIS] gab uns in zwei Wochen, was uns Maliki nicht in acht Jahren gegeben hatte.“

Im Jahr 2016 und 2017 schlugen die Sicherheitskräfte des Irak ISIS in Mosul und gewannen die Stadt zurück. Kurdische Truppen nutzten die Gelegenheit, um weiteres Land zu besetzen, das vorher von ISIS-Kräften beherrscht worden war. Dabei lebten in den meisten Gebieten nur kurdische Minderheiten, trotzdem verlangte Barzani, dass diese Gebiete seinem zukünftigen Kurdistan zugeschlagen werden müssen. Dort und in den alten Autonomiegebieten wurde dann auch das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum abgehalten. Auch dazu später mehr.

Die irakische Regierung, die ein gemeinsames Geheimdienstzentrum mit dem Iran und Russland unterhält, bestand darauf, dass die Situation wieder der Grenzen der Autonomiegebiete der Kurden im Jahr 2014 wieder hergestellt werden müsse. Die Mehrheit der Menschen in Kirkuk sind Araber und Turkmenen, eine Beherrschung durch den Barzani-Clan erschien der Mehrheit gelinde gesagt unlogisch. Kirkuk produziert aber zwei Drittel des Öls, das im Nord-Irak gefördert wird, deshalb erlag Barzani der Verlockung, die Stadt zu besetzen. Dabei war von Anfang an klar: Keine Zentralregierung würde akzeptieren, dass diese Ölquellen nicht dem ganzen Land zur Verfügung stehen.

Wer beriet nun Masoud Barzani, dass er nicht begriff, wie ernst die Lage war? Zunächst war da Bernard-Henri Lévy, der Philosoph und Anteilseigner der französischen Tageszeitung Libération. Er war auch Anfang März 2011 nach Bengasi gereist, und hatte Kontakt mit dem libyschen „Nationalen Übergangsrat“ Kontakt aufgenommen um – wie er selbst laut Süddeutsche Zeitung vom 21. März 2011 sagte – „einen Krieg mit dem Ziel, Gaddafi zu stürzen“, zu fördern. Dann erhielt Barzani Rückenwind aus Israel, dessen Flaggen neben den kurdischen erschienen, und schließlich die üblichen Neokonservativen. Senator John McCain warnte die irakische Zentralregierung vor ernsthaften Konsequenzen, sollten sie US-Waffen benutzen, um einen US-Partner (gemeint waren die Kurden) anzugreifen. Und so drohte Barzani mit der Unabhängigkeitserklärung Kurdistans.

Die Zentralregierung ließ sich schließlich vom irakischen Parlament den Auftrag erteilen, den Barzani Clan in seine Schranken, das heißt in die Autonomiegrenzen von 2014 zu weisen. Verständlicherweise begann Abadi die Kontrolle über die von den Kurden besetzten Gebieten zurück zu gewinnen mit dem wichtigsten Punkt, der Großstadt Kirkuk mit den großen Ölförderstellen. Vom 14. Oktober an machten sich die Truppen, bestehend aus Armee, der nationalen Polizei und Spezial-Anti-Terror-Einheiten ohne besondere Eile auf dem Weg. Die Sicherheitskräfte waren durch die Kämpfe mit ISIS gestählt und auf harte Gefechte vorbereitet. Gleichzeitig nannte Abadi Barzani ein Ultimatum, die Stadt Kirkuk zu verlassen. Barzani aber befahl den Peschmerga zu bleiben und zu kämpfen. Barzani rief sogar die PKK auf, ihm im Kampf gegen die Zentralregierung zu helfen, was von Bagdad als Kriegserklärung aufgefasst wurde.

