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Das Essen der Zukunft

Das Essen der Zukunft

Der Mensch ist, was er isst — umso bedenklicher, dass wir im Bestreben, ökologisch korrekt zu handeln, immer mehr künstliche Nahrung zu uns nehmen.

„Der Mensch ist, was er isst“, heißt es bekanntlich bei Ludwig Feuerbach (1), bloß — was führen wir uns da zu in Form von diesen neuen Lifestyle-Nahrungsmitteln? Und wie konnte etwas, was vor wenigen Jahren noch ein belächeltes Nischenprodukt für Sonderlinge war, in so kurzer Zeit ein gesellschaftliches Massenphänomen werden? Am Preis wenigstens kann es nicht liegen, denn ein gutes Gewissen bei Tisch will teuer erkauft sein. So kostet der Insektenburger bei Rewe stolze 5 Euro 99, die altbackene Fleischvariante hingegen nur 1 Euro 99. Schaut man genauer hin, so bekommt der wagemutige Gourmet gar nur 27 Prozent Insekten in diesem Produkt, der Rest besteht aus der gängigen Veggieburger-Mischung mit Soja, Öl und Geschmacksstoffen (2).

Wenig anders verhält es sich mit dem geschnetzelten „Like Chicken“-Hühnchenfleisch-Ersatzprodukt; auch hier erfährt der düpierte Konsument im Kleingedruckten auf der durchaus umfänglichen Verpackung (ökologisch geht eher anders), dass mehr noch als Sojamehl (25,4 Prozent) vor allem Wasser darin enthalten ist, an dritter Stelle folgt Sonnenblumenöl, abschließend verschiedene Geschmacksstoffe (3). Verblüfft zieht man innerlich den Hut vor so viel geschickter Biochemie, denn was sonst bleibt einem zu tun angesichts dieser erstaunlichen Kreation eines coolen Fleischersatzprodukts aus vornehmlich schnödem Wasser? Ach ja, vielleicht noch den Marketingstrategen gratulieren, die dieses minimalistische Etwas aufladen mit dem Nimbus einer auf der Zunge zergehenden Weltenrettung, für welche viele Verbraucher auch gerne tiefer in die Tasche greifen.

Voll im Trend

Ja, Fleischersatzprodukte und Co. sind trendige Massengüter, die selbst aus zeitgemäßer Restauration nicht mehr wegzudenken sind. Sofern die Leute nach all den Lockdowns überhaupt noch essen gehen und sich ihre veganen Pizzen, Burger und Döner nicht von einem der stetig mehr werdenden Lieferdienste nach Hause bringen lassen. In bester Qualität, versteht sich, und per Elektrorad. Bezahlt wird selbstverständlich kontaktlos.

Man ahnt es schon: Diese Neuerungen in der Produktpalette der Supermärkte sowie das gesteigerte Interesse der Kundschaft an gesunden, nachhaltigen, ressourcenschonenden und dem Tierwohl verpflichteten Nahrungsmitteln kommt nicht von ungefähr. Mächtige Hersteller und einflussreiche Organisationen rühren kräftig die Werbetrommel für diesen Wandel; ihre von zuarbeitender Wissenschaft untermauerten Analysen und Prognosen (4) liest der Endverbraucher in gängigen Magazinen und Tageszeitungen. Die Medien berichten, und in Schulen gibt es plötzlich Fächer wie „Nachhaltig Leben“. Kurzum: Niemand kann sich der massiv kolportierten Erkenntnis entziehen, dass unsere Nahrung und deren Produktion auf den Kopf gestellt werden muss.

Die Speisekarte überdenken

Wer nun gedacht hätte, ökologische Landwirtschaft und Bioprodukte seien die Lösung des Problems, der irrt gewaltig, da der dazu gehörige ökologische Fußabdruck sein konventionelles Pendant weit überragt (5). Überhaupt landen mit einem Male immer neue alte, liebgewonnene Essgewohnheiten und -vorstellungen in der Biotonne. Nach jüngsten Erkenntnissen (6) seien Pfannkuchen von McDonald‘s also gesünder als ein Omelette aus Eiern und Käse, Schokoeis schlägt den Müsliriegel und Nestlés gezuckerte Cheerios sind besser als Mehrkornbrot. Auch die Vereinten Nationen (UN) und das Weltwirtschaftsforum (WEF) überraschen mit einer Lebensmitteltabelle, in welcher mit Schokolade überzogene Mandeln oder auch fettfreier Joghurt weit besser wegkommen als Vollmilch oder Hirse (6).

