Andrea Drescher: Was ist Pax Terra Musica?
Malte Klingauf: Das Festival für Frieden, Musik und Vernetzung, das ich mit anderen Friedensaktivisten ins Leben gerufen habe und das 2018 zum zweiten Mal stattfindet (das Interview wurde bereits 2018 geführt, Anmerkung der Redaktion).
Bist du schon lange Aktivist?
Ich war lange Zeit eher unpolitisch. 2014 sagte mein Schwager: „Mensch, komm doch mal mit zur Mahnwache Berlin, da ist echt was los!“ Ich hab es mir angeschaut und war — typisch Realo — erst sehr skeptisch. Aber dann begann ich, mein eigenes Weltbild zu hinterfragen und war „auf einmal“ Moderator der Berliner Mahnwache.
Was heißt Moderator?
Es ging darum, durch die Veranstaltung zu führen, Redner anzukündigen, auch Teile der Organisation hingen mit dran. Haben Redner gefehlt, mussten wir eigene Beiträge organisieren. So wurden Nachrichtenblöcke präsentiert und kommentiert. Wir hatten kein offenes Mikrofon, aber ein offenes Podium. Wir wollten Meinungen vermeiden, die mit unseren Idealen nicht zusammenpassen.
Schränkte das die Diskussion nicht ein?
Es gab dazu innerhalb der Gruppe unterschiedliche Positionen. Bei der parallelen Mahnwache am Alex sprach mal jemand, der sich vier Wochen später als NPD-Mitglied erwies. Das wollten wir vermeiden, wollten den Rechten kein Podium bieten, keine Holocaust-Leugnung und ähnliches diskutieren. Man entwickelt ein Gespür, wenn etwas aus dem Ruder läuft.
Wie lange warst du auf der Mahnwache aktiv?
Von März bis August 2014 als Teilnehmer, bis Ende 2016 Moderator — fast zwei Jahre. Dann zog ich mich zurück, um mich auf das Festival zu konzentrieren.
Wie kommt man darauf, ein derartiges Festival zu organisieren?
Als wir sahen, dass die Friedensbewegung immer weiter auseinanderbrach, der Schwung verloren ging — bei manchen Friedensmärkten in Berlin sind mehr Aussteller als Besucher vor Ort — kam die Idee für ein Festival auf. Wir wollen ein Podium schaffen, auf dem sich alle begegnen und vernetzen können und gleichzeitig Spaß haben. So kann man Menschen begeistern, Impulse geben und motivieren, aktiv zu werden. Aus dieser Idee entstand Pax Terra Musica — Vernetzungstreffen und Musik-Event in einem.
Was erwartet die Besucher?
Es ist ein breites Programm mit Musik, Vorträgen, Ausstellungen, Diskussionen und Workshops; auch Kindern wird einiges geboten. Kinder sind schließlich unsere Zukunft, darum macht für uns ein Friedensfest ohne Kinder keinen Sinn. Musik gibt es auf mehreren Bühnen, von Hip-Hop über Rock bis hin zu Liedermachern. Dann gibt es Vorträge zu aktuellen Themen und Diskussionsrunden sowie verschiedene Workshops in Richtung Ernährung, Yoga, Meditation und Friedenspädagogik, bei denen die Besucher aktiv mitmachen können. Bei diesem umfangreichen Programm kann sicher jeder etwas für sich finden.
Apropos jeder — ist wirklich JEDER willkommen?
Alle Menschen sind willkommen, die an einer friedlichen Zukunft interessiert sind. Das sind Aktive aus der Friedensbewegung, Menschen, die nachhaltig produzieren wollen, der lokale Ökobauer, Vertreter lokaler Geldsysteme oder alternativer Medien. Nein, nicht eingeladen sind Faschisten, Rassisten und andere menschenverachtende Gruppen. Die Friedensbewegung steht für Frieden weltweit, das lässt sich mit Rassismus nicht verbinden. Ganz klar: Aktive von Pegida laden wir als Aussteller oder Sprecher definitiv nicht ein. Als Besucher schließen wir aber weiterhin niemanden aus.
Wer unterstützt PTM?
Es heißt, dass wir gute Kontakte zur „alten“ Friedensbewegung haben. Pax Terra Musica war zum Beispiel 2017 offiziell an den Ostermärschen in Berlin mit dabei. Diese guten Beziehungen haben wir uns aktiv erarbeitet. Auch mit den Organisatoren von Stopp Ramstein sind wir im engen Kontakt, da hat sich seit 2017 eine enge Zusammenarbeit etabliert. Es gibt bei Pax Terra Musica keinen Konflikt zwischen alter und neuer Friedensbewegung. Ich muss zugeben, darauf sind wir auch ein bisschen stolz. Wir wollen ja gerade die verschiedenen Gruppen, Grüppchen, Organisationen und Einzelaktivisten zusammenbringen. Wir wollen mit allen in der alternativen Szene reden, die gewaltfrei, menschenorientiert und anti-rassistisch agieren.
Wie läuft der Vorverkauf?
Der ist bereits angelaufen. Ich bin ziemlich entspannt, dass es läuft. Kalkuliert haben wir für 2.500 Teilnehmer, da auch das Gelände begrenzt ist — für Kinderspielbereich und Aussteller benötigen wir ja auch ausreichend Platz.
Ist Frieden als Event der neue Weg, Menschen zu aktivieren?
Ich glaube, einer der Wege, ja. Auf der einen Seite ist es ein Treffpunkt für die Aktiven, denen auf Demos oft die Zeit fehlt, sich kennenzulernen, auszutauschen und zu vernetzen. Junge, weniger aktive Menschen wollen wir über den Event-Charakter des Festivals anziehen. Sie sollen praktisch erleben, wie Friedensarbeit aussehen kann. Ich erhoffe mir, dass es zu einer breiten Vernetzung führt, so dass Aktionen im folgenden Jahr größer und koordinierter werden.
Pax Terra Musica soll eine feste Größe innerhalb der Friedensbewegung werden und jedes Jahr stattfinden. Mittel- bis langfristig ist geplant, unter dem Label kleinere Veranstaltungen bundesweit durchzuführen und andere Projekte wie Stopp Ramstein zu unterstützen. Wir sind als gemeinnützige Gesellschaft anerkannt und wollen die Friedensbewegung organisatorisch stärken.
Ihr wurdet 2017 als „rechts“ angeschossen — wie schaut es jetzt für 2018 aus? Hat das bekannte Künstler abgeschreckt?
Wir hatten bis jetzt nur eine Absage, ansonsten läuft es gut. Alle Vorträge waren bereits im Januar 2018 durchgeplant, die Musiker weitestgehend an Bord, ebenso die Workshops. Das Programm wird voraussichtlich im März abgeschlossen, deutlich früher als 2017.
Wir haben uns 2017 oft gerechtfertigt, das tun wir dieses Jahr nicht mehr. Wir haben bewiesen, dass wir nicht rechts sind. Davon kann man sich in Fotos, Videos und selbst in den Berichten von RBB oder ZDF überzeugen. Wir haben eine klare Position eingenommen und konzentrieren uns dieses Jahr darauf, Menschen zusammenzuführen, damit sie gemeinsam Wege finden, dass die Welt lebenswerter wird.
Wie und wo kann man Karten kaufen?
Malte Klingauf, Jahrgang 1977, wohnhaft in der Nähe von Berlin, Vater eines Sohnes. Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik, von Beruf Projektmanager, Hobby-Musiker — zu mehr ist neben Pax Terra Musica und Job keine Zeit.
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