In der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober begannen die ersten Zusammenstöße zwischen Regierungstruppen und kurdischen Kämpfern, die aber schnell aufgaben und zum größten Teil kampflos flohen. Einige Peschmerga schienen andere zu verhaften, insgesamt war die Lage unklar, Barzani sprach von Verrat. Im Kurznachrichtendienst Twitter erschienen Meldungen über Verbrüderungen zwischen irakischen Truppen und Kurden, es entstand der Eindruck, dass viele Kurden einfach nicht für einen selbstherrlichen Familienclan kämpfen wollten. Kirkuk blieb unbeschädigt, die von Barzani eingesetzte Verwaltung verließ die Stadt, ohne von der Zentralregierung daran gehindert zu werden. Inzwischen ist auch die Region um Kirkuk unter der Kontrolle der Zentralregierung, Menschen kehrten schnell in die Stadt zurück, als klar wurde, dass der Krieg ausfallen würde.

Der irakische Offizier, der die Kontrolle über Kirkuk im Namen der Zentralregierung übernommen hat, General Fadhil Barwari, ist ethnischer Kurde. Eine wichtige Rolle bei der Zurückdrängung der Kurden in ihre Autonomiegebiete spielten auch Kurden gemeinsam mit (christlichen) Assyrer und Jesiden, die in den PMF (Popular Mobilization Forces) auch „Units“, gemeinsam mit sunnitischen und schiitischen Arabern aktiv sind. Eine multi-ethnische und multi-religiöse Miliz, als Teil der Streitkräfte des Landes, die direkt dem Präsidenten unterstellt sind. Andere Kurden sind auch Mitglieder, und zwar aktive Kämpfer, des ISIS. Das zeigt, dass Barzanis Unabhängigkeitspolitik unter irakischen Kurden keineswegs unumstritten ist, und dass das von ihm abgehaltene Referendum kaum demokratischen Regeln entsprach. Christen und Jesiden waren zum Beispiel bedroht worden, mit Ja zu stimmen und berichteten von anderen Repressionen rund um das Referendum. Videos tauchten in Twitter auf, in der nur eine Person ganze Stapel von Stimmzetteln abgab. Und so hofften Christen und Jesiden darauf, dass die irakische Zentralregierung die Provinz Sinjar von kurdischen Einflüssen befreit, damit sie wieder in ihre Heimat zurückkehren können.

Der irakische Premierminister Abadi wird nun aller Voraussicht nach die nächsten Wahlen gewinnen, und kann die immer enger werdende Kooperation mit dem Iran, Russland und Syrien, weiter führen. Ob die Korruptionsvorwürfe gegen Barzani nun ernsthaft untersucht werden, ist durchaus möglich, da er sich als Vertreter des Westens als untauglich erwiesen hat.

Was die Ereignisse in Kirkuk für den Irak bedeuten

Diesen Titel trägt der Artikel eines christlichen irakischen Autors assyrischer Abstammung in medium.com. Max J. Joseph beschreibt oben aufgeführte Vorgänge, erklärt sich zufrieden, dass ein Blutvergießen vermieden werden konnte und führt aus:

„So viele Menschen haben die Nutzung von Panzern und Waffen angeprangert, die durch den Westen geliefert worden waren und benutzt worden waren, um die Herrschaft der Zentralregierung in Kirkuk wieder herzustellen, und die Peschmerga zu vertreiben. Aber wo war der Aufschrei, als westliche Waffen von der durch die KDP-kontrollierten Peschmerga (Anm. d. Übers.: KDP ist die Partei der Familie Barzani) genutzt worden waren, um gegen lokale Jesiden in Sinjar zu kämpfen? So viele Leute lamentieren über diesen historischen Rückzug aus Kirkuk, aber wo waren die Beschwerden, als die Peschmerga die Jesiden und Assyrer entwaffneten und sie 2014 ISIS gegenüber aufgaben, nur um Jahre später zurück zu kommen, und sich selbst als Befreier und neue Herrscher zu erklären?“

Dolchstoßlegende und Dämonisierung

In den USA und seinen Verbündeten wird derzeit zunehmend das Narrativ verbreitet, dass es der Iran gewesen wäre, der die „Eroberung“ von Kirkuk mit seinen Milizen möglich gemacht hätte. Und schon fordert man Präsident Trump auf, gegen die Übernahme von Kirkuk durch die Zentralregierung etwas zu unternehmen, nehme er es mit dem Kampf gegen den Iran wirklich ernst.