„Reset the table“ lautet die griffige Ankündigung, mit der die Rockefeller Foundation die globalen Umwelt- und Ernährungsprobleme der Gegenwart lösen will (7). Während sogenannte Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung immer wieder in den Vordergrund gestellt werden, fehlen Begriffe wie „biologisch“, „natürlich“ oder „Grasmast“ und „Weidefleisch“.

Die neue Landwirtschaft kommt denn auch fast gänzlich ohne menschliche — oder gar tierische — Mitarbeit aus. Gestützt auf Künstliche Intelligenz (KI) wird die beste Zeit zur Aussaat der genveränderten Nutzpflanzen errechnet, Drohnen, von selbiger KI befehligt, schwirren aus, um Herbizide, Insektizide und was sonst an segensreichen Neuerungen aus den Laboren kommt, auf und unter die Erde zu bringen. Angelegt in endlosen Monokulturen bescheren solche Anpflanzungen den Geldgebern reiche Ernte (8).

In sicheren Händen

Zur großen Erleichterung des Verbrauchers wird bald jeder Schritt und jeder Inhaltsstoff in der Lebensmittelproduktion durch die Blockchaintechnologie nachvollziehbar sein; Nanotechnologie und IBM machen es möglich (9). Wem der Appetit jetzt noch nicht vergangen ist, der mag gewärtigen, dass unser Regenwasser schon längst weltweit mit Perfluoralkylchemikalien (PFAS) verseucht ist (10), dass die Hühnereier aus eigener Haltung in Hof oder Garten vierzig Mal mehr Blei enthalten als das entsprechende Massenhaltungsprodukt (11), dass regionale, kleinräumige Schweinemast schlicht zu schmutzig und zu gefährlich ist und damit verboten gehört (12), und dass folglich die einzige Lösung in der Zusammenführung aller landwirtschaftlichen Aktivitäten in die Hände einiger weniger Großkonzerne liegt.

Es mag kaum überraschen, dass sich auch das WEF hierzu weitreichende Gedanken gemacht hat (13), mit dem Ergebnis, dass kleinbäuerliche Landwirtschaft der Umwelt besonders schadet, und wir Menschen wegkommen müssen vom Fleischkonsum (13), wenn uns denn an der Artenvielfalt und gesunden Natur unseres Planeten gelegen ist. Dass sich dazu die gesamte Menschheit am besten platzsparend in Megastädten zusammenpferchen lässt, illustrieren die gar nicht so zukünftigen Visionen der Europäischen Union (14) und Saudi-Arabiens (15).

Gemeinsam für Umwelt und Klima

In Analogie zu uns zukünftigen Hochhausinsassen garantiert zeitgemäßes „Indoor Farming“ in der Landwirtschaft Frische ebenso wie kurze Transportwege, sorgt für unbelastetes Wasser und saubere Luft zum Wachsen. „Controlled Environment Agriculture“ reduziert die Notwendigkeit von Herbi- und Insektiziden und umfasst sogar Aquakulturen (16). Das klingt so unwiderstehlich, dass junge britische Forscher, großzügig gefördert von korporativen Drittmittelflüssen, schon eine regional aufs Beste angepasste Avocado-Ersatz-Frucht, die „Ecovado“ aus dem Reagenzglas gezaubert haben (17). Nachhaltig und kreativ Begabte können aus der die Ersatzfruchtmasse umhüllenden Wachsschicht sogar kleine Kerzchen formen.

Niemand sollte sich also von Edward Snowden und dessen düsterem Getwittere die Laune und den guten Hunger verderben lassen. „Oh, you‘re gonna eat the crickets!“ (18) Weshalb sollten Grillen dem Hungrigen übel aufstoßen? Zudem entstehen für Insektenverächter immer mehr neue und leckere Alternativen wie „Like Meat“-Produkte, nussige Ecovados und Fleisch aus der Petrischale, das ebenso keimfrei wie nachhaltig ist. Dabei sollte auch das Herz aller Tierfreunde höher schlagen, scheint doch damit endlich ein saftiger Ausweg gefunden, fort von grausamer Massentierhaltung, Antibiotikaresistenz und Klimaerwärmung durch Methan. Wen kümmert es schon, beziehungsweise wer weiß überhaupt, dass zur „Züchtung“ dieses In-Vitro-Fleisches fetales Kälberserum vonnöten ist, weshalb Massenkuhhaltung und Massenkälbertötung ehrlicherweise ebenfalls in dieses schicke neue „Food-Produkt“ einzupreisen sind.