Dabei beschreibt der Moon Of Alabama, was in Wirklichkeit zu der Situation geführt hatte:

„Die herrschende Barzani Mafia-Familie verkaufte Öl und steckte Geld ein, das gesetzlich der irakischen Zentralregierung zustand. Die Barzani Mafia-Miliz besetzte Grenzposten der Zentralregierung zu benachbarten Staaten und behielt die Zölle für sich selbst. Aber die Lehrer und andere Angestellte im Öffentlichen Dienst erhielten keine Gehälter. Der Barzani Familien-Clan ist nur eine der Mächte in der kurdischen Region des Iraks. Historisch sind ihre Hauptwettbewerber die Menschen des Talibani-Clans. Beide Clans kontrollieren ihre eigenen politischen Parteien (KDP und PUK) und die Milizen. Beide hatten in einem Bürgerkrieg 1990 gegeneinander gekämpft, bis die Barzanis den irakischen Präsidenten Saddam Hussein aufgerufen hatten, ihre lokalen Feinde zu besiegen. [...] Sie [Anm. d. Übers: Talibani-Clan] verhandelten einen Deal mit der Zentralregierung des Iraks, um Barzanis quasi diktatorische Macht zu beschränken….“

Die deutsche Teile-und-herrsche-Politik?

Wie kann man sonst die Politik beschreiben, die sich aus den Erklärungen des Blogs German-Foreign-Policy ergibt, der nach der Aufgabe von Kirkuk durch die Peschmerga über die Aktivitäten der Bundeswehr im Irak schreibt:

„Soldaten der Bundeswehr halten sich nach wie vor in Erbil auf. Sie hatten seit Mitte 2014 die Peschmerga unterstützt - für den Krieg gegen den IS. Bereits im Mai hieß es, man habe inzwischen "mehr als 14.000" bewaffnete Kämpfer ausbilden können, darunter eine kleine Zahl an Jeziden, überwiegend jedoch kurdische Peschmerga. Zu Trainingszwecken hat die Bundeswehr im vergangenen Jahr ein "Übungsgelände" errichtet, das "German Village" getauft wurde und unter anderem ein "Ghost House" enthält, in dem der "Kampf von Raum zu Raum" geprobt wird; auf das Erlernte könnten die Peschmerga nun in einem etwaigen Bürgerkrieg gegen Bagdad zurückgreifen. […] All dies geschieht völlig unabhängig vom eigentlich zuständigen gesamtirakischen Militär.[...]
Dabei hat Berlin auch nach dem irakisch-kurdischen Sezessionsreferendum vom 25. September zunächst keinen Anlass gesehen, die Bundeswehr abzuziehen oder ihre Tätigkeit wegen der eskalierenden Bürgerkriegsgefahr zumindest einzuschränken. [...] Die Aussicht, Streitkräfte zu trainieren und zu beraten, die im offenen Bürgerkrieg gegen irakische Regierungstruppen stehen, hatte bis Ende vergangener Woche keine Folgen für die knapp 150 deutschen Soldaten in Erbil. Noch am 9. Oktober teilte die Bundeswehr mit: "Der Auftrag der Ausbildungsunterstützung Nordirak kann weiter ohne Einschränkungen durchgeführt werden." Man halte auch am aktuellen Kontingentwechsel fest; dieser verzögere sich "um zehn Tage", könne aber "bis zum 16.10." abgeschlossen werden. Erst am Freitag, als die Eskalation zum offenen Bürgerkrieg unübersehbar wurde, hat Generalinspekteur Volker Wieker die Aktivitäten der deutschen Soldaten in Erbil vorläufig auf Eis gelegt. [...]
Auch die Ausrüstung der Peschmerga hatte Berlin bis zuletzt fortgeführt. Seit 2014 hat die Bundeswehr unter anderem 32.000 Handfeuerwaffen, mehr als 30 Millionen Schuss Munition, mindestens 20.000 Handgranaten, über 400 Panzerfäuste sowie mindestens 1.000 Lenkflugkörper, aber auch sogenannte nichtletale Ausrüstung wie Nachtsicht- und Funkgeräte, Minensonden und gepanzerte Dingo-Transporter nach Erbil geliefert. Noch am 19. September - nur wenige Tage vor dem Referendum - landete eine Antonov AN-124 aus Leipzig/Halle in Erbil, um dort die nächste Ladung militärischer Ausrüstungsgegenstände abzuliefern. Laut Angaben der Bundeswehr handelte es sich diesmal um "Material zur Dekontamination und ABC-Abwehr", um Sanitätsmaterial und um Geräte, die zum Aufspüren und zum Entschärfen von Straßenbomben benötigt werden. [...]“

Die Auswirkungen auf Syrien

Welche Auswirkungen die Niederlage Barzanis im Irak auf die Kurden in Syrien hat, beschreibt der eben erwähnte Artikel:

„In Syrien haben die kurdischen YPG/SDF heute die volle Kontrolle über Rakka erlangt. Es wird Monate dauern, um die Überreste zu beseitigen, die die ISIS hinterlassen hat. Es wird Jahre dauern, um die Stadt wieder aufzubauen, denn sie wurde zum größten Teil durch die von den USA geführten Luftangriffe während der Kämpfe gegen die ISIS zerstört. [...] Der Krieg gegen ISIS neigt sich dem Ende zu. Das Projekt der kurdischen Unabhängigkeit im Irak ist gestorben. Die Kurden in Syrien werden auch wieder das von ihnen kontrollierte Gebiet reduzieren müssen. Mit weniger als 8 Prozent der Bevölkerung, haben die von der YPG angeführten Kurden 20 Prozent Syriens unter ihre Kontrolle genommen und ca. 40 Prozent der Energieressourcen. Sie werden diese Zugewinne wieder aufgeben müssen.
Die kurdischen Kräfte in Syrien hatten materielle und personelle Unterstützung durch die US-Streitkräfte. Der größte Teil der Ausrüstung wurde mit US-Flugzeugen nach Erbil geflogen, der Hauptstadt der kurdischen Region im Irak, und dann von dort überland durch die irakisch-syrischen Grenzposten, die unter der Kontrolle Barzanis standen. Die irakische Regierung in Bagdad übt nun wieder die Kontrolle aus. Der Fluss des US-Materials in die kurdischen Gebiete Syriens ist nicht länger sicher gestellt.“

Allerdings haben die USA inzwischen 9, manche sagen 10 Militärbasen im kurdisch kontrollierten Gebiet Syriens aufgebaut, mindestens eine davon mit Landebahnen. Dies ist eine drastische Verletzung der Souveränität des Landes, gegen die Syrien deutlich protestierte und Maßnahmen androhte. Da die Zentralregierung weiter Zahlungen an den öffentlichen Dienst in den kurdisch besetzten Gebieten leistet und ihren Souveränitäts-Anspruch nicht aufgegeben hat, wird interessant sein, wie die UNO sich zu dem Fall äußern wird. Weiter im Artikel heißt es:

„Die USA haben schon lange die kurdische Autonomie im Irak unterstützt. Jetzt hat sie sich aber auf die Seite der Zentralregierung gestellt. Die Barzani-Kurden waren hängen gelassen worden. Die Kurden in Syrien haben das sicher bemerkt und werden es berücksichtigen.
In der Zwischenzeit haben türkische Streitkräfte das Gouvernement Idlib im Nordwesten Syriens besetzt und die kurdische Enklave Afrin fast eingekreist. Nur Russland hält Erdogan davon zurück, weiter vorzudringen. [...] Die Kurden in Syrien werden sich mit der syrischen Zentralregierung versöhnen müssen. Politische Unterstützung aus den USA ist offensichtlich unzuverlässig. Ohne die US-Luftunterstützung wären die kurdischen Militärpositionen weit überlastet. Der Materialfluss zu ihnen ist nun unter der latenten Kontrolle von Bagdad, die mit der syrischen Regierung verbündet ist. Nur Damaskus und seine Verbündeten in Moskau können den Fall von Afrin verhindern.“