Lasst euch nicht abspeisen!

Falls einem nun der Appetit so ganz vergangen ist und man sich mit Null-Diät- oder Fastengedanken trägt — übrigens durchaus eine zeitgemäße Antwort auf zusammenbrechende Lieferketten und leere Regale —, so stecke man den Kopf besser nicht in den Sand, sondern lieber mit anderen zusammen. Denn wir „Endverbraucher“ sind vor allem Menschen und Bürger, Brüder und Schwestern, die einander in schweren Zeit beistehen können und sollten. Überall im Lande gibt es regionale Landwirtschaft mit kooperativen und ihre Produkte selbst vermarktenden Höfen.

Viele von uns können selbst ein Stückchen Land bewirtschaften, auf dem Balkon Kräuter und Gemüse ziehen, Eier direkt vom Bauern besorgen. In den Städten gibt es Biomärkte, man kann sich eine grüne Kiste liefern lassen, einen Schrebergarten bepflanzen. Wild Entschlossene finden sogar Ackerflächen zur Pacht vor den großen Städten, auf denen sie nach Herzenslust „ackern“ können.

Wichtig ist vor allem, dass wir nicht verzagen, nicht klein beigeben, nicht mitspielen beim bösen Spiel der globalen Konzerne und Stiftungen. Experimentierfreudigen sei folgendes Video von James Corbetts #SolutionsWatch anempfohlen: „How to eat a pine tree“ (20).

Noch entscheiden wir, was auf den Tisch kommt.


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Quellen und Anmerkungen:

(1): https://beruhmte-zitate.de/zitate/1948411-ludwig-feuerbach-der-mensch-ist-was-er-isst/
(2): https://www.merkur.de/leben/genuss/neues-produkt-rewe-jagt-vielen-kunden-schauer-ueber-ruecken-zr-9807616.html und https://www.reddit.com/r/de/comments/at7uc3/ich_hab_den_insektenburger_von_rewe_ausprobiert/
(3): https://likemeat.com/de/produkte/like-grilled-chicken/
(4): https://off-guardian.org/2022/07/21/resisting-the-food-transition-genetic-engineering-and-dependency/
(5): https://www.chalmers.se/en/departments/see/news/Pages/Organic-food-worse-for-the-climate.aspx und https://www.technologyreview.com/2019/10/22/132497/sorryorganic-farming-is-actually-worse-for-climate-change/
(6): Telegram-Kanal iceagefarmer, Post vom 01.08.2022
(7): https://www.rockefellerfoundation.org/report/reset-the-table-meeting-the-moment-to-transform-the-u-s-food-system/
(8): https://gospelnewsnetwork.org/2022/06/29/reset-the-table-rockefeller-foundation-planning-the-future/
(9): https://www.ibm.com/blockchain/solutions/food-trust
(10): https://www.ecowatch.com/pfas-rainwater.html
(11): https://theconversation.com/backyard-hens-eggs-contain-40-times-more-lead-on-average-than-shop-eggs-research-finds-187442
(12): https://www.perthnow.com.au/business/agriculture/hobby-farm-pigs-a-foot-and-mouth-risk-c-7868571
(13): https://www.weforum.org/agenda/2021/02/plant-based-diet-biodiversity-report/
(14): https://cities2030.eu/
(15): https://twitter.com/michaeljknowles/status/1552371497074835457
(16): https://boweryfarming.com/indoor-farming/
(17): https://www.dezeen.com/2022/07/05/british-ecovado-low-impact-alternative-avocado-food-design/
(18): https://twitter.com/Snowden/status/1549004492682698753
(19): https://menschen-tiere-pandemien.de/in-vitro-fleisch/
(20): https://archive.org/details/solutionswatch-pinetree


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