Der Autor ist der Meinung, dass die syrischen Kurden die Landgewinne wieder aufgeben werden müssen, in denen sie nicht die Mehrheit stellen. Soweit hört sich alles ganz vernünftig an, und lässt Hoffnung aufkommen, dass das Blutvergießen in dem Land aufhört, und auch die gegeneinander gehetzten Teile der Bevölkerung langsam zur Besinnung kommen. Aber noch ist das nicht gesichert. Es gibt mächtige Gegenspieler, die gar kein Interesse daran haben, dass Syrien und der Irak zur Ruhe kommt, und unter gewaltigen chinesischen Investitionen, wie angekündigt, einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben werden, vergleichbar mit dem Wirtschaftswunder Deutschlands.

„Ich erwarte, dass Präsident Trump und die US-Medien einen glorreichen Sieg über die ISIS und seine „Hauptstadt“ Rakka verkünden werden. Trump wird dann dem US-Militär befehlen, das Land zu verlassen.“

Den letzten Satz möchte ich einschränken. Die Annahme mag für viele Staaten gelten, nicht so für Israel und die USA. Sie werden meines Erachtens weiter eine Politik des „Teile und Herrsche“ verfolgen, unabhängig davon wer regiert, wie sie es schon immer seit der Kolonialzeit praktiziert haben. Und es gibt auch schon Stimmen, die behaupten, sie wüssten, welche Karte die USA spielen würden, nämlich die der demographischen Veränderung von Rakka. Dort leben zurzeit höchstens 3 Prozent Kurden. Ein Anspruch der Kurden, dieses Gebiet beherrschen zu wollen, erscheint daher absurd. Die Online-Zeitung muraselon schreibt mit Verweis auf das Interview mit dem syrischen Militäranalyst Brigadegeneral Muhammad Isa:

„Der Offizier vermutet, dass es eine andauernde Operation gibt, die Demografie dieser Gebiete, [Anm. d. Übers.: die von den Kurden besetzt wurden, ohne dort eine Legitimation durch Bevölkerungsanteile zu haben] zu verändern, indem Kurden angesiedelt werden. Der Prozess wird durch die USA kontrolliert, die jetzt die „kurdische Karte“ in Syrien ausspielen, um einen Folgegrund zu haben, in Syrien bleiben zu können, nachdem Daesh geschlagen ist.“

Diese These klingt nicht unglaubhaft, wurde doch die Stadt offensichtlich von der durch die USA geführte Koalition in Schutt und Asche bombardiert, statt sie im langsameren und mühsameren Straßenkampf zu säubern. Die Zerstörungen waren grundsätzlicher als in Aleppo, auch wenn die deutschen Medien das nicht wahrgenommen haben. Was natürlich eine Wiederbesiedlung durch die alten Bewohner ausbremst.

Nun gibt es aber neue Mitspieler: Russland und China. Sie verfolgen eigene Interessen mit entgegen gesetzten Mitteln. Sie wollen Syrien und den Irak stärken, einerseits als Pufferstaaten gegen eine zunehmend aggressive NATO, anderseits als Absatzmärkte für ihre Produkte. Und so steht zu erwarten, dass China, ähnlich wie in Afrika, nicht nur Rohstoffe aus der Region extrahieren wird, sondern versuchen wird, die Industrialisierung voran zu bringen, um die Länder zu einem Wohlstand zu führen, der es ihnen erlaubt, chinesische Waren zu kaufen.


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